Helga Trüpel
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bis gestern beziehungsweise bis heute Morgen war ich davon ausgegangen, dass diese Loberheischungsanfrage der CDU nach dem Motto „Was die CDU schon immer einmal fragen und was das Wirtschaftsressort schon immer einmal antworten wollte“ war.
Meine Damen und Herren, aber dann kam die Pressekonferenz des Wirtschaftssenators von gestern Mittag und die Presseberichterstattung von heute Morgen: Space-Shopping kommt nicht, Sanierungsziel nicht erreichbar.
Meine Damen und Herren, das ist schon eine Leistung besonderer Art zehn Tage vor der Landtagswahl und ein Geschenk für die Opposition, wenn der Wirtschaftssenator sozusagen by the way verkündet, die Grundlegitimation der großen Koalition, nämlich 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, ist leider nicht erreichbar, und eines der absoluten Vorzeigeprojekte der großen Koalition, der Space-Park mit der Riesen-Shopping-Mall von 44 000 Quadratmetern, Entschuldigung, haben uns leider geirrt, war nicht so gemeint! Das ist der Offenbarungseid in der Wirtschaftspolitik der großen Koalition!
Wir haben ja schon vorgestern anlässlich der sportpolitischen Debatte eine Abschiedsrede gehört, und zwar die vom Senator für Inneres, Kultur und Sport Herrn Böse, der ist offensichtlich auch kein Parteisoldat genauso wenig wie Herr Hattig, der es offensichtlich nicht mehr aushalten konnte, nicht endlich einmal die Wahrheit zu sagen. Kann ich, ehrlich gesagt, gut verstehen bei dem, was immer schöngeredet worden ist. Der Einzige, der noch immer alles schönredet, ist Herr Perschau, der glaubt ja immer noch, aus jedem Schrottplatz eine Goldschmiede machen zu können.
Ich möchte eines gleich noch vorweg sagen, meine Damen und Herren, das sage ich mit vollem Ernst: Es ist nicht schön, Recht gehabt zu haben, vor allem dann nicht, wenn es für Bremen so schlimm ist, wenn wir eine Investitionsruine haben, aber es ist immer noch besser, als Unrecht gehabt zu haben.
Ich komme jetzt erst noch einmal zurück zu dieser Großen Anfrage. Wir haben von Anfang an, die SPD-Fraktion hat in weiten Teilen das dann aufgegriffen, immer gesagt, man darf die Sanierungspolitik nicht so eng denken, nicht im Sinne nur einer halben Modernisierung, dass ökologische und soziale und die Lebensqualität betreffende Investitionen nicht mit in die Sanierungsphilosophie hineingehören. Herr Böhrnsen hat völlig Recht, wenn er jetzt noch einmal sagt, dass nur ein solches Verständnis von Sanierungs- und Modernisierungspolitik, das die ganze Stadt im Auge hat, eine wirkliche Modernisierung und um Arbeitsplätze zu schaffen und den Standort interessant zu machen, sowohl für Unternehmen wie für die Einwohner wirklich zukunftsweisend ist.
Nur, die SPD hat in den letzten Jahren nicht so gehandelt. Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, Sie sind oft angegriffen worden, wenn Sie die Lebensqualität ins Feld geführt haben, darf ich Sie an die Auseinandersetzung um das Musical und den Space-Park in der Wirtschaftsdeputation, den Wirtschaftsförderungsausschüssen und hier im Parlament erinnern. Wie oft haben Sie mich denn im Regen stehen lassen mit meinen kritischen Nachfragen, die ja offensichtlich nicht so ganz zu Unrecht waren, bei der Diagnose von Herrn Hattig, er würde das Musical nicht noch einmal machen, und auch der Space-Park ist angesichts der Situation des Einzelhandels eine falsche Entscheidung gewesen!
Die ganze Legislaturperiode ging der Streit darum, was sind eigentlich wirklich Zukunftsinvestitionen. Ich kann heute nur feststellen, dass Teile auch richtig gemacht worden sind wie Forschung und Entwicklung, dass aber wesentliche Vorzeigeprojekte im Bereich Tourismus schlicht falsch gewesen sind
und gerade Bremen nicht nach vorn gebracht haben und keine neuen Arbeitsplätze geschaffen haben.
Wir haben seit Jahren betont, dass es gerade um die richtige Mischung der Angebote geht, um diesen Ansatz neue Technologien, junge Talente und gesellschaftliche Toleranz. Studien aus den USA und anderen europäischen Ländern haben gezeigt, dass nur die Regionen ökonomisch wirklich erfolgreich sind, die genau diesen Ansatz in dieser Mischung von Clustern von anregenden Milieus verfolgen. Das ist der richtige Weg und eben kein Konjunkturprogramm in Beton, wie es für den Space-Park geheißen hat.
Letztens hatte ich eine Podiumsdiskussion, was in diesen Tagen ja oft vorkommt, mit Herrn Böhrnsen. Da hat er sich hingestellt und sehr deutlich gesagt, die Sanierungspolitik ist technokratisch geworden. Das ist nach acht Jahren Wirtschaftspolitik der großen Koalition eine bittere Diagnose, nur, die Anstrengungen der Sozialdemokraten, das zu ändern, sind doch begrenzt gewesen. Ich sage einmal McDrive, an dem Punkt hat man natürlich etwas geheilt, aber an wie vielen anderen großen Entscheidungen haben die Sozialdemokraten leider die Investitionspolitik der großen Koalition und des Wirtschaftsressorts mit gestützt bis zu einem Punkt, der für Bremen nicht mehr erfreulich gewesen ist!
Wenn man sich jetzt noch einmal die Antwort auf die Große Anfrage anschaut, da loben Sie sich sozusagen noch ganz eindeutig, was alles Sie toll und richtig gemacht haben. Da tauchen allerdings auch nur die Projekte auf, die in diesem Hause immer unumstritten waren, nämlich der Ausbau der Schlachte, das Universum, der Technologiepark an der Uni und die Airport-City. Es hat hier niemanden gegeben, der diese Projekte in Frage gestellt hätte. Komischerweise äußern Sie sich aber nicht über die wirklich kniffligen Punkte und das, was die Sozialdemokraten ja auch in den letzten Jahren immer gefordert haben, dass man sich nicht auf die nur ökonomischen Aspekte reduzieren darf, sondern dass die Frage natürlich ist, wie machen wir unsere Stadt für Arbeitsplätze und für Einwohner wirklich interessant, wie gewinnen wir neue Bürgerinnen und Bürger, und wie halten wir die anderen in unserem Bundesland.
Besonders perfide, wenn es um Lebensqualität geht, finde ich allerdings, wenn Sie dann auf den Ausbau des CT IV zu sprechen kommen. Ich diskutiere jetzt nicht die ökonomische Frage, die man aus Sicht der Hafenwirtschaft sicherlich diskutieren muss, sondern wenn Sie dann sagen, das stärkt die Lebensqualität der Leute vor Ort. Ich glaube, dass die Anwohner in Weddewarden das in den letzten Jahren ein bisschen anders gesehen haben. Da finde ich, bei allem Eintreten für die ökonomischen Inter
essen, angesichts der Anwohner vor Ort sollte man da doch auch mit solchen Antworten etwas sensibler sein.
Ich kann nur feststellen, diese Anfrage ist sozusagen das Papier von gestern. Wir sind mittlerweile einen deutlichen Schritt weiter. Der Wirtschaftssenator hat ja mit seinem Coming-out von gestern in aller Deutlichkeit eingeräumt, mit welchen großen Problemen er zu kämpfen hat. Ich kann nicht anders, als festzustellen, dass das, was Senator Hattig gestern verkündet hat, seine Abschiedspressekonferenz war. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hattig, Sie haben eben noch einmal festgestellt, Parlament kann Spaß machen. Ja, das finde ich auch, und an Sie gewandt, Sie kennen den Spruch: Wenn es am schönsten ist, dann soll man aufhören!
Jetzt aber noch einmal zu den eigentlich großen Fragen der Wirtschaftspolitik! In der Tat kann ich mich darauf einlassen, wenn Sie sagen, lassen Sie uns nicht falsche Grabenkämpfe führen. Wirtschaftsentwicklung gegen Lebensqualität, Arbeitsplätze gegen Lebensqualität oder gegen Wirtschaft, das sind in der Tat die falschen Oppositionen, die uns nicht weiterführen. Wenn man aber, ausgehend von einem wirtschaftspolitischen Nachholbedarf, den Bremen ohne Zweifel gehabt hat, sich anschaut, dass die Investitionsquote über 17 Prozent lag und höher als in anderen Bundesländern, dann muss man feststellen, wenn man sich jetzt einzelne Projekte anschaut, etwa die Investitionsruine Space-Park, und für die Riesen-Shopping-Mall ist Herr Senator Hattig verantwortlich, das Konzept hat es so vor seiner Zeit nicht gegeben, und diese 44 000 Quadratmeter in Beton gegossen, das geht auf sein Konto.
Wenn wir uns den Büropark Oberneuland mit allen Erschließungskosten anschauen, stellen wir fest, auch das ist lange nicht das geworden, was Sie sich davon versprochen haben mit den Bürovillen im Grünen. Wenn man sich die Rennbahn anschaut und den Skandal um die Finanzierung und wie schlecht ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sie ausgelastet war, ist auch das kein Erfolgsprojekt der großen Koalition. Wenn ich dann noch an die Arberger und Mahndorfer Marsch mit den riesigen Erschließungskosten und Ankaufkosten denke! Herr Böhrnsen hat eben gesagt, man kann nicht die Erfolgsquote der Wirtschaftspolitik an den reinen Hektarzahlen messen. All das werfen wir Ihnen vor, dass es hier eine falsche Grundorientierung gibt mit diesem ewigen Erschließen auf der grünen Wiese und dass Sie in den letzten Monaten und Jahren die Innenverdichtung zu wenig berücksichtigt haben.
Nächster Punkt! Wir haben hier einige, die immer so tun, als sei Henning Scherf überhaupt erst 1995 wie der Weihnachtsengel vom Himmel gefallen, mit allem, was vorher gewesen ist, habe er nichts zu tun. Herr Eckhoff hat eben auch so getan, als ob die Grünen und die SPD Versäumnisse hätten. Herr Eckhoff, in dem Zusammenhang muss ich Sie doch noch einmal daran erinnern: Wie war das denn eigentlich mit der Gründung der Universität Bremen? Heute stellen Sie sich hier hin und loben die Wissenschaftsentwicklung, die Forschung und den Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft. Sehr richtig, es ist die CDU gewesen, die einmal gegen die Bremer Universität gewesen ist!
Wenn wir hier schon anfangen, Herr Eckhoff, die einzelnen Sachen zu bilanzieren, dann schauen wir uns auch Ihre schwarzen Flecken an und wo Sie nicht auf der Höhe der Zeit waren, als es um große Investitions- und Zukunftsentscheidungen für Bremen ging.
Ihre Zwangshandlung mit dem Hollerland ist der nächste Punkt. Als ob unsere Entwicklung als ein wirklich vitaler Standort mit Hightech und neuen Entwicklungen und internationaler Ausrichtung der Wissenschaft am Hollerland und dem Naturschutzgebiet Hollerland liegen würde! Ich sage Ihnen noch einmal: Wenn man wirklich online denkt, muss man das alles nicht dort konzentrieren. Man muss den Technologiepark verdichten, aber man muss die anderen Orte der Stadt, die Überseestadt, den SciencePark in Bremen-Nord, endlich in den Blick neh-men und sich nicht an dieser Hollerland-Frage verbeißen. Das ist mit Sicherheit nicht zukunftsgerichtet, da auf die grünen Wiesen zu gehen.
Jetzt noch einmal, da Sie das eben selbst so bemüht haben und Herr Senator Hattig ja auch noch
einmal, zu der Frage der Wirtschaftsentwicklung! Herr Hockemeyer war auch nie faul, noch einmal zu betonen, dass es natürlich insgesamt mit dem Klima der Weltoffenheit, dem intellektuellen Reizklima, der künstlerischen Offenheit zu tun hat, ob man einen Standort wirklich nach vorn entwickeln kann. Wenn dann zum Wahlkampfauftakt Herr Bernd Neumann, der Chef der Bremer CDU, sich hinstellt und mit dieser wirklich unsäglichen Bemerkung gegen Ahmet und Mehmet, die hier in Bremen im Grünen grillen wollen, solche ausländerfeindlichen Sprüche macht, da spreche ich Ihnen das Beharren darauf, eine weltoffene Partei und eine moderne CDU sein zu wollen, schlicht ab.
Das hat mit einem wirklichen Eintreten für Lebensqualität, für Weltoffenheit, für eine liberale Stadt, die die Menschen- und Bürgerrechte verteidigt, nun nichts mehr zu tun.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die letzten Debatten deutlich gemacht haben, dass die Erneuerung unserer Stadt in wirtschaftlicher Hinsicht nicht Flächenfraß heißen muss, sondern Setzen auf Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, auf neue Kompetenzzentren gerade im Bereich der Energiepolitik, was hier in den letzten Jahren angefangen hat mit Windenergie in den alten Hafengebieten, die wir jetzt erweitern wollen auf Wasserstoff und Photovoltaik, das sind zum Beispiel Kompetenzkerne, die wir in den nächsten Jahren weiter entwickeln müssen. Wenn man sich auch anschaut, dass in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland allein in dieser Branche 140 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind, dann sieht man, dass das die Felder sind, die man weiter verfolgen muss. Genauso gilt das, und an dem Punkt sind wir ja zum Glück nicht auseinander, was die blaue Biotechnologie und die Stärkung der Produkte aus dem Meer angeht, da hat Bremerhaven mit Sicherheit eine große Chance.
