Protokoll der Sitzung vom 24.01.2017

Ich möchte daran erinnern, dass das Verfahren, das Sie beibehalten wollen, offenbar nicht immer hervorragend, reibungslos und zum Nutzen der bayerischen

Justiz funktioniert. Ich erinnere an das Jahr 2012, als Ihre Frau Haderthauer in ihrem Ministerium an allen Vorschlägen vorbei einen ihr genehmen und verdienten Mitarbeiter auf einen Posten heben wollte, nämlich auf den Posten des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts.

(Widerspruch bei der CSU)

Dort wird man gut versorgt, sollte man irgendwann aus irgendwelchen Gründen nicht mehr Ministerin sein. Das hat uns allen geschadet. Diese Hängepartie war eine Peinlichkeit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland.

(Zuruf von der CSU)

Ja, so war das. Daran müssen wir Sie erinnern. In Zukunft sollten Sie das der bayerischen Justiz ersparen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Anfang habe ich bereits angedeutet, dass die Reformschritte noch einen Schritt weiter gehen könnten. Ich erinnere an den Minderheitenbericht zum Untersuchungsausschuss Mollath von SPD, FREIEN WÄHLERN und GRÜNEN. Dort stehen viele vernünftige Vorschläge, auf die wir gemeinsam immer wieder zurückgreifen können. Der Bericht enthält auch vieles zur unabhängigen Justiz.

Eines ist doch klar: Eine sich selbst verwaltende, personell und institutionell unabhängige Justiz ist der Garant des demokratischen Rechtsstaats – und nichts anderes. An diesem sollte uns allen gelegen sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, einen Moment bitte. Frau Kollegin Guttenberger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte sehr.

Frau Kollegin Gote, Ihrem letzten Satz stimme ich inhaltlich voll zu. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie die Justiz als nicht unabhängig bezeichnen. Das irritiert mich. Ich glaube, wir sind uns einig, dass ich einen Richter in Besoldungsgruppe R 1 nicht zum OLG-Präsidenten machen kann. Für diese Position kommt nur ein ganz kleiner Kreis von Bewerbern in Betracht. Wenn wir uns auf diesem Niveau nicht mehr einigen können, machen wir etwas falsch.

(Horst Arnold (SPD): Wie kann man sich bewerben, wenn die Stelle nicht ausgeschrieben ist?)

Die Stelle wird nicht ausgeschrieben. Ich bezweifle auch, dass Sie wissen, wer dafür geeignet ist. Das Prinzip ist doch offensichtlich. Wenn wir von Gewaltenteilung reden, kann es doch nicht richtig sein, wenn die zwölf wichtigsten Funktionen einer Gewalt ausschließlich von einer anderen Gewalt besetzt werden. Damit ist der Grundsatz der Gewaltenteilung massiv verletzt. Das müssen doch auch Sie erkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Josef Zellmeier, Gudrun BrendelFischer u. a. (CSU) zur Änderung des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen, des Bayerischen Abgeordnetengesetzes und des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung (Drs. 17/14995) Erste Lesung

Die Begründung und die Aussprache werden miteinander verbunden. Damit hat die CSU-Fraktion 13 Minuten Redezeit. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Herrn Kollegen Zellmeier. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion hat ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen, des Bayerischen Abgeordnetengesetzes und des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung eingebracht. Das Gesetz enthält zwei Zielsetzungen. Mit diesem Gesetzentwurf soll eine Gerechtigkeitslücke beim Wechsel zwischen Amt und Mandat geschlossen werden. Wenn beispielsweise ein Abgeordneter in ein kommunales hauptamtliches Wahlamt – Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat – oder ein hauptamtlicher Kommunalpolitiker in den Landtag wechselt, gibt es in einigen Fällen eine deutliche Gerechtigkeitslücke. Nehmen wir einmal den gravierendsten Fall an. Wenn jemand neun Jahre Mitglied des Landtags und neun Jahre hauptamtlicher Kommunalpolitiker gewesen ist, erreicht er in keinem der beiden Fälle die erforderliche Anzahl von zehn Jahren, die er für einen Versorgungsanspruch benötigt. Damit war er 18 Jahre hauptamtlicher Politiker und erhält weder nach dem Abgeordnetengesetz

noch nach dem Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen einen Versorgungsanspruch. Diese Lücke gibt es schon immer, weil es sich bei den Betroffenen immer um Einzelfälle gehandelt hat. Vielleicht war, wenn überhaupt, nur einer in einer Legislaturperiode davon betroffen. Deshalb wurde das Gesetz nie geändert. Das wollen wir jetzt tun.

