Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Ich empfinde es nicht als Ausweitung, sondern eher als Beschränkung oder als Einengung, dass nur aus diesen drei Programmen Investitionen vorgezogen werden können. Nur diese drei Programme stellen sicher, dass wirtschafts- und finanzkraftstärkende

Maßnahmen dabei herauskommen. Ein Vorziehen soll auch nur bei Projekten in einer bestimmten finanziellen Größenordnung in Betracht kommen, bei denen durch Kosten-Nutzen-Analysen nachgewiesen wird, dass diese Investitionen über einen vorher festzulegenden Nutzungszeitraum regionalwirtschaftlich vorteilhaft sind. Auch dies ist eine der Bedingungen, unter denen eine Zwischenfinanzierung möglich ist.

Die Verzinsung und Tilgung der Zwischenfinanzierungskredite müssen aus den für das vorzeitig realisierte Projekt eingeplanten Programmmitteln erfolgen und innerhalb der Laufzeit des Gesamtprogramms abgeschlossen sein. Auch dies macht deutlich, dass man hier nicht zusätzlich etwas schöpfen will, sondern dass man nur aus den vorgegebenen Maßnahmen eine Zwischenfinanzierung machen kann. Die Vorbelastung, und das ist ein wichtiger Punkt, des jeweiligen Gesamtprogramms aus Zinsen und Tilgung für Zwischenfinanzierung und/oder Kapitaldienstfinanzierung darf eine Obergrenze von 50 Prozent des Nettoprogrammvolumens eines jeden Jahres nicht überschreiten.

Dies bedeutet, dass Sie hierbei den von Ihnen eingeforderten Spielraum selbstverständlich haben, denn Sie dürfen sich jeweils auf das Jahr und Programm und maßnahmebezogen auf nicht mehr als 50 Prozent festlegen für die Zukunft. Das heißt, Sie haben mehr als die Hälfte noch frei, um zukünftige Entscheidungen zu treffen. Insofern, glaube ich, sind wir politisch unterschiedlicher Auffassung, Sozialdemokraten und CDU auf der einen Seite, die Grünen auf der anderen Seite. Wir glauben, dass wir durch Vorziehen wichtiger Investitionsvorhaben etwas für die zukünftige Generation tun. Sie unterstellen immer dabei, dass das, was getan wird, eben nicht zum Nutzen der zukünftigen Generation sei.

Wenn Sie Wirtschaftsstrukturpolitik machen wollen, dann müssen Sie Wirtschaftsstrukturpolitik langfristig anlegen und nicht auf einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren. Wenn Sie durch entsprechende Untersuchungen feststellen, dass es sinnvoll ist, solche Maßnahmen vorzuziehen, um die Erfolge früher zu haben, dann, denke ich, werden wir das weiter tun. Dies ist eine richtige und zukunftsgerichtete Politik.

(Beifall bei der CDU)

Ein wichtiger Punkt ist, dass ausgeschlossen werden muss, und das ist, glaube ich, wieder etwas, in dem wir uns alle gemeinsam sofort wieder finden, dass durch Verschiebung von Zins- und Tilgungszahlungen auf spätere Jahre Spielräume für zusätzliche Projekte geschaffen und genutzt werden. Das darf dabei nicht herauskommen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Darum geht es doch!)

Es kommt aber nicht dabei heraus. Wenn Sie sich genau anschauen, welche Voraussetzungen die Zwischenfinanzierung und die Kapitaldienstfinanzierung haben, so ist dies nicht möglich. Frau Wiedemeyer hat das in der eben schon zitierten Debatte gesagt, vielleicht kann sie das ja wiederholen, damit es dann auch von Ihnen verstanden wird, denn offensichtlich haben Sie es immer noch nicht verstanden. Sie haben, wenn Sie den Richtlinien und dem Gesetz zur Kapitaldienstfinanzierung und Zwischenfinanzierung folgen, keine Möglichkeit, neue Finanzräume zu schöpfen. Es ist deshalb nicht möglich, weil Sie nur aus beschlossenen Maßnahmen Finanzierungen nach vorn ziehen können, die Sie am Schluss wieder zurückführen, und zwar Tilgung und Zins.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Was ist dann „am Schluss“?)

