Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Auf dem Besucherrang begrüße ich ganz herzlich eine Klasse der Pestalozzischule aus Bremerhaven. – Herzlich willkommen!
Nachträglich wurde interfraktionell vereinbart, den Tagesordnungspunkt acht, Zielorientiertes Studium fördern, für die November-Sitzung auszusetzen. Außerdem soll, anders als gestern besprochen, heute auf die zweite Lesung des Beamtengesetzes verzichtet werden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heute vorliegenden Antrag „Technologieoffensive für das Land Bremen“ wollen die Koalitionsfraktionen auf die Herausforderungen reagieren, die die neuen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Technologien für die gesamte Gesellschaft mit sich bringen. Standorte und damit auch die Standorte Bremen und Bremerhaven konkurrieren mittlerweile um Kapital, um Arbeit und auch zunehmend um Wissen. Unternehmen orientieren sich an den besten Rahmenbedingungen, und Wertschöpfung findet mittlerweile ohne Grenzen statt. Dies ist die Ausgangssituation zu Beginn des neuen Jahrtausends. Darauf, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir hier in Bremen reagieren. Wir wollen dies mit dem Antrag, den wir Ihnen heute vorlegen. Dies ist nicht der erste Schritt, den Bremen im Bereich des Strukturwandels unternimmt. Es ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, den wir hier gemeinsam gehen wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere der Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie fordert uns zunehmend heraus. Ein Blick in die Zahlen, selbst in diesem Jahr, verdeutlicht dies beeindruckend. Nach Zahlen, die vom BITKomm herausgegeben worden sind, dem Bundesverband für Unternehmen der Informationswirtschaft, der Telekommunikation und der neuen Medien, sieht es in diesem Jahr wie folgt aus: Im Bereich der Informationstechnik und der Telekommunikation wird es ein Wachstum von 4,6 Prozent geben. Für 2002 rechnet BITKomm mit einer Steigerung von 4,9 Prozent. Die anderen Werte des Wirtschaftswachstums, die traurigen Werte, die wir im Moment von Monat zu Monat zur Kenntnis nehmen müssen, haben wir alle im Hinterkopf. Treibende Kräfte im Bereich des Hightech sind Internet- und Online-Dienste mit plus 40 Prozent, Mobilfunkdienste mit plus 15 Prozent und Software mit plus zehn Prozent. Dies, sehr geehrte Damen und Herren, schlägt sich auch konkret auf Arbeitsplätze nieder. 75 000 zusätzliche Arbeitsplätze werden in diesem Bereich geschaffen. Dies ist ein Plus von 10,1 Prozent bundesweit, nämlich von 745 000 auf 820 000 Stellen. Sehr geehrte Damen und Herren, kein anderer Bereich als der Bereich Hightech bietet ein solches Wachstumspotential in den kommenden Jahren, und das muss man auch an dieser Stelle sagen, wo ja doch diverse Unternehmen der New Economy Probleme haben, wie wir in den letzten Monaten gehört haben, von Börseneinbrüchen, von Kurseinbrüchen und auch von Arbeitsplatzabbau. Insgesamt ist dies ein Bereich, in dem wir alles daran setzen müssen, um die Chancen, die sich für die Standorte Bremen und Bremerhaven ergeben, auch tatsächlich zu nutzen.
Der technologische Fortschritt verändert natürlich auch die Arbeitswelt, insbesondere die Bereiche der Industrie verzeichnen Arbeitsplatzabbau, das ist auch das, worunter Bremen in den letzten Jahren immer wieder gelitten hat, und die Bereiche der Dienstleistungssektoren verzeichnen starke Zuwächse. Eine lebenslange Beschäftigung, wie wir sie bisher häufig kannten, wird in Zukunft nur noch die Ausnahme sein. Lebenslanges Lernen ist damit eine Herausforderung, die wir hier auch im Bereich der Bildungs- und Wissenschaftspolitik annehmen müssen.
Aber die Veränderungen gehen tief greifender in unserer Gesellschaft vor, als dass sie nur Auswirkungen auf die Arbeitswelt hätten. Gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere durch das Internet, sind allgegenwärtig. Heutzutage ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man rund um die Uhr weltweit per Internet einkaufen kann, und auch dies bringt natürlich ganz entscheidende Veränderungen für die Gesellschaft mit sich, nicht nur im Bereich des Einkaufens, sondern auch im Bereich von Wissensbeschaffung et cetera.