Noch eine letzte persönliche Bemerkung, die hat aber viel mit der Art und Weise, wie wir in den letzten Jahren miteinander umgegangen sind, zu tun! Herr Böhrnsen hat das vorhin schon einmal gesagt, es gab in den letzten Jahren hier im Haus schnell einen Ton, vor allem von Seiten der CDU, dass alle, die es wagten, noch kritische Fragen zu stellen, als Vaterlandsverräter, um nicht zu sagen als Standortschädiger, gebrandmarkt wurden. Sie haben teilwei
se mit einer ungeheuren Arroganz für sich in Anspruch genommen, den Stein der Weisen gefunden und alles immer richtig gemacht zu haben.
Ich finde, Sie haben kein Recht, hier so aufzutreten. Auch Sie haben etliche Fehler gemacht, und wenn wir heute schon bilanzieren, was gut und was nicht gut war, dann geht eben auch auf Ihr Konto und auf das Konto des Wirtschaftsressorts einiges an Fehlern trotz der positiven Entwicklung, die wir zum Glück zu verzeichnen haben. Der Ehrlichkeit halber muss man aber beide Seiten der Waagschale betrachten und sehen, was da auch an wirklichen Fehlern im Netz geblieben ist.
Jetzt noch die letzte Bemerkung! Wir alle haben Herrn Hattig mit seiner Knorzigkeit und seiner doch sehr eigentümlichen Art und Weise zu reden erlebt. Ich erinnere mich noch an eine Sitzung in den Wirtschaftsförderungsausschüssen, als wieder einmal die Stimmung gerade so war, die Grünen als Mülleimer und Fußabtreter der politischen Debatte zu benutzen, zu missbrauchen. Damals ist mir der Kragen geplatzt, und ich bin türknallend hinausgelaufen, weil ich gesagt habe, so nicht mehr mit mir. Wenn ich meine kritischen Fragen und Anmerkungen vortrage, ist das das Recht jeder Parlamentarierin, das zu tun, und so werde ich mich nicht mehr behandeln lassen. Danach hat Herr Hattig mich angerufen und hat sich für die Art und Weise, wie er mich dort behandelt hat, entschuldigt, und seit dieser Grenzmarkierung hat er mich immer ausgesprochen höflich und freundlich behandelt. Herr Senator Hattig ist also auch lernfähig. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wohne nicht in Bremen-Nord, aber wie der Kollege Neumeyer sich gewünscht hat, gehöre ich zu den Abgeordneten, die durchaus in der Lage sind, mit Herz und Verstand für die Interessen Bremen-Nords und, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
möchte ich auch gleich hinzufügen, auch Bremerhavens einzutreten.
Wir haben eben schon gehört, Bremen-Nord ist eine richtige Stadt. Ein Fünftel der Einwohner lebt dort, zumindest ist es eine große Teilstadt, die unsere Aufmerksamkeit verdient. Die beiden Vorredner haben schon deutlich gemacht, vieles Positive ist in den letzten Jahren, was den Strukturwandel angeht, auf den Weg gebracht. Am Ende sind wir damit natürlich noch nicht, sondern vieles ist noch zu tun. Ich möchte noch einmal sagen, die traditionellen Stärken Bremen-Nords sind natürlich die reizvolle Landschaft und das Wohnen im Grünen. Wenn man sich gerade St. Magnus anschaut, sind das ja ungeheure Vorteile, dieses hochwertige Wohnen, und es gibt auch viele andere Stadtteile, Wohnen im Grünen. Gerade junge Familien wohnen auch da, und das ist sicherlich ein Schwerpunkt, den man bestärken muss und den es auszubauen gilt. Auch dieses Stichwort fiel eben schon. Vegesack ist ein Mittelzentrum und soll es sein, auch Vegesack ist landschaftlich sehr schön an der Weser gelegen. Natürlich haben wir in weiten Teilen immer noch mit Strukturproblemen zu tun, Herr Neumeyer hat das auch deutlich angesprochen. Auch wir finden allerdings nach der Vulkan-Pleite, was sich da auf dem Gelände getan hat, das ist ausgesprochen erfreulich, das ist schon die Netzwerkund Clusterbildung, von der wir in der letzten Zeit immer sprechen. Ich möchte noch einmal besonders hervorheben, gerade damals nach der Vulkan-Pleite, wenn man vor Ort gewesen ist, ich erinnere mich noch an etliche Sitzungen mit den wirklich völlig verzweifelten Menschen, gerade die Ehefrauen mit Tränen in den Augen, die gar nicht wussten, wie es weitergeht, und dann heute sieht, auch welchen Boom die Windenergiebranche und die Firma SSC Group, Stahlbau, die die Röhren für die Windanlagen bauen, erlebt haben, dass sie fast alle Arbeiter vom Vulkan übernommen haben und den Leuten dort eine neue Perspektive gegeben haben und diese auch richtig gewonnen haben, für dieses neue Unternehmen zu arbeiten, dann ist das wirklich ein ganz positives Beispiel von Strukturwandel, aber auch die Menschen wieder aufzufangen und ihnen nach dieser Pleite und auch dem psychischen Problem nach der Vulkan-Pleite eine neue Arbeitsperspektive zu geben. Das, finde ich, muss man doch besonders würdigen.
Jetzt ist eben auch schon das Beispiel Bremer Wollkämmerei gefallen. Ich gehörte auch zu denen, die
es richtig fanden, diese Flächen abzukaufen, aber man muss der Deutlichkeit halber auch sagen, dass die Bremer Wollkämmerei nicht über den Berg ist, dass alle Beteiligten wussten, dass diese Art von Subvention, die dort geleistet worden ist, eben diese ist, zumindest hat der Wirtschaftssenator das sehr klar gesehen.
Beim Industriepark West, glaube ich, ist es richtig, dass es hier in den letzten Jahren Anbindungsprobleme gegeben hat und dass das mit der neuen Straßenführung hoffentlich besser wird. Trotzdem darf man sich nichts vormachen. Das sind natürlich auch ein Stück die Probleme der Branche, und was man da ansiedeln kann im unmittelbaren Umfeld der Stahlwerke, das werden nicht irgendwelche High-TechIndustrien oder -Betriebe sein, sondern da muss man etwas finden, was wirklich dazu gehört, und wir alle wissen, dass das nicht so einfach ist.
Umso wichtiger ist es, und das möchte ich noch einmal besonders hervorheben, dass es bei den so genannten weichen Standortfaktoren eine positive Entwicklung in Bremen-Nord gibt. Alle, die sich in der letzten Zeit den renovierten Kulturbahnhof angeschaut haben, wissen das, was für ein Kleinod das ist, wie schön der renoviert worden ist, und ich möchte noch einmal ganz deutlich sagen, ohne das besondere und erfolgreiche Engagement von Herrn von Stebut wäre es dazu nicht gekommen, und auch diesem Engagement dient besondere Anerkennung.
Dieser renovierte Kulturbahnhof ist nicht nur eine Einrichtung für die klassische bürgerliche Klientel, sondern da gibt es viele Kooperationen mit Bewohnern und gerade auch Kindern und Jugendlichen aus der Grohner Düne, also das, was wir uns auch immer wünschen an milieuüberschreitender Kulturarbeit, und auch im Zusammenhang mit der Bewerbung Bremens zur Kulturhauptstadt wird natürlich der Kuba mit seinen Angeboten eine wichtige Rolle spielen. Das Kito muss sich weiter konsolidieren, das ist im Moment leider nicht in der allerbesten Situation, aber auch da gibt es ja neue Ansätze, dass man hoffen kann, dass es hier auch in der Kooperation mit den anderen Kultureinrichtungen in Bremen-Nord wieder zu einer positiven Entwicklung kommt.
Haven Höövt: Sie haben schon gehört, wir Grünen waren von der Lage und dem Ausmaß dieses Baus nicht überzeugt, jetzt, wo diese Einrichtung da ist, dieses große Kaufhaus, diese Mall, muss man im Interesse für Bremen-Nord hoffen, dass es erfolgreich wird. Genauso, finde ich, aber muss man auf eine architektonisch hochwertige Lösung für die Markthalle am Sedanplatz setzen. Man darf dann da nicht sagen, es kommt nicht alles darauf an, son
dern wenn das wirklich punkten soll, dann muss es wirklich ansprechend sein.
Der wirklich entscheidende Konfliktpunkt in den letzten Monaten in Bremen-Nord war die Frage, wie geht die Politik mit den Planungen des Science-Parks auf dem Oeversberg um. Das möchte ich jetzt doch noch einmal ein bisschen näher beleuchten. Die Grünen haben von Anfang an die Ansiedlung der IUB begrüßt, das möchte ich auch noch einmal deutlich in Richtung CDU sagen, weil hier gern etwas anderes behauptet wird oder auch der Bürgermeister glaubt, uns in eine bestimmte Ecke stellen zu müssen. Das war nicht so, für uns war die Ansiedlung der IUB von Anfang an gerade bei der Idee Strukturwandel und Schwerpunkt Forschung und Entwicklung ein wichtiger Beitrag zur weiteren Internationalisierung Bremens sowohl was die Studenten angeht, aber auch was die Horizonterweiterung von Wissenschaft und Wirtschaft angeht und damit ein Beitrag, auf den man nicht verzichten kann, wenn man denn Bremen nach vorn entwickeln will.
Trotzdem, meine Damen und Herren, finde ich, dass man von einer solchen gewünschten international renommierten Einrichtung erwarten können muss, dass sie diskussionsbereit ist mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort und dass man nicht arrogant sein darf nach dem Motto, das haben wir nicht nötig, sondern auch eine solche hochwertige Einrichtung muss um die Akzeptanz im Stadtteil werben und für die eigenen Ziele vor Ort kämpfen. Dieses Bemühen haben wir nicht immer ausreichend erkennen können.
Es gab von Seiten der Politik Leute, Herr Liess hat das eben ganz offen eingeräumt, die erst glaubten, diesen so genannten Kleinbürgerprotest übergehen zu können, übergehen zu müssen. Ich sage auch, ich gehöre nicht zu denen, und manche Flugblätter hatten auch einen Tenor nach dem Motto, ausländische Studierende gehören irgendwie nicht nach Grohn, und mit Hochhäusern wollen wir sowieso nichts zu tun haben. Das teile ich so im Tenor ausdrücklich nicht, trotzdem glaube ich, dass da Fragen gestellt werden, gerade wo andere Projekte nicht so erfolgreich gelaufen sind, wie man es sich gewünscht hätte, ob Space-Park oder Musical, dass dann nach diesen Erfahrungen von den Bewohnern vor Ort zu Recht gefragt wird, ob man den Oeversberg als Erstes nehmen muss, wo da so wichtige Sporteinrichtungen sind, die die Lebensqualität des Stadtteils prägen, oder ob es nicht andere Optionen gibt, das ist doch eine ernst zu nehmende Frage.
Jetzt schauen wir uns doch einmal genau an, was bei dieser Auseinandersetzung in den letzten Mona
ten passiert war. Man muss feststellen, die Initiative Oeversberg hat die Debatte überhaupt erst ins Rollen gebracht, und daher muss man dieses Verdienst auch noch einmal richtig anerkennen.
Dann hat meine Fraktion im September letzten Jahres einen Antrag eingebracht, dessen Kernaussagen die Unterstützung der Internationalen Universität war, und in Bezug auf den Science-Park haben wir den Vorschlag gemacht, damit im Norden zu beginnen und nicht von vornherein den Oeversberg für eine noch ganz unabsehbare Entwicklung und außerdem noch für sehr viel Geld zu opfern.
Die Koalition hat dann einen Gegenantrag eingebracht, der zu drei viertel von unserem abgeschrieben war, aber im letzten Teil eben keinen positiven Vorschlag machte, sondern nur vorschlug, auch beliebtes Verfahren, ein Gutachten in Auftrag zu geben. Das Ergebnis dieses Gutachtens soll bis zur Wahl unter Verschluss gehalten werden, das hat der Senat uns im April geantwortet. Dann gibt es ein Wahlforum in Vegesack, und jetzt wird es noch einmal richtig, was den Wahlkampf angeht und was passieren wird, richtig spannend, auf dem Bürgermeister Scherf vehement für den ursprünglichen Plan des Space-Parks redet. Nach seiner Rede hingegen sagen dann Herr Pflugradt und Herr Böhrnsen scheinbar oder wirklich, wem soll man jetzt glauben, etwas ganz anderes.
Die SPD hat jedoch offensichtlich ein Problem der Glaubwürdigkeit. Henning ganz groß, die SPD ganz klein! Wessen Haltung wird nach der Wahl, wenn denn dann ein Gutachten vorliegt, eigentlich den Ausschlag geben? Nun warten die beiden Fraktionsvorsitzenden das unumgängliche Gutachten überhaupt nicht mehr ab und erklären auch, sie wollten im Norden beginnen. Der Oeversberg soll nur noch eine Option für später sein, auch das haben wir hier heute gehört. Jetzt stellt sich hier nur die Frage, was heißt denn später, wenn nach der Wahl das Gutachten da ist?
Angesichts der weiterhin klaren Senatsmeinung für die Bebauung des Oeversbergs jetzt gibt es jedoch eine Glaubwürdigkeitslücke.
Deswegen sind wir an diesem Punkt ganz skeptisch, ob Sie das eine nur vor der Wahl sagen und nach der Wahl dann etwas ganz anderes sagen, nämlich die öffentliche Position von Herrn Dr. Scherf war anders als das, was Herr Pflugradt und Herr Böhrnsen
in Bremen-Nord gesagt haben. Wenn man oben im Norden anfangen würde, hätte man außerdem den Vorteil, dass die Kosten wesentlich geringer wären, und, wie Sie eben schon selbst eingeräumt haben, erst einmal ist da ja genug Fläche vorhanden.