Schluss ist der vorher festgelegte Zeitraum! Dies beschließen wir im Haushaltsausschuss, wenn wir die Maßnahmen beschließen. Ich denke immer noch, dass der Haushaltsausschuss ein Teil des Parlaments ist. Insofern haben Parlamentarier immer weiter die Möglichkeit zu beschließen, ob sie solche Maßnahmen wollen oder ob sie solche Maßnahmen nicht wollen.

In den Haushaltsplänen, die wir im Haushaltsausschuss und für die Beratungen hier in der Bürgerschaft haben, finden wir eine hohe Transparenz dieser Maßnahmen vor. Wenn Sie den Anlageband zum Finanzplan anschauen, werden Sie feststellen, dass Sie ein bisher noch nie da gewesenes hohes Maß an Transparenz haben, sowohl was Kapitaldienstfinanzierung angeht, als auch was Zwischenfinanzierung angeht, als auch was Vorbelastungen auf die Jahre 2005 bis 2010 angeht. Sie finden dies alles in den Finanzplänen, so dass die Opposition an dieser Stelle nicht wie früher behaupten kann, das finde man ja nirgendwo wieder.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das haben wir auch gar nicht be- hauptet!)

Sie können es genau nachschauen, Sie können genau feststellen, welche Maßnahmen wie finanziert werden. Dies ist auch unverzichtbar, wenn wir als Parlamentarier solche Kapitaldienstfinanzierungen und Zwischenfinanzierungen zulassen. Beides sind Finanzierungsformen, mit denen man nicht 100 Prozent finanzieren kann, das ist völlig klar. Das ist ein Instrument, mit dem man sehr sorgfältig umgehen muss und für das man sehr sorgfältig die Richtlinien festlegen muss, damit nichts aus dem Ruder läuft. Aber man kann anhand dieser Einzelpläne sehr genau erkennen, wie weit in die Zukunft hinein wir verpflichtet sind und welche Möglichkeiten und Freiräume wir noch haben.

Ich denke, wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen noch genügend Zeit, sowohl über das Gesetz als auch über die Richtlinien zu diskutieren. Wir haben heute die erste Lesung, und nicht ohne Grund wurde, weil wir heute nur die erste Lesung über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes haben, konsequenterweise im Haushaltsausschuss die Feststellung des Wirtschaftsplans 2000 für den Kapitaldienstfonds ausgesetzt. Es ist völlig klar, dass man erst das Gesetz beraten muss und die Richtlinien in den Zusammenhang stellt. Wir wollen heute nur über das Gesetz beschließen und im Anschluss daran sowohl über die Feststellung des Wirtschaftsplans 2000 für den Kapitaldienstfonds als auch für die Richtlinien. — Ich bedanke mich!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Zachau, ich begrüße es außerordentlich, dass wir heute dieses Gesetz hier in erster Lesung diskutieren und dann an den Haushaltsausschuss überweisen. Kollege Schrörs hat eben darauf hingewiesen, dass dies der richtige Weg ist! Natürlich sind wir es auch, die das beschließen werden. Dass sich die Mehrheiten in den Ausschüssen so widerspiegeln wie hier im Parlament, ist so gewollt, und es ist auch ein Element der Demokratie.

Herr Zachau, ich glaube, Ihre Vorwürfe, die einfach so pauschal und platt — ich hätte eigentlich mehr von Ihrer Rede erwartet — darauf abzielen, dass das wieder etwas sei, um Schulden zu machen, weise ich hier zurück!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist es ja auch!)

