Aber Sie scheinen sich wenig Gedanken darüber gemacht zu haben, was Integration überhaupt bedeutet. Das sehe ich auch an den Gesetzentwürfen, die Sie vorgelegt haben.
Integration bedeutet nämlich, dass sich die Menschen, die zu uns kommen, in unsere Gesellschaft einfügen und dass sich unsere Gesellschaft nicht in atemberaubender Geschwindigkeit verändert. Genau darum geht es, meine Damen und Herren.
Das ist jedem zumutbar, der in dieses Land kommt und hier auf Dauer bleiben will. Unser Integrationsgesetz bietet die Grundlagen dafür, dass die Menschen, die zu uns kommen und hier eine neue Heimat suchen, gut ankommen und sich erfolgreich integrieren können. Davon profitieren letztlich alle: die Zuwanderer genauso wie die einheimische Bevölkerung. Wir legen mit diesem Integrationsgesetz die Grundlagen dafür, dass der Einstieg der bleibeberechtigten Migranten in ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland gelingt und dass unser Zusammenleben in diesem Land keinen Schaden nimmt. Deshalb bitte ich um Zustimmung zum Bayerischen Integrationsgesetz.
Vielen Dank. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Frau Kollegin Bause das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten heute darüber streiten, was wir für gute Integration brauchen. Wir sollten debattieren, welcher Weg der beste ist, wie wir fördern und wie wir fordern, damit wir am Ende die Weichen so stellen, dass Integration in unserem Land tatsächlich gelingt.
Wir GRÜNE haben dafür einen Gesetzentwurf vorgelegt, einen Gesetzentwurf für Integration und Partizipation. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, diesen Gesetzentwurf haben Sie erst gar nicht diskutieren wollen; denn Sie wollen gar nicht über gute Integration reden. Ihnen – da blicke ich besonders auf Sie, Herr Kollege Kreuzer, und auf die Regierungsbank – geht es um etwas völlig anderes:
Ihnen geht es um die Frage, wie Sie den drohenden Verlust Ihrer absoluten Mehrheit bei den nächsten Wahlen verhindern können.
Es geht Ihnen um reines Machtkalkül, nicht um bessere Lösungen. Ihr Mantra ist doch Macht um der Macht willen. Dafür sind Sie bereit, unser ganzes Land einen hohen Preis zahlen zu lassen.
Sie treibt nicht die Sorge, dass unser Land die Anzahl der Geflüchteten nicht verkraften könnte. Es geht Ihnen auch nicht um die Ängste derer, die sich sozial abgehängt sehen. Schon gar nicht geht es Ihnen um diejenigen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind. Die einzige Sorge, die Sie umtreibt, ist Ihr Wahlergebnis bei der nächsten Landtagswahl.
Sie setzen dabei auf eiskaltes Kalkül. Ihr Gesetzentwurf, den wir heute beraten, ist Teil genau dieses Kalküls. Deshalb ist das kein Integrationsgesetz. Deshalb ist es ein Spaltungsgesetz.
Es ist ein vergiftetes Gesetz mit einer vergifteten Sprache, zusammengebraut nicht im Sozialministerium, sondern in der Giftküche der Staatskanzlei.
Kolleginnen und Kollegen, bei Ihrem Gesetzentwurf fangen die Probleme schon in der Präambel an. Da taucht gleich der unsägliche Begriff der Leitkultur auf, ein Begriff, von dem Sie selbst nicht sagen können, was er bedeutet. Ihre grotesken sprachlichen Verrenkungen sind Realsatire. Aber es geht Ihnen gar nicht um den Inhalt dieses Begriffs. Der Begriff hat keinen
konkreten Inhalt. Er hat nur ein Ziel, nämlich klarzumachen, dass Sie Integration gar nicht wollen. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann vielleicht Alois Glück. Sie erinnern sich: Er war einmal Ihr Fraktionsvorsitzender. Er hat in einem bemerkenswerten Aufsatz unter dem ausdrücklichen Bezug auf die schwierige Debatte um die Leitkultur Folgendes gesagt:
Wer fühlt und erlebt, dass er eigentlich unerwünscht ist, wird sich der Anstrengung zur Integration nicht stellen. Wir würden es mit einer solchen Erfahrung auch nicht tun.
