Protokoll der Sitzung vom 05.11.2024

Vor dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 4 möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir unter den Tagesordnungspunkten 5 und 6 wieder zwei Wahlen mit Namenskarte und Stimmzettel haben. Ich bitte Sie daher, Ihre Stimmkartentasche aus dem Postfach vor dem Plenarsaal abzuholen, sofern dies noch nicht geschehen ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Integrierte Leitstellen-Gesetzes und des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (Drs. 19/3690) - Erste Lesung

Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Damit beträgt die Redezeit für die Staatsregierung 14 Minuten. Ich eröffne zugleich die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 29 Minuten. Ich erteile Herrn Staatssekretär Sandro Kirchner das Wort. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Integrierte Leitstellen-Gesetzes. Vielleicht darf ich vorneweg in Erinnerung rufen, dass das aktuelle Gesetz bereits 2002 in Kraft getreten ist und sich seitdem einiges verändert hat. Ich darf klar feststellen, dass bislang alle ILS-Einrichtungen abgeschlossen worden sind und die Bedürfnisse, die in der Praxis festgestellt worden sind, auch gegenwärtig sind und in der ganzen Zeit verschiedene Rechtsänderungen damit einhergegangen sind, sodass eine Anpassung nach zwölf Jahren legitim ist und an der Stelle heute auch darüber gesprochen werden soll und die Dinge auf den Weg gebracht werden sollen. Auf der Agenda stehen auch Anpassungen wie zum Beispiel die Barrierefreiheit und die weitere Stärkung des Zugangs zu Notrufdiensten. Dabei geht es in erster Linie darum, europarechtliche Vorgaben in nationales Recht zu überführen. Auch geht es um den arztbegleiteten Patiententransport.

Es ist ganz wichtig, dass man den Integrierten Leitstellen zukünftig eine überörtliche Aufgabe als Koordinierungsstelle für den arztbegleiteten Patiententransport

antragen möchte. Damit ist eine zentrale Einsatzlenkung möglich. Mit dieser sinnvollen Ressource, die knapp ist, kann sinnvoll umgegangen werden. Am Ende des Tages kann das Gesamtsystem entlastet werden. Das ist an dieser Stelle eine sehr sinnvolle Vorgabe, mit der positive Veränderungen einhergehen.

Wir haben klar festgestellt, dass es in der Vergangenheit wichtig war, auch die Beteiligung von Betreibern – gelebte Praxis auf der einen Seite, zukünftig aber auch verbindlich – fest vorzusehen. Die Betreiber haben in der operativen Funktion bislang eine sehr wichtige Aufgabe übernommen. Deswegen ist es in der Konsequenz richtig und auch gerecht, dass Fachfragen zukünftig im Benehmen mit den Betreibern gestellt werden, um die Dinge gemeinschaftlich voranbringen und abstimmen zu können.

An anderer Stelle ist heute schon in verschiedenen Redebeiträgen angesprochen worden, dass wir uns durch die Zentralvergabe eines IuK-Systems oder von IuKSystemen gewaltige Vorteile versprechen. Damit einhergehend steht ein Leitstellen-Standard im Vordergrund, der auf der einen Seite vorgegeben ist, auf der anderen Seite für die Integrierten Leitstellen auch verpflichtend abgebildet werden soll, damit die Dinge einheitlich vorangebracht werden können.

Bei der Novellierung des Gesetzes müssen wir natürlich auch den Datenschutz in den Vordergrund rücken. Wir sind – das ist ganz wichtig – angehalten, die Vorgaben der EU-Datenschutz-Grundverordnung in das Gesetz einzubinden und fortzuschreiben. Zudem müssen wir Vorgaben zur Einhaltung technischer Normen machen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, verbindliche Festlegungen zu geben, um Prozesse und Techniken der IT-Sicherheit in den Vordergrund zu stellen. Vorhin haben die Kollegen angesprochen, dass die Cyberkriminalität in aller Munde sei. Cybersicherheit sollte damit auch in aller Munde sein. In diesem Kontext sollten deshalb Empfehlungen des BSI vorgeschrieben und umgesetzt werden. Vor allem sollte jedoch die Pflege von System-Updates durchgeführt werden, um zu gewährleisten, dass weder Lücken noch Hintertürchen geöffnet werden und die Systeme stabil stehen. In diesem Kontext ist es ganz wichtig, die Integrität der Integrierten Leitstellen zu dokumentieren und zu manifestieren, weil sie in ihrer Funktion als kritische Infrastruktur deutlich gestärkt werden.

Weiter geht es um die Zuweisung von Zuständigkeiten. Es ist ganz klar, dass Einzelfallentscheidungen weitgehend von den Regierungen getroffen und umgesetzt werden sollen. Aber auch den Kreisverwaltungsbehörden werden Aufgaben übertragen. Sie haben zukünftig die Aufgabe, die Pflicht zur Aufschaltung von Brandmeldeanlagen sicherzustellen und durchzusetzen.