Dann habe ich mir erzählen lassen, ich selbst bin ja nicht Mitglied der Baudeputation, es hätte nach den Wahlforen in Bremen-Nord die Ankündigung gegeben, in der letzten Baudeputationssitzung vor den Wahlen hier einen neuen Stand zu beschließen, das ist offensichtlich nicht passiert. Das, meine Damen und Herren, verkleinert meine Skepsis, was Sie denn nun eigentlich wollen und ob es nur ein Wahlkampffake ist oder ernst gemeint ist, nicht wirklich.
Ich hoffe, Sie werden hier noch ein bisschen Klarheit herstellen, was die Fraktionen denn nun wirklich wollen und ob Sie den Mut haben, sich in der Frage mit der Position des Bürgermeisters anzulegen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man stellt fest, die Erwartung des Parlamentarischen Abends stimmt doch besonders harmonisch, und wie mein Kollege Manfred Schramm anlässlich der Rede des Kollegen Focke gerade so schön sagte, jetzt gibt es sogar den Strukturwandel bei Herrn Focke! Offensichtlich! Ich möchte das bestätigen, denn wenn ich mich so an viele Debatten aus den letzten Jahren erinnere, dann habe ich doch oft bedauert, dass der Kollege Focke an einer gewissen Form von politischer Amnesie litt
und sich nicht so richtig erinnern konnte, was vor 1995 hier in dieser Stadt eigentlich schon von Akteuren bewirkt worden ist, die in der Tat nicht der CDU angehörten, aber doch einiges auch an positiven Entwicklungen geschaffen hatten, ob das nun die Einleitung des Technologieparks an der Uni oder auch die Airport-City gewesen ist. Auch die Wirtschaftspolitik ist ja nicht erst mit Ihnen auf die Welt gekommen, Herr Focke!
Darum will ich jetzt auch nur noch kurz erwähnen, was mit dieser Airport-City gelungen ist. Die proklamierten Ziele waren, einen durchstrukturierten Technologiestadtteil zu schaffen, für ein entsprechendes Ambiente zu sorgen, auch mit hochwertiger Architektur. Frau Lemke-Schulte hat gerade schon darauf hingewiesen, dass natürlich auch die Architekturfragen bis hin zu dem Bau von Herrn Ungers für den Charakter, das Gesicht eines solchen Stadtteils natürlich wichtig sind. Ich möchte noch einmal besonders betonen, neben allen erfreulichen Gewerbeansiedlungen, den Call-Centern, anderen Versicherungen und Dienstleistungsunternehmen, worauf wir immer besonderen Wert legen, weil die am ehesten neue Arbeitsplätze garantieren, dass auch die Hochschule Bremen mit ihrem Gründerzentrum sich dort ansiedelt, was doch sehr erfolgversprechend ist, auch wenn es um die weiteren Ziele geht, nämlich zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Wir hoffen darauf, dass aufgrund der hochwertigen Ausbildung an der Hochschule es dann auch zu direkten Ausgründungen von Studenten kommt, zu neuen Existenzgründungen. Das muss ein Teil der Wirtschaftsstrukturpolitik sein, auf die wir in den nächsten Jahren besonderen Wert legen. In der Tat sind wir an diesem Punkt nicht auseinander, darum will ich die Rede auch nicht verlängern. Es ist in der Tat ein erfreulicher Abschluss dieses Tages heute, wenn man feststellt, dass die gemeinsamen Bemühungen, und bei den Fragen des Strukturwandels ist es in der Tat so, dass wir da oft gar nicht weit auseinander sind, sich dann hier auch wirklich zum Wohle Bremens, der Einwohner und vor allem der neuen Arbeitsplätze ausgewirkt haben. – Danke!
Wir fragen den Senat:
Erstens: In welchen Jahren, mit welchem finanziellen Volumen und welchen Absichten hat sich das Bundesland Bremen an der internationalen Immobilienmesse in Cannes mit einem eigenen Stand beteiligt?
Zweitens: Welche Ergebnisse hatte die Evaluation des Messeauftritts?
Frau Staatsrätin, Sie haben jetzt dargelegt, warum es vor drei Jahren für Bremen sinnvoll erschien, sich an der internationalen Immobilienmesse in Cannes zu beteiligen und warum Sie dann wieder davon Abstand genommen haben. Sie haben erwähnt, dass Sie das in Absprache mit der BIG, der BIS und dem Wirtschaftsressort getan haben. Warum haben die Parlamentarier von dieser Evaluation und Ihrer Schlussfolgerung nie offiziell oder in den Gremien Kenntnis erhalten?
Frau Staatsrätin, ist Ihnen bekannt, dass das, was Sie als Wirtschaftsressort und als dort tätige Staatsrätin mit der BIG und der BIS verhandeln oder was auch im Aufsichtsrat der BIG zur Kenntnis gegeben wird, etwas anderes ist als das, was die Parlamentarier zur Kenntnis erhalten, und dass das Ihre Pflicht ist, das als Wirtschaftsstaatsrätin den Parlamentariern, zumal die Evaluation der MIPIM in den Gremien verlangt worden war, dann auch in den Wirtschaftsgremien zur Kenntnis zu geben?
Frau Staatsrätin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass das, was Sie an Controlling machen oder an Marketing, jetzt gar nicht das Problem war, dass es auch von unserer Seite keine Polemik gegen ein möglichst gutes Marketing der Freien Hansestadt Bremen und auch Messeauftritte gibt, sondern es darum ging, dass Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen müssen, dass das, was in den Aufsichtsräten passiert, etwas anderes ist als das, was in den parlamentarischen Gremien passiert, weil es immer noch so ist, dass dieses Haus auch den Etat der BIG zu weiten Teilen mitbeschließt? Es gibt Ihrerseits eine Informationspflicht den Abgeordneten gegenüber, was mit den beschlossenen Etats passiert, zumal explizit auch von der Kollegin Lemke-Schulte in der Wirtschaftsdeputation verlangt worden war, dass es eine Evaluation der MIPIM gibt, und die haben wir nicht erhalten.
Frau Staatsrätin, kann ich davon ausgehen, auch wenn es sich vielleicht nicht an Sie persönlich richten mag, sondern an Ihre Nachfolger im Wirtschaftsressort, dass Sie in der nächsten Zeit im Parlament auch ohne spezielle Nachfrage Ihre Aufgabe so verstehen, die Sie zu leisten haben, dass in Bezug auf die Expo Real, auf der Bremen sich jetzt mit einem Messestand beteiligen wird, Sie die Parlamentarier zeitnah über die Höhe des Engagements und auch die jeweiligen Erfolge unterrichten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts dieser Großen Anfrage der SPD zur Förderung standortprägender Kulturveranstaltungen möchte ich mit der strategischen oder konzeptionellen Frage einsteigen, wie die Kulturpolitik in den nächsten Jahren in Bremen aussehen soll. Sie macht aus meiner Sicht nur Sinn, wenn sie gemeinsam mit der allgemeinen Modernisierungs- und Sanierungspolitik unseres Bundeslandes gedacht wird.
Wir können an dieser Anfrage sehen, wie wichtig herausgehobene Kulturveranstaltungen in Bremen sind. Das beste Beispiel, Frau Emigholz hat es eben auch schon erwähnt, ist die letzte große Ausstellung in der Kunsthalle „Van Gogh: Felder“. Zu ihr kamen nicht nur über 322 000 Besucher, was weit über den Erwartungen lag, sondern es hat zusätzliche Mehreinnahmen von über elf Millionen Euro für unser Land gegeben. Das ist eine stattliche Summe. Auch das hatte man so nicht erwartet. Ich sage einmal, anders als beim Musical, das diesen sekundären Nutzen eben nicht hatte, ist es mit einer solchen Kulturveranstaltung in einer alten renommierten Kultureinrichtung in Bremen, von bürgerschaftlichen Engagement getragen, fachlich hoch kompetent erstens zu einem Kulturevent gekommen, bei dem man in keinem Feuilleton Angst haben musste, dass es nicht gelobt werden würde, und außerdem hatte es diese positiven wirtschaftlichen Effekte.
In dem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es so gesehen in der Tat eine Symbiose von Kunst und Kommerz ist, die richtig ist und die man nicht polemisieren muss. Das heißt aber nicht, dass es nicht kleine und feine Kulturveranstaltungen geben muss, die sozusagen nicht immer alle diese Effekte haben können, weil diese Verbindung von Kunst und Kommerz nur ein Teil von Kultur- und Wirtschaftspolitik ist. Die Kulturpolitik geht natürlich darüber hinaus. Es gehört aber natürlich zu einem wohlverstandenen guten Politikkonzept für Bremen. Das taucht in dieser Antwort auf, und es taucht auch bei den jetzigen Überlegungen zur Bewerbung Bremens als Kulturhauptstadt für das Jahr 2010 auf.
Ich möchte in dem Zusammenhang – schade, dass Herr Dr. Scherf jetzt schon gegangen ist, weil er das eben kurz angedeutet hat – noch einmal hervorheben: Wenn sich Bremen jetzt, nachdem wir das vor zwei Jahren gefordert hatten, dazu durchgerungen hat, sich zu bewerben und darin auch eine große ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Chance sieht, möchte ich noch einmal sagen, wie erfreulich ich das finde. Hier in diesem Haus ist das in den Fraktionen einstimmig auf den Weg gebracht worden, was nicht von vornherein klar war. Dass man jetzt in dieser Bewerbung eine ungeheure Chance sieht, Bremen im Jahr 2010 in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, halte ich für einen Fortschritt. Es macht deutlich, dass man Kultur nicht nur als Kostgänger betrachtet, bei dem immer irgendwelche unsinnigen konsumtiven Kosten anfallen, sondern dass Kultur in der Tat ein unheimliches Qualitätsmerkmal ist, diese Stadt nach vorn zu bringen.
Bei den Bewerbungsrichtlinien für diese Kulturhauptstädte ist klar, dass Kultur immer vornweg segeln muss, wenn es um die Kulturhauptstadt geht. Ich finde es aber genauso wichtig – das hat auch die Veranstaltung letztens von Herrn Dr. Böse im Rathaus gezeigt, bei der auch Herr Dr. Scherf gewesen ist –, dass Bremen natürlich ein Interesse daran hat zu zeigen, wie es Migrationsfragen bewältigt und welche neuen sozialen Angebote es gibt. Die ganze Frage der Reform des Sozialstaates ist also ein Teil davon. Es ist aber natürlich auch wichtig, den ökonomischen Strukturwandel, die Erfolge der Wissenschaft mit ihren neuen Ansätzen und auch den technologischen Fortschritt zu zeigen.
Herr Müller, der neue Rektor der Universität Bremen, hat anlässlich dieser Rathausveranstaltung sehr eindrücklich deutlich gemacht, dass die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Beispiel in der Chaosforschung mit kultureller Kreativität und künstlerischer Phantasie ganz eng zusammen gehen. Nur wenn man diese beiden Sachen zusammen denkt, wird daraus eine neue Produktivkraft im Sinne der Kulturhauptstadtbewerbung für das Jahr 2010. Genauso wünsche ich mir, dass man anlässlich dieser Bewerbung aus den alten Grabenkämpfen, Kultur gegen Wirtschaft oder Finanzressort gegen Kulturressort, herauskommt, weil man gemeinsam erkennt, welche Chance darin für die Entwicklung Bremens liegt.
Es ist unter anderem, meine Damen und Herren, auch immer meine Hoffnung gewesen, als ich vor gut zwei Jahren diesen Antrag hier in das hohe Haus eingebracht habe, dass wir gemeinsam verstehen, dass wir nur mit großer Akzeptanz in der Stadt, aber unter dieser Flagge gemeinsam eine Chance haben, nicht nur die Kultureinrichtungen und die Kultur, sondern Bremen überhaupt nach vorn zu entwickeln, und dass in diesem Sinne die Kultur in die Sanierungsphilosophie hineingehört und nicht immer herausgeboxt werden darf. Offensichtlich ist das ja jetzt auch im Rathaus so verinnerlicht worden. Herr Dr.
Scherf hat das ja eben selbst einmal angedeutet. Umso hilfreicher fände ich es, dass man das dann nicht immer wieder falsch ausspielt, sondern vielleicht auch einmal anerkennt, dass es hier gute Ideen gegeben hat, denen Sie sich dann angeschlossen haben.
Letzte Bemerkung! Gemessen an anderen gescheiterten Projekten wie Musical kann man feststellen, dass solche Kultureinrichtungen, die man über viele Jahre gefördert hat, die man in den Stand setzen muss, herausragende Projekte zu realisieren, in der Tat positive Effekte nicht nur im engeren Sinne für die Kultur, sondern für den ganzen Standort Bremen haben. Das IAW-Gutachten, die letzte Evaluierung des ISP, hat ja auch deutlich gemacht bei der Frage der Neujustierung des Sanierungsprogramms, dass die Kultur, die Kreativität und die Phantasie einer Stadt und das Investieren in Menschen zu den Erfolgsfaktoren einer modernen Politik gehören. Ich hoffe, dass wir die Chance gemeinsam ergreifen, die Kultur in den nächsten Jahren durch die Politik in Bremen aufzuwerten und dass das zu unser aller Nutzen sein wird. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Trifft es zu, dass die Space-Park Development GmbH liquidiert wird?
Zweitens: Wie stellt der Senat sicher, dass das Darlehen in Höhe von zirka 24 Millionen DM, das die Space-Park Development GmbH im Jahr 1999 erhielt und das bisher nicht zurückgezahlt wurde, für Bremen nicht verloren geht?