Genau dieser Leitkult ist laut Präambel der einzige Sinn und Zweck Ihres Gesetzes. Der Zweck Ihres Gesetzes ist also, Integration zu behindern. Da, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, sind wir mit Alois Glück einer Meinung und mit vielen, vielen anderen kritischen Stimmen aus der gesamten Gesellschaft, die Ihr Gesetz in den Diskussionen und in den Anhörungen hier im Landtag in Bausch und Bogen zerrissen haben, aus der Wirtschaft, den Kammern, den Unternehmen, deren Integrationsbereitschaft, deren Bereitschaft, Geflüchteten Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, Sie abwürgen, aus der Wissenschaft, insbesondere auch aus der Rechtswissenschaft, den Verbänden, aus den Kommunen und insbesondere aus den Kirchen.
Einer der Höhepunkte in der Debatte zu Ihrem Spaltungsgesetz war die Stellungnahme von Prälat Lorenz Wolf vom Katholischen Büro. In der Anhörung hat er Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Nachhilfeunterricht in Sachen christliches Menschenbild erteilt – Ihnen, die Sie sich eine christliche Partei nennen und in Ihrem Grundsatzprogramm geschrieben haben, dass Ihre Grundlage und Orientierung das christliche Menschenbild sei. Prälat Wolf hat Ihnen in der Anhörung in Erinnerung gerufen, was das denn eigentlich ist. Er hat gesagt: " …das christliche Menschenbild … umfasst … die voraussetzungs- und bedingungslose Gleichheit aller Menschen."
Die voraussetzungslose und bedingungslose Gleichheit aller Menschen. Das sollten Sie sich rahmen lassen und unter das Kruzifix in Ihren Fraktionssaal hängen, damit Sie sich das immer wieder in Erinnerung rufen können;
Kardinal Reinhard Marx hat es so formuliert: "Du bist nicht zuerst gläubig oder ungläubig, Christ oder Muslim – nein, du bist zuerst Mensch". Das ist das christliche Menschenbild, und das ist mit Ihrer Leitkultur unvereinbar.
Gehen wir weiter zu Artikel 10. Darin wollen Sie den Rundfunk auf die Vermittlung der Leitkultur verpflichten – ein unerträglicher Eingriff in die Pressefreiheit. Offenbar wollen Sie die Redaktionen zu Zwangskomplizen Ihrer verfehlten Politik machen. Wie soll das eigentlich praktisch aussehen? Schaut dann künftig jeder Redakteurin ein Leitkultzensor über die Schulter, oder wie haben Sie sich das gedacht? Was passiert mit denen, die sich nicht daran halten? Vor wem und wofür müssen sie sich dann verantworten? – Diese schleichende Gleichschaltung machen wir nicht mit, Kolleginnen und Kollegen, und ich bin mir sicher, die Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger auch nicht.
Völlig absurd wird es in den Artikeln 13 und 14: Wer zum Ausdruck bringt, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt, kann zur Teilnahme an einem Grundkurs über die Werte verpflichtet werden. Wer dazu auffordert, die geltende verfassungsmäßige Ordnung zu missachten, soll bis zu 50.000 Euro Geldbuße bezahlen.
Nur zur Klarstellung: Sie meinen damit nicht die Reichsbürger. Sie meinen damit auch nicht die Pegida-Aufmärsche. Da drücken Sie gerne einmal das rechte Auge zu.
(Dr. Florian Herrmann (CSU): Unverschämtheit! – Zuruf von der CSU: Bodenlos! – Reinhold Bocklet (CSU): Unglaubliche Unterstellung!)
und das widerspricht nicht nur unserer Verfassung, sondern das zeigt, dass Ihnen keine Idee zu absurd ist, um Integration zu behindern und die Gesellschaft zu spalten.
Kolleginnen und Kollegen, wir debattieren Ihr Gesetz zur Weihnachtszeit. Dort steht ein Nikolaus, oder ist es ein Weihnachtsmann? – Hier sehe ich es gerade nicht, ich muss einmal den Herrn Söder fragen.
der christliche Grundwert schlechthin. Genau diesen Wert der Nächstenliebe entsorgen Sie mit Ihrem Spaltungsgesetz,