Protocol of the Session on September 13, 2000

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(Beifall bei der SPD)

Wir wollen dieses Modell in Bremen auch einführen. Wir wollen auch hier die zweijährigen Berufsfachschulgänge reformieren. Wir haben dies bereits im Technikbereich gemacht, und hier gibt es eine enorme Nachfrage nach diesen Plätzen und anschließend auch eine gute Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Es wird von den Betrieben sehr gut angenommen.

Zur Qualität in den Berufsschulen kann ich immer nur wieder betonen: Da sind wir auf gutem Wege. Wir errichten Kompetenzzentren, wo eben die Aus- und Weiterbildung verzahnt werden sollen. Warum soll nicht der Ausbilder aus dem Betrieb gemeinsam mit dem Lehrer in den neuen Technologien weitergebildet werden? Das sind Zukunftsmodelle. Genauso arbeiten wir an den Lehrplänen. Es soll eine breite Basisqualifikation entstehen, hierauf werden einzelne Module gesetzt, die auch später im Weiterbildungsbereich verwendet werden können.

Auch schwächere Schüler sollen einen Anspruch darauf haben, dass sie zumindest einen Teil dieser Ausbildungsleistung erbracht haben, oder Frauen können, wenn sie aus der ausschließlichen Mutterphase kommen, dann später auf ihre zurückliegende Ausbildung Bezug nehmen. Sie haben dann die Chance, wieder einen Beruf zu ergreifen. Es ist wichtig, was hinten herauskommt, wie der ehemalige Kanzler immer so schön gesagt hat. Wie gesagt, Lehrpläne, Ausbildungsordnungen flexibilisieren wir. Ich denke, wir sind da auf einem ganz guten Weg, und wenn man bundesweit die Szene im Berufsschulbereich sieht, 23 Prozent aller bundesweit geförderten Modellprojekte sind in Bremen. Wir sind da Spitze.

(Beifall bei der SPD)

Das sollte man doch nicht immer kleinreden.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das wusste Frau Dreyer nicht!)

Frau Stahmann, Sie erzählten vorhin, das Schulzentrum Utbremen steht als alleiniger Standort. Ich denke, das ist sinnvoll, wenn man die Kosten und die Effizienz bei so einer Berufsschule sieht, die man da aufbaut. Ich kann nur sagen, das ist ein gutes Modell, und es werden ja noch weitere Kompetenzzentren folgen. Es gibt auch noch andere IT-Bereiche oder neue Berufe, wo man ebenfalls schwerpunktmäßig die Aus- und Fortbildung verzahnen sollte. Also, wie gesagt, wir sollten nicht immer alles kleinreden in Bremen und unsere Arbeit tun, und dann, denke ich, sind wir auf dem richtigen Weg, wenn man die bundesweiten Vergleiche sieht. — Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mir jetzt auch einige spitze Bemerkungen leider nicht mehr verkneifen.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Da- rauf freuen wir uns!)

Genau, Frau Hövelmann, wir freuen uns gemeinsam! Für Sie habe ich gleich auch noch etwas parat.

Also, als Erstes an Frau Dreyer! Frau Dreyer ruft permanent immer ihr SPD-Beschimpfungsprogramm „Bildung“ auf, da wünsche ich mir auch einmal etwas Neues! Eine Strukturdebatte ist sicherlich notwendig, aber das ersetzt ja nicht die von mir geforderte inhaltliche Auseinandersetzung. Uns fehlt eine mediendidaktische Konzeption, darüber müssen wir diskutieren. Ich habe Ihnen vorhin gesagt, 20 Millionen DM werden in die Schulen investiert, aber uns fehlt die Beschreibung des Ziels. Herr Lemke und auch Frau Adolf müssen sich da noch einmal zusammensetzen und sehen, was sie damit erreichen wollen, damit wir hier auch darüber reden können.

Das Schulzentrum Utbremen war mir nur so aufgefallen, weil ich nach einem Jahr in der Bürgerschaft ja auch manchmal schon böse Gedanken habe und mir gedacht habe: Mensch, es gibt bestimmte Schulzentren, die stehen parteipolitisch anderen Schulen der SPD näher. Ja, das kann ich mir einfach nicht verkneifen. Der eine ist manchmal mehr in der SPD als ein anderer. Ich entschuldige mich bei Herrn Bürger.

