Protokoll der Sitzung vom 01.02.2017

setz, Herr Kollege Lorenz, hätten Sie sich sparen können. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz zu Ihnen sehen wir wirklich Handlungsbedarf auf diesem Feld. Wir brauchen die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für EU-Bürger bei der Wahl der Bezirksräte. Deswegen werden wir heute dem Gesetzentwurf der SPD voller Überzeugung zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie betonen bei jeder Gelegenheit die Zugehörigkeit der Bezirke zur kommunalen Ebene, was auch aus der Bayerischen Verfassung hervorgeht. Dennoch messen Sie immer noch mit zweierlei Maß, wenn es um das Wahlrecht für die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger geht.

Die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für EU-Ausländer haben wir GRÜNE bereits mehrfach gefordert, auch die SPD; wir wechseln uns immer ab mit unseren parlamentarischen Initiativen, vielleicht kann ich es so formulieren. Die Beratung im Innenausschuss hatten wir bereits. Sie hat gezeigt, dass sich an den Argumenten Für und Wider bei Bezirkstagswahlen grundsätzlich nichts geändert hat. In der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage meiner Kollegin Katharina Schulze und von mir vom letzten Jahr wurde angeführt, dass verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken bestünden. Diese Bedenken haben Sie heute erneuert. Über die Auslegung der betreffenden Gesetze haben wir uns im Ausschuss eingehend unterhalten. Wir drehen uns im Kreis, solange Sie auf dieser Auslegung bestehen. Sie muss nicht die richtige Auslegung sein, so sage ich jetzt einmal ganz vorsichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNE halten daran fest, dass der Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes europarechtskonform auszulegen ist und dass Bezirkstagswahlen als Kommunalwahlen im Sinne des Artikels 22 Absatz 1 der Ausführungsbestimmungen der europäischen Kommunalwahlrichtlinie anzusehen sind. Die bayerischen Bezirke werden in der Richtlinie 94/80/EG zwar nicht als lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe erwähnt; das mag an dieser so berühmten Einzigartigkeit der bayerischen Bezirke liegen. Dass die Bezirke aber deswegen von der Geltung dieser Richtlinie auszuschließen sind, ist ganz allein Ihre Interpretation. Dabei scheinen Sie die Position des betroffenen kommunalen Spitzenverbands gänzlich zu ignorieren. Der Bezirketag befürwortet nämlich längst die Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts

für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Auch der Städtetag trägt zwischenzeitlich eine entsprechende Änderung des Wahlrechts mit unter der Prämisse, dass den Kommunen ein angemessener Ersatz für den Mehraufwand zugestanden wird.

In der Tat mag es so sein, dass die Erstellung von Wählerverzeichnissen mit einem Mehraufwand verbunden ist. Das kann aber kein Argument dafür sein, dass man diese Partizipationsmöglichkeit nicht entsprechend ausweitet. Herr Kollege Arnold, das sollte es uns wert sein. Kolleginnen und Kollegen, es ist höchste Zeit, die längst überfällige Anpassung des Bezirkswahlgesetzes vorzunehmen. Bei der Mitberatung des Gesetzentwurfs im Europaausschuss ist signalisiert worden, dass es sogar eine entsprechende Initiative aus dem Innenministerium geben soll. Aber offensichtlich sind bzw. waren Sie wieder einmal nicht in der Lage, über Ihren eigenen Schatten zu springen. Mit Ihrer heutigen Zustimmung zum Gesetzentwurf hätten Sie noch einmal die Möglichkeit dazu. Ansonsten werden wir uns demnächst wieder mit diesem Thema befassen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den FREIEN WÄH- LERN und der SPD)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Eck um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Diskussion ist eigentlich nicht mehr nachvollziehbar. Ich weiß nicht, wie oft wir hier im Hohen Hause schon darüber diskutiert haben. Das Thema ist bereits in drei Ausschüssen behandelt worden und wurde sehr intensiv diskutiert.

