Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Änderung zu einem Gesetz zu beraten, das wir im November verabschiedet haben, zu dem die Ausführungsrichtlinie noch nicht vorliegt, aber wir fangen schon einmal an zu ändern. Es geht um das Kapitaldienstfondsgesetz. Dieses Teil mit dem etwas sperrigen Namen beinhaltet eine Umstellung eines bestimmten Teils der Finanzierung von der klassischen kameralen Haushaltsführung auf die so genannte Doppik.
Mit dieser Umstellung war bezweckt, dass die Haushaltsbelastung für Investitionen entsprechend der Nutzungsdauer der Investition zugeordnet werden kann. Die Belastung soll nicht in den Haushaltsjahren während des Baus zum Beispiel eines Hafens erfolgen, sondern bezweckt war, die Kosten bei einer dreißigjährigen Nutzungsdauer auf 30 Jahre dem Haushalt zuzuordnen. Transparenz in der Haushaltsführung, zeitnahe Zuordnung der Kosten, das war die Absicht des großen Reformwerks einer neuen Art der Finanzierung, so wie die große Koalition uns das im November erzählt hat.
Wir haben damals schon das Vorgehen kritisiert, weil wir davon ausgingen, dass die große Koalition in Wahrheit gar nicht diese an sich sinnvolle Lösung herbeiführen will, sondern etwas ganz anderes im Hinterkopf hat. Wir befürchteten eine Organisation ihrer heutigen Misere zu Lasten künftiger Generationen, weil wir heute von den Generationen vor uns bezahlte Werte übernehmen. Wir verbrauchen oder verkaufen sie, die große Koalition läuft ja nicht erst seit heute immer mit einem großen Bauchladen diverser Angebote durch die Stadt. Dann sind die Werte verbraucht oder verkauft, und für die kommenden Generationen beschließen wir Bauvorhaben, Investitionen, von denen sie dann sehen müssen, wie sie sie bezahlen, egal, ob sie sie haben wollen oder nicht.
Meine Kollegin Frau Dr. Trüpel hat heute Morgen in der EU-Debatte schon darauf hingewiesen, es geht eigentlich darum, Spielräume zu haben, um in dieser schnelllebigen Wirtschaftszeit auch in fünf Jah
ren noch handlungsfähig zu sein, und genau dahin geht unsere Befürchtung, dass Sie mit den Investitionen jegliche Handlungsfähigkeit beseitigen. Die Gefahr der Überbuchung der Haushalte haben wir damals gesehen, die war ja auch real. Die sehr große Koalition hatte schon sehr große Schulden bei diesem Titel angehäuft, über 800 Millionen DM, bevor wir uns überhaupt über die Regeln unterhalten haben. Deswegen war das nicht ganz so negativ, wie Sie das immer darstellen, als wir damals diese Art der Finanzierung, so wie Sie sie umgesetzt haben, abgelehnt haben.
Aber Sie haben gesagt, wir sehen eure Kritik auch und haben ein Regelwerk geschaffen, ich möchte noch einmal aus der Debatte vom November zitieren, denn das muss man sich noch einmal klarmachen, was dort gesagt worden ist: „Jetzt haben wir sogar die Situation, dass wir sogar ein Regelwerk dafür haben, und zwar nach ganz klaren Kriterien. Es gibt keine Beliebigkeit, welche Investitionen darunter fallen und wie sie abfinanziert werden.“ Das war meine Kollegin Wiedemeyer von der SPD-Fraktion, und weil wir eine große Koalition haben und alles gleichberechtigt machen, zitiere ich noch einmal: „Ich denke, gerade das Regelwerk, so wie es jetzt angelegt ist, führt dazu, dass man in diesem Bereich weiter vorankommen kann.“ Das war dann der andere Teil der großen Koalition, mein Kollege Dr. Schrörs.
Das Regelwerk war sehr erfolgreich, das muss ich zugestehen und anerkennen, auch wenn das Ressort es noch nicht so richtig in der endgültigen Fassung vorgelegt hat. Wir haben einen ersten Versuch erlebt, jetzt werden wir sehen, wie es weiter geht. Ich möchte dazu jemand anders zitieren. Entschuldigung, ich habe Sie gar nicht um Erlaubnis gefragt, ich warte immer auf den Genickschlag, aber wir haben ja jetzt das freundliche Präsidium, da geht es alles viel besser:
„Die letztendlich als Regelwerk verabschiedeten Richtlinien haben die vom Landesrechnungshof vorgebrachten Punkte berücksichtigt. Auffällig ist, dass seither keine neuen Projekte mehr aufgelegt worden sind. Man darf gespannt sein, welche kreativen Einfälle nun anstehen.“ Das hat Herr Kröning gesagt, Bundestagsabgeordneter der SPD, ehemaliger Finanzsenator, aus Anlass des fünfzigsten Jubiläumstages des Rechnungshofs. Kröning kennt seine Verwaltung. Die kreativen Einfälle kommen. Der Senat will den Zweck des Bremer Kapitaldienstfonds erweitern, und die kreative Wendung heißt Zwischenfinanzierung.
