Ulrike Hövelmann
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sie durch die Schulen gehen, werden Sie sehen, dass es einen großen Gesprächsbedarf über weiterführende Schulen nach der jetzt sechsten Klasse gibt. Es gibt nicht nur bei Eltern, sondern auch bei Lehrerinnen und Lehrern Bedenken darüber, ob die Einteilung im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems richtig ist. Dass diese Bedenken durchaus auch gespeist werden durch ernst zu nehmende Ursachen und Gründe, haben wir durch die Pisa-Studie gesehen.
Der Kernpunkt, und das haben meine beiden Vorredner gesagt, ist nicht das Einsortieren in Hauptschule, Realschule und Gymnasium, der Kernpunkt in der Schule muss die Qualität des Unterrichts sein. Wenn die Schulen Vergleichsarbeiten schreiben, und das wird ja auch immer mehr zur Schulkultur, dann sehen sie, wo die Schülerinnen und Schüler stehen und können durch Fördermaßnahmen die Kinder und Jugendlichen durch gezieltes Herausfordern von Begabungen so motivieren, dass sie den bestmöglichen Schulabschluss machen. Das ist unser Ziel, das muss es auch bleiben, und deshalb ist es richtig, dass wir den vorschulischen Bereich und den Grundschulbereich stärken.
Es ist gut, wir haben es hier gestern gehabt, dass die verlässlichen Grundschulen einen so großen Zuspruch haben. Da sind ja die Elemente des Förderns und Forderns mit enthalten, und es ist ebenso gut, dass wir die Zahl der Unterrichtsstunden in der Grundschule erhöhen und damit auch zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Über Ganztagsschulen wurde gestern geredet, auch da haben wir Zeiten, in denen gefördert und gefordert werden kann.
Ich komme zur Schulgesetzänderung, die wir hier heute beschließen wollen! Ich erwarte, dass die Erhöhung und Verbesserung der Diagnosefähigkeit der Lehrerinnen und Lehrer durch hochwertige qualitative Fortbildungen stattfindet. Ich möchte nämlich nach zwei bis drei Jahren nicht feststellen müssen, dass wir die hier auch von meinem Kollegen Rohmeyer sehr beklagten Fehlentscheidungen der Eltern jetzt durch Fehlentscheidungen der Lehrerinnen und Lehrer ersetzt haben. Das zeigt Pisa, Herr Rohmeyer, ich bitte Sie doch herzlich, die Ergebnis
se von Pisa auch in diesem Fall nicht zu ignorieren: Die Diagnosefähigkeit der Lehrer muss spürbar verbessert werden.
Wir haben es hier doch viele Male gehört, und es ist doch belegt – ich komme jetzt wieder am liebsten natürlich mit bayerischen Zahlen, das ist doch klar! –, dass in Bayern zehn Prozent der Hauptschüler genauso gute Leistungen bringen wie schlechtere Gymnasiasten in Bayern, verehrter Herr Kollege, und das wissen Sie auch. Von daher haben wir eine hohe Verantwortung. Man kann sich nicht immer nur heraussuchen, was passt, ich kann Ihnen das gleich belegen und tue das gern.
Von daher muss man das ernst nehmen, und ich möchte auch, dass das in die Schuldebatte mit einfließt, denn ansonsten können wir hier regeln, was wir wollen, es wird sich in den Schulen selbst nichts verbessern.
Herr Mützelburg, ich nehme mir aber doch noch einmal das Recht, aus dem Gesetz die Stelle über die Letztentscheidung zu zitieren, wenn die Empfehlungen der Konferenzen nicht so sind, wie die Eltern es möchten! Mit Genehmigung des Präsidenten darf ich aus Paragraph 19 a zitieren: „Entscheiden sich die Erziehungsberechtigten entgegen der Empfehlung, ist die Zulassung zur gewählten Schulart vom Bestehen einer Prüfung abhängig, in der die Eignung für die gewählte Schulart festgestellt wird. Näheres über Inhalt und die Prüfung regelt eine Rechtsordnung.“ Das heißt also, dass es nicht so ist, dass man die Entscheidung der Lehrer als letztendlich gültig akzeptieren muss.
Nun komme ich zu dem Punkt des dreigliedrigen Schulsystems, dem weiche ich hier natürlich nicht aus! Das dreigliedrige Schulsystem, nach Ansicht von immer mehr Experten überholt, bringt die frühe Selektion mit sich. Das ist so in Deutschland, und wir werden hoffentlich an den Ergebnissen von Iglu sehen, die wir in den nächsten Wochen erwarten und näher analysieren können, dass das Problem möglicherweise nicht in der Grundschule liegt, sondern eher in der Sekundarstufe I, im gegliederten Schulsystem. Ich glaube, dass die schulische Selektion, die, wie wir ja wissen, die sozialen Ungerechtigkeiten verschärft, falsch ist.
