Protokoll der Sitzung vom 06.07.2021

Deshalb hat die SPD vor einem Jahr auch die Zukunft der Feuerwehren zu einem Thema der Aktuellen Stunde gemacht und dazu ein Antragspaket eingereicht. Sie wissen, ich bin selbst Feuerwehrmann. Daher freut es mich, wenn wir unser Augenmerk unter anderem auf die Feuerwehr lenken. Hierfür genügen aber natürlich nicht nur warme Worte. Wir haben einen Investitionsstau bei den Feuerwehren, den wir unbedingt auflösen müssen. Feuerwehrhäuser müssen saniert und neue Fahrzeuge gekauft werden. Dabei fehlt es manchmal einfach an Geld.

(Beifall bei der SPD)

Als kleine Anerkennung würde ich mir auch eine Feuerwehrrente wünschen, wie sie andere Bundesländer haben,

(Beifall bei der SPD)

gerne erweitert auf das THW und die Rettungsdienste. Inzwischen haben Sie wenigstens meinem Berichtsantrag zugestimmt. Na also, es wird schon. Wir sind auf einem guten Weg.

Bei unserer Anhörung im Innenausschuss im Frühjahr hat sich auch herausgestellt, dass die Feuerwehr Schwierigkeiten bei der Mitgliederwerbung und bei der Digitalisierung hat. Dies haben uns die Sachverständigen berichtet. Wir haben dazu dann einige Anträge eingebracht, um die Situation zu verbessern. Wir brau

chen zum Beispiel Konzepte, um gezielt Migranten für die Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr zu gewinnen. Wir brauchen auch ein Konzept zur Frauenförderung. Viel mehr digitale Fort- und Weiterbildungsangebote sind notwendig. Leider haben Sie alle Anträge der demokratischen Opposition einfach abgelehnt, anstatt gemeinsam mit uns zu überlegen, was man verbessern kann. Bei einem so wichtigen Thema, das Sie selbst heute für die Aktuelle Stunde vorgeschlagen haben, sollte man die Parteibrille auch einmal abnehmen können.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich, dass der Innenminister inzwischen endlich die Novelle des Rettungsdienstgesetzes vorgelegt hat. Dies ist deshalb so wichtig, weil für uns als SPD klar ist: Hier darf es keine Privatisierungen geben. Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, Ausschreibungen seien nicht nötig. Hier geht es jedoch um Gesundheitsschutz und Gefahrenabwehr. Das darf nicht auf dem Altar der Marktradikalität geopfert werden. Wir wollen, dass es flächendeckend Sanitäter gibt und nicht nur dort, wo viele und reiche Menschen leben. Wir können stolz auf unsere tragenden Säulen sein. Deswegen müssen wir alles tun, um sie zu erhalten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben bei der Feuerwehr, dem THW und den Rettungsdiensten hervorragende Strukturen, die unsere Bevölkerung schützen. Hier darf nichts privatisiert werden. Die Staatsregierung ist aber aufgefordert, eine flächendeckend hochwertige Infrastruktur vorzuhalten. Die Zahl der Notfälle, bei denen die 12-Minuten-Frist nicht eingehalten wird, hat sich von 2010 bis 2019 fast verdoppelt, von 51.900 auf 98.900. Dies hat eine Schriftliche Anfrage von meiner Kollegin Inge Aures und mir ergeben. Gerade im ländlichen Raum ist oft ein geringer Versorgungsgrad festzustellen, zum Beispiel in Weibersbrunn in Unterfranken, wo bei über 30 % der Einsätze die 12-Minuten-Frist überschritten wird. Wir brauchen dort auch einen Ausbau der Telemedizin. Ich bin gespannt, wie sich die ersten Projekte entwickeln.

Sie sehen also, Dank ist gut und richtig, weil unsere Helferinnen und Helfer täglich großartige Arbeit für Bayern leisten. Dank alleine reicht aber nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die Staatsregierung muss ihre Hausaufgaben machen und kräftig investieren, damit wir in Zukunft gut aufgestellt sind. Wir müssen massiv Geld in Digitalisierung –

Herr Abgeordneter, denken Sie an Ihre Redezeit!

