Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

(Beifall bei der SPD)

Technischer Support darf nicht allein in den Händen, in der Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer liegen. Hier müssen wir begreifen, dass wir dafür verantwortlich sind, schlaue Wege zu finden. Ein schlauer Weg ist das Projekt, das wir mit der Uni

versität angegangen sind. Aber das ist nur ein kleines Pflänzchen. Ich finde, die Patenschaft, die wir unter anderem mit der Firma Messerknecht eingegangen sind, ist ein sehr schönes Beispiel, deswegen möchte ich hier im Parlament noch einmal klarmachen, was der Hintergedanke ist.

Es gibt Patenschaften von Betrieben, die sagen, wir haben qualifizierte Auszubildende im dritten Lehrjahr, die wir in eine Patenschaft zu bestimmten Schulen geben. Wenn es ein technisches Problem gibt, erfolgt ein Anruf, und der Auszubildende im dritten Lehrjahr besucht diese Schule, seine Patenschule, ohne dass eine Rechnung geschrieben wird, so wie ich das kenne, 280 DM plus Mehrwertsteuer, plus An- und Abfahrt. Dies ist ein ganz deutliches, positives Signal der Wirtschaft, die die Schule nicht im Regen stehen lässt.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Solche kreativen Wege müssen wir weiter ausbauen, um die große Herausforderung, die an uns gestellt ist, gemeinsam in gesellschaftlichem Konsens beantworten zu können im Interesse unserer Jugend.

Ein wichtiger Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Inhalte. Frau Stahmann hat es auch angedeutet. Es nützt für mich überhaupt nichts, wenn die Jugendlichen innerhalb von kürzester Zeit in die Lage versetzt werden, durch das Drücken mehrerer Knöpfe ins Internet zu kommen, um sich dort zu tummeln. Für uns und für mich als Bildungssenator ist es besonders wichtig, die Inhalte zu definieren, die Lehrpläne entsprechend schreiben zu lassen, zu formulieren, was denn unsere Kinder lernen sollen, warum sie den Internetzugang finden sollen, sicher nicht, um sich an Moorhuhnmeisterschaften oder anderen Dingen zu vergnügen. Das ist ein Spaß, den will ich den Kindern nicht nehmen, aber sich ausschließlich zehn, zwölf oder 16 Stunden am Wochenende Spiele herunterzuladen und sich dann entsprechend zu vergnügen ist nicht meine Vorstellung von einer inhaltlichen, didaktischen Nutzung des Internets.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir müssen mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den Leuten an der Universität und, ich betone das auch, mit den Praktikern der Wirtschaft reden, was an der Universität im Bereich der Forschung, aber auch bei Daimler-Chrysler und den anderen großen Firmen erwartet wird: Welche Vorkenntnisse benötigen wir, die unsere Schülerinnen und Schüler an den Haupt- und Realschulen und an den Gymnasien vermittelt bekommen sollen, damit sie eine bessere berufliche Orientierung bekommen, damit sie zu Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialabschlüs

sen kommen, die sie befähigen, einen vernünftigeren und erfolgreicheren beruflichen Weg zu finden, als sie das heute noch bekommen, was die Statistik angeht? Dritter und letzter Punkt: Meine Damen und Herren, wenn ich so eine Debatte mitbekomme und auch aufgrund dieses großen Programmes die Debatte erlebe, dann denke ich: Oh, Hosianna, die Technik schreitet voran, der Computer umfasst immer mehr Lebensbereiche, die Zeit, die wir selbst täglich am Computer verbringen, wird immer ausgedehnter! Ich möchte aber noch einen Wermutstropfen in diese positive Debatte einbringen: Aufgrund meiner Lebenserfahrung ist nicht der Computer das Wichtige in unserem Leben, sondern der Mensch wird es auch in Zukunft bleiben.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei aller Euphorie, mit der wir dieses Thema angehen, sollten wir nicht vergessen, den Pädagogen und auch den Schülerinnen und Schülern zu sagen, der Mensch und die menschlichen Werte stehen an erster Stelle. Der persönliche Dialog, die Menschlichkeit, die Solidarität, die Teamfähigkeit dürfen wir nie aus den Augen verlieren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/373 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats Kenntnis.

Zustimmung zur Steuerreform 2000

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 30. Mai 2000 (Drucksache 15/323)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Metz.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Zachau.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn dieser Debatte noch einmal auf die Ausgangslage der Steuerreform eingehen, wie die damals neu gewählte rotgrüne Bundesregierung sie im Herbst 1998 vorgefunden hat, weil man diesen Schritt der Steuerreform der rotgrünen Bundesregierung nur verstehen kann, wenn man sich klarmacht, was denn damals war.

Die Bundesrepublik hat das komplizierteste Steuerwesen auf dieser Welt, das ist klar. Ich habe einmal in einem Zeitungsartikel gelesen, dass etwa 80 Prozent der Literatur auf dieser Erde zum Steuerrecht deutschsprachig sind. Ich vermute einmal, dass das nicht an der Schweiz liegt.