Der Wechsel zwischen den Parlamenten, vom Landtag in den Bundestag, vom Bundestag ins Europaparlament und umgekehrt, sollte ohne Probleme verlaufen. Dort ist diese Lücke auch nicht vorhanden, weil es Absicherungssysteme gibt. Jemand, der lange als Kommunalpolitiker oder als Abgeordneter tätig ist, sollte im Hinblick auf die Versorgung nicht deutlich hinter seine Kolleginnen und Kollegen, die nur eine Art der hauptamtlichen politischen Tätigkeit ausgeübt haben, zurückfallen. Wer 18 Jahre Oberbürgermeister oder Landrat oder 18 Jahre Landtagsabgeordneter war, erwirbt nahezu den Höchstanspruch. Wer seine Amtszeit jedoch geteilt hat und damit in jedem Amt deutlich unter den zehn Jahren tätig war, erwirbt keinen Versorgungsanspruch, sondern nur eine Nachversicherung, deren Auszahlungen jedoch deutlich geringer ausfallen als die Beträge nach dem Abgeordnetengesetz oder nach dem Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen.

Einige werden einwenden, jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer gehe es ähnlich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass ein Abgeordneter oder ein hauptamtlicher Kommunalpolitiker, egal welcher politischen Gruppierung er angehört, einer deutlich stärkeren Arbeitsbelastung ausgesetzt ist als 40 Stunden in der Woche. Manche von uns absolvieren das doppelte Arbeitspensum. Hinzu kommen die Wahlkampfkosten und die Unsicherheit des Wahlausgangs. Mal steht die eine Partei, mal die andere Partei besser da. Das ist kein persönliches Verschulden. Das kann aber bedeuten, dass man in diese Gerechtigkeitslücke hineinfällt.

Wir wollen das ändern und einen Mindestanspruch festschreiben, wenn jemand zehn Jahre in einer politischen Funktion tätig war. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleibt bei diesen zehn Jahren. Es soll nicht der Eindruck entstehen, als würden wir versuchen, jemandem etwas zukommen zu lassen, was er nicht verdient hätte. Wenn jemand, wie im genannten Beispiel, zweimal neun Jahre hauptamtlich in einem politischen Amt tätig war, erwirbt er nicht einen Versorgungsanspruch für 18 Jahre, sondern nur eine Mindestversorgung für zehn Jahre. Das letzte Amt, das ausgeübt worden ist, wird so bewertet, als wäre man dort zehn Jahre tätig gewesen. Damit wird eine Mindestversorgung entweder nach dem Abgeordnetengesetz oder nach dem Gesetz über kommunale

Wahlbeamte gewährleistet. Zwar handelt es sich um eine kleine Lösung, die man immer noch als ungerecht empfinden könnte, aber es ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Situation.

(Beifall des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD))

Danke, lieber Herr Kollege Roos, für den Applaus. Ich freue mich, dass das in der SPD-Fraktion auch so gesehen wird. – Ich glaube, es war richtig, dass wir nur den Mindestanspruch festgeschrieben haben, weil wir den Eindruck vermeiden wollen, dass man sich selbst bedienen würde. Leider entsteht dieser Eindruck manchmal im Zusammenhang mit dem Abgeordnetengesetz. Das ist aber nicht der Fall. Die Änderung dient der Flexibilisierung. Ein Wechsel der politischen Ämter ist sinnvoll und gut. Ein Wechsel zwischen der Exekutive, der kommunalen Ebene und innerhalb der Legislative zwischen den Parlamenten ist sinnvoll. Dieser Austausch sollte möglich sein. Wir sollten uns bemühen, auf allen Ebenen gute Leute zu haben. Durch Regelungen in der Altersversorgung sollte dieser Wechsel nicht erschwert oder gar verhindert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns ist es wichtig, dass wir für die Politik die besten Frauen und Männer gewinnen. Deshalb müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass ein Wechsel in die Politik nicht eine Verschlechterung der persönlichen Situation bedeutet, sondern eine gewisse Sicherheit gegeben ist, sofern man in der Politik überhaupt von Sicherheit reden kann. Sie alle wissen, wie schnell es im politischen Leben gehen kann.

