Das ist dann eine andere Frage, lieber Herr Zachau, ob ich ein Vermögen realisieren kann oder nicht. Das hat auch etwas mit stillen Reserven zu tun. Das sollten Sie aber wissen, irgendwie haben Sie doch auch beruflich etwas mit Wirtschaft zu tun. Das heißt mit anderen Worten, wir haben gegenüber den Schulden immer ein Vermögen, und deswegen ist es — jetzt gebe ich das Wort einfach zurück —
unredlich so zu argumentieren, als wenn dieses Land und diese Stadt nur Schulden hätten, aber kein Vermögen. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt! Wenn Sie denn noch einmal mit den Begriffen Kapitaldienstfinanzierung und Zwischenfinanzierung umgehen und dies unmittelbar vergleichen, dann würde ich Sie doch bitten, noch einmal in das Gesetz und in die Richtlinien zu schauen, weil das nie schaden kann. Das kann deswegen nicht schaden, Herr Zachau, weil Sie nämlich bei der Kapitaldienstfinanzierung eine Orientierung am Werteverzehr haben, während Sie bei der Zwischenfinanzierung eine kamerale Finanzierung haben.
Dieser Punkt ist wesentlich, und deswegen muss man bei beiden Finanzierungen auch unterscheiden. Es gab ein paar Ressorts, die am Anfang glaubten, dass sie durch eine Kapitaldienstfinanzierung Geld schöpfen könnten, nämlich genau wie Sie argumentiert haben. Wir Parlamentarier haben gesagt, dieses Instrument verstehen wir etwas anders. Wir verstehen dieses Instrument als Orientierung am Werteverzehr, und seitdem war das irgendwie für das eine oder andere Ressort nicht mehr so furchtbar interessant.
Sehen Sie, genauso wird man die Zwischenfinanzierung konstruieren, und deswegen sind auch bei der Zwischenfinanzierung anders als bei der Kapitaldienstfinanzierung bei den Vorschlägen des Senats von vornherein an mehreren Teilen Einschränkungen vorgenommen worden, so dass niemand glauben darf, er könnte durch das Instrument der Zwischenfinanzierung neues Geld schöpfen.
Ich sage das noch einmal als Beispiel: Wenn Sie eine Investition von zehn Millionen DM haben, von der Sie glauben und auch nachweisen können, dass die Effekte, die sich daraus ergeben, gut sind, und Sie wollen, dass diese Effekte frühzeitig eintreten, nicht erst im Jahr 2007 oder 2008, sondern heute, machen Sie eine Zwischenfinanzierung. Dann muss dasjenige Ressort, das diese Zwischenfinanzierung will, aus dem verabschiedeten Programm mit dem entsprechenden Geld, das ihm für dieses Programm oder dieses Projekt zugewiesen ist, nicht nur die Tilgung erbringen, sondern auch die Zinsen. Das heißt, für das Projekt hat es weniger, wenn es die Zwischenfinanzierung macht, nämlich den beschlossenen Betrag abzüglich der Zinsen.
Es wird sich jeder sehr genau überlegen, ob er das Instrument der Zwischenfinanzierung nimmt. Er muss nachweisen, und er ist gut beraten, das zu tun, dass er aus dem Projekt mehr herausbekommt als
nur die Zinsen, die er bezahlen muss. Von daher gesehen wird auch dieses Instrument, wenn man den Richtlinien folgt, nur begrenzt zum Einsatz kommen, weil es mehrere Voraussetzungen hat. Ich will mich nicht wiederholen, ich habe es im ersten Beitrag gesagt, diese Voraussetzungen müssen alle eingehalten werden. Es gibt eine zweite Grenze, und das ist die Obergrenze der 50 Prozent.
