Ich gestehe ein, bei einer besseren Haushaltslage werden wir dann auch vielleicht qualitativ noch strengere Maßnahmen anordnen oder durchführen, was die Qualifikation der Betreuer angeht. Das ist ja ein Punkt, der im Augenblick sehr heftig umstritten ist, obwohl sich auch diese Frage mittlerweile durch die Praxis geglättet hat.
Ich denke aber, hier ist die Zielrichtung des Antrags gar nicht so weit entfernt von dem, was SPD und CDU im Prinzip auch für wünschenswert erachten, was aber im Augenblick finanziell nicht darstellbar ist. Man muss ja auch, wenn man die OECDUntersuchung sieht, sagen, dass wir durch die verlässliche Grundschule in diesem Segment in Zukunft deutlich mehr, nämlich fünf Millionen DM mehr, für die Grundschulen ausgeben als bisher. Von daher sind wir ganz klar auf dem richtigen Weg.
Der zweite Punkt ist mir deshalb sehr wichtig, weil eben auch Herr Bürger gesagt hat, lesen, rechnen,
und wir es nicht den Schulen und den Lehrerinnen und Lehrern überlassen würden, sich permanent mit Neueinsteigern zu beschäftigen, die überhaupt noch kein Wort Deutsch können, die auf einmal in den Unterricht hineinkommen und den gesamten Ablauf des Unterrichts natürlich in einer fast nicht akzeptablen Art und Weise stören. Speziell die Grundschullehrerinnen haben mich immer wieder auf die Problematik hingewiesen, was es für sie bedeutet, die Schülerinnen und Schüler, die überhaupt noch kein Wort Deutsch sprechen können, hier in den Regelunterricht übernehmen und integrieren zu müssen. Ich denke, hier müssen wir überprüfen, ob es nicht sinnvoll ist, vielleicht in vierteljährlichem Abstand neue Kurse für diese Kinder einzurichten, um sie ganz gezielt in so genannten Crashkursen in der deutschen Sprache zu unterrichten. Das ist nur ein Ansatz, meine Damen und Herren! Ein anderer ist, dass es unbedingt notwendig ist, die Eltern davon zu überzeugen, dass es ganz wichtig ist, dass ihre Kinder Deutsch lernen. Wenn ich manchmal in manche Stadtteile oder Schulen in bestimmten Stadtgebieten komme, wo es Läden gibt, in denen ausschließlich Türkisch gesprochen wird, oder es gibt dort türkische Zeitungen, es gibt ausschließlich über die Antennen, das ist ja heute möglich, türkisches Fernsehen, türkischen Rundfunk, dann erlebe ich leider, dass sich die Kinder, wenn sie in die Schule kommen und auch während der Schulzeit, nicht genügend selbst bemühen und auch nicht von der Familie gefördert werden,
die deutsche Sprache zu erlernen. Ich finde, es ist unser aller Auftrag, den Eltern und den Kindern zu vermitteln, dass es unbedingt erforderlich ist, dass sie in der Schule ganz gezielt auch gefördert werden
Ja, sie müssen es, und wir müssen sie dabei fördern und unterstützen, und ich darf Ihnen berichten von einer ersten — —.
Sie müssen auch wollen! Aber natürlich müssen sie wollen, und die Eltern müssen begreifen, was es für die Kinder bedeutet, und zwar für die Jungen wie für die Mädchen, darauf komme ich gleich. Ich hatte vor zwei Wochen eine Veranstaltung, um die ich gebeten habe, speziell mit türkischen Eltern, weil sie die größte Gruppe hier darstellen. Ich habe darum gebeten, dass es in jedem Stadtteil Veranstaltungen mit dem Bildungssenator gibt, in denen ich an die Eltern appelliere, dass sie sich der Tatsache bewusst sind, was es für ihre Kinder bedeutet. Ich glaube, Herr Zachau hat das zitiert: Zehn Prozent unserer Kinder erreichen keinen schulischen Abschluss, 20 Prozent der nicht muttersprachlich deutschen Kinder erreichen keinen Schulabschluss!