Herr Senator, wenn Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt die Frage einer möglichen Liquidierung nicht bekannt ist, werden Sie denn jetzt Informationen zum aktuellen Stand der Transformation einholen?
Herr Senator, ist Ihnen denn bekannt, dass es Aussagen gibt, dass dieses neue Finanzierungsmodell, auf das Sie jetzt rekurrieren, so noch gar nicht in Kraft
getreten ist und auch, wenn Sie jetzt behaupten, Sie hätten sichergestellt, dass das Darlehen zurückgezahlt wird, dass es bisher noch nicht erfolgt ist?
Herr Senator, wie kommentieren Sie im Nachhinein Ihre Aussagen aus den letzten Jahren hier im Hause bezüglich der Bonität der Köllmann-Firmen, die sie immer behauptet haben und die, wie man jetzt sieht, offensichtlich nicht gegeben war?
Herr Senator, ich bin ganz anders als Sie der Meinung, dass es durchaus zu den Aufgaben eines Wirtschaftssenators gehört, die Bonität der Firmen, mit denen man solche weittragenden Verträge abschließt, genau zu prüfen. Von daher möchte ich Sie noch einmal bitten zu sagen, wann Sie denn damit rechnen, dass dieses Darlehen inklusive der Zinsen zurückgezahlt wird.
Wir fragen den Senat:
Erstens: Trifft es zu, dass es Überlegungen gibt, den Space-Park nicht im Mai 2003, sondern erst im Herbst 2003 zu eröffnen?
Zweitens: Ist es richtig, dass geprüft wird, die Eröffnung des Entertainmentteils, Space-Center, von der Shopping Mall abzukoppeln?
Herr Senator, es ist nun einmal nicht ganz richtig, dass es sich hier um eine rein private Veranstaltung handelt, auch wenn ich Ihnen konzediere, dass es natürlich einen erheblichen Anteil privaten Kapitals gibt, aber die Freie Hansestadt Bremen hat sich nun
auch mit ungefähr 400 Millionen DM daran beteiligt. Deshalb akzeptiere ich diese Sätze nicht und möchte Sie noch einmal vor dem Hintergrund fragen, dass im Dezember im „Weser-Kurier“ zu lesen war, dass offensichtlich die Eröffnung, die, wie sie hier dem Hause mitgeteilt worden ist, für Mai 2003 vorgesehen war, sich jetzt auf den Herbst 2003 verschiebt, wie Sie das kommentieren!
Herr Senator, Sie werden verstehen, dass ich Sie für die Härte der Verhandlungen nicht bedauere, aber ich möchte Sie doch noch einmal fragen, zumal Sie jetzt eingeräumt haben, dass Sie auch persönlich da
von ausgehen, dass der Mai-Termin nicht zu halten ist, wie Sie folgende Aussage kommentieren: Wenn dieses große Projekt jemals eröffnet wird, wird es eine Erfolgsgeschichte. Dass es eröffnet wird bei der Situation des Einzelhandels in Deutschland, ist mehr als zu bezweifeln.
Herr Senator, ich verstehe Sie recht, da ich Sie ja nicht als Jurist frage, sondern als Politiker, der die wirtschaftspolitische Verantwortung in Bremen hat, dass die Situation des Space-Parks in den Sternen steht?
Herr Senator, ich möchte Ihnen durchaus zugestehen, dass es richtig ist, alles dafür zu tun, nicht entscheidungsinkompetent zu werden, wenn man Politiker ist, und wir machen hier keine seminaristische Veranstaltung, sondern wir unterhalten uns hier als Politiker, die verantwortlich sind für dieses Bundesland. Darum möchte ich Sie noch einmal fragen, da Sie ja immer so betonen, dass Investitionen immer Risikoinvestitionen sind, ob es nicht auch eine richtige Risikoabwägung für den handelnden Senat gibt, ob es ab einem gewissen Punkt, wenn das finanzielle Abenteuer für den Stadtstaat Bremen zu groß werden könnte, so bitter, wie es ist, auch angezeigt sein kann, aus einem Projekt auszusteigen, bevor man sich in unheimliche Subventionsabenteuer stürzt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ziegert hat doch ziemlich offen dem Haus noch einmal erläutert, warum wir so eine pikante Situation haben, dass wir zwei Anfragen haben, nämlich zum einen von der CDU nach den Wirtschafts- und Arbeitsmarkteffekten des ISP und zum anderen von der SPD nach den Arbeitsplatzeffekten. Da musste jeder noch einmal seine ideologische Duftmarke abgeben, aber man merkt natürlich auch, dass es nicht immer ganz so harmonisch, ganz so nett in den Koalitionsfraktionen zugeht, denn sonst hätte man sich diese Blöße, hier mit zwei so ähnlichen Anfragen aufzutretenen, doch nicht gegeben.
Ich will aber gern zugeben, und meine Kollegin Frau Stahmann wird gleich noch genauer darauf eingehen, dass die SPD natürlich dadurch, dass sie sich auf diese Frage der Arbeitsplatzeffekte fokussiert, auch den Finger in die Wunde legt, weil wir da lange nicht so erfolgreich sind, wie das ISP, als es formuliert worden ist, für sich in Anspruch genommen hat.
Trotzdem möchte ich sagen, wenn man, und das machen wir nun nicht zum ersten Mal, das Investitionssonderprogramm noch einmal politisch bewertet, muss man es doch an seinen Zielen messen. Die Ziele waren die Stärkung der Wirtschaftskraft, die Stärkung der Finanzkraft und besonders die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze. Deswegen mutet es auch ein bisschen komisch an, nur einen Aspekt herauszugreifen. Wir gehen davon aus, dass wir die große Koalition an den von ihr selbst proklamierten Zielen messen, und da sind wir, auch wenn Herr Focke hier immer wieder den Optimismus und das Positive bemüht, wenn man sich die Ziele der großen Koalition noch einmal genau anschaut, eben nicht so weit, wie man jetzt, im Jahr 2003, hätte sein wollen.
Weniger Wirtschaftswachstum als prognostiziert und propagiert, auch wenn es, und das geben wir gern zu, eine Verbesserung gegeben hat! Ich möchte aber auch hinzufügen, bei der hohen Investitionsquote, die wir in den letzten Jahren hatten, wäre es auch sehr merkwürdig, wenn man überhaupt keine Effekte erzielt hätte. Dann hätte man sich schon besonders dumm anstellen müssen. Die Finanzkraft, und das wird auch im Moment überall diskutiert, ist aber lange nicht so gestiegen, wie man es verkündet hatte, und so viele neue Arbeitsplätze – Frau Ziegert hat das eben ausgeführt –, wie ausposaunt wurde, hat man lange nicht geschaffen.
Jetzt möchte ich erst noch einmal hinzufügen, da Sie selbst zugeben, dass die Effekte, die ausgelöst worden sind, viel langsamer zu Tage treten, als Sie das angenommen haben, und das haben auch an––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
dere Gutachten gesagt, das sagen nicht nur die Vertreter der großen Koalition, dass der Strukturwandel doch mehr Zeit braucht, als man vor zehn Jahren noch geglaubt hat: Das ist eine mühsame Situation, das wirklich zu bewerkstelligen. In Bremen ist es noch einfacher als in Bremerhaven, weil es auch immer mit Milieufragen verknüpft ist.
Es ist nicht nur die Frage der staatlichen Investitionsquote und ob man möglichst gute Projekte findet, sondern es ist auch immer die Frage des Umfeldes, also welche qualifizierten Arbeitskräfte hat man, welche anregenden Milieus hat man, damit das, was man als Staat induzieren kann, dann auch wirklich trägt und Früchte hat. Wie man sehen kann, ist das in Bremerhaven leider, möchte ich sagen, besonders schwierig. Darüber kann keiner glücklich sein. Deswegen ist aber auch immer die Frage, wie breit man eine staatliche Begleitung von Wirtschaftsförderpolitik anlegt, weil es offensichtlich nicht ausreicht, einfach nur Geld in bestimmte Projekte zu stecken, wenn die anderen Rahmenbedingungen nicht stimmen.
Ich möchte noch einmal hervorheben, dass wir etliche Projekte haben bei der Politik schon seit Ende der achtziger Jahre, die wirklich erfolgreich waren, Technologiepark um die Universität herum, AirportCity, das waren auch alles Projekte, die das Haus gemeinsam auf den Weg gebracht hat, das Universum, die Ansiedlung der Internationalen Universität, all das sind gute Politikansätze der letzten Jahre gewesen. Auf der anderen Seite haben wir immer eine gezielte Politik gemacht, mit der wir Projekte kritisiert haben, die aus unserer Sicht nicht wirklich zukunftsweisend waren, wie beim Musical, das nun pleite ist und, wie gesagt, beim Space-Park, das hatten wir eben, wie schlecht es da aussieht, und die Zukunft des Space-Parks steht in den Sternen.
Das sind richtige Loser-Geschichten der großen Koalition gewesen, und wir gehen davon aus, dass man, wie das auch Herr Böhrnsen vor geraumer Zeit verkündet hat, das Sanierungsprogramm neu justieren muss, um, und das kann man nicht gegeneinander ausspielen, einerseits mehr neue Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig die Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen und den Strukturwandel gezielter und auch schneller zu bewerkstelligen.
Das bedeutet für uns, dass man in der Flächenpolitik umsteuern muss, mehr auf die Verdichtung von Flächen und auf die Nutzung von Brachen, und, wie man so schön sagen kann, es geht um neue Adressen auf alten Flächen. Wir wollen zum Beispiel in den Hafenrevieren, und das hätten wir alles auch gern ein bisschen schneller gesehen, dass ein neuer Stadtteil entsteht mit neuen Clustern, mit neuen Dienstleistungen, Wohnen und Kultur. Da hat man aus unserer Sicht leider Zeit verloren, und wir haben das wiederholt angemahnt, gerade was das Thema junge Talente angeht, dass wir die viel offensiver nach Bremen zu holen versuchen und dass Bremen eine Offensive macht, um solche Leute zu
werben, denen man dann für ihre Existenzgründung am Anfang billig Büroräume, Firmenmöglichkeiten zur Verfügung stellt! Ich finde immer noch, dass das eine verpasste Chance in Bremen ist.
Da wir uns so gern über die Frage, wie wir das ISP und seine Effekte bewerten, streiten und auch in den letzten Monaten gestritten haben, möchte ich Sie gern auf eine Studie von Wiebke Lang und Rudolf Hickel hinweisen, sie ist im Dezember 2002 erschienen und beschäftigt sich mit der Frage des Erfolges des ISP, nämlich „Sanierungshilfen des Bundes durch Teilentschuldung 1994 bis 2004“. Es ist eine interessante Frage. Herr Hickel hat sich immer in der Bremer Politik zu Wort gemeldet, und da möchte ich Ihnen doch einmal einiges kurz zitieren, und zwar aus dem Kapitel „Fazit“. Die Wirtschaftswissenschaftler haben sich die Effekte angesehen, und sie konzedieren, dass es natürlich auch positive Effekte gegeben hat, gerade in Bremen, was den begonnenen Strukturwandel angeht, dass wir aber lange nicht so weit sind, wie wir hätten sein wollen, und dass es noch etliche Jahre dauern wird.
Dann sagen diese beiden Wissenschaftler, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten, zu der Frage, wie das mit dem Modernisierungsprozess weitergehen soll: „Zwei Aufgaben müssen dabei im Mittelpunkt stehen, Aufbau und Stärkung der unternehmensnahen Dienstleistungszweige und Abbau der Arbeitslosigkeit, unter anderem durch die Verbesserung der Erwerbsfähigkeit.“ Das möchte ich noch einmal besonders betonen, Frau Ziegert hat es auch gesagt. Ohne die entsprechende Qualifizierung der Arbeitskräfte wird man diese Aufgabe nicht leisten können.
Dann geht es weiter im Text: „Eine Attraktivitätssteigerung der Stadt durch Heraushebung ihrer urbanen Qualitäten,“ damit sind wir sofort wieder bei der Frage moderne Dienstleistungen, Kulturangebot, Bildungsangebot und Lebensqualität, „eine Flächenpolitik, die integrierte Standorte bevorzugt“, also das, was wir die ganze Zeit verlangt haben, und „eine Gründungsoffensive“, das heißt in der Medienwirtschaft, in der Kulturwirtschaft! Denken wir nur einmal wieder an das Faulenquartier, die Ansiedlung von Radio Bremen und die Möglichkeit, dass sich junge Medienfirmen und IT-Firmen da ansiedeln! Weiter heißt es: „eine Gründungsoffensive, die nicht nur auf High-Tech-Unternehmen abzielt, sollten dabei zentrale Bestandteile von Investitionsstrategien darstellen.“
Das sind alles Ansatzpunkte, die wir in den letzten Jahren vorgeschlagen haben, gute Ideen, wohin die Reise gehen muss. Dann geht es weiter im Text, dass gerade diese Dynamik, wenn man eine solche Politik macht, die urbane Lebensqualität zu stärken, nicht im Widerspruch steht zum notwendi
gen Ausbau von Arbeitsplätzen. Das möchte ich gerade noch einmal Henning Scherf ins Stammbuch schreiben, weil er es beim letzten Mal in dieser Debatte hier behauptet hat.
Herr Hickel argumentiert genauso wie die SPD bei der Frage Neujustierung, wie die Grünen auch argumentiert haben, dass man gerade nicht so kurzsichtig sein darf, die so genannten weichen gegen die harten Standortfaktoren auszuspielen, sondern nur, wenn man es zusammendenkt bei der Sanierungsstrategie, kann daraus eine erfolgreiche Strategie für die nächsten Jahre werden.