Ein zweiter Punkt, der uns genauso wichtig ist, das ist das Thema Mutterschutzzeiten, Krankheit von Kindern und die Betreuung von Kindern, die schon längere Zeit krank sind. Bisher war es so: Egal, warum jemand in diesem Hause gefehlt hat, sei es in der Ausschusssitzung oder auch im Plenum, ob die Abgeordnete ein Kind zur Welt gebracht hat oder auch, ob ein Kind längere Zeit erkrankt war, es kam zu Kürzungen. Wir halten das für ungerecht. Wir wollen neue Regelungen, damit in der Mutterschutzzeit die tägliche Kürzung von 100 Euro auf 50 Euro reduziert wird. Außerdem soll die Kürzung reduziert werden, wenn das Kind längere Zeit krank ist, und zwar ab dem 15. Tag. Wenn also ein Kind länger als 14 Tage krank ist, dann soll die Mutter – in der Regel wird es die Mutter sein, wir hatten in der Vergangenheit einige Fälle, in denen Kolleginnen erfreulicherweise Mutter geworden sind – die Möglichkeit haben, das Kind in dieser Zeit zu betreuen, und dafür nur die Hälfte der Kürzungen hinnehmen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein klares Signal an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger: Wenn jemand fehlt, und sei es auch noch so gut begründet, egal ob wegen einer eigenen Krankheit, wegen der Krankheit des Kindes oder aufgrund Mutterschutzes, es werden immerhin 50 Euro pro Tag abgezogen. Das Geld wird abgezogen, selbst wenn man beste Gründe für die Abwesenheit vorweisen kann. Die Kürzung, die künftig nur noch hälftig anfallen soll, ist ein Signal, ein Signal gerade an die Frauen, von denen wir leider immer noch zu wenige in diesem Hause haben. Künftig soll besser berücksichtigt werden, wenn Kinder zur Welt kommen. Wenn Kinderbetreuung notwendig ist – denn die ersten Jahre sind entscheidend –, dann wird die Kürzung für das Fehlen halbiert. Natürlich könnte man sich hier auch mehr vorstellen; das ist mir bewusst. Es gibt auch Stimmen, die sagen: Warum muss man überhaupt kürzen? – Es gibt aber auch Stimmen, die sagen: Mein Problem ist nicht die Kürzung, mein Problem ist vielmehr, dass ich eine Vertretung im Ausschuss, im Arbeitskreis usw. brauche.

(Beifall der Abgeordneten Judith Gerlach (CSU))

Liebe Judith, du bist eine junge Mutter. Ich weiß, wie das für dich ist. Dein Problem ist nicht, ob dir 50 oder 100 Euro abgezogen werden. Dein Problem ist vielmehr, dass du Vertretungen brauchst. Die sind aber schwierig zu bekommen, weil die Kolleginnen und Kollegen alle gut eingebunden sind und nur selten eine Lücke im Terminplan haben. Es ist aber zumindest ein Zeichen, dass wir uns bemühen. Wir haben keine Lösung dafür gefunden, wie wir das Fehlen sozusagen wettmachen könnten. Die Fiktion einer Anwesenheit, die nicht stattfindet, geht aus unserer Sicht verfassungsrechtlich nicht, das wollen wir auch nicht. Wir setzen aber ein kleines Zeichen, wenn wir die Abzüge um die Hälfte kürzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein Gesetzentwurf, dem eigentlich alle zustimmen sollten. Er verbessert die Lage derjenigen, die eine besondere Lebenssituation zu meistern haben, die beispielsweise wechseln zwischen Amt und Mandat oder die, wie gesagt, durch Mutterschaft oder durch die Krankheit des Kindes besonders belastet sind. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen. Ich würde mich freuen, wenn wir den Gesetzentwurf einstimmig verabschieden könnten.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Wortmeldung stammt von Herrn Kollegen Halbleib. Ich darf nachtragen, dass für die SPD sechs Minuten Redezeit verbleiben, für die FREIEN WÄHLER fünf Minuten, für die GRÜNEN fünf Minuten und für die

Staatsregierung acht Minuten. Herr Halbleib, bitte schön. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zur Beginn der Ersten Lesung erst einmal ein Dankeschön aussprechen, und zwar an die CSU-Fraktion, aber auch an die Fraktion der GRÜNEN, die im Ältestenrat den Impuls zur Aussprache gegeben hat. Ich glaube, es handelt sich hier um Punkte, die wir seit längerer Zeit immer wieder diskutieren. Das gilt sowohl für die Frage der Altersentschädigung und der dafür fehlenden Zeiten als auch für die Frage, ob wir ein frauen- und familienpolitisches Signal des Landtags geben für den Vollzug der Kostenpauschale. Ich habe diesen Dank deshalb ausgesprochen, weil wir jetzt einen förmlichen Gesetzentwurf vorliegen haben, sodass wir uns nun ganz konkret mit diesen Überlegungen auseinandersetzen können. Vorab deshalb ein kollegialer Dank an dieser Stelle.

