überwinden. Jeder soll sein Ränzlein Pflege dorthin mitnehmen und einlösen können, wo er es braucht und wie er es braucht.
Für die Pflege der Zukunft schlagen wir deshalb mehr Steuermittel vor. Um die Pflege langfristig abzusichern, brauchen wir eine stärkere Finanzierung aus Steuergeldern, nicht nur aus den Sozialversicherungsbeiträgen der Pflegeversicherung.
Wir brauchen eine Vereinfachung. Die Leistungsansprüche sollen in einem Pflegebudget und einem flexiblen persönlichen Budget, einem Flexibudget, gebündelt werden – also nur noch zwei Budgets für die gesamten Pflegeleistungen. Damit wollen wir die Unterstützung zielgerichteter und auch flexibler gestalten.
Elternzeit ist gleich Pflegezeit. Wir wollen eine Care-Zeit bis zu einem Jahr für pflegende Angehörige, analog zur Elternzeit; denn wir haben bisher sehr häufig von erwerbstätigen Eltern in Richtung Kinder gedacht, und wir haben die Kindertagesbetreuung deutlich ausgebaut. Wir müssen aber auch von erwerbstätigen Kindern in Richtung Eltern denken. Das wird immer wichtiger, und wir müssen deswegen auch die Pflegezeit ausbauen, Tages- und Nachtpflegestrukturen schaffen und hier eine Care-Zeit für Kinder analog zur Elternzeit schaffen.
Pflegestützpunkte plus: Die Pflegestützpunkte müssen ausgebaut und um unabhängige Pflegelotsen als Care- und Case-Manager für alle Pflegebedürftigen ergänzt werden. Wir brauchen mehr Menschen in der Pflege. Wir wollen die Arbeitsbedingungen verbessern. Wir wollen bürokratische Hürden abbauen.
Bei der Bezahlung brauchen wir eine komplette Steuerfreiheit der Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienste. Dagegen hat sich leider der frühere Finanzminister und jetzige Bundeskanzler gestellt. Wir brauchen dringend diese Verbesserung der Bezahlung für die Pflegekräfte.
Wir brauchen Springerpools für ein verlässliches "Frei". Wir brauchen ein verbessertes betriebliches Gesundheitsmanagement, eine bessere Pflege der Pflegenden. Wir brauchen einen Notdienst für pflegende Angehörige. Um sie wirklich wirksam zu entlasten, brauchen wir ein Netzwerk, das dann in Notsituationen auch einspringen kann.
Wir brauchen mehr Gesundheitsförderung und auch eine Prävention von Pflegebedürftigkeit. Am besten soll Pflegebedarf gar nicht erst entstehen. Deshalb brauchen wir auch eine bessere Finanzierung geriatrischer Reha-Angebote, die aktuell leider immer noch unterfinanziert sind.
Die 24-Stunden-Pflege und die 24-Stunden-Betreuung gehören zur Pflegewirklichkeit. Dies muss rechtssicher gestaltet werden. Ungelernte Pflegehelfer aus dem EU-Ausland sollten mit denen aus dem Nicht-EU-Ausland gleichgestellt werden; denn die einen, die aus dem EU-Ausland, dürfen während ihres Sprachkurses als ungelernte Pflegehelfer arbeiten, die anderen aus dem Nicht-EU-Ausland nicht. Das versteht eigentlich kein Mensch. Sie sollten arbeiten dürfen, solange der Erfolg des Sprachkurses und die anschließende Ausbildung nicht gefährdet werden.
Das tun wir in Bayern: Bis zum Ende dieser Legislaturperiode schaffen wir 8.000 neue Pflegeplätze in Bayern. Wir bekennen uns zu einem weiteren Ausbau und zu einer starken Förderung der Pflegeplätze wie beispielsweise der Tages- und Kurzzeitpflegeplätze mit dem Förderprogramm "PflegesoNah". Unser Ziel: Eine Tagespflege im Ort muss so selbstverständlich wie eine Kindertagesstätte sein.