(Horst Arnold (SPD): Das ist die Geschäftsordnung des Landtags!)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Gesetzentwurf nicht verfassungskonform ist. Er ist nicht verfassungskonform. Die Opposition hat doch die Möglichkeit, die Situation sofort zu klären. Sie sind doch in Berlin mit in der Regierungsverantwortung.

(Horst Arnold (SPD): Sie nicht?)

Sie wollen doch diesen Gesetzentwurf. Wir sagen, dass dieser nicht verfassungskonform ist. Es nützt nichts, wenn wir dieses Thema immer wieder aufrollen und auf die Tagesordnung setzen. Beantragen Sie doch einfach eine Änderung des Grundgesetzes. Sie wissen, dass wir dafür eine Zweidrittelmehrheit des Bundestags und des Bundesrats brauchen. Dann könnten wir hier mit einem Ergebnis diskutieren. Aber

so ist das Ergebnis vorgegeben. Momentan füllen wir unsere Tagesordnung lediglich mit völlig überflüssigen Themen. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Abstimmung zugrunde liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/12345. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Wahl von Gefängnisbeiträten und eines Maßregelvollzugsbeirats

Die SPD-Fraktion hat die nachfolgenden Abgeordneten für die Wahl zur stellvertretenden Vorsitzenden bzw. zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gefängnisbeirats benannt: Frau Ilona Deckwerth wurde für die Justizvollzugsanstalten Kempten und Memmingen, Herr Harald Güller für die Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld benannt. Gibt es dazu Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Besteht damit Einverständnis, dass gemäß § 42 Absatz 2 der Geschäftsordnung von geheimer Wahl Abstand genommen wird? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann erfolgt die Wahl in einfacher Form durch Handzeichen.

Wer dem Vorschlag der SPD-Fraktion, Frau Ilona Deckwerth zur stellvertretenden Vorsitzenden des Gefängnisbeirats der Justizvollzugsanstalten Kempten und Memmingen zu wählen, seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist Frau Kollegin Ilona Deckwerth zur stellvertretenden Vorsitzenden des Gefängnisbeirats der Justizvollzugsanstalten Kempten und Memmingen gewählt.

Wer dem Vorschlag der SPD-Fraktion, Herrn Harald Güller zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gefängnisbeirats der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld zu wählen, seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. –

Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist Herr Kollege Güller zum stellvertretenden Vorsitzenden des Gefängnisbeirats der Justizvollzugsanstalt Niederschönenfeld gewählt.

Darüber hinaus soll Herr Dr. Paul Wengert mit Wirkung zum 1. April 2017 zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden des Maßregelvollzugsbeirats des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren, Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, gewählt werden. Gibt es dazu Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Besteht damit Einverständnis, dass gemäß § 42 Absatz 2 der Geschäftsordnung von geheimer Wahl Abstand genommen wird? – Das ist der Fall. Dann erfolgt die Wahl in einfacher Form durch Handzeichen.

Wer dem Vorschlag der SPD-Fraktion, Herrn Dr. Paul Wengert zum stellvertretenden Vorsitzenden des Maßregelvollzugsbeirats des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren zu wählen, seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist Herr Kollege Dr. Wengert mit Wirkung zum 1. April 2017 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Maßregelvollzugsbeirats des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren gewählt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich Ihnen gemäß § 26 unserer Geschäftsordnung noch folgende Ausschussumbesetzung bekannt: Frau Ilona Deckwerth wird anstelle von Frau Ruth Waldmann auch neues Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration. – Frau Kollegin, ich wünsche Ihnen bei Ihren neuen Tätigkeitsfeldern viel Erfolg.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Verfassungsstreitigkeiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimm

enthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Demokratie stärken Direktwahl des Bundespräsidenten einführen (Drs. 17/15167)

Ich eröffne die Aussprache. – Als erstem Redner darf ich für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herrn Kollegen Aiwanger das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Kürze wird in Deutschland der neue Bundespräsident gewählt. Wir, die FREIEN WÄHLER, sind der Überzeugung, es würde dieser Demokratie guttun, den Inhaber dieses Amts durch das Volk wählen zu lassen und die Bürger mitbestimmen zu lassen, wer sie repräsentieren soll. Vorneweg sei gesagt, dass dieses Amt bekanntlich nicht mit sonderlich starker politischer Macht ausgestattet ist, sondern vielmehr mit moralischen Kräften.