Wenn man ein Gesetz ändert, hat das Auswirkungen auf andere Bereiche. Deshalb gehört auch das Bayerische Rettungsdienstgesetz redaktionell angepasst. Wenn verschiedene Punkte gegenseitig auf sich verweisen, muss das ins Reine gebracht werden. Insofern ist der Gesetzentwurf kein Hexenwerk, sondern eine notwendige Fortschreibung, weil es die Zeit mit sich bringt.

Ich denke, es handelt sich um wichtige Punkte, die auf den neuesten Stand gebracht werden müssen. Ich freue mich auf den weiteren Gesetzgebungsprozess und wünsche der Diskussion einen guten Verlauf.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. – Nächster Redner ist für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Jörg Baumann.

(Beifall bei der AfD)

Sehr geehrtes Präsidium, Kollegen Abgeordnete! Ein Rettungsdienst, der funktioniert, ist ein Rettungsdienst, der den Menschen helfen kann. Nicht nur beim Bayerischen Roten Kreuz dienen viele Freiwillige, um den Menschen in Notlagen zu helfen, auch in unseren bayerischen Integrierten Leitstellen stehen rund um die Uhr die Mitarbeiter zur Verfügung, um tief in der Nacht die Notrufe der Bürger anzunehmen. Deshalb sagen wir Ihnen allen, den Freiwilligen, den Haupt- und Ehrenamtlichen, den Notärzten, den Ersthelfern an dieser Stelle recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Der heutige Gesetzentwurf beschäftigt sich hauptsächlich mit den Integrierten Leitstellen. Bei der Durchsicht Ihres Gesetzentwurfs stellen wir fest, dass viele Änderungen sich darauf beziehen, dass die Errichtung der Integrierten Leitstellen als Funktionsstellen abgeschlossen ist. Dem ist so, die Änderungen sind logisch. In Ihrem Gesetzentwurf setzen Sie Vorschriften, die nach EU-Richtlinien zwangsweise umzusetzen sind, in Landesrecht um, beispielsweise die Barrierefreiheit. Mit Ihrem § 1 Nummer 2 soll eine Integrierte Leitstelle oder sollen mehrere Integrierte Leitstellen möglicherweise auch zentral die Koordinierung für arztbegleitete Patiententransporte und weitere übernehmen. Das ist natürlich ebenfalls sinnvoll.

Unsere Position ist, dass die Leitstellen durchaus zentraler gelagert werden sollten. Wir könnten uns beispielsweise eine zentrale Leitstelle für die gesamte Oberpfalz vorstellen. Dies ist wegen der Weiterentwicklung der Technik ohne Nachteil für die Notfallpatienten möglich. Dabei könnten Millionensummen eingespart werden, die wiederum der Versorgung in der Fläche zugutekommen könnten. Wie wäre es mit einem Strukturgutachten, um effizienter arbeiten zu können? Möglicherweise können diese Millionensummen auch der Technik der Integrierten Leitstellen zugutekommen. In der Oberpfalz haben Weiden und Amberg fusioniert. Dort geht aber mehr, möglicherweise auch in anderen Bezirken. Dazu würden wir vom Ministerium im Ausschuss gerne hören, wo es weiteres Potenzial gibt.

Sie ermöglichen unter anderem eine Zusammenarbeit der für die Notrufnummer 112 zuständigen Integrierten Leitstellen und der für die 116117 zuständigen Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung. Das befürworten wir. Wir können uns vorstellen, dass die Leitstellen das komplett übernehmen. Sie verweisen auf die Neuregelung im Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs als Hindernis. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich im Sinne der Entbürokratisierung auf Bundesratsebene für eine Anpassung einsetzten. Es wäre doch sinnvoll, an dieser Stelle mehr zu koordinieren, damit der Patient die richtige Behandlung erfährt.

Insgesamt sehen wir den Gesetzentwurf durchweg positiv. Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön. – Nächster Redner ist für die CSU-Fraktion der Kollege Norbert Dünkel. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns heute intensiv eine Stunde mit dem Thema innere Sicherheit befasst. Dazu gehören auch der Zivilschutz und der Katastrophenschutz. Vielleicht einmal als Zahlen: Wir sind sehr stolz darauf, die Anzahl der Beamtinnen und Beamten bei der Polizei auf einen Spitzenwert von 47.000 ausgebaut zu haben. Lieber Benjamin Miskowitsch, demgegenüber stehen 450.000 Menschen, die im Rettungsdienst und in den Blaulichtorganisationen wie dem Roten Kreuz, den Maltesern, den Johannitern, dem ASB und dem THW tätig sind. Die Frau- und Mannstärke bei den Feuerwehren ist gigantisch.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Von diesen 450.000 Menschen sind 430.000 im Ehrenamt beschäftigt. Lieber Florian, wir arbeiten schon lange bei diesem Thema zusammen. Darauf können wir richtig stolz sein.