Zum Bürokratieabbau: Die Heimkontrollen müssen extrem entschlackt werden. Doppelstrukturen zwischen Medizinischem Dienst und Fachstellen für Qualität und Aufsicht in der Altenpflege müssen abgebaut werden. Das soll in Modellprojekten, unter anderem in Buxheim, in der Praxis getestet und umgesetzt werden. Im Berchtesgadener Land werden wir Modellprojekte für möglichst wenig Bürokratie in der ambulanten, mobilen Pflege schaffen. Ich bin dem Ministerium und der Ministerin Judith Gerlach sehr dankbar für die Möglichkeit, dass wir hier anpacken und Bürokratie sowohl stationär als auch ambulant abbauen können.
Mit der Pflegereform haben wir eine der größten politischen Aufgaben der Zukunft vor uns. Aber mit dem umfassenden Maßnahmenpaket, das ich gerade vorgestellt habe, haben wir eine Chance, die Herausforderungen im Pflegesystem zu meistern. Wir müssen handeln, und wir müssen schnell handeln.
Meine Damen und Herren, zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN: Er klingt dem unseren sehr ähnlich. Der große Unterschied ist aber, dass nach Ansicht der GRÜNEN der Freistaat Bayern alles richten soll. Von einer Bundeszuständigkeit ist in Ihrem Antrag nicht ein Buchstabe zu lesen. Von einer Ampel-Partei erwarte ich aber, dass sie die Verbesserung für die Pflege in Berlin fordert
(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Toni Schuberl (GRÜNE): Wir sind hier im Bayerischen Landtag!)
Ja, aber Sie vergessen auch, Herr Schuberl, dass das SGB V ein Bundesgesetz ist. Da ist nun mal Ihre Partei am Ruder. Ich habe da leider nichts zu melden.
(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN – Michael Hofmann (CSU): Was man nicht weiß, kann man nicht vergessen!)
Ihr Dringlichkeitsantrag ist ein reaktiver Antrag. Eine reine pflichtschuldige, sozusagen erzwungene Reaktion auf unseren Dringlichkeitsantrag ist da viel zu wenig. Sie müssten aktiv werden. Hier im Bayerischen Landtag sind Sie es ja. Ich bin dem Herrn Kollegen Krahl ja dankbar; er arbeitet ja hervorragend mit. Aber in Berlin muss etwas passieren. Sie müssen da bitte anschieben und nicht hier diesen Antrag im Bayerischen Landtag stellen. So leicht kommen Sie da nicht aus der Verantwortung. Deshalb bitte ich Sie ganz eindringlich: Entweder nutzen Sie das letzte Jahr Ihrer Regierung
für diese Pflegereform, oder Sie machen den Weg für Neuwahlen frei, damit eine Nachfolgebundesregierung endlich diese so essenziell wichtige Pflegereform angehen kann.
Ich habe viel von Bayern gesagt. Ich habe eigentlich alles mal gesagt. Hören Sie es nach, wenn Sie gerade nicht zugehört haben sollten.
Am Ende steht ein dickes Dankeschön an alle, die sich in gelebter Nächstenliebe und in Solidarität für andere, für Schwächere einsetzen und sie pflegen, sei es beruflich als Pflegefachkräfte oder Pflegehelfer, sei es aus Solidarität und Nächstenliebe gegenüber Angehörigen oder Freunden als pflegende Angehörige. Das sage ich gerade in der aktuell laufenden Demenzwoche mit 1.400 Veranstaltungen in ganz Bayern. Unser großes Ziel ist es, Demenzerkrankte, die 60 % aller Pflegebedürftigen ausmachen, in die Mitte der Gesellschaft zu bringen und ihre Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern; denn die Humanität einer Gesellschaft und auch unserer Gesellschaft zeigt sich darin, wie sie mit den Vulnerablen, mit den Pflegebedürftigen umgeht. Auch deswegen machen die pflegenden Angehörigen das humane, das menschenwürdige Antlitz unserer Gesellschaft aus. Ich bitte Sie herzlich, unserem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen, und danke fürs Zuhören.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Kollege Seidenath, eines kann ich gleich vorwegnehmen: Egal, wie oft du das empfiehlst, so schnell wirst du mich nicht los. Solange ich vom bayerischen Volk, von den bayerischen Bürgern und Bürgerinnen gewählt werde, werde ich in diesem Landtag auch Landes- und keine Bundespolitik machen.
