zweiter Lesung gebeten hat und die Fraktionen der SPD und der CDU dies als Antrag übernommen haben, lasse ich nunmehr darüber abstimmen, ob wir in die zweite Lesung eintreten wollen.
Wer das erste Gesetz zur Änderung des Bremischen Ausführungsgesetzes zum Pflege-Versicherungsgesetz in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Herr Dr. Hoppensack, Sie haben die Möglichkeit, die Antwort des Senats mündlich vorzutragen. Ich nehme an, dass Sie das nicht möchten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Versorgung psychisch kranker Menschen hat in der Geschichte Deutschlands schon immer eine besondere Rolle gespielt. Besonders geprägt war sie in den schlimmsten Zeiten von der Euthanasie bis zur Ausgrenzung.
Diese gesellschaftliche Ausgrenzung hat noch bis in die heutige Zeit ihre Auswirkungen. Große psychiatrische Kliniken, umgeben mit Mauern, prägten das Bild vor der Psychiatriereform, Mauern, um die Flucht zu verhindern, aber auch um abzugrenzen, um den Blick in das, was darin geschah, zu verstellen. In den siebziger Jahren ist in der Bundesrepublik endlich ein Wandel eingetreten, der die Bedingungen in den Folgejahren maßgeblich verändert hat. Die Schwerpunkte der Behandlung von Patienten wurden in die Gemeinde verlagert. So verbesserten sich die Lebensbedingungen der Betroffenen wesentlich. Mit der Regionalisierung der Psychiatrie in Bremen ist hier ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung getan worden.
Meine Damen und Herren, vor einigen Wochen erfreuten uns hier in dieser Stadt blaue Pferde, die auf die interessante Ausstellung „Der Blaue Reiter“ hinwiesen. Sie sind leider teilweise beschädigt worden, befinden sich jetzt in einem geschützten Raum und warten darauf, ersteigert zu werden. Wir hatten vor 15 Jahren hier schon einmal ein blaues Pferd in dieser Stadt.
Das war ein italienisches. Dieses blaue Pferd war das Symbol für die Psychiatrie in Triest, für die Abschaffung geschlossener Kliniken. Das blaue Pferd tauchte immer dort auf, wo neue Zentren und Einrichtungen für eine patientenorientierte Versorgung eröffnet wurden. Somit hat dieses blaue Pferd für mich eine doppelte Bedeutung,
denn es geht bei der Regionalisierung nicht nur um eine Umverteilung von Betten und den Einrichtungen und Tagesplätzen von betreuten Wohnformen, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
nein, damit ist gemeint, dass ein ambulantes Netz psychiatrischer Hilfen entstehen soll, das sich besonders an Hilfeleistungen für schwer und chronisch Kranke orientiert.
Diese Hilfeleistungen sollen Menschen besonders in den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Tagesgestaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben unterstützen. Diese Qualität der regionalen Steuerung muss inhaltlich fachlich ausgerichtet sein, meine Damen und Herren!
Gesundheitspolitisch bedeutet das, die Qualitätsverbesserung der Versorgung ist das Ziel, und damit kommen wir zu einem wesentlichen Punkt der heutigen Debatte. In der zusammenfassenden Darstellung des organisatorischen Konzepts des Senats, das der Deputation vorgelegen hat, wird ein wesentliches Standbein für mich nicht genannt. Dass die Regionalisierung der stationären Psychiatrie die konsequente Weiterentwicklung der Versorgung psychisch kranker Menschen darstellt, ist absolut korrekt. Diese Aussage kann ich nur unterstützen. Dass durch die Regionalisierung eine Verbesserung der Strukturqualität erreicht wird, ist auch in Ordnung. Aber wo bleibt die Ergebnisqualität?
Die Ergebnisqualität ist ein wesentlicher Teil jeder gesundheitspolitischen Zielsetzung. Zu einer Ergebnisqualität gehört natürlich auch, dass Erfahrungen, Berichte der Behörde, Leistungsbeschreibungen des Sozialpsychiatrischen Dienstes sowie der Besuchskommission und so weiter in die Zielsetzung und ihre Weiterentwicklung einfließen müssen. Aufgezeigte Defizite in der Versorgung dürfen nicht nur zur Kenntnis genommen werden, sondern sie müssen in gesundheitspolitisches Handeln umgesetzt werden.
Das Zurkenntnisnehmen und Nichthandeln wird als Beispiel bei den Entwicklungsbedarfen der gerontopsychiatrischen Versorgung in Bremerhaven sehr deutlich. Hier werden in der Antwort des Senats erhebliche Defizite beschrieben. Doch die Defizite sind nicht neu. Darauf wurde schon 1989 hingewiesen, ohne Konsequenz.
Ich denke, es dürfen nicht wieder elf Jahre vergehen, bevor gesundheitspolitisches Handeln einsetzt, denn Gesundheitspolitik heißt für mich nicht Beschreibung von Mangelzuständen und auch nicht die Behebung von Mängeln. Nein, Gesundheitspolitik heißt auch, Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln und darüber hinaus auch darüber zu entscheiden!
Deshalb bietet die Regionalisierung der Psychiatrie hier eine große Chance, diesen Prozess nicht nur zu begleiten, sondern ihn mitzugestalten. Dazu gehört aber auch, dass sich am Ende der Entwicklung der Regionalisierung eine Vernetzung von therapeutischen Angeboten darstellt. Es ist darauf zu achten, dass die Versorgungsstrukturen und die Qualität in allen Stadtteilen bedarfsorientiert sind.
Wir haben deshalb in unserer Anfrage nach der Sicherstellung eines gesamtbremischen Therapiekonzeptes gefragt. Dazu gehören für uns zum Beispiel auch die Arbeitstherapie, die Reit- und Musiktherapie, doch die Antwort des Senats lautete, es handele sich hier um zusätzliche Maßnahmen.