Das Volk will eine Identifikationsfigur. Ich bin davon überzeugt, dass die Demokratie gerade in diesen Zeiten eine Identifikationsfigur braucht, die die Demokratie nach innen und außen vertritt. Eine Direktwahl gäbe den Bürgern auch die Chance, an einem demokratischen Prozess teilhaben zu können. Wir sind mit unserem Kandidaten Alexander Hold ständig auf Tour, und die Erfahrungen sind fast durchgehend dieselben. Die Bürger wollen und würden unseren Kandidaten wählen, aber leider dürfen sie ihn nicht wählen. Warum lässt die Politik denn nicht zu, dass der Bundespräsident direkt gewählt wird? Die da oben entscheiden ja ohnehin im Hinterzimmer, und wir werden nicht gefragt. Das ist durch die Bank der Tenor, den wir hören. Ich bin überzeugt: Diese Demokratie ist heute reif genug, ein solches Mehr an Demokratie zuzulassen. Es wird natürlich sofort auf die Weimarer Republik verwiesen, in der sich totalitäre Herrscher über dieses Präsidentenamt nach vorne gepusht haben. Aber das erlaubt keinen Vergleich mit der heutigen Zeit. Erstens sind die Bürger reifer als damals. Zweitens, meine Damen und Herren, ist dieses Amt nicht so ausgestattet, dass diktatorische Züge entstehen könnten. Ich bin davon überzeugt: Die Demokratie würde dadurch massiv gewinnen, gerade in Zeiten,

in denen sich Bürger immer mehr von diesem Staat abzuwenden und durch die Wahl von radikalen Parteien ihren Frust ablassen, weil sie sagen, sie würden zu wenig eingebunden.

Ich kann an Sie nur appellieren, die deutliche Mehrheitsmeinung der Bevölkerung endlich ernst zu nehmen. Mindestens 70 % der Bürger sagen: Ich will direkt wählen. – Wir vertreten damit als parlamentarische Demokratie nur noch eine Minderheitsmeinung, wenn wir das nicht zulassen und es den Bürgern verbieten, den Bundespräsidenten direkt zu wählen. Ich sage es nochmal: Der Bundespräsident ist mehr denn je wichtig als moralische Instanz und als Identifikationsfigur in Zeiten der Krise. Ich bin überzeugt, dass unsere parlamentarische Demokratie auch im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl viele Bewährungsproben zu bestehen haben wird. Umso wichtiger wäre es, dass sich die Bürger wenigstens in ihrem Bundespräsidenten erkennen und nicht sagen, seine Wahl sei nur von drei Parteivorsitzenden hinter verschlossenen Türen ausgekartelt und die Bürger seien nicht gefragt worden.

Deshalb lautet unser Appell an Sie: Gehen Sie diesen Weg mit, akzeptieren Sie dieses Mehr an Demokratie, verweigern Sie sich nicht mit dem Hinweis darauf, dass hier in der Vergangenheit Dinge schiefgelaufen seien, und verweisen Sie nicht auf Österreich, um zu begründen, dass es besser sei, wenn hier nur die Parteivorsitzenden entscheiden. Nein, wir müssen die Bürger Deutschlands in diese Entscheidung einbinden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir brauchen mehr Demokratie, um den Bürgern einen Bürgerpräsidenten zu gönnen in einer Zeit, in der das dringender denn je nötig ist. Damit würden wir der Demokratie einen weiteren Schritt nach vorne erlauben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Guttenberger das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! "Demokratie stärken – Direktwahl des Bundespräsidenten einführen" lautet die Überschrift des Dringlichkeitsantrags. Die Zahl sieben steht normalerweise für Veränderung, aber diese Überschrift hatten wir schon einmal, nämlich im Jahr 2010. Ich muss ehrlich sagen: Damals waren die Überschrift und die Argumente die gleichen. Überzeugender sind sie auch im Jahr 2017 nicht.