Ich hoffe, meine Damen und Herren, weil es immer so ein nettes Spiel hier gibt, mit dem man die Grünen angeblich mit diesen Ideen in die Verweigererecke stellen kann, wenn man diese wissenschaftliche Studie aus dem Dezember 2002 liest, also keine ollen Kamellen, sondern eine aktuelle Fazitanalyse, dass man sich das doch zu Herzen nimmt, so dass wir dann hoffentlich in den nächsten Jahren zu einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik kommen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Meinung, dass es nicht beim Status quo bleiben soll. Der Vorwurf, der oft erhoben worden ist in den letzten Jahren, Deregulierung verstärke Konzentrationsprozes––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
se im Einzelhandel, ist aus unserer Sicht falsch. Sieht man sich Deutschland an, stellt man fest, es war zwar immer hoch reguliert, aber der Einzelhandel ist auch hoch konzentriert.
In den USA zum Beispiel wird es viel liberaler gehandhabt. Der Einzelhandel ist in der Tat noch viel mehr in der Hand von Mittelstand und kleinen Ladenbesitzern. Das heißt für uns als Konsequenz erst einmal, Deregulierung kann auch die Kleinen fördern, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, und in den USA, jeder, der dort gewesen ist, weiß, dass es auch gerade für Migranten eine Chance ist, also die kleinen Wagen überall, die fliegenden Händler, auch von daher finde ich, ist es ein wichtiger Gesichtspunkt. Deswegen, glaube ich, ist es auch einfach falsch, Effizienz gegen Gerechtigkeit auszuspielen, sondern es geht darum, wie Politik das in eine kluge Vereinbarung bringt.
Ich finde es jetzt hilfreich, wenn wir über die ganze Debatte in Deutschland und auch mit dem Blick auf die anderen europäischen Länder, Frau LemkeSchulte hat das angesprochen, wenn man sich so genannte Best-practice-Modelle anschaut. Wir sind gerade in Brüssel gewesen, und da haben wir mit großem Erstaunen festgestellt, dass es dort ein Zeitkontenmodell gibt. In der ganzen Region Brüssel wird es so gehandhabt, dass es für alle Einzelhändler so etwas wie feste Zeitkonten, Stundenkontingente gibt, das sind insgesamt 91 Stunden in der Woche. Dann entscheiden die Händler aber selbst, an welchen Tagen sie öffnen, die einen zum Beispiel von elf bis 19 Uhr, die anderen zwölf bis 22 Uhr. Allerdings ist festgeschrieben, dass es einen Tag in der Woche geben muss, wo definitiv geschlossen ist. Das ist aber bei denen gar nicht immer der Sonntag, sondern das entscheiden die Händler selbst. Das bedeutet für die Verbraucherinnen und Verbraucher, dass sie sehr flexibel entscheiden können, an welchem Tag sie wo einkaufen.
Ich finde, das ist eigentlich ein ganz gutes Modell. Es garantiert nämlich Rahmenbedingungen, und man macht auch die Feststellung, dass dann gar nicht flächendeckend überall zu den gleichen Zeiten geöffnet ist, sondern die reale, durchschnittliche Öffnungszeit beträgt insgesamt nur 54 Stunden. Das heißt, die Anbieter suchen sich das sehr genau aus, und für den Verbraucher hat es den Vorteil, dass man immer irgendwo etwas einkaufen kann. Für die Anbieter und auch die Mitarbeiter hat es den Vorteil, dass sie trotzdem geregelte Arbeitszeiten haben.
Ich finde, von solchen Beispielen kann man durchaus lernen. Unsere deutsche Debatte ist da leider immer ein bisschen sehr narrow-minded. In Italien gibt es das Modell mit den Zeitkonten. Das ist ein bisschen anders als das in Belgien, aber auch da gibt es dann feste Kontingente. In der Stadt, alle Akteure, die Verbraucher, die verschiedenen Händler setzen sich zusammen und überlegen, so dass es dann auch in der Stadt besprochen wird, welche Läden
wann geöffnet haben, so dass sich die Verbraucher auch gut orientieren können, wo sie denn wann was einkaufen können.
Wie gesagt, ich will es kurz machen! Von solchen Best-practice-Beispielen kann man eine Menge lernen, das sollten wir in die deutsche Diskussion einbeziehen. Also nicht die Salamitaktik, noch jeden Tag zwei Stunden mehr oder so etwas, ich finde, das ist nicht der entscheidende Punkt, sondern man sollte wirklich zu Modellen kommen, die die verschiedenen Interessen berücksichtigen, die einerseits arbeitnehmerfreundlich sind, aber andererseits auch für die Verbraucher neue Flexibilisierungsmöglichkeiten bringen. Das ist das, was wir Grünen als Vorschlag in die Debatte einbringen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mein Vorredner, Herr Focke, hat eben darauf hingewiesen, dass er diese Senatsantwort kenntnisreich, de––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tailreich und auf der Höhe der Zeit findet. Eigentlich, finde ich, sollten wir das selbstverständlicherweise von allen Senatsantworten erwarten, dass sie das sind. Von daher spricht es allerdings für die Qualität dieser Antwort, dass das von Ihrer Seite noch einmal so hervorgehoben wird.
Meine Damen und Herren, es ist eben schon gesagt worden, dass es vielleicht nicht das lustvollste Thema ist, trotzdem möchte auch ich ein paar Betrachtungen zu den Chancen und Risiken dieses so genannten Basel-II-Prozesses anstellen.
Die öffentlich geäußerten Befürchtungen, insbesondere von Unternehmerverbänden wie der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer, waren relativ groß. Die Kritik war richtig vernehmlich. Auf der anderen Seite möchte ich hervorheben – auch das ist eben bereits bei Frau Lemke-Schulte und Herrn Focke gefallen –, dass die Töne der Bundesregierung im letzten Jahr doch ein bisschen vorsichtiger waren. Darauf hingewiesen worden ist, dass es in den Verhandlungen des Basel-II-Prozesses bereits erhebliche Korrekturen zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen gegeben hat.
Die Wirtschaftsminister – das möchte ich auch noch einmal hervorheben, bevor Herr Hattig gleich sprechen wird – haben im Oktober dieses Jahres, es ist noch nicht lange her, den neuen Basel-II-Bedingungen einstimmig zugestimmt. Daraus entnehme ich, dass auch Wirtschaftssenator Hattig hier nicht groß alarmiert sein kann, denn sonst hätte er Basel II so nicht zustimmen können.
Aber natürlich ist es richtig, trotzdem die Chancen und die Risiken dieses Prozesses abzuwägen. Mir ist es nur wichtig, noch einmal zu betonen, dass man sozusagen die Kritik nicht zu hysterisch gestaltet, sondern dass man versucht, die Prozesse, um die es geht, angemessen realistisch darzustellen.
Ich möchte noch einmal kurz rekapitulieren, worum es eigentlich geht. Die Banken sind verpflichtet, ihre Eigenkapitalbasis stabil zu halten – und dagegen kann man im Prinzip gar nichts haben, Herr Focke hat das eben bereits gesagt –, und sie dürfen nicht mehr als acht Prozent ihres Kapitals als Kredite herausgeben im Sinne der Konsolidierung des Bankenkapitals. Die kleinen Firmen, und darum geht es jetzt bei den ganzen Befürchtungen zu Basel II, sind in Deutschland, auch das haben wir eben bereits gehört, besonders kapitalschwach und vor allem anlegerschwach, was auch etwas mit dem besonderen deutschen System zu tun hat. In den USA, wie gesagt, ist das ganz anders.
Das eigentliche Problem ist, dass die Kredite für Unternehmen mit schlechter Bonität teurer werden, und für die mit guter Bonität ist es eben preisgünsti
ger. Es ist klar, dass Unternehmen, denen es sowieso bereits nicht gut geht, erst einmal größere Probleme haben, preisgünstige Kredite zu bekommen.
Jetzt muss man überlegen: Welches sind eigentlich die Bremer Beurteilungskriterien, und welche Handlungsmöglichkeiten gibt es überhaupt in Bremen? Frau Lemke-Schulte hat für mich eben zu Recht darauf hingewiesen, dass alles, was der Staat hier machen kann, ein Stück weit nur eine begleitende Funktion sein kann. Der Staat kann sich nicht aufschwingen, sozusagen diese Probleme einfach zu lösen, indem er irgendwie mit der Gießkanne zu den Existenzgründern und den kleinen Unternehmen geht, um sie von ihren Problemen zu entlasten. Ein solches Staatsverständnis würde uns ziemlich schnell noch größere Probleme bringen.
Auf der einen Seite, und das möchte ich noch einmal betonen, ist es natürlich richtig, dass man gerade dann, wenn man Existenzgründung fördern will – das ist Ihr erklärtes Ziel, wir haben das immer mitgemacht, wir werden gleich beim nächsten Tagesordnungspunkt auch noch einmal darauf zu sprechen kommen –, natürlich Wagniskapital, Venturecapital für Existenzgründer braucht, und für die ist es nicht unbedingt einfacher geworden, bei den Konsolidierungsbemühungen der Banken an diese Gelder zu kommen.
Ich möchte hinzufügen: Wenn man aber andererseits mit Bankern spricht, hört man durchaus heraus, dass sie sagen, ganz so dramatisch, wie es die öffentliche Diskussion suggeriert, ist es auch nicht, weil wir uns schon und in den vergangenen Jahren, und zwar in einer viel verstärkteren Kommunikation mit den einzelnen Unternehmen, um die Bonitätsbasis der Unternehmen bemüht und damit auch im Dienste dieser Unternehmen gehandelt haben. Sie verstehen das also überhaupt nicht als einen Generalangriff auf die betroffenen Unternehmen, sondern auch ein Stück weit als ihre Aufgabe, unterstützend und beratend tätig zu werden. Die Unternehmen müssen allerdings ihre Datenbasis ziemlich transparent den Beratern der Banken zur Verfügung stellen. Man kann auch im Prinzip nichts dagegen haben, wenn sie zur Datentransparenz verpflichtet sind.
Ich finde es auch richtig, wenn hier eben erwähnt worden ist, dass die Politik natürlich so etwas wie eine allgemeine Verantwortung hat, wenn man das wirtschaftliche Wohlergehen des eigenen Bundeslandes im Auge hat, auch in Gesprächen mit Bankenvertretern darauf hinzuwirken, dass sie sozusagen nicht borniert sind, sondern einfach ein Herz für neue Marktideen und Produkte haben. Eigentlich sollte man bei Bankenvertretern annehmen, dass sie da ein Eigeninteresse haben und aufgeschlossen sind. Es ist aber sicherlich richtig, da sozusagen moderierend tätig zu werden und mit ihnen in guter Kommunikation zu stehen, und dagegen werde ich auch nicht polemisieren. Ich denke, dass die Ver
antwortlichen in Bremen in diesem Sinne handeln werden. Ich wünsche mir zumindest, dass sie ihre Aufgabe so begreifen.
Jetzt kommen wir zur Bremer Aufbau-Bank! Dieses Instrument – und dass Bremen sich überhaupt dazu entschlossen hat – ist ja immer in die politische Diskussion als der staatliche Beitrag eingeführt worden, der hier ergänzende Funktionen wahrnehmen soll, aber eben auch nicht mehr. Frau Lemke-Schulte hat eben schon die neue Gesellschaft, um die es jetzt gehen soll, problematisiert, es soll ja wieder einmal eine weitere Untergesellschaft bei der BIG gegründet werden, angeblich noch in diesem Jahr, die BWM Beteiligungs- und Managementgesellschaft, die dann zusätzliche Mittel für Risikokapital zur Verfügung stellen soll. Diese Vorlage ist vor geraumer Zeit im Haushaltsausschuss ausgesetzt worden, aber nicht deshalb, weil man vielleicht im Prinzip etwas dagegen haben müsste, nein, es scheint rechtlich relativ schwierig zu sein.
Wir haben darauf gedrängt, dass ein Gutachten erstellt wird, das die rechtlichen Fragen noch einmal genau prüft. Das ist uns bisher nicht zur Kenntnis gegeben worden. Ich finde, alle Abgeordneten, die mit diesem Thema zu tun haben, müssen Wert darauf legen, dass sie dieses Gutachten erhalten, weil man sich sonst auch im Haushaltsausschuss nicht in der Lage sehen kann, dieser Vorlage zuzustimmen. Wie gesagt, wir polemisieren nicht gegen diese Lösung, aber sie muss rechtlich absolut einwandfrei sein, weil sonst auch die BIG natürlich in Schwierigkeiten kommen würde, falls eine Konstruktion gewählt wird, die nicht wirklich wasserdicht ist.
Darum möchte ich jetzt nur noch einmal sagen, weil so vieles ja schon gesagt worden ist: Der Vorteil der Kreditvergabe über die Bremer Aufbau-Bank und der Bereitstellung von Wagniskapital liegt darin, dass dem Staat natürlich günstigere Zinsen eingeräumt werden, so dass Gelder etwas günstiger weitergegeben werden könnten. Bei der neuen Gesellschaft geht es darum, mehr Wagniskapital zur Verfügung zu stellen.