Hierauf und auf die Chancen, die sich in diesen Bereichen ergeben, wollen wir mit diesem Antrag reagieren. Den Antrag, den wir Ihnen heute vorlegen, kann man in vier Bereiche unterteilen. Erstens, wir wollen mit diesem Antrag die vorhandenen Kompetenzen, die wir im Land Bremen haben, bündeln und entsprechend ausbauen. Dazu schlagen wir Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, einen Senatsbeauftragten vor mit einer entsprechenden Koordinierungsfunktion. Ich sage das an dieser Stelle für meine Fraktion ganz deutlich, wir werden schauen, wie diese Arbeit in den nächsten zwei Jahren einschlägt, und wir können uns darüber hinaus weitergehende Kompetenzen für einen solchen Senatsbeauftragten vorstellen, analog wie sie heute zum Beispiel die Ausländerbeauftragte oder auch der Datenschutzbeauftragte haben. Für so wichtig erklären wir diesen Bereich, dieses Thema, dass wir die Zukunftstechnologien tatsächlich besetzen wollen und dazu auch einen entsprechenden Bannerträger nach außen stellen wollen.
Darüber hinaus wollen wir in diesem Bereich natürlich die vorhandenen Kompetenzen nutzen, zum Beispiel im Bereich der BIA, und diese von einer Innovationsagentur zu einer Innovationszentrale ausbauen. Ich will an dieser Stelle ganz deutlich sagen, dass wir schon mit Bedauern zur Kenntnis nehmen mussten, dass mit Herrn Jensen ein sehr qualifizierter Geschäftsführer die BIA verlässt. Wir drücken dem Wirtschaftssenator die Daumen, dass im Bereich der BIG ein ähnlich qualifizierter Nachfolger gefunden wird, der dort die BIA entsprechend, mit der Ausschreibung, aber sozusagen in dem Unterneh
mensbereich der BIG, nein, nicht von den Mitarbeitern her, sondern von außen wollen wir jemanden finden, der ähnlich qualifiziert wie Herr Jensen besonders dieses Thema vorantreibt, die derzeit vorhandene Innovationsagentur auszubauen zu einer Innovationszentrale.
Zweiter Schwerpunkt dieses Antrags ist, wir wollen die Basis analysieren und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dies finden Sie im Endeffekt in den Punkten vier und sieben unseres Antrags wieder. Wir möchten gern die zahlreichen Ausgründungen, die zahlreichen Institutsgründungen, die wir in den letzten Jahren im Bereich der Wissenschaftspolitik vorgenommen haben, untersuchen. Dadurch, dass wir einen Wettbewerb der Standorte haben, ist es auch wichtig, im Bereich der Technologie, im Bereich der Hightech, dass wir genau wissen, wo wir stehen, und wir müssen uns doch nichts vormachen, dass dies für die Politik immer schwerer wird. Die entsprechenden Unternehmensbereiche werden immer spezieller, die Einschätzung, was marktfähig ist und was nicht, was schon in anderen Regionen besetzt ist, wo es schon entsprechende Kompetenzen gibt, wo wir vielleicht in Bremen nur an zweiter oder dritter Stelle liegen, ist für die Politik zunehmend schwierig. Wir möchten deshalb eine wissenschaftliche Untersuchung haben, damit wir genau wissen, welche Bereiche wir zukünftig mit zusätzlichen Finanzmitteln ausstatten wollen, wo es sich lohnt, wo über Institute Ausgründungen und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer in der schnelllebigen Zeit heute der Erste ist, der wird auch langfristig den größten Arbeitsplatznutzen davon haben.
Dazu gehört natürlich auch, dass wir die vorhandenen Kompetenzen, die es in den Standorten Bremen und Bremerhaven gibt, entsprechend bündeln und ausbauen und stärken. Um da nur einen Bereich zu nennen, der zum Beispiel mit dem weltweiten Einkauf in Verbindung steht, das ist die Frage des Logistikbereichs, wie der sich in den letzten Jahren revolutioniert hat und welche Chancen auch darin nach wie vor bestehen. Dies müssen wir in Bremen weiter ausbauen und weiter stärken.