Keine betriebswirtschaftlichen Gründe mehr, die Mühe, die man sich beim ersten Mal noch für den Griff in die Kasse gemacht hat, keine Umstellungsargumentation mehr von kameral auf doppik, schlich
ter Grund ist Geldbeschaffung, es wird auch ausdrücklich so genannt! Es geht darum, mit diesen Mitteln jetzt die Zugriffe auf die Kreditmöglichkeiten der Kreditanstalt für den Wiederaufbau, KfW, zu haben, weil die besonderen — —.
Das ist schön! Ich finde, wenn man sich diese Geschichte anschaut, dann ist selten die Unredlichkeit einer Argumentation durch die Argumentierenden selbst so schnell aufgedeckt worden wie im Fall des Kapitaldienstfonds durch den Finanzsenator. Das muss man einmal sagen. In der Zeit von November bis heute hat sich die Argumentation völlig umgedreht. Ich finde das beachtlich!
Ich sehe das so, dass die Antwort heißt, es werden irgendwelche Projekte, die man heute nicht regulär in den Haushalt einstellt, beschlossen. Die formale Entscheidung obliegt ja dem Haushaltsgesetzgeber erst 2005 und folgende, egal, wie der politisch zusammengesetzt ist. Diese sehr große Koalition entscheidet auch für sehr große Zeiträume, das ist so, wenn man in großartigen Strukturen denkt. So ein bisschen Demokratie geht dabei verloren, denn irgendwie müssten die Jungen auch noch eine Entscheidungsmöglichkeit haben, wie sie ihre eigene Zukunft gestalten wollen. Es soll ja noch Menschen geben, die jünger sind als die, die hier sitzen, und die dann die Entscheidungsträgerinnen und -träger sein sollen.
Es ist also eine ganz neue Dimension der Verschuldung, der Schuldenpolitik, das muss man sehen, weil Sie nämlich die Haushaltsgesetzgeber binden, die heute überhaupt noch nicht gewählt sind, weil Sie die Zukunft, die Finanzierungsmöglichkeiten, die Handlungsmöglichkeiten der Zukunft zuschnüren.
Wir halten das rechtlich für außerordentlich problematisch. Ich kündige hier auch ausdrücklich an, dass wir das durch Anwälte überprüfen lassen werden, und gegebenenfalls können Sie sich schon ein
mal aussuchen, welche der 15 Kollegen aus den Koalitionsfraktionen uns dann die Unterschrift geben, wenn wir den Rechtsweg gehen sollten. Die zweite Frage, die sich mir an dieser Stelle stellt, ist: Was ist eigentlich mit der Bremer Aufbau-Bank? Wir haben doch da irgendwie einmal eine Bank gegründet, die dazu da sein sollte, Zwischenfinanzierung, Kreditfinanzierung für die bremische Wirtschaft und auch für den öffentlichen Bereich zu tätigen. Laut McKinsey ist sie nicht zwingend notwendig gewesen, aber irgendwie braucht man, wenn man schon immer vom Konzern Bremen redet, offensichtlich so ein Teil.
Meinetwegen braucht Herr Keller so ein Teil! Aber ich glaube, bei der BIG, bei diesem Namen geht es nicht ohne Bank. Eine Funktion hat sie aber überhaupt nicht mehr. Mir fällt da nur sinngemäß Bertolt Brecht ein: „Was ist schon Bankraub gegen die Gründung einer Bank?“ Das ist das Motto des Senats!
Abgesehen davon, dass dieser Tage in der Zeitung zu lesen war, dass Sie das noch einmal formal ordentlich über die Bühne bekommen, Sie haben nun auch noch stehenden Fußes Schwierigkeiten mit der Bankenaufsicht gehabt. Sie waren nicht in der Lage, das Institut bis jetzt richtig gegründet zu haben, weil Sie die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt haben. Aber so ist das eben: Ein gutes Mundwerk macht noch lange kein solides Handwerk! Das wissen wir.
Wir haben das Kapitaldienstfondsgesetz im November verabschiedet. Endgültige Richtlinien liegen noch nicht vor, aber immerhin liegen für einen Entwurf zu einem Gesetz, das wir noch gar nicht verabschiedet haben, die Richtlinien vor, für die Zwischenfinanzierung nämlich. Das ist sehr interessant. Ich finde, das ist ein Stück aus dem Tollhaus, aber es belegt immerhin die Prioritäten des Senats. Es geht gar nicht darum, neue Projekte nach der neuen betriebswirtschaftlichen Ordnung einzustellen, sondern es geht darum, einen schnellen Griff in die Kasse zu machen, um die völlig überbuchten Haushalte des Wirtschafts- und Häfenressorts tatsächlich abzusichern, weil Sie nämlich schon heute nicht in der Lage sind zu sagen, wie Sie die aufgelegten Projekte im Rahmen der jetzigen Finanzierung bewältigen wollen.