Zur Altersentschädigung und insbesondere zur Wartezeit, also zu der Zeit, die man im Amt erbringen muss: Die Zeit, die erreicht werden muss, damit überhaupt eine Altersentschädigung aus dem Amt erwächst, ist der Kern des Ganzen. Hier haben wir sowohl bei der Abgeordnetentätigkeit als auch bei der Tätigkeit der kommunalen Wahlbeamten eine Zehn-Jahres-Grenze. Die Regelung ist im Übrigen für die Abgeordneten des Bayerischen Landtags völlig anders als beispielsweise für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, bei denen die lange Wartezeit von zehn Jahren nicht gilt. Stattdessen können dort von Anfang an jährlich anwachsende Altersbezüge gebildet werden. Eine solche Grenze gibt es dort nicht. Wir hier im Landtag haben deshalb auch die Verantwortung, mit dieser Grenze umsichtig umzugehen. Aus diesem Grund müssen wir sie auch in besonderer Weise in den Blick nehmen.

Wir werden uns den Vorschlag der CSU genau ansehen und sorgfältig abwägen; das kann ich hier schon zusagen. Ich sage auch gleich vorweg, dass man die Gründe, die für die vorgeschlagene Lösung vorgebracht werden, nicht so einfach vom Tisch wischen kann. Es handelt sich um ernste Gründe, mit denen man sich befassen muss. Anrechnungsregeln zwischen den Parlamenten, zwischen den Parlamentsebenen, sind selbstverständlich. Beim Wechsel der politischen Ebene im Parlamentarismus findet die Anrechnung statt. Warum soll dieser Gedanke nicht auch erwogen werden, wenn es um einen Wechsel zwischen einem kommunalen Spitzenamt und dem Landtag geht oder umgekehrt die Erfahrungen, die im Parlament gemacht wurden, in ein kommunales Spitzenamt eingebracht werden? – Hier gibt es tatsächlich eine Lücke, die sich nicht wegdiskutieren

lässt. Sie besteht, wenn weder in dem einen noch in dem anderen Amt die Voraussetzungen erbracht sind, die Voraussetzungen im Zusammenhang aber unstreitig gegeben wären. Wir wissen auch, dass die Instrumente der Versorgungsabfindung und der Nachversicherung kein adäquater Ersatz sind. Es geht um den Schluss einer Lücke und nicht mehr, das ist deutlich geworden. Das sind Gründe, die man zunächst einmal zur Kenntnis nehmen und ernst nehmen muss. Ich kann aber nicht verhehlen, dass es auch Gründe gibt, die dagegen sprechen. Auch damit müssen wir uns intensiv befassen.

Die zehnjährige Wartezeit hat gute Gründe. Sie führt systemimmanent zu Härten, die man bei dieser ZehnJahres-Frist auch will. Die Alternative wäre sowohl beim kommunalen Amt als auch beim Landtagsmandat ein gestufter Aufwuchs von Anfang an, wie das beispielsweise der Deutsche Bundestag hat. Im bayerischen System hat man sich für diese relativ lange Wartezeit entschieden: vorher alles oder nichts. Härten gibt es viele innerhalb der Zehn-Jahres-Frist. Wenn beispielsweise ein Bürgermeister, ein Landrat oder auch ein Landtagsabgeordneter nach neuneinhalb Jahren aus gesundheitlichen, politischen oder auch persönlichen Gründen aus dem Amt scheidet, dann bleiben diese Härten. Sie werden durch den Gesetzentwurf auch nicht vermindert. In diesem Fall greift keine Versorgungsregelung ein. Jetzt greift man legitimerweise eine Härte auf, die man zur Diskussion stellt. Andere aber bleiben unverändert bestehen, das muss man an dieser Stelle auch deutlich sagen. Die Zehn-Jahres-Frist hat durch die Konstruktion der zehn Jahre Härten, und die werden im Wesentlichen auch bleiben. Es stellt sich aber die Frage, ob man die Härte mindert, die zwischen Landtags- und kommunalem Wahlmandat in der Addition besteht, wenn zusammengezählt zehn Jahre erreicht würden.

