Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die meisten Vorredner haben betont, dass auch das Bestattungsrecht dem Wandel der Zeit unterliegt, das heißt, es muss an veränderte Bedingungen angepasst werden.
Herr Kollege von Lerchenfeld, Sie haben behauptet, es bestehe kein Änderungsbedarf. Das sehen wir anders. Dass Änderungsbedarf besteht, ist eindeutig. Das zeigen auch die Regelungen in den anderen Bundesländern und in vielen Ländern Europas. Wir haben in den vergangenen Jahren übrigens immer wieder Änderungen vorgenommen. Wer hätte vor 100 Jahren an die Feuerbestattung gedacht? Wir haben vorhin gehört, seit wann es die Bestattung in Särgen gibt. Die Bestattungsriten unterliegen einem steten Wandel.
Jeder hat das Recht, in einem würdigen Rahmen bestattet zu werden. Dabei sind religiöse Bestattungsrituale möglichst zu beachten. Das ist das entscheidende Kriterium, dem wir Rechnung tragen müssen.
Die Sargpflicht – um auf diesen generellen Aspekt zu sprechen zu kommen – ist für uns FREIE WÄHLER nicht das entscheidende Problem. Wir halten sie nicht für unbedingt erforderlich. Aber hierzu gibt es bereits vernünftige Regelungen; das hat das Anhörungsverfahren sehr deutlich gezeigt. Wir haben erfahren, dass durch das Einwickeln in Leinentücher keine we
sentlichen Probleme entstehen, etwa für den Grundwasserschutz. Insofern sind die Argumente der Befürworter der Sargpflicht nicht stichhaltig. Wenn Sie von den GRÜNEN also Änderungen bei der Sargpflicht anstreben, dann haben Sie uns auf ihrer Seite.
Ein Problem haben wir allerdings mit der Detailtiefe der Regelungen in dem Gesetzentwurf. Dieser berücksichtigt unserer Meinung nach nicht alle Aspekte, die für die Umsetzung des Anliegens notwendig sind. Wenn die Vorhaltung von Räumen für die Leichenwaschung in allen Kommunen, das heißt auch in den kleinsten Kommunen, gefordert wird, dann ist das realitätsfern. Auch Kommunen, in denen nur alle zehn Jahre eine islamische Bestattung stattfindet, müssten entsprechende Räume vorhalten. Der Gesetzentwurf hätte die Möglichkeit einräumen sollen, Waschungen auch in den Räumlichkeiten einer anderen, größeren Kommune durchzuführen; denn diese könnte für eine Vielzahl von Kommunen solche Räumlichkeiten vorhalten. Insofern wäre die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen gefragt. Ich meine, die Waschung muss nicht unbedingt an dem Ort durchgeführt werden, wo die Beerdigung stattfindet.
Auch in Bezug auf den Bestattungszeitpunkt ergäben sich mit Ihrem Gesetzentwurf Probleme. In der Anhörung haben wir deutlich gehört, dass der Zeitraum, der zwischen Tod und Bestattung liegen muss, in anderen Ländern durchaus geringer als bei uns ist; aber dort wird eine zweite Leichenschau gefordert. Die Kommunen haben übrigens schon die Möglichkeit, Ausnahmen von der 48-Stunden-Frist zuzulassen; sie machen davon auch Gebrauch. Es steht allerdings im Ermessen der jeweiligen Kommune, eine Abweichung zuzulassen. Hierfür ließe sich sicherlich eine Lösung finden.
Auch der Aspekt der Kosten darf nicht außer Acht gelassen werden. Wenn die Kommune aber in der Lage ist, für islamische Bestattungen einen eigenen Bereich auf dem Friedhof bereitzuhalten, dann dürfte das kein großes Problem sein. Auch ist es durchaus möglich, für Waschungen Gebühren festzusetzen.
Was die Umsetzung der "ewigen Grabesruhe" angeht, so haben wir praktische Bedenken. Bereits heute ist es möglich, eine Verlängerung der Grabesruhe zu beantragen; in der Regel wird dem Antrag stattgegeben. Wenn es aber in München schon Kapazitätsprobleme gibt, dann würden sich diese durch Zulassung der "ewigen Grabesruhe" noch vergrößern, zumal diese Möglichkeit gerechterweise allen Religionsgemeinschaften eingeräumt werden müsste, der Kreis derjenigen, die davon Gebrauch machen wollten, also noch größer würde. Das Problem der Platzkapazität
Trotz unserer Ablehnung des Gesetzentwurfs ist auch uns klar, dass wir das Bestattungsrecht weiterentwickeln müssen. Allerdings sind kleinere Schritte empfehlenswert; vielleicht kann mit Änderungen der Sargpflicht begonnen und dann weitergegangen werden. Dem vorliegenden Gesetzentwurf können wir nicht zustimmen, weil er wesentlichen Erfordernissen nicht gerecht wird.