Ich kann es als Bildungssenator nicht akzeptieren, dass hier so eine Bildungsungleichheit und -ungerechtigkeit zu verzeichnen ist. Ich sehe es als meinen Auftrag an, dafür zu sorgen, dass diese Kinder — aber dazu brauche ich die Eltern und den Willen der Kinder — sich auch im Unterricht engagieren, und ich brauche eine andere Einstellung der Väter! Ich appelliere übrigens ganz bewusst an die Eltern, dass dies nicht nur ein Auftrag für die Jungen ist, sondern auch für die Mädchen, weil leider, durch die Diskussion mit vielen türkischen Eltern habe ich das erfahren, den Mädchen ein qualifizierter Bildungsabschluss nicht so zugestanden wird, wie ich mir das als zuständiger Senator wünsche.
Übrigens habe ich in dieser Versammlung, da waren ja auch einige Abgeordnete anwesend, den großen Applaus der türkischen Mütter an dieser Stelle bekommen. Das gibt mir die Hoffnung, dass wir hier in den nächsten Jahren durch weitere Aufklärung, durch weitere Angebote, durch gezielte Förderung, allerdings auch durch Kontrolle dieser Förderung Fortschritte erzielen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Förderung, die wir den Schulen übergeben und die mit hohem finanziellen Aufwand verbunden ist, nicht so angenommen wird, wie wir uns das alle wünschen. Ziel ist ganz klar, dadurch zu einer Chancengerechtigkeit beizutragen, um mehr nicht muttersprachlich deutschen Kindern den Schulabschluss zu gewährleisten.
Dritter Punkt: Ich bin der Auffassung, dass wir neben dem Lesen-, Rechnen- und Schreibenlernen auch auf andere sehr wichtige Bereiche in der Grundschule achten müssen. Ich denke, dass wir allzu sehr in unseren Schulen die musische, die musikalische Früherziehung und auch die sportliche, die Bewegungsstunde, vernachlässigen, nicht zu vergessen, aber das ist auch in den vorherigen Debattenbeiträgen schon zur Sprache gekommen, die ersten Schritte zur Fremdsprache. An 55 Prozent unserer Grundschulen haben wir diese ersten Schritte zur Fremdsprache. Ich finde das ausgesprochen positiv, aber ich möchte auch, dass die Kinder, das dürfen wir auch nicht vernachlässigen, in der Grundschule systematisch in ihre Lebenswelt eingeführt
werden und auch lernen, sich sozial im Klassenverband zu verhalten, denn auch das ist ein ganz wichtiger Punkt!
Der letzte Punkt, auf den ich hinweisen möchte: die Sek-I-Schulzentren! Da haben alle diejenigen, die an Bildungs- und Schulpolitik in unserem Land interessiert sind, gemeinsam ein großes Problem. Sie drohen leer zu laufen. In allen Bereichen sehen wir großen Zulauf zu den integrierten Modellen, großen Zulauf zu den Gesamtschulen, aber zugegebenermaßen auf der anderen Seite, das haben wir vorgestern hier diskutiert, auch einen hohen Zulauf für die durchgängigen Gymnasien.
Hier gerät eine Schulform, die Schulzentren in unserem Land und in unserer Stadt, in arge Not. Wir dürfen dies nicht aus dem Auge verlieren, sondern wir müssen versuchen, hier eine Profilschärfung vorzunehmen, diesen Schulen ein zusätzliches Angebot zu geben, das aber nicht so aussehen darf, schon aus fiskalischen Gründen nicht, dass alle Schulen nun ein großes und vielfältiges Angebot offerieren wollen. Das ist angesichts der Finanzlage des Landes nicht möglich.
Ich würde gern die Schulzentren massiv unterstützen, einzelne Profilbildungen zu setzen und zu sagen: Wir sind das Schulzentrum mit einem speziell naturwissenschaftlichen Schwerpunkt oder mit einem fremdsprachlichen, musischen oder sportlichen Schwerpunkt. Darüber können wir streiten. Ich finde aber, das ist eine ganz wichtige Frage, dass wir diesen Schulzentren eine Chance geben, in dem mächtigen Konkurrenzstreit mit den beiden anderen genannten Schulformen zu überleben.
Was die Lehrpläne angeht, in beiden Bereichen, sowohl in der Grundschule als auch in der Sekundarstufe I, sind wir dabei, diese jetzt nach langer Vorarbeit zu präsentieren. Ich habe auch gestaunt, wie lange so etwas braucht, bis Curricula bearbeitet werden. Das sind offensichtlich jahrelange Prozesse.