Der dritte Schwerpunkt dieses Antrags findet sich unter der Überschrift „Netzwerke knüpfen und Kooperationen ausbauen“ wieder. Wir möchten insbesondere durch diesen Antrag erreichen, dass wir eine stärkere Verzahnung unserer Hightech-Politik haben mit Vertretern der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und Verwaltung und möchten dies auch tatsächlich zu einer regelmäßigen Konsultation werden lassen, wo uns führende Leute bundesweit und international orientiert beraten, wo Bremen zukünftig die Schwerpunkte setzen soll.
Wir möchten darüber hinaus Kompetenznetzwerke mit den Hightech-Zentren in Deutschland, in Europa, aber auch weltweit verbinden. Wenn Sie sich anschauen, was dem Freistaat Bayern das kleine Verbindungsbüro im Bereich des Silicon-Valley gebracht hat, Frau Kollegin Busch, so müssen Sie feststellen, dass mittlerweile 45 Prozent aller amerikanischen Investitionen in diesem Sektor nach Bayern gehen.
Dies ist in erster Linie durch ein Verbindungsbüro, das schon 1994 im Silicon Valley eingerichtet wurde, geschafft worden. Dies müssen wir besetzen. Es gibt zahlreiche Kompetenzzentren in Deutschland, aber auch in Europa, an denen wir uns orientieren können, und es gibt auch darüber hinaus in Südostasien, aber auch in den USA noch viele Bereiche, von denen wir tatsächlich profitieren können.
Bei den Voraussetzungen, die wir einleitend festgestellt haben, dass heutzutage im Endeffekt das Wissen und damit auch die Finanzströme und die Schaffung von Arbeitsplätzen häufig grenzenlos vonstatten gehen, ist es heutzutage überhaupt kein Problem, eine Errungenschaft, die zum Beispiel in Nizza geschaffen wurde, hier auch tatsächlich zu konkreten Arbeitsplätzen auszubauen. Ich glaube, das müssten wir durch entsprechende Verbindungsbüros erreichen.
Darüber hinaus wollen wir natürlich auch, und dies zeigt der Antrag, die hervorragend begonnene Zusammenarbeit im Bereich von Telekommunikation und Software, zum Beispiel mit der Deutschen Telekom und Microsoft, um einen Anbieter zum Beispiel im Hardwarebereich ergänzen. Auch dies ist gesagt, wir werden darauf in den Haushaltsberatungen reagieren. Wenn Bremen bei Messen präsent ist, muss dies auch angemessen und adäquat sein. Auch dies ist eine Forderung in diesem Antrag.
Der letzte Punkt, den wir hier gesetzt haben, ist, wir müssen, um diese drei Eckpfeiler zu erreichen, Finanzmittel stärker einsetzen. Dazu wollen wir uns intensiver um den Bereich von Venture-Kapital bemühen. Dazu wollen wir vorhandene Töpfe im Bereich der Wirtschaftsförderung stärker für den Strukturwandel einsetzen und wollen dabei insbesondere auch die Möglichkeiten nutzen, die die Bremer Aufbaubank bietet, und wir werden, das ist ja in der Koalition vereinbart, auch einen entsprechenden Antrag bei den Haushaltsberatungen einbringen und wollen auch dort ein Zeichen setzen. Ich möchte sagen, wir hätten auch in diesem Bereich gern größere Zeichen gesetzt, aber ich finde, es ist schon ein wichtiger Schritt, den wir dort tatsächlich im Rahmen knapper Finanzmittel gehen, dass wir sagen, um diese ganzen Punkte anzuschieben, möchten wir auch zusätzliche Finanzmittel einsetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, Bremen hat im Bereich des Strukturwandels erfolgreich erste Schritte gemacht. Jetzt muss es weitergehen. Wir wollen das Tempo in diesem Bereich entsprechend verschärfen. Wir möchten die Herausforderungen, die die Globalisierung mit sich bringt, angehen, und dazu leisten wir mit diesem Antrag einen Beitrag. Ich hoffe, dass er in diesem Hause Ihre Zustimmung findet, und ich bin mir sicher, dass wir dann einen weiteren kleinen Schritt gemacht haben, um Bremen tatsächlich auch in den nächsten Jahren zukunftsmäßig zu gestalten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man die Rede des Kollegen Eckhoff würdigt, wundert man sich doch, dass sie heute kommt. Bei einer solchen fast weitreichenden Erklärung zur Technologiepolitik und Entwicklung der Wissensgesellschaft würde man ja erwarten, eine solche Rede zu Beginn einer Legislaturperiode zu hören, und ehrlich gesagt hätte ich sie auch zu Beginn der Politik der großen Koalition erwartet. Nach sechs Jahren Politik der großen Koalition mit einem solchen Antrag zu kommen, als ob man nun gerade auf die Idee gekommen wäre, spricht nicht gerade für den Erfolg der großen Koalition und die besondere Bedeutung, die diese Koalition der Technologiepolitik beigemessen hat.
