Protokoll der Sitzung vom 09.02.2017

Staatsminister Dr. Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

(Staatsminister Dr. Markus Söder erblickt einen Zettel des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) auf dem Rednerpult)

In dieser Form arbeiten die FREIEN WÄHLER: mit einem Schmuzettel, mit einer Sauklaue. Entschuldigung!

(Heiterkeit bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sind die Gemeinden! Steck es dir ein! – Kathrin Sonnenholzner (SPD): Ist das ein Glückskeks? – Volkmar Halbleib (SPD): Niederbayerischer Glückskeks!)

So kann man im Bayerischen Landtag nicht ernsthaft arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese Gemeinden hätten es verdient, dass ein Vorsitzender einer Fraktion einen ordentlichen Brief schreibt, den man ordentlich bearbeiten kann, nicht einen abgerissenen Zettel.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist für dich, nicht für die Bürgermeister!)

Die Gemeinden haben mehr verdient, lieber Hubert Aiwanger, als einen solchen Schmierzettel. Sorry, wenn ich das so sage.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum inhaltlichen Teil. Ist uns allen eigentlich bewusst, dass wir mit dem Breitbandprogramm eine historische Infrastrukturentscheidung für Bayern getroffen haben? – In einer Zeit, die von der Digitalisierung geprägt ist und in der der Strukturwandel unglaublich schnell voranschreitet, ist es für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Bayern absolut entscheidend, dass die Erreichbarkeit digitaler Dienste für alle Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist. Es entscheidet sich an der Frage, ob man sich auf der Datenautobahn oder auf dem Datenkiesweg befindet. Unser Ziel ist es, dass jeder in Bayern, ob in Stadt oder Land, die gleichen digitalen Rechte hat. Kein anderes Bundesland hat sich ein solches Ziel gesetzt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

96 % aller Gemeinden befinden sich im Verfahren; das ist schon angesprochen worden. Wenn 14 von 1.979 Gemeinden ein Problem haben, dann greifen wir das gern auf. Aber der hohe Anteil von 96 % zeigt

doch, mit welcher Wucht, mit welcher Kraft in Bayern auch an dieser Stelle gearbeitet wird.

1.416 Kommunen haben insgesamt schon 1.588 Förderbescheide erhalten. Das heißt, dass viele Gemeinden schon zum zweiten Mal, einige sogar schon zum dritten Mal im Verfahren sind. Auch diese Zahlen verdeutlichen, wie erfolgreich die Gemeinden beim Ausbau vorankommen.

Das Überreichen von Förderbescheiden dient übrigens nicht in erster Linie dazu, dass Fotos gemacht werden. Es handelt sich vor allem um ein Symbol für die Bürger, dass etwas vorangeht, damit Bürger und Gewerbe in den Gemeinden spüren, dass der Freistaat sie nicht alleinlässt. Das ist ein entscheidender Punkt.

(Beifall bei der CSU)

Wir fördern übrigens nur den Ausbau des Glasfasernetzes. 26.000 km werden schon gebaut – Kollege Blume hat es angesprochen –, und es werden jeden Tag mehr. Wir schaffen in Bayern ein weit verzweigtes Netz, das bis in jedes Dorf hineinreicht. Aktuell werden über 580.000 unversorgte Haushalte an das schnelle Netz angeschlossen. Wir können bereits 62 % der Haushalte mit 100 Mbit/s versorgen. Die Zahlen für 50 Mbit/s liegen deutlich höher. Davon profitiert vor allem der ländliche Raum. Die Zuwachsraten liegen bei 15 Prozentpunkten in ganz Bayern, im ländlichen Raum sogar bei über 16 Prozentpunkten. Kaum ein anderes Bundesland weist eine derartige Dynamik auf. Kaum ein anderes Bundesland verzeichnet derartige Steigerungsraten wie der Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Wir sollten nicht vergessen, woher wir gekommen sind: Der Freistaat Bayern hat topografisch und von der Siedlungsstruktur her die größten Herausforderungen aller Bundesländer zu bewältigen. Es ist natürlich einfacher, in der Lüneburger Heide Leitungen zu verlegen als im Alpenraum. In Großstädten ist es wiederum leichter als in den vielen kleinen Gemeinden. Dennoch haben wir den Ausbauprozess deutlich vorangebracht.

Sie sollten auch bedenken, dass in den meisten Bundesländern nur das Bundesprogramm in Anspruch genommen wird. Beim Bund beginnen erst die Ausschreibungen, in Bayern wird dagegen schon gebaut; vielerorts ist der Ausbau bereits abgeschlossen. Wir sind also schneller als andere. Damit schaffen wir Wettbewerbsvorteile für unsere bayerischen Gemeinden, für unsere bayerischen Bürgerinnen und Bürger.

