Das ist auch wieder etwas, womit man den Bürger verärgert; denn letztlich er muss es vor Ort, in der Kommune bezahlen. Dort, wo die Kosten letztlich anfallen, gibt es keine Erstattung. Am Schluss sind die Kommunen die Dummen. Die Menschen vor Ort müssen es ausbaden, wenn die Integration nicht gelingt; denn wirksam wird sie vor Ort. Die Kommunen leisten unendlich viel, und wir müssen viel mehr tun, damit sie das leisten können.
Ein weiterer Punkt. Es heißt: kein Klagerecht für Förderer und Forderer. Wenn von Fördern und Fordern gesprochen wird, müssen beide Seiten Rechte und Pflichten haben. In einem sozialen Rechtsstaat – und das sind wir in Bayern noch – muss jeder die Möglichkeit haben, seine Leistungen diskriminierungsfrei einzuklagen; die Leistungen müssen einklagbar bleiben. Wir müssen aufpassen, dass wir von den Immigranten nicht etwas Unmögliches fordern. Sie sollen sich an das Grundgesetz halten, auch wenn wir uns selbst nicht daran halten. In Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes steht: "Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen." Da heißt es aber nicht, dass das nur für Inländer gilt. Es gilt für alle Menschen und für alles, nicht nur für das, was positiv ist, sondern für alles, ob es negativ oder positiv ist. Auf dieses Recht,
meine Damen und Herren, müssen wir auch in Bayern pochen. Wenn wir uns davon verabschieden, verabschieden wir uns schön langsam auch von einem Rechtsstaat und werden willkürlich.
Im Problemaufriss steht: Bayern steht zur Rechts- und Gesellschaftsordnung. – Handeln Sie danach! Weg mit diesem Artikel 17! Wir brauchen ihn nicht.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.
Vorweg ist über die Nummer 18 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/13211 abzustimmen. Mit der Nummer 18 des SPD-Antrags soll Artikel 17 aufgehoben werden. Der federführende Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum der Nummer 18 des SPD-Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen von SPD, FREIEN WÄHLERN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist die Nummer 18 des Antrags abgelehnt.
Zum Artikel 17 empfiehlt der federführende Ausschuss Zustimmung. Wer dem Artikel 17 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die Fraktionen von SPD, FREIEN WÄHLERN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Artikel 17 so beschlossen.
Ich rufe sogleich den Artikel 17a auf. Dazu liegen Änderungsanträge der CSU-Fraktion, der SPD-Fraktion sowie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.
Zuvor gebe ich noch einen kurzen Überblick über den Beratungsablauf zu Artikel 17a. Mit diesem Artikel sollen mehrere Landesgesetze geändert werden. Der Artikel 17a ist daher in Absätze gegliedert, in denen die entsprechenden Gesetzesänderungen vorgenommen werden. Da diesen Absätzen einzeln zu ändernde Landesgesetze zugrunde liegen, es sich damit um mehrere selbstständige Bestimmungen handelt, wurden von der SPD-Fraktion zu allen Absätzen Einzelberatung und Einzelabstimmung beantragt. Momentan hat der Artikel 13 Absätze. Mit dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion sollen weitere Absätze und damit zu ändernde Landesgesetze hinzugefügt werden. Auch hierzu wurden Einzelberatung und Einzelabstimmung beantragt. Nach der Ausspra
che erfolgt die Abstimmung über den jeweils aufgerufenen Absatz und zu den dazu vorliegenden Änderungsanträgen.
Änderungsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hier: Art. 17a Abs. 1 - Polizeiaufgabengesetz (Drs. 17/13422)
Änderungsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Doris Rauscher, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) hier: Nummer 19 a (Drs. 17/13211)
Die Redezeit beträgt hier wiederum 24 Minuten. – Ich darf als Erste Frau Schulze ans Rednerpult bitten. Bitte, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Maßstab bei der Integration sind die gleiche Würde aller Menschen, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Wir wollen Integration auf der Basis des Grundgesetzes und auf der Basis der Bayerischen Verfassung.