– und Mitgliederwerbung stecken, aber auch die Infrastruktur im ländlichen Raum deutlich verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Alexander Muthmann von der FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle schätzen eine bunte, offene und liberale, aber auch eine sichere Gesellschaft. Daher müssen wir ganz grundsätzlich und nicht nur zu einer Aktuellen Stunde die Frage stellen, was erforderlich ist, um diesen Wohlstand, diese Wohltaten und Annehmlichkeiten auch dauerhaft zu erhalten. Reicht es für dieses Ziel aus, wenn alle Bürgerinnen und Bürger – das darf erwartet werden – Gesetze beachten und Steuern zahlen?

Allein mit diesen bürgerlichen Pflichten werden wir aber den derzeitigen Stand, den wir auch künftig sichern wollen, nicht dauerhaft gewährleisten können. Da kommt ganz viel dazu, was ehrenamtlich zusätzlich und freiwillig durch viele Menschen in Bayern geleistet wird. Darauf wird heute mit dieser Aktuellen Stunde das Augenmerk gelegt. Es wird immer von einem Drittel bis 40 % der Bürgerinnen und Bürger gesprochen, die sich in den verschiedensten Bereichen engagieren, um das bunte, vielfältige und lebenswerte Bayern auch dauerhaft gewährleisten zu können. Das Engagement in den Rettungsdiensten in den genannten Bereichen kommt noch einmal zusätzlich obendrauf; denn da geht es in besonderer Weise um altruistische Motive und um eine Bereitschaft, rund um die Uhr zu helfen und da zu sein. Das ist in anderen Bereichen des ehrenamtlichen Engagements nicht in gleicher Art und Weise notwendig.

Deswegen dürfen diese Aktuelle Stunde und die damit aufgerufenen Themen heute nicht nur mit einer Belobigung derer ihr Bewenden haben, die sich engagieren; die Belobigung ist natürlich verdient und notwendig. Vielmehr müssen wir uns darüber hinaus mit der Frage beschäftigen, wie wir ehrenamtliches Engagement dauerhaft sicherstellen können. Das ist auch zu sehen vor dem Hintergrund demographischer Entwicklungen, mobilerer Gesellschaften und – damit verbunden – eines veränderten Engagements, insbesondere was die zeitliche Erstreckung der Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement angeht.

All dies sind Fragen, die beantwortet werden müssen. All dies sind Indizien, die darauf hinweisen, dass wir nicht sicher sein können. Wir können nicht sicher sein, dass es bei der Hilfsbereitschaft, die wir derzeit durch Hunderttausende von Menschen erleben – es ist ja genannt worden –, auch bleibt; diese Hilfsbereitschaft schätzen wir, und mit ihr können wir uns auch ein Stück weit sicher fühlen, und wir können und müssen uns dafür bedanken. Wir müssen uns aber schon auch mit der Frage befassen: Wie und auch mit welchen staatlichen Maßnahmen kann es gelingen, dieses so wichtige Engagement dauerhaft zu erhalten?

Wir haben es in der Corona-Zeit erlebt, und Kollege Hanisch hat es noch einmal in Erinnerung gebracht: Bei den Naturkatastrophen der letzten Tage, bei den täglich vorkommenden Einzelfällen, bei denen Menschen verunglücken, überall da sind die Rettungskräfte sehr schnell vor Ort. In aller Regel sind es auch Ehrenamtler.