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Nein, nein! Herr Bürger, ich entschuldige mich ganz aufrichtig, dass ich das Schulzentrum Vegesack vergessen habe. Mein Horizont endet nicht hinter Gröpelingen oder Oslebshausen, da wohne ich viel zu dicht daran. Nein, es ging mir darum, Frau Hövelmann, jetzt hören Sie bitte zu, Medien, den Einsatz neuer Technologien als integralen Bestandteil in alle Berufsschulen zu holen. Das ist der Punkt. Ich habe nichts dagegen, dass es ein spezialisiertes Schulzentrum gibt, aber an den anderen Schulzentren liegt noch vieles im Argen. Da muss Herr Lemke innovative Wege gehen, um Lehrpersonal zu finden, und nicht nur nach alten VHS-Scheinchen schauen. Er ist ein innovativer Mann. Ich denke, er geht auch ungewöhnliche Wege, und da muss er auch bestimmt einmal die Verwaltung überlisten und frischen Wind hineinbringen. Das kann dieser ganzen Sache nicht schaden. Wir brauchen Beratungskurse für Jugendliche, die schon ganz früh in der Schule ansetzen müssen, Frau Ziegert hat das richtigerweise angesprochen. Das müssen auch geschlechtsspezifische Beratungsangebote sein. Die Zielgruppe Studienabbrecher muss auch noch einmal in den Blickpunkt genommen werden. Herr Kottisch hat gestern gesagt, das seien seine besten Arbeitskräfte, das sagen auch viele andere Unternehmen. Aber können wir das hinnehmen, dass immer mehr Leute die Uni abbrechen und dann in die IT-Branche einsteigen? Das können wir nicht wirklich wollen, wenn die Leute kurz vor dem Abschluss oder in der Mitte des Studiums sind. Dabei geht viel Zeit verloren.

(Glocke)

Frau Kollegin Stahmann, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage anzunehmen?

Selbstverständlich!

Bitte, Frau Hövelmann!

Eine ganz kurze Zwischenfrage nur, Frau Stahmann! Da Sie das Schulzentrum Vegesack vergessen hatten, was in Ordnung ist, das nehme ich Ihnen nicht übel, erlaube ich mir den Hinweis darauf, dass wir auch in der Sekundarstufe I schon Multimediaschulen haben, zum Beispiel das Schulzentrum Pestalozzistraße, zum Beispiel die integrierte Stadtteilschule am Leibnizplatz, das heißt also, dass die Entwicklung dort nicht, so wie Sie befürchten, verschlafen wird. Erlauben Sie mir bitte, dass ich Ihnen dies als kurzen Zwischenhinweis gebe! Es passiert sogar in Grundschulen schon viel mehr, und ich lade Sie recht herzlich ein, dass wir uns das gemeinsam ansehen. Wirklich, damit nicht Vorurteile transportiert werden, die gar nicht mehr so passen! — Danke!

Danke, Frau Hövelmann! Frau Dreyer hat vorhin gesagt, Frauen hätten Probleme beim Technikzugang. Ich kann irgendwie nicht glauben, dass man mich damit meint. Ich glaube, Sie unterstellen mir hier in der Bürgerschaft eher das Gegenteil, dass Sie schon immer gewarnt sind, wenn ich nach vorn gehe, dass jetzt eine Mediendebatte kommt.

Ich weiß, was an vielen Schulen läuft, an Grundschulen, an Sek I, an Sek II, natürlich! Aber ich fordere, zum Beispiel bei der Ausbildung des Medizinischen Dokumentars, dass diese nicht nur an einer Medienschule passiert, sie muss fachlich genauso gut abgesichert sein. Bei anderen Ausbildungen muss neben der Fachlichkeit auch die Ausbildung am PC erfolgen, um Arztabrechnungen zum Beispiel zu machen oder um zu wissen, wie bestimmte Datenverarbeitungssachen funktionieren.

Ich wollte noch einmal darum bitten, überlegen Sie sich das noch einmal mit der Einladung in das Rathaus. Deswegen bin ich eigentlich nach vorn gegangen, und meine Idee finde ich zu gut, ohne dass Sie darauf reagiert haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich denke, es ist ja auch eine rotgrüne Idee. Also, noch einmal an die SPD, ich habe es vorhin gesagt, Herr Timm denkt wohl, wie ich, an Hamburg, wo 60 Vertreter ins Rathaus eingeladen worden sind.