Das ist es nicht, Frau Linnert, und Sie müssten es eigentlich genau wissen. Wenn Sie das nach wie vor behaupten, haben Sie das Gesetz nicht gelesen und die Richtlinien nicht verstanden, und ich glaube, Sie werden es auch nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es gibt ganz klare Regeln darüber, welche Maßnahmen aus dem Kapitaldienstfonds finanziert werden. Das war schon Gegenstand der Debatte im November, es ist verschiedentlich darauf hingewiesen worden. Es gibt auch ganz klare Regeln darüber, wie diese Mittel zurückzuzahlen sind, wie sie veranschlagt sind und dass es eben nicht darum geht, hier irgendwie ganz kreativ Spielräume zu schaffen und zusätzliches Geld zu generieren, sondern dass dies

alles auch ordentlich kameral ausgewiesen und refinanziert wird.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, aber es ist trotzdem außerhalb des Haushalts!)

Dann haben wir gemeinsam in den Wirtschaftsförderungsausschüssen die Kritik daran gehabt, dass der Senat uns zur Entscheidung Investitionsvorhaben vorgelegt hat, bei denen es plötzlich um eine Zwischenfinanzierung ging. Ich glaube, wir haben wirklich auch alle gemeinsam als Parlamentarier und Haushaltsgesetzgeber gesagt, so geht das nicht! Wir können das nicht einzelfallbezogen machen. Wir machen ein Regelwerk, und wir machen den Kapitaldienstfonds, und dann bekommen wir Einzelfälle, in denen wir darauf zugreifen und sagen, hier handelt es sich um eine Zwischenfinanzierung. Wir haben den klaren Auftrag erteilt und gesagt, wir erwarten hierfür entsprechende gesetzliche Änderungen und entsprechende Richtlinien.

Dass wir auch für Zwischenfinanzierungen auf diesen Topf zurückgreifen, finde ich, ist der richtige Weg, denn da haben wir Zinskonditionen, die wir sonst nicht haben, und ich denke, wir sollten auch gerade bei den Zinsausgaben, die für uns alle ja sehr belastend sind, darauf achten, möglichst niedrige Zinsen zu zahlen und die Möglichkeiten auszuschöpfen, die es hier gibt.

Für diese Zwischenfinanzierung wird es jetzt klare Regeln geben. Ich kann diese Regeln, wie sie hier stehen, nur teilen, und ich gehe davon aus, dass der Senat alles das, was er hier aufgeschrieben hat, was als Bedingung vorangehen muss, bevor wir zwischenfinanzieren, einhalten wird.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Welche Regeln denn?)

Eine Voraussetzung — —.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Hier steht nur Gesetz! Die Regeln beschließen wir heute nicht!)

Auch Kollege Zachau hat eben Sachen angeführt, die nicht in dem vorgelegten Gesetz stehen, und ich denke, es ist durchaus legitim, auf die uns zur Verfügung stehenden Unterlagen aus dem Haushaltsausschuss einzugehen, die Ihnen ja auch bekannt sein dürften. Tun Sie nicht so, als ob Sie es nicht hätten, es stand auf der Tagesordnung in der letzten Woche!

In diesen Richtlinien, die wir nun im nächsten Haushaltsausschuss beschließen werden, ich kann das auch gern für die, die es nicht haben, erklären, steht also ganz klar, dass Zwischenfinanzierungen

nur in Frage kommen für Projekte, die Bestandteil eines beschlossenen Programms sind. Als Programme sind hier aufgeführt ISP, WAP, HGP, ISP-Nachfolgeprogramm. Nun mag zwar die Kritik daran bestehen, dass das ISP-Nachfolgeprogramm erst ab 2005 trifft, aber der Senat ist befugt, nach der Landeshaushaltsordnung solche Programme zu beschließen und dann auch solche Finanzierungen zu machen. Ich gehe davon aus, dass der Senat selbstverständlich, bevor er uns mit Anträgen kommt, entsprechende Programme beschließen wird.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das biegt man dann so hin, das ist ja klar! — Abg. E c k h o f f [CDU]: Das ist immer in der Ampel so gemacht wor- den!)