Was ist an Maßnahmen veranlasst und notwendig? – Ich will nur ein paar ganz kurz aufzählen. Das sind natürlich gute Arbeitsbedingungen, gute Gerätschaften, die zur Verfügung stehen müssen, und eine gute Ausbildung. Vielfach, in allen möglichen Bereichen, müssen wir auch mehr digital machen. Die Anerkennungskultur ist angesprochen worden, von der Ehrung im Einzelfall über die Ehrenamtskarte bis hin zu vielerlei Dingen mehr. Wir müssen für die Ehrenamtler aber auch die Bürokratie in den Griff bekommen. Ich will gar nicht von Abbau reden, aber zumindest sollte es Bürokratiekontrolle und eine Unterstützung bei der Bewältigung all der vielfältigen Vorgaben geben, die auch im Ehrenamt zu beachten sind. Auch das Stichwort "Weiteres Ausrollen von Ehrenamtsagenturen" ist wichtig. Den Ehrenamtlichen nicht bürokratische Hemmnisse mit auf den Weg zu geben, ist ein weiterer Aspekt.

Insgesamt dürfen wir uns auch nicht nur damit befassen, wie wir die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, würdigen, ehren und sie sozusagen weiter motivieren. Sondern es bedarf auch der Befassung mit der Frage, wie wir das Potenzial der zwei Drittel, die sich eben nicht ehrenamtlich engagieren, noch ein Stück weit heben können. Da ist alle Anstrengung bei Alt und Jung, sicherlich auch in den Gruppen mit Migrationshintergrund notwendig. Beim Stichwort Feuerwehren müssen wir auch über die Frage reden, ob wir Frauen noch zusätzlich gewinnen können.

Herr Abgeordneter, denken Sie an Ihre Redezeit.

Ich denke an meine Redezeit und mache deutlich, dass in fünf Minuten gar nicht alles zu sagen ist, was zu tun ist. Wir werden weiter darüber reden.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Raimund Swoboda. – Herr Swoboda, Sie haben das Wort und können das Pult benutzen.

Hohes Haus! Nicht Lobhudelei und abgedroschene Dankeshymnen von Politikern erwarten die Helden des Alltags im Rettungsdienst, in der Feuerwehr und beim THW von uns, sondern die zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Katastrophenschutz- und

Schadensabwehrfachdienste. Das hat nicht nur etwas mit den technologischen Fortschritten und Quantensprüngen in der künstlichen Intelligenz und der Robotik und dem 5G-Netz und den daraus resultierenden veränderten Personal- und Wissensanforderungsprofilen für Menschen und Einsatztechnik zu tun.

Das hat auch etwas mit fortdauernden diffusen Wertediskussionen und dem Verlust an Gemeinschaft in unserer Gesellschaft zu tun; denn die tragende Säule einer Zivilgesellschaft ist die Bürgergemeinschaft mit einem verbindenden Wir-Gefühl, das jedem einzelnen Mitglied Orientierung, Stabilität und Halt gibt. Doch dieser Zusammenhalt schwindet, weil Familien, Vereinen, Gemeinden bis hin zum Volk der Kitt verloren gegangen ist. Das sind die Wurzeln aus Herkunft, Tradition und Kultur als sinnstiftende Werte für Solidarität, Mitgefühl und Verantwortung für den anderen. Dies findet man bei uns hier in Deutschland eher noch in antistaatlichen Subkulturen und Parallelgesellschaften, aber weniger mitten unter uns.

Die Philosophie der Bürgergemeinschaft beruht auf dem freien Willen, sein Leben in Gemeinschaft mit anderen zu gestalten und dem Gemeinwohl zu dienen. Unsere Verfassungsväter wussten das und haben das Ehrenamt als Staatsziel in der Verfassung verankert. In Artikel 121 der Bayerischen Verfassung heißt es: "Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl." Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das reicht aber heute nicht mehr.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. Die heute von Ihnen gefeierten Fachdienste müssen sich zu anforderungsgerechten, hoheitlich tätigen Dienstleistern wandeln können. Menschen im Ehrenamt können diesen Herausforderungen in Zukunft nur noch in peripheren Bereichen gewachsen sein. In den Kernbereichen braucht es hauptamtlich Berufstätige. Ja, das kostet Geld, –

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist jetzt zu Ende.

– aber das scheint eh nur ein drucktechnisches Problem zu sein.

Nächster Redner ist der Kollege Norbert Dünkel von der CSU-Fraktion. – Kollege Dünkel, Sie haben das Wort.