Wir hatten damals einen radikalen Rückgang an der real gezahlten Einkommensteuer zu sehen, weil es einen Wildwuchs von Abschreibungsmöglichkeiten gegeben hat, der dazu geführt hat, dass viele gut und sehr gut Verdienende gar keine Einkommensteuer mehr bezahlt haben. Netto hatten wir, glaube ich, sogar eine kurze Periode, in der der Staat mehr Einkommensteuer an die Bundesbürger zurückgezahlt hat, als er eingenommen hat. Das war gar keine Steuer, sondern mehr eine Vergütung für die Bürger geworden. Das ist eigentlich nicht der Sinn der Einkommensteuer gewesen.

Wir hatten die höchste Staatsverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik und den höchsten Stand der Arbeitslosigkeit. Das sind die Ausgangsbedingungen dieser Steuerreform, und die neu gewählte rotgrüne Bundesregierung hat die Ärmel aufgekrempelt und im Gegensatz zu den Rufen der schwarzen Kassandra auch wirklich etwas auf den Weg gebracht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Um die Rahmenbedingungen — man soll ja in diesen Debatten nicht zu viel mit Zahlen arbeiten, obwohl gerade die Steuergesetzgebung dazu verführt —, und die Dimension der Entlastungen, die diese Regierung für die Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht hat, zu erläutern, möchte ich Ihnen dann doch ein paar Zahlen nennen.

57 Milliarden DM werden bis zum Ende der Legislaturperiode an die Privathaushalte zurückgegeben. 57 Milliarden DM! Das sind in erster Linie Arbeitnehmerhaushalte, und jeder Arbeitnehmer, jede Arbeitnehmerin spürt das konkret. Das sind für die normalen Familien ein paar Tausend Mark, für jede Familie jedes Jahr. 20 Milliarden DM für den Mittelstand — weil ja immer gesagt wird, die Reform sei mittelstandsfeindlich —, allein 14 Milliarden im

ersten Schritt! Dann gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Am Ende dieser Besteuerung wird für die Großunternehmen eine höhere Besteuerung um 1,8 Milliarden DM stehen. Wer nur diese Zahlen im Ergebnis sieht, der kann eigentlich nicht sagen, dass diese Steuerreform sozial ungerecht ist, sondern die Schwerpunkte sind hier ganz klar gesetzt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Was bedeutet das für den einzelnen Menschen? Um das auch noch einmal zu verdeutlichen: Bis 2005 wird der Eingangssteuersatz auf 15 Prozent sinken. Zu Zeiten der CDU-Regierung betrug er knapp 26 Prozent. Der Spitzensteuersatz wird auf 45 Prozent sinken, bei der CDU waren es noch 53 Prozent. Allerdings werden einige Spitzenverdiener mehr bezahlen müssen. Der reale Steuersatz wird für Spitzenverdiener in der Tat steigen, weil sie nicht mehr in dem Umfang über die horrenden Abschreibungsmöglichkeiten verfügen. Das ist richtig so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der steuerfreie Grundbetrag für Geringverdiener wird auf 15 000 DM steigen, bei der CDU betrug er noch 12 000 DM. Die Progression im Steuertarif, das ist schwer zu verstehen, wird abgeflacht werden. Man kommt nicht mehr so schnell in die Spitzensteuersätze hinein, und das entlastet insbesondere die mittleren Einkommen. Diejenigen, die ja oft in dieser Gesellschaft als die Leistungsträger — —.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Der Spitzen- steuersatz fängt doch viel eher an!)

Die Progression im Steuertarif wird deutlich abgeflacht, auch wenn Herr Eckhoff etwas anderes sagt. Aber was soll er auch sagen! Seine Partei hat in der Frage ja auch nichts zu bieten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die ganze Republik ist hoch zufrieden.

(Lachen bei der CDU — Abg. T e i s e r [CDU]: Welche Republik meinen Sie denn?)

Die Gewerkschaften registrieren die Entwicklung mit Freuden, der Deutsche Industrie- und Handelstag, dem man ja nun wirklich keine rotgrüne Nähe per se nachsagen kann, ist zufrieden.

Dann gibt es, nur damit für die rechte Seite des Hauses noch ein bisschen übrig bleibt, Lob für die Steuerreform vom industrienahen RWI, also vom

Rheinisch-Westfälischen Institut. Ich möchte aus dessen Gutachten zitieren, und dann können Sie weiter lachen: „Auf Grund der von den Steuersenkungen ausgehenden Nachfrageeffekte dürfte das reale Wirtschaftswachstum in den beiden kommenden Jahren um 0,5 Prozent zunehmen, der private Verbrauch um mehr als ein Prozent, vor allem auf Grund der Entlastungen der Arbeitnehmer. 25 Milliarden DM pro Jahr wird allein diese Zielgruppe entlastet sein“, sagt das RWI immer noch. „Als Folge steigt die Zahl der Erwerbstätigen in 2001 um knapp 100 000 und 2002 um 270 000.“ Sie dürfen weiter lachen, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die ganze Republik ist zufrieden!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Vor allem, wenn sie an die Tankstelle fahren!)

Nein, da gibt es noch eine kleine schwarze Enklave in dieser Republik, die von ihrem eigenen Desaster ablenken muss.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als finanzpolitische Jungfrauengeburt ab 1998 predigen Sie heute die völlige Abkehr von dem, was Sie 16 Jahre vorher praktiziert haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Merz steht wahrscheinlich jeden Morgen vor dem Spiegel und fragt: „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der beste Nörgler im Land?.“