Protokoll der Sitzung vom 27.02.2025

Liebe Frau Kollegin Weitzel, es ist für mich erstens dringend notwendig, diesen Zustand zu beenden, dass es hier nur eine Beratende Kommission gibt. Wir brauchen vielmehr etwas, was verbindlich ist und am Ende dazu führt, dass sich keiner wegducken kann. Das ist das höchste Maß an Rechtsverbindlichkeit, das man am Ende herstellen kann.

Das Zweite ist, dass wir einen objektiven Bewertungsrahmen haben, nach dem am Ende entschieden wird. Dieser Maßstab ist zwischen Bund, Ländern, Kommunen und der jüdischen Seite einvernehmlich vereinbart worden und ist unmittelbarer Gegenstand dieser Schiedsgerichtsbarkeit und das beste Versprechen, das man in einem Rechtsstaat geben kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Blume. – Frau Kollegin Sanne Kurz hat sich zum Tagesordnungspunkt erneut für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.

Verehrter Staatsminister Markus Blume, lieber Kollege, ich hatte mich zunächst für eine Zwischenbemerkung gemeldet, weil ich das respektiere, dass sich da jemand entschuldigt. Ich habe Ihnen zu Beginn der Rede abgenommen, dass da jemand ehrlich entsetzt ist, über das, was passiert ist. Als ich gehört habe "Unerträglichkeit der Schoah", "Unerträglichkeit der Vorgänge", da habe ich es geglaubt. Wenn ich dann aber am Schluss der Rede in einer rhetorischen Finte die gleiche Unerträglichkeit auf die Oppositionsarbeit, auf die freie Presse projiziert sehe,

(Beifall bei den GRÜNEN)

deren harter Arbeit über zwanzig Jahre hinweg wir es zu verdanken haben, dass wir heute überhaupt hier sitzen und sprechen und dass die Regierungsfraktionen sich überhaupt bewegt haben und diese Anträge vorgelegt haben, dann ist mir das wirklich unerträglich. Das geht überhaupt nicht. Das macht mich wirklich wütend und ist opferverhöhnend.

(Beifall bei den GRÜNEN – Michael Hofmann (CSU): Sie hätten es nicht politisch instrumentalisieren sollen! Darum geht es!)

Wenn ich höre, dass es im Ministerium nur eine Frau gibt, die sich mit Provenienzforschung beschäftigt, dann ist klar: Da müssen Strukturen verbessert werden. Es hat geheißen: Keiner kann sich mehr wegducken. – Niemand ist gezwungen, sich wegzuducken, wenn die Beratende Kommission etwas vorschlägt. Alle dürfen einwilligen und sagen: Wir gehen vor die Beratende Kommission. – Wer sich wegduckt, der duckt sich freiwillig weg. Für mich ist wirklich sehr überraschend, von einem Minister, der meines Wissens kein bayerischer Beamter ist, zu hören, dass man da eine Verantwortung hat und dass bayerische Beamte so etwas nicht dürfen.

(Michael Hofmann (CSU): Geht es Ihnen nur um die Sache oder auch um die Politik?)

Es geht mir um die Sache.

(Michael Hofmann (CSU): Den Eindruck haben wir nicht!)

Haben Sie die "Washington Principles" gelesen? – Haben Sie nicht. Haben Sie nicht, ganz genau!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wer die "Washington Principles" heute liest, wer die Handreichung heute liest, wer die "Best Practices" heute liest – ich fordere alle Fraktionen auf, sich damit einmal zu befassen –, der weiß, dass man Erbinnen und Erben auch suchen muss, dass man faire und gerechte Lösungen verhandeln muss und dass Wegducken keine Option ist. Man kann nur dankbar sein, wenn die Presse hier im Freistaat so etwas aufdeckt und weiterverfolgt.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Martin Wagle (CSU): Wir brauchen keine Belehrung von Ihnen! – Michael Hofmann (CSU): Auf dem Rücken der Betroffenen profilieren Sie sich, nichts anderes!)

Frau Kurz, eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Prof. Winfried Bausback, CSU-Fraktion.

Frau Kollegin, Sie haben jetzt wiederholt die Limbach-Kommission angesprochen und auch zur Schiedsgerichtsbarkeit Stellung genommen. Können Sie vielleicht aus Ihrer Sicht einmal erläutern, was die

Entscheidungsmaßstäbe der beratenden Limbach-Kommission sind und was die Entscheidungsmaßstäbe einer Schiedsgerichtsbarkeit sind? Können Sie vielleicht auch einen Eindruck davon vermitteln, wie viel Ressourcen die Limbach-Kommission hat und wie viele Fälle da in den letzten Jahren entschieden wurden? – Mir ist nicht klar, warum Sie der Meinung sind, dass über die Schiedsgerichtsbarkeit Fälle verzögert werden.