Wie gesagt, wir finden im Prinzip einen solchen Ansatz richtig, solange sich der Staat nicht aufschwingt, hier das eigentliche Bankengeschäft ersetzen zu wollen, sondern nur flankierende Maßnahmen ergreift. Im Sinne der Existenzgründer muss das geschehen. Ich möchte aber noch einmal betonen: Hier muss eine Lösung gefunden werden, die wirklich eine rechtlich saubere Lösung ist und bei der man nicht irgendwie versucht, auch wieder an Parlamentariern und ihrem Informationsrecht vorbei eine Lösung zu stricken, die nicht wirklich in Ordnung ist. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Prinzip möchte ich meinen Vorrednern beipflichten und die Existenzgründungsinitiative B.E.G.IN begrüßen. Es hat in den letzten Jahren viele erfolgversprechende Ansätze gegeben. Ich finde sogar, dass die Senatsantwort, vor allem, was die besonderen Auszeichnungen der Bremer Best-practice-Beispiele angeht, ruhig noch ein bisschen stolzer hätte ausfallen können. Das Bremer Netzwerk hat nämlich im letzten Jahr vom Bundesministerium für Wirtschaft eine Auszeichnung bekommen als Good-practice-Beispiel. Das kann sich doch sehen lassen, das ist doch für Bremen ein Erfolg!
Die speziellen Frauenfördermaßnahmen und die Frauennetzwerke, darauf werde ich gleich noch näher eingehen, die sich in diesem Gründungsnetzwerk, in dieser Initiative finden, sind im letzten Jahr vom Bundesfamilienministerium besonders gewürdigt worden, also auch das ist ein besonders erfreulicher Ansatz, wo man sehen kann, dass ein besonderes Networking in Bremen durchaus Früchte trägt. Das taucht hier in der Senatsantwort gar nicht auf. Ich will einmal hoffen, dass es nicht daran liegt, dass Sie das gar nicht wissen.
Auf jeden Fall finde ich, dass wir denjenigen, die diese Auszeichnung eingeheimst haben, von dieser Stelle aus noch einmal angemessen gratulieren sollten.
Damit komme ich jetzt noch zu einem besonderen Gesichtspunkt, was diese Senatsantwort angeht, und zwar dem geschlechtsspezifischen Blickwinkel. Ich würde darum bitten, dass demnächst, wenn wir solche Senatsantworten bekommen, gerade wenn es um Existenzgründungen geht, doch auch aufgelistet wird, wie jeweils der Anteil von Frauen und Männern ist. Wir wissen gemeinsam, dass es nicht selbstverständlich ist, dass gerade Frauen einer besonderen Beratung bedürfen. Diese Angebote haben auch angefangen, das möchte ich ausdrücklich noch einmal loben, dass es das gewesen ist, aber man sollte es dann auch in der Senatsantwort aufgelistet bekommen.
Gestern Abend zum Beispiel bei der Starterlounge in der Sparkasse sagte Senator Hattig dann, angesichts der Zahl, die eben schon von Herrn Kastendiek zitiert worden ist, der Anteil von weiblichen Existenzgründungen liegt bei 33 Prozent, im Bundesdurchschnitt nur bei 27 Prozent, die Frauen in Bremen seien mutiger. Ich will überhaupt nichts dagegen sagen, dass die Frauen in Bremen mutiger sind, ich finde das ganz prima. Trotzdem finde ich, ist der Blick darauf erlaubt, woran das denn vielleicht liegt. Es ist ja vielleicht nicht nur eine angeborene Eigenschaft der Bremer Frauen, sondern es hat auch etwas mit dem Qualitätsmerkmal dieses Netzwerkes zu tun.
Da gibt es nämlich zum Beispiel insbesondere vier Einrichtungen, Frauen zurück in den Beruf, ZIB, einigen von Ihnen wird das etwas sagen, Belladonna, Expertinnennetzwerk EBN und MiBoP, diese Migrantenvereinigung, und die zusammen haben extra einen Flyer für Frauen gemacht. Das heißt, sie haben die weiblichen Existenzgründungen besonders im Blick, haben ihr Beratungsangebot auf sie ausgerichtet und haben nicht zuletzt mit diesen Aktivitäten dafür gesorgt, dass die Existenzgründungen von Frauen in Bremen zahlenmäßig besser sind als im Bundesdurchschnitt. Also, diesen Frauen für ihre verdienstvolle Arbeit gebührt auch unser Dank!
Außerdem möchte ich hervorheben, dass in den letzten Jahren diese Einrichtungen, die teilweise als klassische Frauenprojekte angefangen haben wie Belladonna, mittlerweile viele Kooperationsbeziehungen mit der Handelskammer machen, selbst Existenzgründungsseminare durchführen. Auch daran sieht man, es ist durchaus eine Professionalisierung, die hier in den letzten Jahren gegriffen hat. Die Handelskammer profitiert offensichtlich davon, sonst würde sie es nicht machen. Die Frauen auf der anderen Seite, die ursprünglich diese Kontakte in die Handelskammer nicht hatten, profitieren auch davon, also, das ist ein richtiges Win-win-Modell. Viele von ihnen, meine Kollegen von der SPD wissen das, finden das offensichtlich auch gut. Ich finde, das muss man hier, wenn man über B.E.G.IN redet, auch wirklich lobend erwähnen, dass es hier in den letzten Jahren ganz verdienstvolle Arbeit gegeben hat.
In dem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal sagen, dass es hier Angebote gibt, die allerdings ausgebaut werden müssen, wenn es nämlich um Existenzgründung im Nebenerwerb geht. Das betrifft insbesondere allein erziehende Frauen oder Frauen mit kleinen Kindern. Es ist aber durchaus eine Mög
lichkeit, dass Frauen parallel noch zu ihrer anderen Tätigkeit etwas beginnen können. Das muss in den Blickwinkel dieser Beratung mit aufgenommen werden.
Ich möchte auch noch einmal hinzufügen, eben ist schon die Bremer Innovationsagentur erwähnt worden, dass auch das Programm mit den Innovationsassistenten, wie ich jetzt in mehreren Gesprächen gehört habe, doch auf große Resonanz stößt und vielen kleinen Firmen sehr geholfen hat. Auch das, finde ich, ist ein wichtiger Gesichtspunkt, den man, wenn man jetzt das begutachtet, was hier in den letzten Jahren begonnen worden ist, positiv hervorheben muss.
Ich möchte noch einen Gedanken erwähnen, weil er so viel mit den Grundlagen für diesen Aufbruch im Existenzgründungsbereich zu tun hat, und das ist das Thema Mentalitätswechsel. Wenn man junge Leute auffordert, sich selbständig zu machen, hat das viel damit zu tun, dass es ein gesellschaftliches Klima gibt und dass es auch bei den entsprechenden Leuten so ankommt, dass sie sich diesem Risiko stellen. Wir alle wissen, dass das nicht einfach ist. Zu meinen Studienzeiten ist das lange nicht so in der Diskussion gewesen, wie es das heutzutage ist. Da hat sich also schon eine Menge getan.
Es ist aber auch deutlich geworden, dass zu der gesellschaftlichen Akzeptanz gehört, dass auch ein Scheitern sozusagen kein Untergang ist, Herr Kastendiek hat das eben gesagt, sondern dass es dann auch eher zum gesellschaftlich guten Ton gehört, dass man mit dem einen anfangen kann, dann vielleicht merkt, dass es nicht trägt, aber dass man durchaus eine zweite Chance hat, dass man dafür auch nicht geächtet wird, sondern dass das einfach dazugehört, dass man auch noch einmal ein zweites Mal anfangen und aus den eigenen Fehlern lernen kann, dass man für dieses Scheitern nicht verurteilt wird und dass das eben auch in diesem ganzen Netzwerk und von der Wirtschaftsförderung so mit begleitet wird. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.
Eben fiel auch noch einmal die Bemerkung, auch das hat etwas mit der allgemeinen Haltung zu tun, dass es auch möglich sein muss, in Phasen im Leben zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung zu wechseln, dass auch das nicht irgendwie merkwürdig ist, sondern dass bei den ganzen Veränderungen von Berufsbiographien, mit denen wir zu tun haben, die hohe Risiken bergen, aber eben auch große Chancen, dass es auch dazu gehört, dass man sich eben nicht für 20, 30, 40 Jahre einfach auf einen festgelegten Berufsweg verlassen kann, sondern dass man bereit sein muss, zwischen verschiedenen Phasen zu wechseln. Das, finde ich, gehört zu der ganzen Debatte über Existenzgründungen dazu, dass eben auch diese Bereitschaft, Risiken einzugehen, ungeheuer zugenommen hat, man aber eben auch bereit sein muss, genau dies anzunehmen.
Ich würde noch gern eine Bemerkung machen! In meinen Gesprächen mit Betroffenen, die hier an diesem Netzwerk beteiligt sind, bin ich gebeten worden, doch noch einmal darauf hinzuweisen, dass gerade die Berichte, die die ZIB immer schreibt, die ja nun gut im Geschäft sind seit vielen Jahren, die Damen, die dort arbeiten, haben nicht immer den Eindruck, dass ihre Berichte von den politisch Verantwortlich auch immer gelesen werden. Dann hätten nämlich in dieser Senatsantwort mit einem ganz anderen Stolz diese Best-practice-Beispiele gelobt werden müssen. Ich hoffe also, Herr Senator, Sie sorgen dafür, dass in Ihrem Hause die Aufmerksamkeit, die diesen Berichten zugewandt werden sollte, demnächst aufgebracht wird. Nämlich auch dann könnten Sie noch ein bisschen mehr glänzen, wenn Sie die Frauen, die hier so gute Arbeiten machen, öffentlich loben. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass bei dieser Debatte doch eine große Aufmerksamkeit in diesem Haus gegeben ist, weil, und die Vorredner haben dies deutlich gemacht, es in der Tat um die Frage geht, welchen Weg die Sanierungspolitik in den nächsten Jahren nimmt.
Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich erst einmal auf meine beiden direkten Vorredner eingehen. Das eine war die typische Onkel Pflugradts Märchenstunde, und das andere war die zwar demagogisch nicht schlechte und rhetorisch aufgeladene, aber trotzdem von einem gewissen politischen Autismus zeugende Rede unseres Bürgermeisters.
Ich möchte erst einmal zu dem typischen Lamento, wie die tibetanische Gebetsmühle vorgetragen, vom Märchenonkel Pflugradt sprechen. Er hat zugegeben, Stadt am Fluss war eine Idee der Grünen, die damals konzipiert und zum Glück von Ihnen umgesetzt worden ist. Der Wohnungspolitik in Bremen, auch in Einfamilienhäusern, bauträgerfreiem Wohnen, haben wir zugestimmt.
Wir sind für die Innenstadtrevitalisierung gewesen. Wie Sie auf so eine Idee kommen, wir hätten Politik gegen die Innenstadt gemacht bei all den Debatten, die wir in der letzten Zeit dazu geführt haben, verstehe ich nicht. Gerade wir waren es, die immer von der Vitalisierung der Innenstädte, der City und der Stadtteilzentren gesprochen haben, sich nicht so sehr auf die grüne Wiese zu verlagern und nicht so einen Hybriden wie den Space-Park zu errichten. Wie kommen Sie auf so eine Idee, wir wären gegen die Innenstadt gewesen, Herr Pflugradt?
Wir sind für die Vitalisierung des Faulenquartiers. Wer hat denn gegen den Widerstand von Herrn Eckhoff dafür gesorgt, an dem Punkt allerdings einmal mit Herrn Scherf zusammen, dass es ein Medienzentrum gibt und dass dieser Stadtteil aufgebaut wird?
Seit vielen Jahren plädieren wir dafür, in der Überseestadt einen neuen Stadtteil zu errichten mit einer neuen Mischung von Wohnanteil, neuen Arbeitsplätzen und neuen Dienstleistungen. Darin erkennen wir einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Gesundung der Stadt. Allerdings, mit uns hätten Sie das Musical, das pleite ist, so nicht machen können. Es ist richtig, mit uns hätten Sie diesen Space-Park, der ja nun wirklich auf tönernen Füßen steht, nicht machen können. Sie hätten mit uns das, was Sie hier zum Glück selbst einpacken mussten, die überdi––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
mensionierte Variante des Ocean-Parks nicht machen können. Es ist richtig, dass wir diese drei Projekte scharf kritisiert haben.
Ich will Ihnen noch einmal ein Beispiel nennen, noch einmal zurück zum Musical! Wie wollen Sie eigentlich der Bevölkerung erklären, dass es da möglich war, für ein Projekt, das jetzt tot ist, schnell Rettungsbeihilfen zu bewilligen, die Nichtabiturientenkurse in Bremen aber nicht mehr finanziert werden können, die wirklich für viele Menschen eine Chance auf Qualifizierung sind, die wir dringend brauchen, wenn in dieser Stadt bei dem Weg in die Wissensgesellschaft die Menschen entsprechend qualifiziert werden sollen? Das ist für uns in einem kleinen Punkt eine falsche Schwerpunktsetzung. Da stehen wir für einen anderen, sozial- und bildungspolitisch verantwortlichen Kurs.
Ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen. Wir sind für die IUB gewesen, ohne Wenn und Aber, nachdem diese Entscheidung gefallen war. Wir sind für das Universum gewesen, wir sind für das Visionarium, und wir sind auch für den Science-Park. Gerade aber vor dem Hintergrund der Debatte von gestern möchte ich noch einmal sagen, das Stichwort Diskurs und Kommunikation ist eben schon gefallen, wir sind, gerade wenn man sich für solche großen Projekte mit viel Geld entscheidet, dafür, dass man sie dann nicht vor die Wand fährt, indem man sich zu fein ist, mit den Menschen vor Ort, die viele Fragen haben, zu sprechen. Das ist ein deutlicher Kommunikationsfehler, den Sie zu verantworten haben. Wir möchten, dass eine solche Politik, in der man sich abschottet und glaubt, man hat es an vielen Punkten nicht mehr nötig, sich mit den Einwohnern ins Benehmen zu setzen, aufhört.
