Protokoll der Sitzung vom 14.02.2017

Verehrte Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Her ren! Ich eröffne die 96. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Foto grafen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Ich darf Sie jetzt bitten, sich von Ihren Plätzen zu er heben und eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 11. Februar verstarb im Alter von 81 Jahren Herr Hans Lukas. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1970 bis 1994 an und vertrat für die CSU den Wahlkreis Oberpfalz. Während seiner Abgeordneten tätigkeit war er unter anderem Mitglied im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, im Ausschuss für So zial und Gesundheitspolitik sowie insbesondere im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, dessen Themen ihm zeitlebens besonders am Herzen lagen. Für Landwirtschaft, Fischerei und die Belange des ländlichen Raums setzte er sich auch in ehrenamtli chen Funktionen, etwa bei der Landjugendbewegung oder beim Bayerischen Bauernverband, ein.

Als langjähriges Mitglied des Kreistages von Neustadt an der Waldnaab und in drei Jahrzehnten als Bürger meister seiner Heimatgemeinde Kirchendemenreuth engagierte sich Hans Lukas zudem intensiv für die Belange der Menschen in der Oberpfalz. Für seinen vielfältigen Einsatz wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Bayerischen Verfassungsme daille in Silber. Der Bayerische Landtag wird dem Ver storbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. –

Sie haben sich von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Bevor wir mit der Tagesordnung beginnen, darf ich noch einen Geburtstagsglückwunsch aussprechen. Heute feiert Herr Kollege Markus Blume Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und weiterhin viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.

Nun habe ich einen Antrag zur Geschäftsordnung, meine Damen und Herren. Kollege Streibl, bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen Antrag zur Geschäftsordnung und bitten darum, beim Tagesordnungspunkt 2 – Gesetzentwurf

zur Änderung des Schulwegkostenfreiheitsgesetzes – einen Gesetzentwurf von uns, der Fraktion der FREI EN WÄHLER – auch zur Änderung des Schulwegkos tenfreiheitsgesetzes – mit aufzunehmen und heute mit zu beraten. Es ist im Grunde aus parlamentsökonomi schen Gründen sinnvoll, das heute gemeinsam zu machen. Sonst würden wir nächste Woche im Plenum noch einmal darüber reden; auch im Ausschuss wären die Gesetze beisammen. Von daher bitte ich, der Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes zuzu stimmen.

Es geht darum, dass den Schülerinnen und Schülern, die eine Schule besuchen wollen, die weiter entfernt ist als die normale Schule, zumindest die Kosten der Schülerbeförderung bis zur nächstgelegenen Schule ersetzt werden. Von daher bitte ich um Zustimmung zu dem Geschäftsordnungsantrag.

Danke schön, Kollege Streibl. Gibt es eine Äußerung zu diesem An trag? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kön nen wir schon über diesen Antrag abstimmen. Wer für den Geschäftsordnungsantrag ist und die Erste Le sung heute mit auf die Tagesordnung nehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Ist jemand dagegen? – Gibt es Enthaltun gen? – Das ist jeweils nicht der Fall. Dann ist einstim mig beschlossen, dass die Tagesordnung entspre chend ergänzt wird.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Endlich wieder frei durchatmen. Für saubere Luft statt Feinstaub und Abgasen."

In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Hat eine Fraktion das Benennungsrecht für mehrere Rednerinnen bzw. Redner, kann auf Wunsch der je weiligen Fraktion eine ihrer Rednerinnen bzw. einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit erhalten. Dies wird auf die Anzahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staats regierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gele genheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen. – Erster Redner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Herr Kolle ge Hartmann. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidi um, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fitnessraum im Bayerischen Landtag war in den letzten Wochen deutlich voller als hier das Plenum. Sicher hat das auch damit zu tun, dass nach der Weihnachtspause

das eine oder andere Pfund weg muss. Mir persönlich war es in den letzten Wochen draußen auch deutlich zu kalt, um Sport zu betreiben. Aber vielleicht gibt es auch noch einen ganz anderen Grund, warum so viele drinnen Sport gemacht haben, nämlich weil in den letzten Wochen Bewegung draußen in den Städten in Bayern wegen Feinstaubalarms und zu viel Stickstoff dioxids in der Luft einfach gesundheitsschädlich war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kollegen aus Mittelfranken haben in der letzten Woche vielleicht auch in den "Nürnberger Nachrich ten" gelesen – ich zitiere –:

Aber auch als Gesunder würde ich in diesen Tagen nicht gerade eine Joggingrunde einlegen. Dabei nimmt man nämlich bis zum Zweihundert fachen an belasteter Luft auf.

Das sagte Prof. Dr. Joachim Ficker von der Universi tät in Nürnberg.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wenn der Lungenexperte bereits gesunden Menschen davon abrät, draußen Sport zu betreiben und sich draußen aktiv zu bewegen, wie sieht es dann bei den älteren Menschen und bei den Menschen aus, die chronisch krank sind, die Asthma haben? Wir wissen ganz genau: Die Dieselfahrzeuge in unseren Städten verpesten unsere Luft und setzen giftige Abgase frei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie lösen Bronchitis aus, verursachen Asthma und führen zu Lungen und Kreislaufschäden. Das ist alles bekannt. Einer Tatsache muss man sich auch be wusst werden: Es gibt in Deutschland zwischen 7.000 und 10.000 Todesfälle, die auf das Konto der Autoab gase gehen. Das sagen uns wissenschaftliche Unter suchungen. Da müssen bei jedem die Alarmglocken läuten. Das können wir doch nicht weiter akzeptieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, man muss sich wirklich einmal bewusst machen: Autoab gase sind in diesem Land für mehr als doppelt so viele Menschenleben verantwortlich wie Verkehrsun fälle. Ja, Autos sind in den letzten Jahren sicherer ge worden. Airbags und Gurte, Antiblockiersysteme, und was noch alles, wurden eingeführt. Autofahren ist so sicher wie noch nie, und das ist auch gut so. Aber was ist mit den Menschen, die unter den Abgasen lei den? Wie werden sie eigentlich in diesem Land ge schützt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie schützen wir die Familie, an deren Fenster sich täglich im wahrsten Sinn des Wortes eine Blechlawine vorbeidrückt? Wie schützen wir chronisch Kranke? Wie schützen wir unsere Kinder? Wie schützen wir äl tere Menschen? Wie schützen wir Schwangere? All diese Fragen müssen beantwortet werden.