(Sanne Kurz (GRÜNE): Nein!)

Deshalb würde mich einfach Ihre Einschätzung interessieren, wovon Sie ausgehen. Was sind die Entscheidungsmaßstäbe der Beratenden Kommission und der Schiedsgerichtsbarkeit?

Verehrter Kollege Bausback, die sogenannte LimbachKommission heißt schon lange nicht mehr so. Sie heißt schon sehr lange Beratende Kommission NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich hier und heute mit dem aktuellen Stand befassen würden, wüssten auch Sie, dass schon lange Herr Papier Vorsitzender ist und es eine Papier-Kommission sein müsste.

(Michael Hofmann (CSU): Das ist aber ganz wichtig jetzt! Sie beantworten ja nicht einmal die Frage!)

Ich habe mich nie gegen die Schiedsgerichtsbarkeit ausgesprochen. Ich habe gelesen, was zuerst ein linker Bundestagsabgeordneter geleakt hat. Die Schiedsgerichtsbarkeit kam nämlich über eine Verwaltungsvereinbarung. Damit wurden nie Parlamente befasst. Die Beratende Kommission richtet sich an den "Washington Principles", der Handreichung, der gemeinsamen Erklärung und den "Best Practices" aus. Die Schiedsgerichtsbarkeit hat im Moment Grundlagen, bei denen ich mich sehr sorge, dass es da auch um Händlerware und Fluchtgut geht.

Verehrter Herr Kollege Bausback, Kollege Michael Piazolo hat es schon gesagt: Wir sind alle eingeladen, uns im Ausschuss damit zu befassen und hier noch einmal auf Nachschärfung zu dringen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von den GRÜNEN: Bravo!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu werden die Anträge wieder getrennt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 19/5199 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gegenstimmen! – CSU, FREIE WÄHLER und AfD. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 19/5200 seine Zustimmung geben will, und zwar in der geänderten Fassung, die Ihnen vorliegt und die Ihnen bekannt ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist offensichtlich das gesamte Hohe Haus. Wir machen die Gegenprobe: Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. – Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion einstimmig angenommen.

Jetzt kommen wir zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion und der Fraktion FREIE WÄHLER, Drucksache 19/5439. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU, FREIE WÄHLER, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD, damit wieder das gesamte Hohe Haus. Die Gegenprobe: Gegenstimmen? – Keine Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag ebenfalls einstimmig angenommen.

Ich rufe nun zur Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Klaus Holetschek, Michael Hofmann, Prof. Dr. Winfried Bausback u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Felix Locke, Tobias Beck u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Eine nationale Agenda für Forschung und Innovation (Drs. 19/5201)

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Dr. Stephan Oetzinger, CSU-Fraktion, das Wort.

Werter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vier Tage nach der Bundestagswahl schauen wir alle gespannt nach Berlin, und die Erwartungen bei diesem Blick in die Bundeshauptstadt sind zu Recht groß. Sie sind zu Recht groß, weil Deutschland in den vergangenen dreieinhalb Jahren begonnen hat, den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren. Dies, meine Damen und Herren, gilt insbesondere für den Bereich von Innovation und Forschung. Hier waren die vergangenen dreieinhalb Jahre verlorene Jahre auf bundesrepublikanischer Ebene, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Das vielbeschworene Wirtschaftswunder ist ausgeblieben. Deutschland ist in eine Rezession gerutscht. Mehltau hat sich über das Land gelegt. Die schlechten Schlagzeilen reißen nicht ab. Daher braucht es nun dringend einen Aufbruch. Deutschland muss heraus aus der Lethargie, muss heraus aus dem Minus- und Nullwachstum, meine Damen und Herren.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir nun eine ambitionierte Forschungsstrategie auflegen, eine Agenda, die Innovationen nicht mit bürokratischen Hürden belegt, sondern die den Technologiefortschritt fördert, die ganz gezielt dafür sorgt, dass in diesem Land wieder Technologiefreundlichkeit herrscht. Kurz, wir brauchen eine Bundesregierung, die bereits in den ersten einhundert Tagen eine Forschungspolitik vorlegt, die tatsächlich den Turbo zündet.