Darum kann man die Liste des Antrags, der uns vorgelegt worden ist, auch als eine Mängelliste lesen, und das will ich im Verlauf meiner weiteren Rede tun. Ich will nur einmal eine ganz generelle Anmerkung machen. Wir teilen mit Ihnen die besondere Bedeutung der Technologiepolitik für die Strukturwandelpolitik und die Entwicklung hin zur Wissensgesellschaft. Auch was die Frage der Qualifikation der Arbeitskräfte angeht, da sind wir ganz eng an Ihrer Seite, da gibt es keinen wirklichen Dissens in der Sache, was die Priorität dieses Politikbereichs angeht.
Aber wenn Sie jetzt als einen wesentlichen Vorschlag Ihres Antrags sagen, dass Sie einen Technologiebeauftragten schaffen wollen, und dann als schönes Beispiel heranziehen, dass das ein Bannerträger sein soll, und zwar wie zum Beispiel die Bremer Ausländerbeauftragte, dann frage ich Sie: Ehrlich gesagt, Herr Eckhoff, wann haben Sie eigentlich das letzte Mal etwas von ihr gehört? Wenn das ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
der Maßstab sein soll, dann werden Sie eine glatte Bauchlandung mit diesem Technologiebeauftragten erleben.
Jetzt, Sie haben es ja auch schon erwähnt, die Strukturwandel- und Technologiepolitik zum Beispiel von Herrn Stoiber! Mit diesem schönen Spruch der Verbindung von Laptop und Lederhose hat Stoiber ja vor etlichen Jahren angefangen, der Technologiepolitik einen ganz besonderen Schwerpunkt zu geben. Ich glaube, dass es politisch richtig ist, und er hat das nötige politische Gespür gehabt, dass man hier schnell sein muss bis hin zu dem schönen Beispiel mit dem Verbindungsbüro im Silicon Valley. Und unser Bürgermeister? Herr Scherf hat überhaupt kein Gespür für die Bedeutung dieser Frage! Er hat nicht einmal ein Scherflein geleistet, der Frage der Technologiepolitik die entsprechende politische Bedeutung zu verleihen. Dass er auch bei all diesen Debatten nie da ist, zeigt auch, dass er kein politisches Gespür, keine politische Sensibilität dafür hat, dass er als höchster Repräsentant des Bundeslandes Bremen zum Bannerträger werden müsste. Dass er dies nicht gemacht hat, von daher verstehe ich auch, dass Sie heute mit einem solchen Antrag kommen, heißt nämlich nur, dass Sie hier einen dramatischen Mangel haben, vor allem was die politische Repräsentanz dieses Politikbereichs angeht.
Jetzt kommen wir zu der Mängelliste Ihres Antrags! Sie haben schon gesagt, Sie wollen einen Technologiebeauftragten schaffen. Gleichzeitig wollen Sie die BIA, mit deren Arbeit Sie offensichtlich relativ einverstanden sind, so wie Sie hier auch den Geschäftsführer, Herrn Jensen, der ja nun aufhören wird, noch einmal gelobt haben, zu einer Bremer Innovationszentrale aufbauen. Dann haben wir schon wieder zwei Strukturen. Wir haben den Technologiebeauftragten, wir haben den neuen Geschäftsführer der dann so genannten Bremer Innovationszentrale. Wir haben in den letzten Jahren etliche Erfahrungen mit solchen Doppelstrukturen gemacht und dass das nicht immer die besondere Kompetenz und Bündelung der Kräfte ist. Oft hat man dann, wenn man zwei solcher Leute hat, doch das Gefühl, dass sie sich eher ins Gehege kommen und dass es nicht gerade von politischer Klugheit zeugt, hier jetzt auch noch zwei Leute nebeneinander zu setzen. Ich glaube, wenn man hier den politischen Mut hat und wirklich etwas vor hat, dann konzentriert man sich auf einen, und dann hat man wirklich ein politisches Aushängeschild.