Von daher glaube ich, dass man mit diesem Instrument Zukunftsplanung betreiben kann, Strukturpolitik betreiben kann und sich nicht ins Schneckenhaus zurückzieht und sagt, wir wissen alle nicht genau, was in fünf Jahren ist. Ich denke, genau anders herum wird ein Schuh daraus, indem man sagt, wir investieren heute in ganz bestimmte Bereiche, von denen wir überzeugt sind, das ist die Zukunft. Ob das so ist oder nicht, werden wir in zehn Jahren wissen, aber wenn wir das nicht machen, werden wir dieses Land und diese Stadt nicht weiterbringen. Wir müssen die Investitionen weiter auf einem hohen Niveau halten, müssen weiter in die Zukunft investieren.
Vielen Dank, Herr Dr. Schrörs! Ich würde Sie gern, ausgehend von einem aktuellen Problem, das wir im Moment haben, einmal fragen, ob man sich nicht doch zu anderen Prioritätenentscheidungen durchringen muss und wie viel dafür spricht, sich Handlungsspielräume offen zu halten.
Seit Monaten haben wir die Diskussion darum, wie das Landesmedienprogramm finanziert werden soll. Jetzt kann man sagen, vor zwei, drei Jahren war das einer Mehrheit hier im Hause noch nicht so klar, welche Notwendigkeit des Handelns da auf uns zukommt, wenn man hier wirklich konkurrenzfähig sein will. Im Moment sieht sich der Senat nicht in der Lage, hier Prioritätenentscheidungen zu treffen. Finden Sie nicht, dass man anhand dieses Beispiels sehen kann, wie wichtig es ist, dass man nicht so viel Gelder verpflichtet, wie es jetzt der Fall ist, sondern sich die Möglichkeiten offen hält, auch ziemlich tagespolitisch neue Schwerpunkte setzen zu können?
Ich denke, dass man immer einen gewissen Spielraum haben sollte. Ich denke aber auch, dass es Zeiten gibt, in denen man vor einer bestimmten Entscheidung steht und sich fragt, mache ich das Projekt noch oder mache ich es nicht
mehr. Wenn dies vielleicht eine bestimmte Grenze überschreitet und damit den Spielraum einengt, den Sie jetzt gern haben möchten, dann ist eine politische Entscheidung notwendig. Ich denke, dass in der Vergangenheit in der Strukturpolitik Bremens sicherlich nicht alle Entscheidungen, denn das kann auch nicht so sein, zu 100 Prozent das erfüllt und erbracht haben, was man sich davon versprochen hat. Das wäre toll, wenn das irgendjemandem gelingen würde.
Es geht aber um die Summe der gesamten Maßnahmen der großen Koalition, die überwiegend zu einer Strukturveränderung dieses Landes beitragen werden. Ich könnte mir viele Maßnahmen vorstellen, die ich über dies hinaus noch finanzieren könnte, aber auch da gibt es in der Tat Grenzen. Ich muss die Frage stellen, und ich nehme das, was Sie sagen, gern auf. Wenn ich das will und wenn das meine Priorität ist, dann wäre dies gerade ein gutes Beispiel dafür zu sagen, ich investiere in die Zukunft, ich habe heute die Mittel nicht, ich bin aber davon überzeugt, dass es richtig ist. Dann nehme ich mir diese Mittel aus der Zukunft, verändere meine Priorität, ziehe das Projekt vor und sorge dafür, dass ich hinterher das Geld auf eine andere Art und Weise wieder zurückführe. Nur so kann aus meiner Sicht Strukturpolitik erfolgreich sein.
Ich denke, dass die große Koalition mit diesen Instrumenten der Kapitaldienstfinanzierung und der Zwischenfinanzierung ein gutes und trotzdem handhabbares, nicht aus dem Ruder laufendes Instrument zur Verfügung hat, um die gute und vernünftige Infrastrukturpolitik, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, weiterzuführen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte für die Grünen gern noch einmal sagen, was die beiden Hauptstreitpunkte sind. Da müssen wir auch einmal versuchen, das genauer herauszuarbeiten.