Was ist erreicht worden? 11,5 Millionen DM zusätzlich für die Hochschulen, für das Informatikstudium und für eine Multimediaausbildung, 600 000 DM jährlich über fünf Jahre, sprich drei Millionen DM zusätzlich aus einem Bund-Länder-Programm! Das hat er heute in der Zeitung gefordert. Er wartet auf eine Antwort. Ich denke, wir sollten ihn zumindest zu einem Gespräch einladen. Das möchte ich möglichst offen und breit haben, damit viele Ideen entwickelt werden können und nicht gleich wieder im Sande verlaufen. — Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht erlauben Sie mir am Anfang den Hinweis, dass der Horizont auch nicht in Bremen-Vegesack aufhört, sondern für den Landtag sicherlich auch nach Bremerhaven gehen muss und dass der Blick auch

(Beifall bei der SPD und bei der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. (A) (C)

(B) (D)

in die gewerblichen Lehranstalten und auch in Schulen der Sek I und der Grundschulen fallen muss, wo auch ähnliche Dinge schon mit großem Erfolg gemacht werden!

Diese Debatte ist eine sehr vielschichtige, das haben wir festgestellt. Es werden viele Bereiche angesprochen, Schule, Ausbildung, Arbeitsplatz, Wirtschaft, und ich kann jetzt nicht in meinem Beitrag, und ich will es auch gar nicht versuchen, alle Bereiche abdecken. Ich will versuchen, Ihnen an Hand der Schwierigkeiten, die wir zum Beispiel mit Zahlen haben, auch ganz praktisch im Ressort aufzuzeigen, wie wir die Arbeit an diesem Thema versuchen zu bewältigen und wie auch wir darauf angewiesen sind, dass es da ein Netzwerk gibt, das an diesem Thema mitarbeitet. Das kann niemals allein von staatlicher Seite so gelenkt werden, dass wir den strukturpolitischen Wandel, der hier angesprochen worden ist, schaffen. Das wird kein einziges Ressort und auch nicht der Gesamtsenat bewegen können, sondern da sind viele gefordert.

Vielleicht zunächst zu den Zahlen, die in der Anfrage aufgeführt sind! Da erlaube ich mir, die Landeszahlen zu nennen und nicht, wie das bisher in der Debatte war, die städtischen Zahlen Bremen. Von den Arbeitsämtern in Bremen und Bremerhaven wurden im IT-Bereich 146 offene Stellen gemeldet, demgegenüber stehen zirka 530 Bewerber und Bewerberinnen. Das sind die Zahlen, die wir haben. Diese Zahlen erlauben Sie mir ein bisschen zu relativieren! Bei den freien Stellen zum Beispiel im ITBereich können diese Zahlen auch von den Arbeitsämtern nur geschätzt werden, denn viele Betriebe melden ihren Bedarf gar nicht, sondern warten perspektivisch darauf, dass sie eine qualifizierte Person finden, die sie dann für diese Stelle einstellen können. Hier spielen Praktika eine große Rolle, auch Qualifizierungsmaßnahmen sind da sehr hilfreich.

Die Vermittlungsquoten zum Beispiel aus IT-Qualifizierungsmaßnahmen, die wir nach unseren Programmen zahlreich durchführen, sind entsprechend hoch, nämlich 90 Prozent. Eine solche Vermittlungsquote haben wir in Qualifizierungsmaßnahmen sonst eigentlich nicht. Von den Betrieben werden Ad-hocBedarfe nach allen Erfahrungen überregional und via Internet, eben in den neuen Medien, ausgeschrieben und nicht gemeldet bei den Arbeitsämtern, so dass also auch diese Stellen nicht in die Statistik eingehen.

Der Handelskammer Bremen sowie der Industrieund Handelskammer Bremerhaven liegen keine konkreten Ergebnisse und Stellenbedarfe vor. Beide Kammern bemühen sich sehr um entsprechende Auskünfte bei den Betrieben. Die Sachlage ist auch dadurch kompliziert, dass IT-Berufe eben nicht nur bestimmten IT- oder Multimediabranchen zugeordnet werden können. Vielmehr bauen in allen Wirtschaftssektoren die Unternehmen IT-Abteilungen auf und suchen Spezialisten der Software und der

Systementwicklung, der Programmierung und der Administration.