Ich möchte jetzt noch einmal auf diese vorgelegte Studie kommen. Ich möchte bei der Rede von Herrn Böhrnsen anfangen. Mir ist ganz wichtig, dass betont worden ist, Herr Scherf hat das hinterher auch noch einmal gesagt, dass es um Arbeitsplätze und Einwohner geht. Es geht nicht um Arbeitsplätze oder Einwohner, sondern um Arbeitsplätze und Einwohner!
Das ist unsere Grundhaltung. Ich werde mir heute und in den nächsten Monaten – und der Vorwahlkampf hat begonnen – von niemandem in dieser Stadt unterstellen lassen, dass wir eine solche Politik nicht machen würden und nicht an dem Ziel, Bremen wirtschaftlich gesunden zu lassen und für Bremen und Bremerhaven zu begeistern, arbeiten. Wir glauben, dass dieses Bundesland eine vitale Möglichkeit hat, die es zu nutzen gilt. Wir machen natür
lich keine Politik gegen das Bundesland, wir machen eine verantwortliche Politik für dieses Bundesland, in dem wir gern leben.
Genauso richtig ist es aber, gerade im Umgang mit den Einwohnerinnen und Einwohnern unserer beiden Städte, nicht mit Illusionen vorzugehen. Deswegen ist ja dieses Papier, das vorgelegt worden ist, auch so wichtig, weil die Zahlen zeigen, wie die Trends wirklich waren. Wenn wir in den letzten beiden Jahren jetzt erfreulicherweise auch zusätzliche Einwohner in Bremen gewonnen haben, sind wir noch mit 3,3 Prozent seit dem Jahr 1994 Abwanderungsquote oberhalb des Bundesdurchschnitts vergleichbarer Städte, in denen die Zahl 2,1 Prozent war.
Sie haben hervorgehoben, Herr Böhrnsen, das ist keine schöne Zahl. Es gilt, dagegen anzuarbeiten. Für mich ist als Grundfeststellung wichtig, dass die Zahlen nicht so erfreulich sind, wie wir sie gern hätten. Man muss die Realität und auch den Trend, den wir im Moment noch haben, zur Kenntnis nehmen. Wenn der sozusagen fortgeschrieben würde, kämen wir zu dem, was meine Kollegin Krusche skizziert hat. Wenn man für diesen Realismus, die Zahlen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, plädiert, heißt das ja nicht, Herr Bürgermeister, dass man sich damit abfindet, ganz im Gegenteil! Wir machen eine gezielte Politik dagegen. Das bedeutet, bei allen Schwierigkeiten, die wir haben, versuchen wir natürlich, mit Konzeptionen, mit politischen Programmen und den dann entsprechenden Finanzierungen gegen diesen Trend anzuarbeiten, Arbeitsplätze zu sichern, neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen und Einwohner und Einwohnerinnen, gerade auch junge Familien, zu gewinnen.
Ich möchte Ihnen, nur damit Sie wissen, was sozusagen der Hintergrund der jetzigen Situation ist, einen Satz aus dem Bericht zitieren, auf Seite 16 oben steht: „Die Entwicklung dieser Schlüsselbranchen im Land Bremen liegt zwar aktuell leicht über der bundesweiten Entwicklung,“ – das wird also noch einmal konstatiert – „bleibt damit aber hinter den Beschäftigungs- und Wertschöpfungsanteilen in vergleichbaren Agglomerationsräumen insbesondere Hamburgs zurück. Eine Ursache ist die vergleichsweise geringe und durch aktuelle Unternehmensentscheidungen noch geschwächte Präsenz von Unternehmenszentralen am Standort, die die Entstehung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen erschweren.“
Das ist einfach erst einmal die Feststellung des Status quo, gegen dieses große Gerede, zu dem man sagen kann, gut gebrüllt, Löwe! Mit einfachen Reden aber darüber hinwegzugehen hilft ja nicht. Das ist sozusagen, wie es hier noch einmal von den Staatsräten festgehalten worden ist, die Lage, gegen die es anzuarbeiten gilt.
Deswegen, und das ist mir jetzt wichtig, wenn es um die Philosophie des Sanierungsprogramms geht, kann es nicht um eine Linie gehen, die heißt Arbeitsplätze, nichts als Arbeitsplätze und Infrastruktur, und dann in vielen Jahren kommen sozusagen die weichen Standortfaktoren oder das kleine Gedöns, wie man ja manchmal in der politischen Debatte gehört hat. Nein, gerade umgekehrt! Bei allen Versuchen, dass das Schaffen von Arbeitsplätzen die erste Relevanz haben muss, ist richtig, dass man das auch an dem Punkt mit einem Und verbinden muss. Die weichen Standortfaktoren gehören unmittelbar zu der Sanierungsphilosophie des Bundeslandes.
Deswegen war es richtig, eine Neubürgeragentur einzurichten, deswegen muss unbedingt die Qualität der Bildungspolitik steigen, die Kinderbetreuung und die familienfreundliche Kommune müssen einen anderen Schwerpunkt haben. Ich möchte Ihnen dazu noch zwei kleine Beispiele nennen. Zum Beispiel ist es jetzt möglich – gerade angesichts der Alterspyramide unserer Gesellschaft kann man ja davon ausgehen, dass die Unternehmen in den nächsten Jahren großes Interesse an jungen Arbeitskräften haben werden –, man kann sich bei der EU jetzt ja als familienfreundliche Kommune zertifizieren lassen, und auch Unternehmen können sich als familienfreundliche Unternehmen zertifizieren lassen, wenn sie auch Kindergartenplätze anbieten. Ich glaube, auch wenn das nur ein kleiner Beitrag ist, ist es aber trotzdem ein wichtiges Zeichen dafür, dass man sich hier zu einer neuen Haltung in der Sanierungspolitik bekennt und auch solche Beispiele mit anbietet.
Genauso ist es richtig gewesen, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Aktuelles Beispiel aus der gestrigen Debatte, die blaue Biotechnologie mit dem Schwerpunkt Lebensmittelindustrie und damit hoffentlich neue marktgängige Produkte in Bremerhaven zu fördern und dann auf den Märkten anbieten zu können! Das sind richtige Wege. Auch da möchte ich noch einmal deutlich sagen, die Unterstellungen, die hier immer gemacht werden, wir würden an den so genannten harten Themen nicht mitarbeiten, sind schlichter Unsinn, und ich muss sagen, ich bedauere es mittlerweile sehr, das geht sowohl Herrn Perschau an als auch den Bürgermeister und Herrn Pflugradt, dass es offensichtlich mittlerweile zum guten Ton in diesem Haus gehört, dass man einfach nicht mehr zuhört oder glaubt, es nicht mehr nötig zu haben. Ich finde, das ist kein gutes Zeichen, was die politische Kultur in diesem Haus angeht, und wenn man sich schon politisch auseinander setzt und über Zukunftsinvestitionen streitet, dann sollte man das wenigstens auf der Höhe
der vorgetragenen Argumente tun, aber nicht immer mit irgendwelchen Unterstellungen.
Zwei Beispiele! Wenn Herr Scherf, auch das ist für mich nur eine Präsentation seiner Vorurteile, sagt, die Grünen wollten erst einmal nur eine Idylle einrichten und sich um alles andere nicht kümmern, ich meine, da kann ich mich nur fragen, in welchem Bundesland, Herr Scherf, leben Sie eigentlich! Ich kann mir ja manchmal vorstellen, so selten wie Sie hier im Parlament sind, dass Sie nicht so richtig wahrnehmen, was wir hier treiben und wie wir argumentieren, aber auch das wäre ja von Vorteil, wenn Sie sich das ab und zu einmal genauer anhören würden.
Ich möchte jedenfalls deutlich hervorheben, wer sich die Mühe macht, die Politik der grünen Fraktion und auch unsere Zukunftsvorstellungen genauer anzuschauen, kann nicht behaupten, wir würden Obstruktionspolitik machen, wir würden uns um die harten Themen nicht kümmern. Wir kümmern uns um Arbeitsplätze und Einwohner, da haben wir allerdings in den letzten Jahren, sowohl die Kulturpolitik als auch die Bildungspolitik betreffend, etliche Vorschläge gemacht, die die SPD jetzt aufgreift. Ein bisschen spät, aber immerhin greift sie die jetzt auf, und wenn man sich anschaut, in welche Richtung das Sanierungsprogramm weitergeführt werden muss, wenn es wirklich modern sein soll, dann hat das nichts mit Roncalli zu tun, sondern mit der richtigen Verbindung bei der Modernisierung einer Großstadt, dass man nicht sagt, erst kommen die harten Faktoren und dann die weichen, sondern es geht um die intelligente, moderne Verbindung von harten und weichen Standortfaktoren, und erst auf dieser Grundlage lässt sich das Sanierungsprogramm neu gestalten! – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir dis––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
kutieren hier über die Ergebnisse des Gutachtens der Prognos AG zur Wirkungsanalyse des ISP. An den beiden Vorrednern, Frau Lemke-Schulte und Herrn Dr. Schrörs, konnte man schon merken, dass die Fraktionen der Regierungskoalition doch etwas andere Sichtweisen auf die Weiterführung der Sanierungspolitik haben. Ich möchte erst einmal für meine Fraktion feststellen, dass wir das wichtigste Ergebnis für den Senat, nämlich dass er sich von diesem Gutachten in seiner bisherigen Sanierungspolitik bestätigt sieht, so nicht teilen. Unsere Generalkritik zielt auf der einen Seite auf diese Schlussfolgerung, denn wir sind gerade nicht der Meinung, dass die Sanierungspolitik bruchlos fortgeführt werden kann. Das hat man eben in Teilen auch bei Frau Lemke-Schulte gehört, anders als bei der CDU! Unsere andere Kritik zielt auf den Gutachtenauftrag selbst. So wurde Prognos nämlich nicht beauftragt, die fiskalischen Effekte des ISP zu untersuchen. Das war aber, meine Damen und Herren, natürlich und zu Recht immer mit eine der Hauptbegründungen für das Sonderinvestitionsprogramm, dass es die Steuerkraft stärken würde, und dann – ich kann es nicht anders bezeichnen, was dieses Gutachten angeht – wird aus meiner Sicht mit abenteuerlichen Wunschprojektionen gearbeitet. Zwar, Herr Dr. Schrörs hat das eben so nonchalant genannt, wir haben ein Timelag, und es braucht alles ein bisschen länger, und der Strukturwandel, aber 2016 kann man, je nachdem, welche Zahlen man aus diesem Gutachten nimmt, und da kann man jonglieren, mit maximal 48 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen rechnen. Meine Damen und Herren, dann muss man sich das Gutachten aber einmal genauer anschauen! Das ist nämlich konditioniert, wie man zu dieser Zahl kommt, und die Konditionierung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Da steht nämlich: vorausgesetzt der Erfolg aller Projekte! Das müsste heißen, Erfolg des Musicals, Erfolg des Space-Parks, Vollauslastung aller Gewerbeflächen, das zum Beispiel müsste heißen, auch die Gebiete, die jetzt in den letzten Jahren schwierig waren, wie der Gewerbepark West oder der Büropark Oberneuland, darüber haben wir gerade in den letzten Monaten gesprochen, oder auch die Frage Entwicklung des Promotion-Geländes, das ist im Moment noch offen! Hier wird sozusagen mit einer ganz erfolgreichen und voll ausgelasteten Gewerbeflächenpolitik hantiert, wenn es um diese Zahlen geht, und außerdem unterstellt dieses Gutachten bei dieser Zahl stabile globale Einflussfaktoren. Ehrlich gesagt, in der jetzigen weltwirtschaftlichen Situation und bei der Konjunkturlage
halte ich das doch für eine sehr kühne Annahme!
Meine Damen und Herren, man muss sich über diese Probleme gar nicht freuen, und das tue ich auch nicht, aber wir diskutieren im Moment darüber, welche Zahl Sie beziehungsweise der Senat in die Öffentlichkeit gepustet haben, und da finde ich es doch bezeichnend, dass gerade diese Zahl von 48 000 Arbeitsplätzen, die so hoch an Bedingungen geknüpft ist, die Zahl ist, mit der Politik gemacht wird. Da wird nämlich den Menschen in der Stadt nicht reiner Wein eingeschenkt, dass man sagt, wovon ist das abhängig oder, worauf Sie dann auch immer mit Vorsicht hinweisen, zu Recht aus Ihren Erfahrungen der letzten Jahre, dass das mit dem Strukturwandel nicht von heute auf morgen geht, sondern dass es Zeit braucht und dass es Prozesse sind. Deswegen finde ich diese Zahl schwierig und unverantwortlich.
Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass Herr Nölle vor etlichen Jahren auch seinen Wahlkampf und die Grundlagen der großen Koalition begonnen hat mit einem Plus von 50 000 Einwohnern und 40 000 neuen Arbeitsplätzen. Ehrlich gesagt, davon sind wir weit entfernt!
Das kann man aus Ihrer Sicht für bedauerlich halten, aber glauben Sie, dass das allen Ernstes von Glaubwürdigkeit zeugt in der Regierung? Wenn man einmal diese Zahlen vor ein paar Jahren hinausposaunt, dann muss man feststellen, dass man leider überhaupt nicht in der Lage war, solche Projektionen einzulösen, und jetzt kommt genau in der gleichen Größenordnung für das Jahr 2016 die gleiche Zahl! Für mich hat das mit einer verantwortlichen Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt nichts zu tun.