(Beifall bei der CSU)

Die bayerische Forschungs- und Innovationspolitik, werter Herr Staatsminister, lieber Markus Blume, kann hier eine Blaupause sein, kann als Vorbild dienen. Wir als CSU-Landtagsfraktion unterstützen ausdrücklich die Politik der Bayerischen Staatsregierung mit einer 5,5 Milliarden Euro schweren Hightech Agenda und mit neuesten Forschungsschwerpunkten in Zukunftstechnologien. Ich nenne hier Künstliche Intelligenz. Ich nenne hier den Bereich Quantencomputing. Ich nenne auch den Bereich der Kernfusion. Hier setzt Bayern künftig Maßstäbe.

Genau hier muss eine neue Bundesregierung anknüpfen. Konkret braucht es eine nationale Strategie und eine nationale Innovationsagenda nach dem Vorbild der bayerischen Hightech Agenda. Die Zukunftsthemen Kernfusion, Quantentechnolo

gie und KI müssen nationale Schwerpunktthemen und Schlüsselprojekte werden. Wir brauchen eine Luft- und Raumfahrtoffensive des Bundes.

Wir müssen auch einen Schwerpunkt auf die Gesundheitswissenschaften und die Medizin legen, lieber Kollege Bernhard Seidenath. Gerade die Universitätsmedizin und die Gesundheitswirtschaft müssen nachhaltig gestärkt werden. Hier müssen auch die rechtlichen Voraussetzungen entsprechend angepasst werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Big-Data-Vorhaben müssen gerade auch bei Patientendaten möglich werden; hier muss deutlich mehr Zugänglichkeit für Forscherinnen und Forscher ermöglicht werden.

Vor allem aber brauchen wir eine neue Basis, eine neue Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern. Wir brauchen eine neue Form des Miteinanders von Bund und Ländern, wenn es um die Wissenschafts- und die Forschungsinfrastruktur in unserem Land geht, um die Infrastruktur an unseren Forschungseinrichtungen wieder auf den internationalen Stand der Technik, den State of the Art zu bringen. Hier benötigen wir eine gemeinsame Bund-Länder-Offensive für den Hochschul- und Forschungsbau, der bewusst auch die Förderung von Rechnerkapazitäten einschließt, der ganz bewusst auch Großgeräte fördert, insbesondere im Bereich der Universitätsmedizin und der medizinischen Einrichtungen.

Schließlich und endlich, lieber Steffen Vogel, brauchen wir eine Innovationsagenda, die mit einer Entbürokratisierungsoffensive einhergeht; denn am Ende des Tages müssen wir Antragsverfahren deutlich vereinfachen und erleichtern. Das Ziel muss sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass unsere Wissenschaftler wieder mehr Zeit zum Forschen haben und weniger Zeit zum Schreiben von Anträgen brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Wir müssen mit einer künftigen Forschungs- und Innovationsagenda in Berlin die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass deutsche Erfindungen wieder zu deutschen Produkten made in Germany werden, dass der Gedanke und der Grundsatz "Von der Idee bis zum Produkt" tatsächlich wieder in Deutschland verwirklicht werden kann. Hier muss insbesondere der Transfer von der Wirtschaft in die Wissenschaft und umgekehrt eine ganz zentrale Rolle spielen.

Dafür brauchen wir ergänzend zu staatlichen Mitteln auch eine Mobilisierung von privatem Kapital für Forschung und Entwicklung, um Initiativen in diesem Bereich anschieben und auf den Weg bringen zu können. Insbesondere die Junge Gruppe meiner Fraktion hat bereits Anträge im Hohen Haus eingebracht, die wir hier auch positiv beschieden haben. Hier muss der Bund schnell Rahmenbedingungen schaffen, damit tatsächlich privates Kapital für Forschung und Innovation mobilisiert werden kann, unter anderem auch, indem wir steuerliche Anreize schaffen, um solche Investitionen und Engagements zu tätigen.

Das Ganze muss natürlich von einer Gründeroffensive für Start-ups auf Bundesebene flankiert werden, damit Start-ups das notwendige Ökosystem bei uns, in unserem Land, und in der Bundesrepublik Deutschland, vorfinden können.

Wie eine erfolgreiche Innovations- und Forschungspolitik Früchte bringen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Kollege Bausback, zeigt insbesondere die Forschungspolitik der vergangenen Jahre im Freistaat Bayern. Das zeigt die Hightech Agenda, das zeigt aber auch eine kluge strategische Innovationspolitik, die in den vergangenen Jahren ein Ziel erreicht hat, nämlich dass München die Bundeshauptstadt Berlin als deutscher Spitzenreiter bei den Start-ups abgelöst hat.