Herr Kollege Hanisch, vielleicht kann ich Sie doch noch zur Zustimmung bewegen. Sie geben mir mit Ihren Ausführungen Gelegenheit, noch einmal auf den von Ihnen kritisierten Artikel 7 – Bereitstellung von Bestattungseinrichtungen – einzugehen. Ich finde, dass die Vorschriften in unserem Gesetzentwurf nicht sehr detailliert sind; einiges wäre ja noch in der Bestattungsverordnung zu regeln. So viele Detailregelungen enthält das Bestattungsgesetz ohnehin nicht.
Wir haben in Artikel 7 nur den Zusatz "und Räume für die Leichenwaschung" hinzugefügt; die übrige Formulierung entspricht dem geltenden Bestattungsgesetz. Wichtig ist der Hinweis, dass dieser Satz mit den Worten endet: "soweit dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht." So ist es, wie gesagt, schon im Bestattungsgesetz geregelt. Es ist also keineswegs so, dass das, was das Bestattungsgesetz im Grundsatz fordert, in allen Gemeinden eins zu eins umgesetzt würde. Entsprechende Räumlichkeiten müssten also nur vorgehalten werden, "soweit dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht." Nicht jede Gemeinde wäre verpflichtet, entsprechende Umbauten vorzunehmen.
Wir haben diesen Punkt in der Anhörung thematisiert. Die Vertreter des Gemeindetages und des Städtetages haben betont, dass sie insoweit überhaupt kein Problem sehen; denn in vielen Gemeinden gibt es solche Räumlichkeiten bereits. In vielen Kommunen ist es übrigens möglich, Waschungen beim Bestatter oder in den Moscheegemeinden durchzuführen. Damit ist klar, dass kein allzu großes Bedürfnis bestehen dürfte. Wenn aber tatsächlich der Bedarf nachgewiesen wird und eine Anmeldung erfolgt, dann muss umgebaut werden. – Haben Sie also keine Angst vor dieser Regelung!
Frau Kollegin, das Problem ist sehr wohl das öffentliche Bedürfnis; denn es ist gegeben, wenn in einer Kommune eine islamische Bestattung beantragt wird und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Betroffene hat dann einen entsprechenden Anspruch. Das ist aber nur einer von drei Gründen für unsere Ablehnung. Ich gehe davon aus, dass alle Fragen gelöst werden können. Auf die Möglichkeit der interkommunalen Zusammenarbeit habe ich bereits verwiesen.
Uns geht Ihr Gesetzentwurf einfach ein bisschen zu weit. Ich bin wie Sie der Auffassung, dass wir beim Bestattungsrecht etwas ändern müssen; der Bedarf besteht. Aber vielleicht können wir kleinere Schritte gehen. Vielleicht können bestehende Regelungen auch weiter ausgelegt werden, sodass nicht jede Kommune entsprechende Räumlichkeiten vorhalten muss. Es muss nur sichergestellt werden, dass es solche Möglichkeiten gibt. In diesem Sinne finden wir sicherlich einen Weg. – Die Zustimmung der FREIEN WÄHLER kann ich Ihnen heute leider nicht signalisieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie gewohnt werde ich nur auf wenige Punkte eingehen. – Hier sind Behauptungen aufgestellt worden, die nicht im Raum stehen bleiben dürfen, da sie nicht zutreffend sind. Mit Ihren Beiträgen, insbesondere mit dem Beitrag von Frau Gote, soll suggeriert werden, dass muslimische Bestattungen durch unsere aktuelle Gesetzgebung verhindert würden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist definitiv nicht richtig. Allein aus diesem Grunde ist der Gesetzentwurf abzulehnen.