Dass die Aktuelle Stunde heute unter dem Thema Rettungsdienste steht, ist für mich ein ganz wichtiges Zeichen. Wir haben ein gutes

Jahr schwerer Einsätze in der Pandemie hinter uns. Da gehört es sich und ist anständig, wenn man sich bei den Menschen bedankt, die rausgegangen sind, als alle drin sein mussten.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Ich habe viele Kameradinnen und Kameraden, die sich natürlich auch Gedanken gemacht haben: keine Schulen, kein Arbeitsplatz, keine Gaststätten, zu Hause bleiben, gefährlich, Ansteckungsgefahr. Im Rettungsdienst und bei den Feuerwehren war es aber am Ende kein Thema, dass man zu einem Verkehrsunfall hinausgefahren ist und Leute gerettet hat, dass man hinausgefahren ist, wenn es gebrannt hat, dass man hinausgefahren ist, wenn Unwetter waren. Das geht bis hin zur Hilfe für die Erdbebenopfer in Kroatien, im Ausland. Und das in nicht geimpftem Zustand.

Wenn sich heute jemand hier herstellt und sagt, dies sei Lobhudelei, dann kann ich nur entgegnen, dass ich das als unanständig empfinde. Es gehört sich, dass ein Bayerischer Landtag diesen Menschen gegenüber Dank, Anerkennung und Hochachtung zum Ausdruck bringt. Dies tun wir heute zumindest in der Mehrheit.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Ich bin auch dankbar, dass heute die Aktuelle Stunde zu diesem Thema stattfindet, da wir in den letzten Wochen und Monaten der Pandemie erlebt haben, dass ein Konglomerat von Gruppierungen – dazu gehören auch Leute aus dem rechten Lager dieses Landtags –, unter anderem Querdenkern und teilweise Radikalen, mit einer hohen Aggressionsbereitschaft nicht nur gegenüber der Polizei, sondern auch gegenüber unseren Rettungsverbänden entstanden ist. Uns als Innenpolitikerinnen und -politikern in der CSU ist es sehr wichtig, dass unsere Einsatzkräfte bei ihren Einsätzen bestmöglichen Schutz erfahren. Wir haben deshalb eine priorisierte Impfung gegen COVID-19 auch für die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren, des THW und der Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz unterstützt.

Ebenso wichtig ist uns, dass der Schutz und der Respekt für unsere Retter gewährleistet sind. Körperlicher oder verbaler Gewalt gegen Polizei und Rettungsdienste muss daher mit aller Kraft des Gesetzes begegnet werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, und dafür steht auch unser Minister.

Von der Opposition ist aber auch angesprochen worden, dass die entsprechende Mittelausstattung nicht zur Verfügung steht. Ohnedies ist erstaunlich, dass Fraktionen in einem bemerkenswerten Umfang Rednerinnen und Redner in diese Aktuelle Stunde schicken, die nicht Mitglied des Innenausschusses sind. Lassen Sie sich aber sagen, dass Bayern als verlässlicher Partner unserer Feuerwehren in den Jahren 2011 bis 2020 einen Betrag von 669 Millionen Euro in die Feuerwehren, davon mehr als 395 Millionen Euro in die Fahrzeuge- und Gerätehausförderung, lieber Kollege Muthmann, und mehr 270 Millionen Euro in die Ausbildung unserer Feuerwehrleute gesteckt hat. Für mich ist auch bemerkenswert, dass wir mit einem Gesamtvolumen von 145 Millionen Euro unsere drei Feuerwehrschulen zu den etabliertesten und modernsten Standorten ausbauen. Auch dafür stehen wir in der Verantwortung.

Ich sehe: Meine Zeit läuft ab. Ich hätte noch viel zu sagen, lasse es aber dabei bewenden. Wir haben mit Manfred Ländner noch einen weiteren Redner. Ich kann nur sagen: Wir sind dankbar, dass wir euch draußen im Ehrenamt haben. Ihr seht, dass wir Schulter an Schulter gemeinsam mit euch vorangehen und die Strukturbasis schaffen, die ihr braucht.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)