Seit dem Jahr 2002 wurden das Integrierte Leitstellen-Gesetz und das Bayerische Rettungsdienstgesetz nicht mehr geändert. Wahrscheinlich ist das heute nicht der spannendste Punkt im Plenum, aber es handelt sich um wichtige Anpassungen. Unser Staatssekretär, lieber Sandro Kirchner, ist darauf eingegangen. Wir werden Inhalte für eine neue, zeitgemäße und praxistaugliche Fortentwicklung des Integrierte Leitstellen-Gesetzes liefern. Was mir auch wichtig ist, weil wir die ganze Zeit über das Thema sprechen: Wir werden auch überflüssig gewordene Vorschriften – Stichwort Entbürokratisierung – streichen. Das soll heute einmal erwähnt sein, weil es uns ernst ist und wir anpacken wollen.

Was beinhaltet der Gesetzentwurf? – Ich versuche, mich kurzzufassen. Er beinhaltet die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Die Integrierten Leitstellen sollen künftig überörtliche Aufgaben als Koordinierungsstellen für den arztbegleiteten Patiententransport bekommen. Für den Fall von Bestandsänderungen sollen Mitwirkungspflichten der Betroffenen umgesetzt werden. Wir werden eine bayernweit einheitliche, das heißt schlagkräftige, künftig neu organisierte zentrale

Auftragsbeschaffungsstelle vorsehen.

Wir werden die Datenschutz-Grundverordnung einarbeiten. Ich komme auf das zurück, was unser Minister vorhin ausgeführt hat. Das Thema Datenschutz blockiert uns in vielen Bereichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von den GRÜNEN und der SPD, ich bin jetzt seit elf Jahren im Ausschuss für Innere Sicherheit. Es wäre wirklich wichtig und ein dringender Appell und Wunsch, dass wir mit dem Thema Datenschutz etwas konstruktiver und bedarfsorientierter umgehen können.

Ich will nur ein Beispiel nennen; es weicht jetzt vielleicht ein bisschen ab. Aber wenn ein Vergewaltiger und Mörder bei Rosenheim zweimal über die Grenze fährt und wir ihn nach drei Monaten aufgrund der Toll-Collect-Daten fassen – diese Daten bekommen wir von Österreich, weil der deutsche Zugriff auf Toll Collect nach dem deutschen Datenschutzsystem nicht zugelassen ist –, sind wir auf der falschen Spur, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen überlegen, wohin wir wollen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Da appelliere ich auch an die Opposition: Macht endlich mit! Es geht um unser Volk, es geht auch um unsere Frauen, es geht um Kinder, es geht um Sicherheit, es geht um Zukunft. Die Menschen werden sensibler.

Wir werden das ILSG den datenschutzrechtlichen Vorgaben anpassen. Auch eine Verordnungsermächtigung für die IT-Sicherheit wird geschaffen. Schließlich werden wir eine zentrale Vergabestelle bei der Regierung von Schwaben ansiedeln.

Insgesamt liegt die Bewertung beim Ausschuss für Innere Sicherheit. Wir stimmen gemeinsam mit den FREIEN WÄHLERN der Beschlussempfehlung zu, das Ganze zur weiteren Sachbehandlung in den Ausschuss zu verweisen. Insgesamt kann ich für die CSU-Fraktion bereits in Aussicht stellen, dass wir dem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zustimmen werden. Er ist gut, er ist zukunftsgewandt, er ist umfassend, und er ist wie immer intelligent.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Nächster Redner ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Florian Siekmann. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer bei der 112 anruft, kommt bei unseren Integrierten Leitstellen heraus. Die Integrierten Leitstellen sind der Dreh- und Angelpunkt im Rettungswesen, in der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr; sie sind der Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger die allerersten Ansprechpartner:innen haben, wenn sie Hilfe brauchen. Daran etwas zu ändern, erfordert Sorgfalt und sollte wohlüberlegt passieren.

Dieser Gesetzentwurf ist alles andere als lange überlegt und sorgfältig. Er wurde vor zwei Wochen auf den letzten Drücker eingereicht. Nächste Woche haben wir noch eine Sondersitzung des Innenausschusses, weil die Staatsregierung es verschlafen hat, dass dringend an EU-Recht angepasst werden muss. Jetzt will man Strafzahlungen entkommen. Das ist eigentlich nicht das Verfahren, das ich mir gewünscht habe, um nach Jahren das Integrierte Leitstellen-Gesetz zu überarbeiten; denn man verpasst die Chance auf noch mehr, noch größere und bessere Veränderungen.