Apropos Bund: Auch dessen Programm läuft bei uns gut. Aktuell sind 134 bayerische Gemeinden in 52 Projekten dabei. Dennoch möchte ich an den Unterschied erinnern; vom bayerischen Programm profitieren nämlich bereits fast 96 % aller Gemeinden. Die Bundesmittel in Höhe von 120 Millionen Euro fließen zwar, aber nur deswegen, weil wir vonseiten des Freistaates 57 Millionen Euro draufgelegt haben. Das heißt, der Bund kann mit seinem Programm nur deshalb Fahrt aufnehmen, weil wir es kofinanzieren. Es läuft wirklich optimal; mit bayerischer Unterstützung kann das Bundesgeld abgerufen werden. Auf diese Weise bewirken wir einen zusätzlichen Effekt, der unserem Land guttut.

(Beifall bei der CSU)

Bei den Themen Höfe und Gewerbe kommt es ebenfalls zu deutlichen Verbesserungen. Die Bürgermeister beginnen in ihren Gemeinden den Ausbau dort, wo es am dringlichsten ist. Dann kommt es Schritt für Schritt zur Erweiterung, bis schließlich die gesamte Fläche der Gemeinde digital erschlossen ist.

Weit draußen liegende Höfe sind besonders schwer zu erschließen. Daher setzen wir für den Ausbau in Streusiedlungen besondere Anreize. Besonders viele Streusiedlungen haben wir in Niederbayern, einige aber auch in Oberbayern.

Wir schaffen eine zusätzliche Fördermöglichkeit – diese wird vom 1. Juli 2017 an nutzbar sein –, damit auch Weiler und kleinere landwirtschaftliche Betriebe angeschlossen werden. Das macht niemand sonst in Deutschland. Auch daran wird deutlich, dass sich der Freistaat Bayern wie kein anderes Bundesland um die Landwirtschaft kümmert.

Bevor ich auf das Thema "Gigabit für Gewerbe" zu sprechen komme – auch da gehen wir neue Wege –, möchte ich noch auf die Frage eingehen, was "schnelles Internet" eigentlich ist. Laut Festlegung der Wettbewerbskommissarin liegt die Grenze bei 30 Mbit/s. Herr Oettinger teilt unsere Auffassung, dass schnelles Internet heute anders definiert werden muss. Aber relevant für die Genehmigung der Förderprogramme ist, wie bei fast allem in Europa, die Festlegung der Wettbewerbskommissarin auf 30 Mbit/s. Wir haben übrigens eine große Leistung vollbracht, als wir innerhalb von vier, fünf Monaten ein komplett neues Verfahren mit veränderten Richtlinien auf den Weg bringen und dieses der Kommission zur Genehmigung einreichen mussten.

Die meisten Gewerbegebiete werden durch das neue Programm erschlossen. Diejenigen, die schon 30 Mbit/s erreicht hatten, zum Beispiel als Ergebnis der Eigeninitiative der jeweiligen Gemeinde oder der

ortsansässigen Unternehmen, dürfen wir nicht extra fördern. Wir wollen aber einen Zusatzeffekt bewirken; denn gerade für das Gewerbe ist der Schritt in das Gigabit-Zeitalter unbedingt notwendig. Wir verhandeln mit der Kommission und starten mit Pilotprojekten. Wir haben das Ziel, nicht bei einer einmal festgelegten Megabit-Zahl stehen zu bleiben; die Zukunft gehört eindeutig der Gigabit-Gesellschaft. Beim Gewerbe beginnt der Einstieg. Das ist gut für die bayerische Wirtschaft.

(Beifall bei der CSU)

Ich komme zu der Frage, ob in einigen Regionen schneller oder besser als anderswo ausgebaut wird: Wir kümmern uns um jede Gemeinde, die Bedarf anmeldet. Wer schon bei der Einweihung eines neuen Breitbandnetzes in einer Gemeinde dabei war – Hubert Aiwanger, viele Kollegen deiner Fraktion sind gern dabei, wenn ich das mache –, der weiß, was dort berichtet wird: Die TK-Unternehmen müssen aus anderen Bundesländern Mitarbeiter holen, um die Aufträge in Bayern überhaupt abarbeiten zu können. Tiefbaufirmen aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland werden engagiert, um das zu schaffen. Wir helfen jedem gern. Aber was die Baukapazitäten angeht, so muss ich darauf hinweisen, dass ich nicht über einen Bauhof verfüge.

Es bleibt bei der Feststellung: Unser Programm ist ein Erfolgsmodell. Schlimmer wäre es, wenn ein Programm aufgelegt worden wäre, das niemand in Anspruch nehmen wollte. Wir haben ein Programm, das jeder in Anspruch nehmen will, das jeder nutzt. Das ist ein gutes Zeichen für den Freistaat Bayern.

Das Lob durch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und durch die Industrie- und Handelskammern ist das eine. Aber uns loben auch die Kommunalpolitiker, das heißt die Bürgermeister und die Landräte. Ganz besonders freue ich mich, wenn auch Kommunalpolitiker der FREIEN WÄHLER uns loben. Das sei vor allem dem vorvorherigen Redner gesagt, der uns hier mit seinem Zettel bereichert hat. Landrat Dreier beispielsweise sagte letztens bei einem Spatenstich: Das Förderprogramm des Freistaates Bayern hilft den Kommunen vorbildlich. – Lieber Hubert Aiwanger, wenn du uns nicht glaubst, dann glaube wenigstens deinem Parteifreund aus Landshut. Er hat an dieser Stelle recht.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Frau Karl, noch etwas zu dem Thema BayernWLAN. Dabei handelt es sich um ein einzigartiges Projekt. Es ist deswegen einzigartig, weil wir anderswo in Deutschland damit nicht vorankommen. Gründe

sind vor allem die Störerhaftung und andere rechtliche Fragen.