Zum Beispiel trifft das auch auf Krankenhäuser, Stahlwerke, die Post und andere zu, Bereiche, die man nicht unmittelbar zum IT-Bereich rechnet. Von daher ist das auch hier eine ungenaue Statistik, die man aber nicht, Frau Dreyer, der Arbeitsverwaltung anlasten darf, ich meine dem Arbeitsressort. Auch nicht unbedingt nur dem Arbeitsamt, sondern da müssen viele zusammenspielen, die Angaben auch für diese Statistiken, die man dann beurteilen will, machen! Wir können diese Statistiken so unmittelbar nicht koordinieren, aber Sie wissen genau, dass wir in vielen Gesprächen mit der Arbeitsverwaltung da ständig vorankommen. Es ist nur nicht so einfach, wie Sie das dargestellt haben.

Zur Situation der Stellenbewerber und -bewerberinnen! Die hohe Zahl von zirka 530 arbeitslosen Bewerbern und Bewerberinnen für IT-Berufe muss man aus folgenden Gründen ebenso relativieren: Die Bundesanstalt für Arbeit sortiert den Bewerberstand nach Berufskennziffern. Diese stimmen aber mit den betrieblichen Anforderungsprofilen für IT-Fachkräfte nicht mehr überein. Beispiele dafür sind Druckvorlagenhersteller, Vertriebsfachleute, auch die haben ganz viel mit IT zu tun, passen aber nicht in die Sortierung der Berufskennziffern bei der Zuordnung.

Es ist heute zu erkennen, dass sich quer über die verschiedensten Berufe IT-Spezialisten herausentwickeln und von der Wirtschaft auch nachgefragt werden. So sind zum Beispiel Biologen, Chemiker oder auch Sozialwissenschaftler, die sich durch die Arbeit mit komplizierten Datenbanken zu IT-Spezialisten weiterentwickelt haben, durchaus auch als solche zu sehen, tauchen aber in den Statistiken entsprechend nicht auf. Das heißt für den Arbeitsmarkt, dass Quereinsteiger zunehmend gute Chancen auf einen Arbeitsplatz im IT-Bereich haben. Es fehlen hier aber noch geeignete Instrumente der Erkennung und dann auch der Vermittlung.

Ein großes Problem für uns ist, das werden wir, glaube ich, im Rahmen dieser Bürgerschaftssitzung auch noch speziell erörtern, dass mehr als 20 Prozent des Bewerberstandes älter als 40 Jahre sind und allein aufgrund ihres Alters als schwer vermittelbar im IT-Bereich gelten. Das ist ein Zustand, den wir nicht oft genug erörtern können, der natürlich ganz stark davon abhängt, dass die Betriebe selbst diese Einschätzung so vornehmen, aus welchen Gründen auch immer, da spielen viele Vorurteile eine Rolle. Wir wissen, dass bei diesem Personenkreis zum Teil sehr hohe Kenntnisse und Erfahrungen vorliegen, die mit entsprechender Anpassungsqualifizierung für die Betriebe sehr nützlich sein könnten.

(Beifall bei der SPD)

Diese Probleme, die ich jetzt im Vorfeld geschildert habe, was Statistik, Zahlen und Auswertung und

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dann auch Entwicklung von Instrumenten angeht, diese Probleme bearbeiten wir zur Zeit in einer Regionalaktion „IT-Bedarfe im Rahmen des Bündnisses für Arbeit und Ausbildung in Bremen und Bremerhaven“. Insofern gibt es sehr wohl eine Runde im Rathaus, die sich vernetzt über viele Bereiche, Sie wünschen sich eine größere, darauf komme ich gleich noch einmal zurück, damit beschäftigt und Instrumente entwickelt und auch schon viele Maßnahmen entwickelt hat.

Wir verfolgen seitens unseres Ressorts einen gemeinsamen Aktionsplan mit der Handelskammer Bremen, Industrie- und Handelskammer Bremerhaven, den beiden Arbeitsämtern und dem Wissenschafts- und Bildungssenator. Wir wollen insbesondere durch eine verbesserte Datenbasis, die aus den vorher genannten Gründen erforderlich ist, über die Anforderungsprofile der Betriebe auf der einen Seite und über die Qualifikationsprofile der Stellenbewerber und -bewerberinnen auf der anderen Seite die Vermittlung eindeutig erhöhen.