Das Erste ist der Gesetzgeber. Der Bundes- und auch die Landesgesetzgeber haben eine Grenze der Kreditaufnahme beschlossen, und zwar vollkommen unabhängig, Herr Dr. Schrörs, welche Kredite sich wann für wen wie rechnen. Diese Grenze gibt es. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Wenn Sie sie für unsinnig halten, dann muss man das Gesetz ändern. Diese ganzen kreativen Lösungen, die Sie hier wollen, Kreditaufnahme über Gesellschaften oder jetzt über den Kapitaldienstfonds und die Zwischenfinanzierung und auch das, was die Bremer Aufbau-Bank machen wird, dienen vor allen Dingen einem Ziel, die Vorgaben des Gesetzgebers zu umgehen und auszuweiten. Ich sage, das ist nicht in Ordnung, dann muss man das Gesetz ändern.
Wenn der Gesetzgeber diese Begrenzung nicht beschlossen hätte, müsste man das alles nämlich gar nicht machen. Er hat das aber beschlossen. Das heißt, Bremen geht einen Weg an den Gesetzen vorbei, und das werden Sie wohl zur Kenntnis nehmen müssen, dass uns das hier ziemlich beschäftigt und wir auch alle rechtlichen Wege gehen werden, um herauszubekommen, wie weit Sie das hier eigentlich treiben dürfen.
Die Grenze der Kreditaufnahme ist übrigens aus der Verfassung abgeleitet, dabei hat man sich etwas gedacht, auch aus den Erfahrungen der deutschen Geschichte.
Das zweite Missverständnis ist, dass Sie sagen, dem allem steht ja ganz viel Vermögen gegenüber. Natürlich, so ein Land und so eine Stadt sind reich. Das ist auch gut so, das war auch schon so. Diesen Reichtum haben wir übrigens vorgefunden. Das ist ja die Argumentation der Grünen. Ich möchte gern, dass dieser Reichtum möglichst unbeliehen einmal der nächsten Generation zur Verfügung gestellt wird. Ich finde es richtig, dass wir perspektivisch anstreben, den Vermögenshaushalt aufzulegen, weil es richtig ist, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was dieses Vermögen eigentlich ist. Mit der Frage aber, wie viele Kredite dürfen wir eigentlich aufnehmen, hat dieser Vermögenshaushalt oder das Vermögen, das wir haben, einfach überhaupt nichts zu tun.
Die Straßen zum Beispiel, die in dem Vermögenshaushalt auftauchen, können Sie überhaupt nicht verkaufen. Das Vermögen wird hier auch weiter für die Stadt gebraucht werden, und deshalb darf man nicht so tun, als könnte man das einfach wie in einer privaten Firma irgendwie beleihen. Als Grundlage für die Frage, wie viel Schulden darf das Land oder die Stadt machen, taugt der Hinweis auf das vorhandene Vermögen überhaupt nicht. Das ist eine absolut falsche Argumentation. Die einzige sinnvolle Argumentation ist, und alle Finanzwissenschaftler kommen auch darauf, wie hoch ist eigentlich die Zinssteuerquote jetzt und wie hoch ist sie in Zukunft, weil sie der einzige Maßstab dafür ist herauszubekommen, wie viel Geld wir von den Einnahmen des Landes und der Stadt in den nächsten Jahren zum Bedienen des Schuldendienstes ausgeben.