Das ist seine Aufgabe, das zu beschließen, und ich gehe davon aus, oder ich würde an dieser Stelle auch darum bitten, dass uns Parlamentariern diese Programme dann selbstverständlich mitgeteilt werden, auch in ihrer Ausgestaltung, denn sie sind ja dann Grundlage für uns zu entscheiden, ob wir eine Zwischenfinanzierung zulassen. Dann wird durch Vorgriff auf ein Programm diese Maßnahme vorgezogen. Dabei muss jetzt der Nachweis erbracht werden, dass diese Maßnahme nicht nur regionalwirtschaftlich bedeutsam ist hinsichtlich Beschäftigung, Arbeitsmarkt, Einnahmeeffekte, die sind extra hier erwähnt, sondern auch noch hinsichtlich der Frage des Vorziehens. Für diese zusätzlichen Zinsen, die wir dafür aufwenden müssen, dass wir das Projekt heute machen und nicht erst in fünf Jahren, wenn es vielleicht im Haushalt steht, muss auch noch nachgewiesen werden, dass sich das Vorziehen lohnt.

Ich denke, wir sind gefordert, solche Maßnahmen auch durchzuführen. Wir wollen hier Sanierung betreiben, wir wollen unsere nach wie vor vorhandene Wirtschaftstrukturschwäche überwinden. Das Einzige, worüber wir dann trefflich streiten können, ist die Art der Maßnahmen.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Da gibt es leider unterschiedliche Auffassungen, ich glaube, daran wird sich nicht viel ändern. Sie haben es gesagt, man muss auch an die Wirtschaftspolitik und an die Sachen, die man da macht, glauben. Wir sind davon überzeugt, dass die Maßnahmen, die wir vornehmen, die Maßnahmen sind, die in der Zukunft ihre Früchte tragen und dazu beitragen werden, dieses Bundesland zu sanieren.

(Beifall bei der SPD)

Sie glauben nicht daran, das haben Sie ja auch lang und breit gesagt. Ich kann mir schon vorstel

len, wie Ihre Haushaltsanträge nächste Woche aussehen werden. Wir sind fest davon überzeugt, dass dies der richtige und einzige Weg ist. Diese Auffassung wird ja nicht nur von uns als Regierungskoalition hier in Bremen geteilt, sondern auch regelmäßig — —.

(Unruhe — Glocke)

Ich mache es noch lauter, oder wollen Sie reden, dann bin ich derweil ruhig?

Ich bitte um etwas mehr Ruhe, damit man die Rednerin überhaupt verstehen kann!

Wir sind davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist und dass es ein ordentliches Werk ist, das uns hier vorliegt. Ich gehe davon aus, dass wir das so beschließen werden und dass wir umsichtig darüber wachen werden, welche Maßnahmen uns hier vorgeschlagen werden, welche Maßnahmen diesen Kriterien dann auch genügen. Nur diese werden dann entsprechend finanziert. — Danke!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Zachau.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da war doch noch etwas in der Zeitung letzte Woche mit „Halleritis“ und Ähnlichem, und ich hatte es so verstanden, dass es auch einen Hauch von Kritik an der Möglichkeit gab, dass vielleicht doch nicht alle Programme so erfolgreich sind und in ihrer Dimension etwas einseitig, und ich finde, dann sollte man nicht draußen bei der Bevölkerung links blinken und hier im Parlament rechts abbiegen! Das ist nicht in Ordnung. Entscheiden Sie sich einmal, wofür Sie stehen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben auch Beispiele: Sie loben die Sachen immer so hoch, was die Zwischenfinanzierung anbetrifft. Der erste Sündenfall, den Sie damals schon gemacht haben, war beispielsweise der Bahnhofsvorplatz. Er sollte auch nur zwischenfinanziert werden. Ich befürchte, so, wie Sie das konzeptionieren, wird das auch eine Dauerfinanzierung.