Aber vielleicht erst zu den guten Punkten. Was ist gut im Gesetzentwurf? – Gut ist die zentrale Beschaffung von technischen Einrichtungen, von Informations- und Kommunikationseinrichtungen für die Leitstellen. Warum? – Weil wir damit sicherstellen, dass die unterschiedlichen Leitstellen im Land kompatibel miteinander arbeiten und dass sie sich, sollte eine ausfallen, sinnvoll vertreten können. Wir haben deswegen auch nichts von einer zentralen Leitstelle für Bayern. Wir brauchen eine Redundanz im Gefahrenabwehrsystem. Die Gefahrenabwehr wird dadurch noch verbessert.

Wir finden es gut, dass die Regelung zum Patiententransport geändert werden sollen.

Die Aktualisierungen im Datenschutz, Herr Kollege Dünkel, sind hier ganz richtig. Es geht um sensible Gesundheitsdaten. Niemanden hier im Saal geht an, welche Gebrechen ich, welche Gebrechen Sie, welche Gebrechen ein anderer Abgeordneter hier eventuell hat. Diese Änderungen stellen sowohl sicher, dass die Mitarbeitenden in den Leitstellen sensibel damit umgehen, als auch, dass Informationen in engen Grenzen sinnvoll weitergegeben werden dürfen, wenn es zur Verfolgung von Verbrechen notwendig ist – aber eben auch nicht mehr. Ich denke, die Bürgerinnen und Bürger, die in der Not bei der Integrierten Leitstelle anrufen, haben es verdient, dass mit ihren höchst persönlichen Informationen so sorgfältig und so sicher wie möglich umgegangen wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt Vereinfachungen zu den Investitionskosten. Es wird an EU-Recht angepasst im Hinblick auf die Barrierefreiheit; auch das ist gut.

Aber an einem geht dieser Gesetzentwurf völlig vorbei, nämlich an dem großen Problem, vor dem wir eigentlich gerade stehen. Von 2014 bis heute hat die Zahl der Notrufe um 34 % zugenommen. Die 112 wird 300.000-mal im Jahr zusätzlich angerufen. Das sind 300.000 Anrufe, die in den Integrierten Leitstellen verarbeitet werden müssen.

Das hat natürlich auch Folgen im Rettungswesen. Die Reaktionszeit hat sich verlängert, also die Zeit, die der Rettungswagen braucht, bis er beim Patienten ist. In den Landkreisen hat sich die Zeit – der Durchschnitt geht noch – von 11 auf 12 Minuten erhöht. Was heißt das aber für die Fälle, in denen der Rettungswagen auf

einmal am längsten braucht, im 90. Perzentil? – Dann wartet man plötzlich mindestens 20 Minuten, bis der Rettungswagen da ist. Die Prähospitalzeit – das ist die Zeit, bis man in der Klinik ist – beträgt auf einmal eine Stunde und zwanzig Minuten für die letzten 10 % der Anrufe, also für die, bei denen es am längsten dauert, bis die Menschen in der passenden Klinik sind.

Diese Probleme haben wir im Rettungswesen. Wir können sie nur lösen, wenn wir mutiger an Änderungen im Integrierte Leitstellen-Gesetz herangehen. Was brauchen wir dazu?

Der Gesetzentwurf streicht die Möglichkeit, dass tatsächlich die Leitstellen selbst die Verantwortung dafür übernehmen, direkt an die Kassenärztliche Vereinigung über entsprechende Vereinbarungen zu vermitteln. Das Ganze fließt in eine Allgemeinklausel. Wir bräuchten aber dringend eine viel stärkere Zusammenarbeit. Sie wird auch nur gelingen, wenn das Innenministerium dies forciert, wenn sichergestellt ist, dass von den vielen zusätzlichen Anrufen in der Integrierten Leitstelle nicht jeder Anruf am Ende dazu führt, dass ein Rettungswagen als Rettungsmittel alarmiert wird, sondern dass das passende Rettungsmittel alarmiert wird oder andere Versorgungswege eingeschlagen werden.

Dass die Menschen erst einmal bei der 112 anrufen, hat sich durchgesetzt. Das kennen viele auch aus dem EU-Ausland, die neu nach Deutschland kommen. Überall gibt es eine zentrale Nummer. Unsere Verantwortung ist es, über ein kluges Integrierte Leitstellen-Gesetz Sorge dafür zu tragen, dass all diese Anrufe im richtigen Kanal landen, damit echte Notfälle schnell bearbeitet werden können und Patienten mit anderen Problemen oder Nöten die passende Versorgung finden. Dafür bräuchten wir einen Gesetzentwurf; dafür kommt der hier deutlich zu kurz. Er ist mit der heißen Nadel gestrickt, um jetzt noch Strafzahlungen an die EU zu entkommen. Wir wünschen uns eine mutigere Novelle.