Da wiederhole ich die Kritik der Grünen: Mit Ihren kreativen Kreditaufnahmelösungen treiben Sie die inoffizielle Zinssteuerquote in Schwindel erregende Höhen, die den Leuten, die zukünftig hier Politik machen müssen, eine von diesen beiden großen Fraktionen wird es auch in der nächsten Legislaturperiode treffen, die Spielräume wegnehmen wird. Die Spielräume bestehen ja nicht nur darin, wie machen wir eine richtige Wirtschaftsförderung, sondern es geht um eine Gesamtschau auf die Interessen der Stadt, und das machen Sie, indem Sie das heute behaupten, es wird ja irgendwann gut sein. Diese Spielräume nehmen Sie weg! Das, dabei bleiben wir, hat auch verfassungsrechtliche Relevanz, die wir auch überprüfen lassen werden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe der Debatte sehr aufmerksam zugehört, und ich bin ganz froh, dass nach dieser ganzen Eingangspolemik doch eine ernsthafte Debatte entstanden ist. Ich möchte dazu auch durchaus ernsthafte Beiträge leisten, die ich an sich eigentlich nicht leisten wollte, wegen der hohen Polemikquote zu Beginn.
Meine Damen und Herren, die Kapitaldienstfinanzierung, die wir machen, ist nicht ein Wert an sich, sondern sie ist ein Teil der Umstellung unserer gesamten Haushaltsstrukurpolitik. Sie ist die zwangsläufige Folge von Produktgruppenhaushalt und der Übernahme betrieblichen Rechnungswesens und damit sozusagen einer Kosten-Nutzen-Analyse, die wir in der Kameralistik früherer Jahre in dieser Form nicht hatten. Sie orientiert sich eben an anderen Dimensionen der Wirtschaftlichkeit.
Was Frau Linnert sagt, die Frage verfassungsrechtlich ja oder nein: Liebe Frau Linnert, wir haben eine Zinssteuerquote vor fünf Jahren in der Größenordnung von knapp 30 Prozent geerbt. Wir sind jetzt bei einer Zinssteuerquote von 22 Prozent.
Wenn wir die Politik damaliger Zeiten fortgesetzt hätten, wären wir vielleicht heute bei einer Zinssteuerquote von 35 Prozent.
(Beifall bei der CDU — Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist reine Polemik! Offiziell sind Sie da doch! Sie haben die Schulden doch erhöht!)
Das ist Unsinn, Frau Linnert, das wissen Sie doch selbst! Lassen Sie doch einmal die Polemik beiseite!
Wenn wir heute prüfen, was ist verfassungsrechtlich relevant, dann ist es bei uns nicht so, dass unsere Investitionsquote verfassungswidrig ist, sondern verfassungswidrig ist, dass wir konsumtive Ausgaben kreditär finanzieren müssen, weil wir diese hohe Zinsbelastung der Vergangenheit haben.
Wir haben ein Sanierungsprogramm bekommen, damit wir in die Lage versetzt werden, wieder einen verfassungskonformen Haushalt aufzulegen, und deshalb müssen wir im konsumtiven Bereich herunter und gleichzeitig unsere Einnahmen verbessern, und dafür brauchen wir eine hohe Investitionsquote.
Nun sagen Sie, Sie bezweifeln regionalwirtschaftliche Effekte. Meine Damen und Herren, wir haben das auch versucht, in der Vorlage deutlich zu machen. Wir haben in einem wirklich präzisen Benchmarking einmal geprüft, wo denn überhaupt Evaluierungen solcher Kosten-Nutzen-Analysen und wirtschaftlichen Effekte in welchen Ländern da sind. Wir haben festgestellt, dass wir uns da relativ einsam und sehr konstruktiv — aus meiner Sicht sehr nötig — wirklich mehr als alle anderen darum bemühen, das, was man an Kennziffern überhaupt zusammentragen kann, zusammenzutragen, um Kosten-Nutzen-Analysen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen in diesem neuen Regelwerk einer neuen betrieblichen Rechnungsart, die natürlich auch dazu führen wird, dass wir uns ähnlich wie in der Wirtschaft verhalten, die natürlich keine Investitionen kameral finanziert, wie wir das immer gemacht haben, sondern wo jede Investition kapitaldienstorientiert finanziert wird, unabhängig auch von der Frage, wie hoch das Vermögen ist.