Deswegen brauchen wir kein Leitkultgesetz, deswegen müssen wir auch nicht das Polizeiaufgabengesetz ändern, wie es die CSU-Staatsregierung vorhat, und deswegen möchten wir mit unserem Änderungsantrag Artikel 17a Absatz 1 streichen; denn die CSUStaatsregierung setzt Flüchtlingsunterkünfte mit gefährlichen Orten gleich. Ich habe mir beim ersten Lesen gedacht: Wenn Sie "gefährdete Orte" schreiben würden, wäre das wenigstens wahr. Erst vor Kurzem hat das BKA die neueste Information herausgegeben, dass es seit Anfang des Jahres fast 800 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte gab. Flüchtlingsunterkünfte sind also keine gefährlichen Orte; sie sind gefährdete Orte.
Das schreiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht. Sie schreiben nicht, wie Sie zum Beispiel Flüchtlingsunterkünfte schützen wollen. Sie setzen Flüchtlingsun
terkünfte mit gefährlichen Orten gleich, und damit stellen Sie Flüchtlinge unter Generalverdacht. Das ist unnötig; denn es gibt bereits die rechtlichen Grundlagen dafür, dass die Polizei dann, wenn Gefahr im Verzug ist, wenn es einen Anfangsverdacht oder eine Gefahrenprognose gibt, natürlich auch in Flüchtlingsunterkünfte gehen kann. Das praktiziert sie ja auch. Ich verstehe nicht, warum hier wieder einmal eine Extrawurst gebraten wird und Flüchtlingsunterkünfte zu gefährlichen Orten gemacht werden. Das ist wieder einmal reine Symbolpolitik, mit der Sie in irgendeiner Form irgendetwas symbolisieren wollen. Das schürt Ressentiments und hilft in der ganzen Sache überhaupt nicht weiter.
Das ist auch nicht nur unnötig und rechtlich nicht sinnvoll, sondern dieser Absatz ist auch in der Praxis total irreführend; denn es gibt bisher keinerlei Erkenntnisse, dass die Betreiber irgendwelcher Flüchtlingsunterkünfte der Polizei den Zutritt verwehrt haben oder verwehren würden. Ich bin mir sehr sicher, dass sich die Diakonie freuen würde, wenn statt Nazis mit Fackeln lieber die Polizei vor der Tür stehen würde. Darum verstehe ich nicht, warum die CSU bei diesem Artikel in die gleiche Mottenkiste greift, wieder ein bisschen Symbolpolitik macht, Ängste schürt, spaltet, ausgrenzt und Flüchtlinge unter Generalverdacht stellt. Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist gerade momentan gar nicht zielführend.
Wir müssen mehr zusammenhalten, statt zu spalten. Denn wir wissen: Wer ausgrenzt, spaltet; wer spaltet, schwächt das Land. Zusammenhalt macht uns stark, und nur gemeinsam gewinnen wir.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Artikel 13 des Polizeiaufgabengesetzes regelt, wie polizeiliche Personenkontrollen durchzuführen sind. Es gibt – ich möchte die einzelnen Paragrafen und Artikel nicht referieren – die Faustregel: Die Polizei darf zur Abwehr von Gefahren kontrollieren.
Polizeiliche Kontrollen dürfen zur Abwehr von Gefahren oder dann vorgenommen werden, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte gibt, dass eine Person oder ein Ort mit Kriminalität in Zusammenhang gebracht werden kann. Das ist sozusagen einmal die Faustregel im Gesetz.
Das hat zwei positive Wirkungen. Auf der einen Seite schützt sie die ganz normalen Menschen, die sich regelkonform verhalten, vor willkürlichen Kontrollmaßnahmen. Auf der anderen Seite gibt sie aber der Polizei die Möglichkeit, dann, wenn eine Gefahr vorliegt oder wenn zu besorgen ist, dass Kriminalität vorbereitet oder durchgeführt wird, jederzeit Kontrollen vorzunehmen.