Ich kann aber auch ganz anders argumentieren; denn die CSU, auch du in deiner Rede, fordert nach der Fraktionsklausur nichts weniger als eine Pflegerevolution. Jetzt kann ich da – und ich glaube, gerade den Kollegen und Kolleginnen aus dem Gesundheitsausschuss ist das klar – vollkommen mitgehen. Aber wenn man sich in der Historie die großen erfolgreichen Revolutionen anschaut, dann stellt man fest, dass die großen erfolgreichen Revolutionen
Das bedeutet, dass auch, nicht nur, aber auch der Freistaat Bayern Teil dieser Revolution sein muss. Genau das ist der Grund, warum wir hier und heute gerade zu diesem sehr wichtigen Thema den Freistaat Bayern in die Pflicht nehmen.
Die An- und Zugehörigen, die sich um fast 80 % der Pflegebedürftigen kümmern, und die professionellen Pflegenden, die schon heute weit mehr fehlen, sind doch längst von diesem demografischen Wandel doppelt betroffen. Jetzt haben wir die Chance, und Sie haben es auch in der Hand, genau bei diesem Problem vor Ort anzusetzen; aber – die Chance hätten Sie gehabt – leider nein: Die Revolution der bayerischen Regierungsfraktionen erschöpft sich im vehementen Einsetzen auf der Bundesebene. Dieser Einsatz gilt dann nicht mal den falschen Dingen. Da stimme ich Ihnen sogar großteils zu.
Ich habe gerade zugestimmt. Ich habe gerade zugestimmt, dass Sie auf Bundesebene vielleicht durchaus richtige Ansätze haben; aber die Welt dreht sich nicht nur im Bund, sondern auch im Freistaat Bayern.
Da muss man sagen: Solange eine Milliarde Euro im bayerischen Staatshaushalt für das Landespflegegeld ausgegeben wird – und mit dieser einen Milliarde Euro eben keine neuen Pflegestützpunkte ausgebaut werden, keine neuen Pflegeschulen errichtet werden, kein Lehrplan neu überarbeitet wird, keine Anpassung der Fast Lane für Pflegehelfer und -helferinnen erfolgt, keine Anpassung, dass genau diese Pflegehelfer und -helferinnen auch Fachpflegehelfer und -helferinnen werden können –, solange diese Milliarde Euro sinnlos ausgegeben wird, solange müssen wir hier in Bayern definitiv auch unsere Hausaufgaben machen. Genau das ist der Punkt, auf den wir uns fokussieren müssen.
Lieber Bernhard, du hast vorher angesprochen, für wie absolut wichtig die Wähler und Wählerinnen dieses Thema der Gesundheitsvorsorge und -fürsorge halten, auch der Pflege. Ich gebe dir recht, ich kenne diese Umfragen auch. Wenn man sich aber die zweite Seite anschaut – und das gehört zur Wahrheit dazu –, stellt man leider Gottes fest – und ich finde das wahrscheinlich genauso schade wie du –, dass nur circa 10 % ihre Wahlentscheidung von diesem Thema abhängig machen. Das ist allerdings für uns eine große Chance. Ich kann nur dazu aufrufen, diese Chance auch zu nutzen. Dies ist die Chance, dass wir parteiübergreifend, jenseits von Wahlkämpfen, genau in diesem Punkt zusammenarbeiten, eben weil die Wahlentscheidung nicht von diesem Thema abhängig ist. Das ist der Auftrag, dass wir genau hier in Bayern, nämlich dort, wo wir unsere Aufgaben als bayerische Abgeordnete haben, eben auch ansetzen.
Was braucht es nach unserer Auffassung? – Es braucht die sofortige Einführung von landesweiten Pflegestützpunkten, einen deutlichen Ausbau der Pflegestützpunkte, nicht nur beratend, sondern auch wirklich unterstützend. Wir brauchen ein Modellprojekt zur Landespflegegesellschaft, damit auch pflegende Angehörige ihren Urlaubs- und Krankheitsanspruch haben. Es braucht ein Förderprogramm für innovative Wohnprojekte usw.
Langer Rede kurzer Sinn: Lassen Sie uns heute hier anfangen, die Pflegerevolution auch wirklich zu leben. Lassen Sie uns Vollgas geben, und das Ganze, weil wir der Bayerische Landtag sind, auch hier im Bayerischen Landtag.