Wir sind jetzt unmittelbar davor, diese Lehrpläne den Schulen vorzustellen. Bei der Sekundarstufe I werde ich großen Wert darauf legen, meine Damen und Herren, ich hoffe auch auf Ihre Unterstützung und bin auch sicher, dass ich sie habe, dass wir zwei ganz wesentliche Schwerpunkte setzen. Der eine ist ein naturwissenschaftlicher, der andere geht in die ökonomische Bildung, in die berufliche Orientierung.
Ich bin der Meinung, dass wir in unserer Gesellschaft nicht alle vorhandenen Ressourcen, die wir haben, nutzen. Ich wünsche mir einen Zusammenschluss, eine Verzahnung der Hochschulen, der Universität, der Forschungseinrichtungen, aber auch der Wirtschaft mit unseren Schulen, um alle vorhandenen Ressourcen bei der Ausbildung unserer Kinder zu integrieren. Es kann nicht angehen, dass es noch
allzu viele Lehrerinnen und Lehrer gibt, die nicht wissen, was in der betrieblichen Welt tatsächlich gefordert wird. Ich bin der Auffassung, dass sowohl die Lehrerinnen und Lehrer in die Betriebe gehen müssen als auch die Betriebe sich öffnen müssen, um die Schulen bei der betrieblichen Orientierung zu unterstützen.
Ich finde, es ist die Verantwortung von uns allen, dafür zu kämpfen, dass mehr als bisher in eine Ausbildung kommen, dass mehr als bisher einen beruflichen Abschluss erhalten. Dies muss uns allen an erster Stelle am Herzen liegen. Um die Massenarbeitslosigkeit, die uns alle in unserem Land so bedroht und so geißelt, abzubauen, das erfordert einen Schulterschluss aller gesellschaftlichen Kräfte. Ich bin nicht so engstirnig und isoliert, dass ich sage, da ist das richtige Schul- und Bildungssystem und da ist das falsche. In unserem Bildungssystem wollen wir nicht einäugig sein, wollen wir das Beste aus allen Systemen zum Wohl unserer Schülerinnen und Schüler nutzen! — Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollten wir mit dieser Debatte bezwecken, dass ein bisschen Leitgedanken und Zielsetzungen von Bildungspolitik diskutiert werden und sich nicht jeder dieses Pflänzchen und jenes Pflänzchen heraussucht, das ihm passt oder nicht.
Es ist schon so, wenn Sie mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Eltern oder Schülern reden, dass die Richtung der Behandlung, wie es in den alten Lehrplänen heißt, in der alten Kuhlmann-Leiste, in weiten Teilen unklar ist. Es reicht nicht aus, dass der Senator sagt, in den Grundschulen wird alles gut, sondern die Leute wissen zum Teil vor Ort nicht, wo es langgehen soll, wie welche Arbeit abgesichert wird und welche Zielsetzungen wir verfolgen. Da ist einiges zu tun, und sehr viel klarer ist mir das eben an den Ausführungen des Bildungssenators, ehrlich gesagt, auch nicht so ganz geworden.
Da wir aber nun schon einmal dabei sind, möchte ich doch einige Punkte kurz aufnehmen. Ich möchte beginnen bei Herrn Bürger. Lieber Herr Bürger, die leistungsfähige Schule! Eine Schule soll auch in der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Gefahr sein, geschlossen zu werden oder zumindest weniger Schüler zu haben. Das war schon immer einer der Kerngedanken grüner Schulpolitik, da hätten Sie gar nicht bis nach Nordrhein-Westfalen gehen müssen. Schauen Sie doch einfach einmal in das Bremische Schulgesetz! Der Grundsatz der Autonomie hat nämlich genau damit zu tun, dass die Schulen selbst gestalten sollen, Verantwortung übernehmen sollen, sich ausrichten sollen an den Interessen derjenigen, die sie aufsuchen, und nicht im Wesentlichen durch fremdbestimmte Gestaltung präjudiziert werden sollen. Das ist der Punkt Bremisches Schulgesetz!
Wir wollen Schulen in Eigenverantwortung, und übrigens, es ist damals ja sehr oft unterstellt worden, dass insbesondere die Wahlfreiheit der Schulen, die damit verbunden ist, dazu führen würde, dass die gymnasialen Oberstufen im Bremer Westen jetzt den Todesstoß bekommen würden. Wenn Sie es sich ansehen, sind das die beiden Sekundarstufe-II-Zentren, die von dieser Autonomieregelung profitiert haben. Beide Oberstufen im Bremer Westen, insbesondere Rübekamp, sind überlaufen, und das ermutigt auch, das gibt den Leuten Verantwortung. Dann sind sie gezwungen, die Chancen zu nutzen, und sie werden sie nutzen, das sieht man an diesen Beispielen sehr deutlich.