Jetzt zu der Frage der Grundphilosophie! Ich habe hier schon wiederholt gesagt, dass ich als Grundlage der Philosophie es richtig finde zu sparen und zu investieren. Das ist aber gar nicht das Problem, sondern die Entscheidung darüber, was denn wirklich Zukunftsinvestitionen sind, das ist immer der Streit in den letzten Jahren gewesen. Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass wir die Grundsatzentscheidung, in Forschung und Entwicklung zu investieren, in Wissenschaftstransfer, in Biotechnologie, gerade die Debatte eben von Bremerhaven – –. Natürlich ist es richtig, die Lebensmittelindustrie zu stärken und damit auch ein Alleinstellungsmerkmal in diesem Bereich zu bekommen. Es war richtig, die IUB anzusiedeln. Wir fanden es richtig, dass die Windkraft ausgebaut wird. Ich sage nur, es gibt etliche Themen, bei denen wir wie Sie der Meinung waren, dass Bremen da investieren muss, aber man muss genauso den Blick auf die anderen Bereiche rich
ten, wo Sie mit Ihren Entscheidungen nicht so goldrichtig gelegen haben.
Der Ocean-Park, wie Sie ihn von Anfang an protegiert hatten, kommt nun in dieser überdimensionierten Form nicht. Der Space-Park hat, bevor er eröffnet wird, schon enorme Probleme, das Musical ist tot, und auch solche Themenfelder wie zum Beispiel – was aus unserer Sicht wirklich ein Zukunftsthema ist – die Entwicklung der Medientechnologie mit dem Medienzentrum, das hat alles relativ lange gedauert und hat eben nicht so, wie wir uns das vorstellen, von einem schnellen Versuch, Strukturwandelpolitik zu machen, geklappt.
Jetzt noch einmal zu dem Argument von Herrn Dr. Schrörs, es wäre richtig gewesen, selbst wenn manche von diesen Großprojekten Probleme haben, das zu machen, denn man könnte hier nicht mit der Gießkanne über die Stadt gehen! Ist das denn die Alternative? Es geht doch nicht um Gießkannen und klein-klein, sondern es geht darum, ob man das richtige politische Gespür für Zukunftsinvestitionen hat, und das wird auch weiterhin meine Messlatte sein bei allen Projekten, die wir hier zu entscheiden haben! Wir waren für das Universum, weil es für uns ein Zukunftsprojekt ist mit Edutainment und diesem Alleinstellungsmerkmal. Ich habe schon oft gesagt, bei uns ging es nie um Obstruktion, sondern es ging immer darum, bei einzelnen Projekten zu entscheiden, halten wir es für eine Zukunftsinvestition oder nicht, und da waren wir an manchen Punkten, und manche problematischen Entwicklungen haben uns Recht gegeben, der Meinung, dass Sie da nicht das richtige Gespür hatten.
Aus meiner Sicht ist dieses ganze Gutachten viel wissenschaftliche Lyrik, und es wird mit vielen wissenschaftlichen Begriffen um sich geworfen, Mikro-, Meso- und Makroebene. Ehrlich gesagt, finde ich dieses Gutachten mehr als dürftig. Das Einzige, was man daraus lesen kann und womit Sie auch hantiert haben, sind sozusagen diese Wunschprojektionen, die dann von 23 000 über 31 000 und 34 000 bis 48 000 jonglieren, und dann nimmt man sich, weil es gerade so gut in den Kram passt, natürlich die am höchsten angesiedelte Zahl von 48 000. Ich habe schon einmal gesagt, für mich hat das mit einer wirklich verantwortlichen Strukturwandelpolitik nicht viel zu tun.
Herr Schrörs hat eben in einer gewissen Weise sich selbst widersprochen, weil er erst einmal behauptet hat, das ISP mit seinen wunderbaren Effekten hätte den Strukturwandel bereits geleistet. Das halte ich auch für eine weitgehende These. Auf der anderen Seite haben Sie gesagt, wir haben es an manchen Punkten mit einem Timelag zu tun, und ich finde, wenn man sagt, wir haben den Einstieg in den Strukturwandel in Bremen und Bremerhaven geschafft, ist es richtig, aber geleistet ist er bei weitem noch nicht. Dann hätten wir nicht diese hohe Arbeitslosenzahl, und wir hätten in weiten Teilen und vor
allem in Bremerhaven nicht die Probleme, die wir leider immer noch haben.
Jetzt zu der Frage, und das wird uns in den nächsten Monaten und auch im Wahlkampf und danach sehr beschäftigen, wie soll es eigentlich weitergehen mit der Sanierungs- und Modernisierungspolitik! Wir haben in den letzten Jahren immer die Meinung vertreten, dass die Modernisierungspolitik, die Sie machen, so etwas ist wie eine halbe Modernisierung. Sie haben zum großen Teil auf Tourismus der groß dimensionierten Art, auf Infrastruktur und auf Großprojekte gesetzt. Wir haben immer gesagt, die wirkliche Zukunftspolitik wird mit darin liegen, dass man auch soziale und kulturelle Innovation mit in die Sanierungsphilosophie des Landes aufnimmt, und die modernen Ressourcen sind Jugend und Intelligenz. Nur, wenn man die wirklich herausstreicht und junge Talente fördert und noch einmal mit einem größeren Gewicht Wert auf Existenzgründung legt, wird man diesen Strukturwandel, der eine große Herausforderung ist, überhaupt bewältigen können.
Ich habe jetzt bei Frau Lemke-Schulte herausgehört, dass Sie da doch, das haben Sie vorher schon einmal politisch angekündigt, einigen Korrekturbedarf sehen. Herr Hockemeyer hatte schon vor geraumer Zeit gesagt, dass er auch von der Notwendigkeit einer Neujustierung des ISP ausgeht. Ich glaube, dass das ein notwendiger Schritt für Bremen ist, nicht einfach die Parole auszugeben, weiter so wie bisher, und das bringt 48 000 Arbeitsplätze, sondern wir werden diese Stadt und dieses Bundesland in einem von uns wohl verstandenen Sinn nur besser modernisieren können, wenn wir die Grundphilosophie ein Stück verändern und die ganzen Fragen der Lebensqualität, der Ausbildung, der Bildung, der Frühförderung für Kinder in die Zukunftspolitik des Landes einbeziehen. Ich glaube, nur dann werden wir eine bessere Chance haben, als wir es in den letzten Jahren hatten. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist jetzt in dieser Debatte wiederholt geäußert worden, dass die Wählerinnern und Wähler im Mai nächsten Jahres hier über eine sehr grundsätzliche gesellschaftspolitische und bildungspolitische Frage zu entscheiden haben. Nach dem, was wir hier eben in Ansätzen von dem Kollegen Rohmeyer und vor allem jetzt von Herrn Tittmann gehört haben, bin ich umso mehr der Meinung, dass es politisch unerlässlich ist, diese Frage zuzuspitzen.
Ich finde, nach allen Debatten, die wir nach den Ergebnissen von Pisa und auch der nationalen Auseinandersetzung um Pisa geführt haben und auch noch führen werden, kann im Moment doch keine Seite, weder die konservative noch die Sozialdemokraten, für sich in Anspruch nehmen, dass sie den Stein der Weisen gefunden hätte. Wir hätten alle diese Probleme nicht, die wir zu beklagen haben, wenn es in den letzten Jahren hier wirklich zu einem absolut überzeugenden Ansatz in der Bildungspolitik gekommen wäre. Ich möchte aus meiner Sicht noch einmal sagen – und darum ging es eben auch bei dem Kollegen Rohmeyer –, dass der Weg der CDU zurück in das dreigliedrige Schulsystem offensichtlich durch die wissenschaftlichen und auch die PisaErgebnisse nicht gedeckt wird.
Eine wesentliche Zahl ist, auch wenn Bayern bestimmte Zahlen für sich in Anspruch nehmen kann, die Abiturientenquote liegt nur bei gut 20 Prozent. Damit befindet sie sich weit unter dem europäischen Durchschnitt von 45 Prozent und weit unter dem Durchschnitt der skandinavischen Länder, die über 50 Prozent erreichen. Das heißt, es ist offensichtlich auch nicht der richtige Weg. Man muss eine höhere Abiturientenquote anpeilen, wenn man den Weg in die Wissensgesellschaft erfolgreich gestalten will. An dem Punkt können CDU und CSU für sich nicht in Anspruch nehmen, dieser Herausforderung schon nachgekommen zu sein.
Auf der anderen Seite können wir feststellen, dass die SPD freimütig eingeräumt hat, nicht nur Herr Scherf und Herr Albers, sondern auch Frau Hövelmann, dass man natürlich, auch wenn man sehr gute Absichten hatte, was Chancengleichheit und bestimmte Umsetzungsformen in den letzten 20 Jahren anging, nicht für sich in Anspruch nehmen kann, damit wirklich erfolgreich gewesen zu sein. Aber, und das ärgert mich besonders, wenn von dem Kollegen Rohmeyer folgende Alternative aufgemacht wird: entweder gleichmacherisches System oder individuelle und gezielte Förderung! Welch ein Unsinn, meine Damen und Herren! Ist das etwa der Gegensatz, um den wir streiten?
Ich glaube, nur umgekehrt wird ein Schuh daraus. Natürlich, man muss versuchen, den einzelnen Kindern individuell gerecht zu werden, sie zu fördern, sie in den Mittelpunkt unserer Schulen zu stellen, aber in einem System, das natürlich absolut von der Vorstellung der Chancengleichheit geprägt ist. Anders werden wir nie die Zielzahlen erreichen, die wir gemeinsam erreichen wollen.
Ich sage Ihnen, die Alternative, die wirklich den Geist der fünfziger Jahre atmet, zurück in das dreigliedrige Schulsystem, kann nicht die Antwort der Zukunft sein.
Jetzt will ich einmal weitergehen, denn es passte natürlich, was der Kollege Tittmann mit diesen ausländerfeindlichen Tönen, die wir eben hören mussten, dazu gesagt hat. Ich bin selbst auch Betroffene, ich habe eine kleine Tochter, die in die zweite Schulklasse geht. Ich möchte Ihnen einmal sagen, ich bin sehr froh, dass es eine Seineb und einen Chinankan gibt, mit denen sie gemeinsam lernt. Diese Kinder sprechen gutes Deutsch. Das ist in der Tat nicht bei allen Kindern so, aber die einzige Forderung, die man daraus ableiten kann, ist, dass wir viel mehr Wert auf Frühförderung legen müssen.
Die Kinder müssen schon im Kindergarten, in den Kindertageseinrichtungen in die Lage versetzt werden, dass sie dann auch wirklich, wenn sie in die Grundschule kommen, Deutsch können. Wenn das in vielen Fällen nicht möglich war, muss man, und das ist eine staatliche Verantwortung, dafür sorgen, dass die Kinder möglichst schnell Deutsch lernen.
Ich will Ihnen einmal ein anderes Beispiel nennen, gerade weil mich das so erschreckt hat, was
Herr Tittmann eben gesagt hat: Ein kleines mongolisches Mädchen ist gerade in der Klasse meiner Tochter. Sie spricht im Moment nur Chinesisch und wird jetzt gefördert, aber im gleichen Atemzug wird Chinesisch für die deutschen Kinder angeboten. Das heißt, sie bekommen gleich einen Horizont, sie lernen eben nicht nur in völlig national homogenen Klassen, sondern sie haben von Anfang an einen anderen Horizont, dass sie nämlich europäische Bürger sind und auch etwas von kosmopolitischen Vorstellungen haben.
Meine Damen und Herren, im Weltmaßstab ist die Zukunft, ob wir es lernen, unsere Schulpolitik nicht nur mit nationaler Borniertheit zu entwickeln, sondern ob wir auch den Blick weiten können, als Citoyen in Europa zu bestehen und den Blick aufzumachen für die Welt. Alle anderen Wege werden uns im europäischen und internationalen Maßstab mit unserem Schulsystem abkoppeln und uns gerade nicht fit für die Zukunft machen.
Darum glaube ich, dass wir vor einem Mentalitätswechsel stehen. Das bedeutet auf der einen Seite, die Schulpolitik neu in den politischen Blickpunkt zu nehmen. Natürlich geht es um ganz gezieltes individuelles Fördern. Es geht auch darum, die Lehrerinnen und Lehrer mit ihrer schwierigen Aufgabe wertzuschätzen, insbesondere wenn man tagtäglich wie ich wieder Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern hat.
Für diese Menschen ist es sehr wichtig, dass sie nicht angegriffen werden, sondern dass man ihre Arbeit wertschätzt und ihnen deutlich macht, dass sie ein ganz wichtiger Teil unserer Gesellschaftspolitik sind und dass, wenn es um den Standort Deutschland geht, ihre Arbeit auch unerlässlich ist. In den letzten Jahren ist das nicht immer der Fall gewesen. Ich glaube, das gehört zu einer Zukunftspolitik, und das gehört vor allem zu einem wohlverstandenen Selbstverständnis der neuen Berliner Republik.
Ich glaube, wir müssen uns wirklich klarmachen, dass wir in den großen Städten oft einen Ausländeranteil von zehn oder 20 Prozent haben und dass sich das auch nicht mehr ändern wird, meine Damen und Herren. Die wirkliche Herausforderung, vor der wir stehen, ist, ob wir den Prozess, eine Migrationsgesellschaft zu sein und die Integration auch wirklich zu leisten, offensiv und mutig angehen. Wenn man davor zurückschreckt, wie das in den letzten Jahren geschehen ist, und zulässt – und das ist in Bremen ein Teil des Problems –, dass es Hauptschulen gibt, die de facto Restschulen sind, in denen Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien und Migrantenfamilien beschult werden, dann gibt man denen in der Tat keine Chance. Nur wenn man das zusammenführt und ihnen wirklich ein individuell ge
zieltes Fördern und eine gute schulische Atmosphäre liefert, dann hat man eine Chance, diese Herausforderungen der neuen Berliner Republik auch mit einem entsprechenden Verständnis nach vorn zu entwickeln und anzugehen.