Das Urteil aus dem letzten Sommer liegt bereits seit acht Monaten vor. Von dieser Staatsregierung hat man nichts, aber auch gar nichts gesehen, um dieses Problem endlich anzugehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn die Ursachen eines Problems bekannt sind, ist es für uns GRÜNE eine Selbstverständlichkeit, die Ur sachen zu beheben und an einer Lösung zu arbeiten. Man darf das nicht auf die lange Bank schieben. Ich sehe es bereits an einigen Gesichtern: Sie alle wer den denken, dass Stuttgart die gleichen Probleme hat.

(Hans Ritt (CSU): Größere!)

Ja, richtig: Stuttgart hat Probleme. Dort gibt es eine gewaltige Feinstaubbelastung, wie auch in einer gan zen Reihe bayerischer Städte. Aber wissen Sie, was der entscheidende Unterschied zwischen einer Regie rung mit einem verantwortungsvollen Ministerpräsi denten und dieser Staatsregierung ist?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man konnte es ganz deutlich der "Süddeutschen Zei tung" vom 11. Oktober 2016 entnehmen: "Kretsch mann kämpft für DieselFahrverbote". Man kann auch weitergehen und in die Datenbank des Bundesrates schauen. Dann sieht man: Das grünschwarz regierte BadenWürttemberg – ich möchte daran erinnern, dass die CDU dort an der Regierung beteiligt ist – hat bereits im Oktober letzten Jahres einen Verordnungs antrag in den Bundesrat eingebracht. Raten Sie ein mal, wer diesen Antrag unterstützt? – Das schwarz grün regierte Hessen ist mit dabei. Wer bremst mal wieder bei dieser Sache? – Ihr Verkehrsminister Dob rindt auf Bundesebene, der immer der Lobby der Au toindustrie folgt und nicht den Schutz der Menschen in den Vordergrund stellt. Das ist skandalös.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber kommen wir von BadenWürttemberg zurück nach Bayern. Ob München, Nürnberg, Augsburg, Re gensburg, Bamberg oder Würzburg – fast alle diese Städte leiden unter einer massiven Feinstaubproble matik und unter Abgasen in der Luft.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der CSUFraktion, ich fasse kurz zusammen, worum es geht. Erstens ist ein Zusammenhang zwischen Auto abgasen, Krankheiten und Todesfällen in diesem Land belegt. Zweitens werden Grenzwerte nicht ein gehalten. Drittens gibt es ein Gerichtsurteil, das die Staatsregierung dazu verdonnert hat, binnen eines Jahres eine Lösung auf den Tisch zu legen.

Was ist passiert? – Ich sage es Ihnen: Sie haben gar nichts dafür getan, dass die Luft in unseren Städten wieder sauberer wird.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Lüge!)

Sie machen keinen Finger krumm, um gesundheitli chen Schäden entgegenzuwirken. Sie schieben das auf die lange Bank. Sie sehen tatenlos zu, wie Men schen krank werden, leiden und sterben.

Dazu sage ich ganz deutlich: Wir haben in den letzten Monaten auf politischer Ebene viel über Dieselfahr zeuge diskutiert. Wir alle wissen doch, dass der "sau bere Diesel" eine Mogelpackung ist. Das wissen wir seit dem VWSkandal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wissen auch, dass die sauberen Autos nicht von selbst auf die Straßen kommen. Aber auch dabei bremst diese Regierung auf Berliner Ebene immer wieder, sodass wir keine besseren Grenzwerte be kommen.

Was können wir eigentlich tun? Dieses Thema ist mir ganz wichtig; denn es geht um die Gesundheit der Menschen in unserem Land, die wir einem Risiko aus setzen. Wir müssten sie diesem Risiko nicht ausset zen. Schauen wir wieder einmal nach BadenWürt temberg. Die Frage ist: Was kann man machen? Eine verantwortungsvolle Regierung nimmt sich dieses Themas an, das durchaus eine Herausforderung ist.

Die Landesregierung hat die Landesanstalt für Um welt, Messungen und Naturschutz BadenWürttem berg beauftragt, drei Szenarien durchzurechnen und zu prüfen, was man machen kann.

Erstes Szenario – das ist der Weg dieser Staatsregie rung –: Man tut gar nichts. Dann stellt man fest, dass die Grenzwerte bis 2020 nicht eingehalten werden. Das ist klar.

Das zweite Szenario sieht vor, den Autoverkehr um ein Fünftel zu reduzieren.

Das dritte Szenario beschäftigt sich mit der Frage, was passiert, wenn man eine blaue Plakette einführt, um Dieselfahrzeuge, die nicht der Norm Euro 6 ent sprechen, nicht in die Umweltzone einfahren zu las sen.