Lieber Herr Bürger, zu Ihrer Vorurteilsbildung mit unserem Verhältnis zu Schulen in freier Trägerschaft! Es tut mir Leid, irgendwie hatten wir in der letzten Legislaturperiode eine sehr heftige Auseinandersetzung, als es um Zuschüsse ging, zum Beispiel wegen der Kinder aus Niedersachsen. Ich habe da nicht vernommen, dass Sie die Schulen in freier Trägerschaft so heftig unterstützt haben, sondern Sie haben gesagt, alles werde gut. Das ist nicht ganz so eingetreten, aber immerhin haben Sie es gesagt. Das ist auch schon einmal etwas!
Ich finde, Sie sollten ein bisschen ganzheitlich dazu stehen. Zumindest wir Grüne haben immer gesagt, dass Schulen in freier Trägerschaft eine sinnvolle Ergänzung zum staatlichen Schulwesen sein können, dass sie Motor von Entwicklungen sein können, manchmal auch das Beharrende sind, das kommt darauf an, aus welcher Philosophie sich solch eine Schule bildet. Da gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze. Sie sollten aber nicht so tun, als ob wir auf der Ebene die große Feindschaft hätten. Da sind andere Kräfte in diesem Haus das große Problem.
Die Qualitätsverbesserung in den Schulen! Da habe ich doch, Herr Brumma, ein bisschen gestaunt. Ich nehme diesen großen Sprung nach vorn, den Sie
hier skizziert haben, auch nicht in der Entwicklung zur Kenntnis. Es reicht nicht aus, Vergleichstests zu schreiben! Das ist Blödsinn. Überregionale Klassenarbeiten verbessern nicht ein bisschen die Situation, weil sie nichts darüber aussagen, wie mit den veränderten Bedingungen der Kinder in all ihrer Differenziertheit in den Stadtteilen umgegangen wird.
Wir möchten Orientierungspunkte haben auch am Beispiel der Migrantenkinder! Eine Bildungsbarriere bekommt man nicht dadurch weg, dass man an irgendjemanden appelliert, das doch nun endlich richtig zu machen, sondern das Verhalten der Elternhäuser ist ein Ergebnis von Kultur und Entwicklung. Professionelle Schulpolitik hat diese Entwicklung erst einmal als Ausgangsbasis zu nehmen und dann zu sagen, wie wir uns daraus entwickeln.
Dann nützt es nichts, wenn der Bildungssenator sagt, ihr müsst aber alle Deutsch lernen. Das können Sie sagen, das ist auch richtig, das zu sagen, aber das wird zunächst einmal nichts verändern, sondern wir müssen akzeptieren, dass viele Kinder aus diesen Familien aufgrund ihrer kulturellen Prägung zum Beispiel den Kindergarten erst einmal ohne deutsche Sprachkenntnisse aufsuchen und erst dort das erste Mal umfassend mit der deutschen Sprache auch in ihrem persönlichen Umfeld konfrontiert werden. Das ist so, und das kann man niemandem vorwerfen. Dann muss man damit umgehen.
Da sagen mir viele Pädagogen, die in diesem Bereich arbeiten, dass es dann wichtig ist, die Muttersprache zu fördern, sie sicher zu machen in der Muttersprache, weil das genau die Voraussetzung ist, die deutsche Sprache zu lernen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. Frau S t r i e z e l [CDU]: Diese De- batte hatten wir schon im Parlament!)
Ja, das macht nichts, man muss manche Dinge wiederholen, damit sie vielleicht doch noch der eine oder andere versteht!
Ich will damit sagen, dass es einfach wichtig ist zu akzeptieren, dass Menschen auch anders kulturell geprägt sind und dass man sie trotzdem in diese Gesellschaft hineinführen muss, ohne ihre eigene Prägung zu negieren.
Schließlich zum letzten Punkt! Ich habe nicht ohne Grund darauf hingewiesen, dass es in den sechziger Jahren den Sputnikschock gegeben hat. Ich glaube, wir müssen uns klarmachen, dass wir im Moment an einem ganz entscheidenden Punkt sind,