Wir wollen bis zum Jahr 2020 20.000 Hotspots aufbauen. Davon profitieren Kommunen, staatliche Behörden und der Tourismus; im ÖPNV ist übrigens bereits eine Reihe von Projekten gestartet worden. Der Vorteil bei uns liegt darin, dass es keine rechtlichen Probleme gibt, keine Störerhaftung. Der Jugendschutzfilter ist ebenfalls dabei, weil wir das staatliche Netz quasi erweitern. Wir ermöglichen die anonyme Nutzung des WLANs rund um die Uhr und kostenlos. Hinzu kommt, dass immer dieselbe Kennung verwendet werden kann. Wer durch das Land fährt, braucht sich nur einmal einzuwählen.

Über 2.500 Hotspots sind bereits freigeschaltet. Über 800 Gemeinden haben sich beim WLAN-Zentrum in Straubing gemeldet, um Verträge abzuschließen. Über 550 Kommunen haben bereits Verträge abgeschlossen. Das mag einerseits den einen oder anderen nicht so spektakulär anmuten wie der Breitbandausbau, da der WLAN-Ausbau kaum sichtbar ist. Andererseits wird dieser Ausbau umso schneller vorangehen.

Ich fasse zusammen. Der Freistaat Bayern arbeitet als einziges Bundesland auf der Grundlage einer Kombination aus Breitbandausbau im Boden und WLAN-Ausbau mit dem Ziel: schnelles Internet für alle. Damit schaffen wir schon heute die Voraussetzungen für die nächste Generation des Mobilfunks. Wir sind mittendrin im Ausbauprozess. Bei uns wird gebaut wie nie zuvor. Das ist, nebenbei bemerkt, auch ein Mittelstandsförderprogramm, von dem insbesondere der ländliche Raum profitiert.

Wenn ich die Stimmung der Bürgermeister zusammenfasse, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass sie uns als Partner sehen. Sie sind froh, dass der Freistaat Bayern diese Aufgabe übernimmt. Das hat übrigens nicht nur etwas mit dem speziellen Ziel der Wirtschaftsförderung, sondern auch ganz allgemein mit unserem Selbstverständnis zu tun. Wir bringen uns gegenseitig Respekt entgegen. Wir lassen den ländlichen Raum nicht allein. Wir geben dem ländlichen Raum die echte Chance, am Ende digital auf Augenhöhe mit den Großstädten zu sein. So stelle ich mir die Umsetzung unserer Heimatstrategie vor.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drs. 17/15166) - Erste Lesung

Den Gesetzentwurf begründet Herr Staatssekretär Eisenreich. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des BayEUG ist nicht besonders umfangreich, enthält aber wichtige Gesichtspunkte. Drei möchte ich besonders hervorheben.

Ein Punkt ist die Verankerung der Beruflichen Oberschule im BayEUG. Bei uns gilt der Grundsatz, dass berufliche und akademische Bildung gleichwertig sind. Die Berufliche Oberschule ist eine starke Säule der beruflichen Bildung. Sie hat sich sehr bewährt und hat großen Zuspruch gefunden. Wir verwenden den Begriff "Berufliche Oberschule" schon lange für die Berufsoberschule und die Fachoberschule. Diese organisatorische Zusammengehörigkeit soll nun auch mit der Bezeichnung "Berufliche Oberschule" im BayEUG verankert werden.

Der Gesetzentwurf enthält auch einige inhaltliche Änderungen. Ich nenne den erfolgreichen Schulversuch mit den neuen Ausbildungsrichtungen Gesundheit und Internationale Wirtschaft. Ebenso werden die Vorklassen an den Fachoberschulen gesetzlich geregelt.

Zweitens wollen wir eine Vereinfachung der Teilzeitausbildung in der Pflege. Bisher waren eine vorangegangene Berufstätigkeit oder die Führung eines Haushalts Voraussetzung für die Teilzeitausbildung. Diese Voraussetzungen werden nun aufgehoben. Damit wird die Teilzeitausbildung in der Pflege erleichtert.

Der dritte Punkt ist die Wahl der Klassenelternsprecher an den Förderzentren. Bisher gab es dafür keine eigene Regelung. Wir führen diese Wahl nun genauso wie an den Gymnasien, Realschulen und Wirtschaftsschulen ein.

Ich danke allen Verbänden, die sich an der Verbändeanhörung beteiligt haben. Die Rückmeldungen sind für uns immer sehr wichtig. Ich freue mich und bitte darum, dass der Gesetzentwurf dem Bildungsausschuss zur Beratung überwiesen wird.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Ich eröffne die Ausspra