Bisher ist noch niemand auf die Idee gekommen, Kontrollen schlicht und ergreifend auf der Grundlage vorzunehmen, dass die Betreffenden einem bestimmten Bevölkerungsteil angehören. Der bloße Aufenthalt von Oberbayern, Franken, Sachsen, Österreichern oder Franzosen ist nach unseren Gesetzen kein Grund, Personenkontrollen vorzunehmen. Niemand würde auf eine solche Idee kommen.
Bei Asylsuchenden soll es allerdings gemacht werden. Ich erinnere Sie daran, dass es vor 15 Jahren noch die polizeilichen Landfahrerdateien gab. Damals hatten wir schon einmal eine solche Diskussion. Vielleicht sollten Sie sich an die damalige Diskussion erinnern, als eine ganze Bevölkerungsgruppe pauschal nur aufgrund ihrer Herkunft ins polizeiliche Visier geraten ist.
Jetzt sollen Asylbewerber unter generellen Tatverdacht gestellt und ganz pauschal kriminalisiert werden. Denn überall, wo sie wohnen, und überall, wo sie sich aufhalten, können ohne Gefahrensituation und völlig ohne Verdacht Personenkontrollen durchgeführt werden. Das öffnet willkürlichen Maßnahmen Tür und
Tor. Die Kontrollen können auch innerhalb der vier Wände einer Gemeinschaftsunterkunft und auch dort durchgeführt werden, wo Asylbewerber privat untergebracht sind. Auch wenn es sich dabei nicht um Durchsuchungen handelt, wird dadurch der unverletzliche Bereich des Wohnraums tangiert. Während das Grundgesetz für Deutsche die geschützte Wohnung kennt, sollen Asylbewerber nicht einmal einen abgespeckten Schutz, sondern überhaupt keinen Schutz erhalten.
Der Generalverdacht, unter den Asylbewerber gestellt werden, geht auch völlig an der Realität vorbei. Sie kennen mit Sicherheit alle die Besorgnisse, zu denen es kommt, wenn irgendwo eine Gemeinschaftsunterkunft entsteht. Dann fragen die Anwohner: Wie sieht es eigentlich mit der Kriminalität aus? Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, mich prinzipiell mit der zuständigen Polizeiinspektion und dem Polizeipräsidium München in Verbindung zu setzen. Da ist mir bisher noch jedes Mal bestätigt worden, dass Asylbewerber in ihrem Wohngebiet nicht krimineller sind als Deutsche und es da keine Auffälligkeiten gibt. Es gibt auch keine einzige Statistik aus dem Innenministerium, die das belegen könnte. Auch das BKA hat erst kürzlich eine Untersuchung vorgelegt die besagt, dass es nicht so ist. Das Polizeiaufgabengesetz so wie vorgesehen zu ändern, macht nichts anderes, als den rassistischen Vorurteilen, die unterwegs sind und die geschürt werden, Vorschub zu leisten und zu untermauern.
Im Übrigen gibt es natürlich ein Sicherheitsproblem im Umgriff von Asylbewerberunterkünften; die Kollegin Schulze von den GRÜNEN hat darauf hingewiesen. Die Zahl der rassistischen Übergriffe auf Gemeinschaftsunterkünfte hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Schuld daran ist übrigens auch, dass den Flüchtlingen gerne die Verantwortung für alles Schlechte auf dieser Welt inklusive der Kriminalität in die Schuhe geschoben wird. Ich bin gespannt, wann Sie endlich einmal etwas unternehmen, um die grottenschlechte Aufklärungsquote von 20 % zu verringern, die wir in diesem Bereich haben,
und ich bin gespannt, wann Sie etwas unternehmen werden, um solche Gewalttaten im Vorfeld zu verhindern.
Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.
Vorweg ist über die Änderungsanträge abzustimmen, hier über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/13422. Mit dem Änderungsantrag soll der Absatz 1 aufgehoben werden. Der federführende Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der FREIEN WÄHLER ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.