Ich bin da ein bisschen vorsichtig und rate auch zur Vorsicht bei dem Begriff "gewisse Härte in der Alterssicherung". Das ist ein Zitat aus dem Gesetzentwurf. Wenn man von einer Gerechtigkeitslücke spricht, dann ist hier Vorsicht angebracht, und zwar bei uns allen. Die tatsächlichen und die gefühlten Härten bei der Alterssicherung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nämlich wesentlich härter. Deshalb könnten bei der Verwendung des Begriffs "Härte" in diesem Zusammenhang durchaus Fragezeichen auftauchen. Wir sollten deshalb vorsichtig mit diesen Begriffen hantieren. Ich glaube, im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit geht es nun darum, beide Argumente gegeneinander abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen. Eine gewisse Skepsis habe ich angedeutet, auch darüber müssen wir im Ausschuss intensiv diskutieren.

Beim zweiten Punkt geht es um ein frauen- und familienpolitisches Signal. Die Gründe dafür sind klar. Es geht um ein Signal für Frauen in der Politik und für die Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Politik.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Signal sollten wir geben, auch wenn wir wissen, dass die Bezugsfallwirkung immer diskutiert werden muss. Ich denke, das wird eine Aufgabe der Ausschüsse sein. Ich glaube auch, wir sollten darüber nachdenken, ob wir die Elternzeit als Begriff aufnehmen, und zwar für Frauen und Männer; denn so, wie wir das derzeit geregelt haben, stellen wir nur die Betreuung von kranken Kindern in den Mittelpunkt. Wäre es nicht ein Aspekt, zumindest in der Elternzeit generell für die Betreuung von Kindern freizustellen? – Darüber muss man diskutieren. Auch die Pflege von nahen Angehörigen könnte man durchaus einbeziehen.

Es gibt also eine Vielfalt an Gründen für Änderungen. Der Abzug von der Kostenpauschale ist theoretisch mit dem Nichtentstehen von Kosten am Parlamentssitz begründet. Davon entfernt man sich. Aber richtig ist, dass wir diese Fragen aufgreifen und diskutieren. Dieses Signal sollten wir bei diesem Thema setzen. Ich sichere für die SPD-Fraktion eine sachliche und offene Diskussion zu. Wir wägen die Argumente. Die Punkte, die Skepsis auslösen, habe ich schon angedeutet. Auch sie sind zu würdigen und einzubeziehen.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Halbleib, einen Moment, bitte. Frau Kollegin Gote hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Lieber Herr Kollege Halbleib und auch lieber Herr Kollege Zellmeier, ich finde die Diskussion um die frauenpolitischen und die mütter- bzw. elternpolitischen Aspekte dieses Gesetzentwurfs etwas verlogen. Wir sollten hier schon darauf hinweisen, dass wir in einer ganz anderen Situation sind als alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir haben ein freies Mandat. Wir beziehen kein Gehalt, sondern eine Diät. Wenn wir hierherkommen, bekommen wir eine Aufwandsentschädigung; nur die wird abgezogen, nichts anderes.

Auf Folgendes möchte ich hinaus: Wenn eine Frau, die im Parlament tätig ist, Mutter wird – ich selber bin in meiner Zeit hier im Parlament Mutter geworden –, geht es ihr im Grunde besser als jeder anderen Arbeitnehmerin. Von ihrer Diät wird nichts abgezogen. Sie muss kein Elterngeld beantragen. Sie muss keine Elternzeit beantragen. Sie kann als frei gewählte Abgeordnete selbst ihre Zeit einteilen, auch die mit ihrem

Kind. Sie ist nur ihren Wählern und ihren Wählerinnen verantwortlich. Finanziell geht es ihr besser als jeder anderen Arbeitnehmerin. Sie beginnen hier eine Diskussion, in der es etwa um die Frage eines Abzuges von 50 Euro geht. Diese Diskussion vor dem Hintergrund der guten Absicherung von Müttern und Vätern in diesem Parlament zu beginnen, finde ich unehrlich.