Die Bereitstellung von Räumen für Leichenwaschungen, Ausnahmen vom frühestmöglichen Bestattungszeitpunkt und unbefristete Ruhezeiten können bei Bedarf schon jetzt vom Friedhofsträger ermöglicht werden. Sie haben zum Ausdruck gebracht, Herr Kollege von Lerchenfeld hätte kein Argument gebracht. Er hat alle Argumente gebracht und auf die schon oft geführten Diskussionen verwiesen.
Vielleicht kennen Sie diese Diskussionen nicht. Dann würde ich Ihnen empfehlen, diese Diskussionen einmal nachzulesen, bevor Sie einen Gesetzentwurf ein
reichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, muslimische Gräberfelder auf bayerischen Friedhöfen zeigen, dass die Friedhofsträger vor Ort Lösungen im Rahmen des geltenden Rechts finden. Dieser Gesetzentwurf enthält vier Forderungen, von denen drei erfüllt sind. Ich bitte Sie zu überlegen, wie Gesetzentwürfe formuliert werden sollten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist definitiv abzulehnen. Darum bitte ich Sie ganz herzlich.
Herr Staatssekretär, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung der Kollegin Gote.
Herr Staatssekretär, es ist ein beliebtes Spiel, denjenigen, die hier Anträge stellen, sachliche Unkenntnis vorzuwerfen. Beim Bestattungsrecht bewegen Sie sich hier jedoch auf ganz dünnem Eis, insbesondere wenn Sie darüber mit mir diskutieren. Das wird keiner bestreiten können.
Sie haben außerdem nicht recht. Wie können Sie sagen, muslimische Bestattungen könnten bei uns vollumfänglich durchgeführt werden? Sie können nur dann durchgeführt werden, wenn die Muslime auf ein für sie wichtiges religiöses Element verzichten, nämlich darauf, ohne Sarg bestattet zu werden. Nur diejenigen Muslime, die bereit sind, sich unter Missachtung dieser religiösen Vorschrift bestatten zu lassen, können hier bestattet werden. Deshalb ist Ihre Behauptung, dass bei uns schon heute alles möglich wäre, einfach nicht richtig.
Nun zu den anderen Punkten, die Sie angeführt haben. Der frühestmögliche Bestattungszeitpunkt ist eine Ermessensfrage. Stellen Sie sich vor, Ihr Verwandter stirbt an einem Freitag Nachmittag. Versuchen Sie einmal, diese Genehmigung beizubringen, wenn Sie in einem kleinen Ort wohnen, in dem bei der Verwaltung kein Notdienst eingerichtet ist. Das sind Ermessensentscheidungen, letztlich Gnadenakte, aber das ist keine rechtliche Sicherheit. Genauso verhält es sich mit der "ewigen Grabesruhe". Hier sind die Menschen auf das Wohlwollen der kommunalen Friedhofsträger angewiesen. Sie müssen alle fünf Jahre eine neue Verlängerung beantragen und können keine einmalige finanzielle Ablösung vornehmen. Das ist keine Rechtssicherheit für die Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Liebe Frau Kollegin Gote, ich will darauf gerne antworten: Erstens will ich Ihnen nichts vormachen. Zweitens. Als Bürgermeister habe ich das Bestattungswesen in der Praxis über 20 Jahre lang begleitet. Ich sage Ihnen: Ausnahmen sind in kleineren Kommunen leichter als in großen Städten möglich.
Ich habe nicht gesagt, dass alles überall möglich sei. Ich habe gesagt, dass unsere aktuelle Gesetzgebung muslimische Bestattungen nicht verbietet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Sinne möchte ich ganz herzlich darum bitten, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/12957 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dem Gesetzentwurf dagegen zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Danke schön. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Abstimmung über Europaangelegenheiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage)
Bevor ich über die Liste abstimmen lasse, möchte ich darauf hinweisen, dass der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen in seiner gestrigen Sitzung die unter Nummer 1 bis 3 aufgeführten Subsidiaritätsangelegenheiten betreffend die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen sowie die Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden und betreffend die Durchsetzung der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt und der Änderung der Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems beraten und empfohlen hat, die Staatsregierung aufzufordern, im Bundesrat
auf Subsidiaritätsbedenken hinzuweisen und diese weiter dazu aufzufordern, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden. Es sind dies die Drucksachen 17/15503 bis einschließlich 17/15505. Das Abstimmungsverhalten der Fraktionen können Sie der aufgelegten Liste entnehmen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Erwin Huber u. a. und Fraktion (CSU) Meisterpflicht und sog. reglementierte Berufe schützen (Drs. 17/15591)