Ich möchte zum Abschluss zitieren, wie der Senat seinen eigenen Antrag begründet hat: „Der nachstehende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Bremer Kapitaldienstfonds enthält darüber hinaus einige erforderliche sonstige Anpassungen aufgrund der zwischenzeitlichen Erkenntnisse des Senats.“ Der Senat hat also Erkenntnisse, obwohl er die Richtlinie noch gar nicht aufgestellt und überhaupt noch nicht angewendet hat, sagt uns aber nicht, welche Erkenntnisse das sind, und auf dieser Basis will er das Gesetz ändern. Dazu sage ich dann inhaltlich in der nächsten Runde noch einiges mehr. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zachau hat darauf hingewiesen, dass wir im letzten Jahr ein Gesetz zur Kapitaldienstfinanzierung beschlossen haben, dass wir dieses Gesetz und auch die Ausführungsbestimmungen im Haushaltsausschuss sehr intensiv diskutiert haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, die Kapitaldienstfinanzierung so zu organisieren, wie sie jetzt organisiert ist. Ich denke, dass wir als Parlamentarier mit dem Verfahren, das wir hier beschlossen haben, sehr zufrieden sein können.
Erforderlich sind jetzt aber nicht Gesetze oder Richtlinien zur Kapitaldienstfinanzierung, sondern eine Änderung des Gesetzes und Richtlinien für eine Zwischenfinanzierung innerhalb beschlossener Gesamtprogramme. Hier geht es nicht um eine Zwischenfinanzierung irgendwelcher Investitionen, sondern nur um Maßnahmen innerhalb beschlossener Gesamtprogramme.
In der Vergangenheit ist eine Reihe von einzelfallbezogenen Beschlüssen gefasst worden. Ich erinnere mich auch sehr genau an die Debatten, die wir im Haushaltsausschuss hatten, in denen es immer um die Frage ging, ob es nun eine Kapitaldienstfinanzierung oder eine Zwischenfinanzierung ist. Wir haben dann gesagt, es entspricht nicht den Kriterien der Kapitaldienstfinanzierung, deswegen ist es eine Zwischenfinanzierung. Wir haben gemeinsam immer Regeln angemahnt und haben gesagt, das machen wir jetzt noch mit, aber irgendwann brauchen wir dazu ein Gesetz und auch Richtlinien. Diese Richtlinien liegen jetzt vor. Ich halte das übrigens für ein gutes und auch ordentliches Verfahren, dass der Senat in den Haushaltsausschuss die Richtlinien gibt und sagt, dann habt ihr sie frühzeitig, damit ihr da beraten könnt. Ich gehe nicht davon aus, dass der Senat gedacht hat, dass Parla
mentarier Richtlinien vor Gesetzen beschließen, deswegen haben wir auch die Richtlinien in der letzten Haushaltsausschusssitzung ausgesetzt.
Wir haben, wie gesagt, als Parlamentarier Richtlinien eingefordert. Diese Richtlinien liegen vor, und auch der Gesetzentwurf liegt vor. Nun möchte ich doch noch einmal, auch aus der Sicht des Parlaments, begründen, warum solche Gesetze und Richtlinien zur Zwischenfinanzierung notwendig sind. Sie sind nämlich deswegen notwendig, weil für ausgewählte Investitionsvorhaben,
und zwar für solche mit bedeutenden regionalen Beschäftigungs- und Einnahmeeffekten, die Möglichkeit geschaffen wird, eine vorzeitige Durchführung zu erreichen. Das Ziel muss es sein, die im Interesse der Sanierung der bremischen öffentlichen Haushalte liegenden wirtschafts- und finanzkraftstärkenden Effekte möglichst frühzeitig zu realisieren. Dies muss auch in einer Sanierungsphase möglich sein.
bei denen man aber davon ausgeht, dass es eine Vereinbarung in der Zukunft gibt, und hier nur das Geld nimmt, um dann im Grunde genommen die Erfolge, die man durch das Vorziehen dieser Maßnahmen hat, frühzeitiger zu bekommen, müssen solche Investitionen möglich sein. Ich halte das für einen vernünftigen Weg, sage aber auch gleichwohl, dies geht natürlich nicht unbegrenzt, sondern dies bedarf einer Beschränkung und entsprechender Richtlinien. Deswegen müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, wenn man eine Zwischenfinanzierung machen will.
Ich habe eben gesagt, die Projekte müssen Bestandteil beschlossener Gesamtprogramme sein. Als solche Gesamtprogramme sind vorgesehen das ISP, also das Investitionssonderprogramm, einschließlich des Nachfolgeprogramms, das Wirtschaftsstrukturpolitische Aktionsprogramm, das WAP, und der Hochschulgesamtplan.
Ich empfinde es nicht als Ausweitung, sondern eher als Beschränkung oder als Einengung, dass nur aus diesen drei Programmen Investitionen vorgezogen werden können. Nur diese drei Programme stellen sicher, dass wirtschafts- und finanzkraftstärkende