Auf das, was wir bei Iglu hoffentlich erwarten können, habe ich schon hingewiesen, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, einen Punkt, der in der Stadt auch heftig diskutiert wird, hier ebenfalls öffentlich in Erinnerung zu rufen: Immer mehr Eltern wünschen sich für ihre Kinder einen Platz in integrierten
Stadtteilschulen. Leider haben wir nicht Angebot und Nachfrage auf einer Höhe, 250 Anmeldungen durch Eltern sind abgelehnt worden. Im Gymnasialbereich haben wir den Druck herausgenommen, das wissen Sie. Ich habe mir einmal die Anmeldezahlen für die durchgängigen Gymnasien geben lassen, da sind wir fast ausgewogen.
Ich sage deutlich, der Elternwille ist nicht einseitig, meine Damen und Herren, und er bezieht sich genauso auf die Eltern, die für ihre Kinder integrierte Stadtteilschulen wünschen. Es gibt Anträge von Schulen, die sich zu integrierten Stadtteilschulen weiterentwickeln wollen. Die SPD-Fraktion wird sich dafür einsetzen, wer auch immer nach der Wahl den Auftrag bekommt, bildungspolitisch den Schwerpunkt damit zu setzen, dass wir diesen Elternwillen akzeptieren und diesem Elternwillen ebenfalls stattgeben.
Vielleicht das noch einmal als leisen Ausklang meines Beitrags: Es ist ja so, ich darf daran erinnern, dass für Eltern, die in der glücklichen Lage sind, ihre Kinder an eine integrierte Stadtteilschule geschickt zu haben und dort einen Platz bekommen zu haben, unsere heutige Schulgesetzänderung übrigens überhaupt keine Rolle spielt. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist bundesweit nicht mehr zu übersehen, das Pflichtstundenmodell aus dem neunzehnten Jahrhundert ist nicht geeignet, den Rahmen für zukunftsfähige Schulen zu bieten. In Deutschland wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte seit eh und je über die Festlegung der erteilten Unterrichtsstunden von jeweils 45 Minuten bestimmt. Hierbei werden andere, ebenfalls notwendige Arbeiten der Lehrkräfte ausgeblendet.
Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Fortbildung, Schul- und Unterrichtsentwicklung, der Kontakt zu Schülern, Eltern und außerschulischen Kooperationspartnern werden zuweilen als zusätzliche Belastung empfunden. Das tradierte Pflichtstundenmodell lässt es kaum zu, zwischen einzelnen Schulstufen zu unterscheiden, von den unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Fächer ganz zu schweigen. Ich bin fest davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass die, ich nenne das einmal so, 45-Minuten-Währung mit dafür verantwortlich ist, dass sich die Schul- und Unterrichtsentwicklung in Teamstrukturen nur zögerlich vollzieht. Das Lehrerbild heute ist oft noch von dem des einsamen Einzelkämpfers im Unterricht geprägt.
Meine Damen und Herren, der runde Tisch Bildung hat in seinen einstimmig verabschiedeten Empfehlungen dem Thema Neuregelung der Lehrerarbeitszeit einen ganz besonderen Stellenwert gegeben. Er regt an, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten, „Schaffung der räumlichen, organisatorischen und rechtlichen Voraussetzung für eine neue Arbeitszeitregelung für Lehrer.“ In Klammern: „Schulen, in denen die Lehrer ihre Arbeit in Teams organisieren und dafür ihren Hauptarbeitsplatz in der Schule haben, besitzen wesentlich günstigere Entwicklungschancen.“ Wohl gesprochen, deshalb haben auch alle zugestimmt beim runden Tisch!
Deshalb wird die Bremische Bürgerschaft heute die Rechtsgrundlagen für die Umsetzung der Emp––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
fehlungen des runden Tisches Bildung schaffen. Die SPD-Fraktion geht dabei davon aus, dass das im Dialog mit den Schulen und Verbänden unter Berücksichtigung eben dieser zitierten Empfehlung schrittweise geschieht und dass auch schrittweise neue Arbeitszeitmodelle entwickelt werden.
Arbeitsplätze sowieso, das wissen wir, danke schön, Herr Kollege Schramm, das wird sowieso passieren. Hierzu gehören auch Arbeitsplätze für Lehrer, die im Rahmen der zahlreichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen mitgedacht werden sollen. Wir wissen aber von unseren Schulbesuchen, dass dies auch an einigen Standorten passiert, und ich bin ganz sicher, dass das auch weitergehen wird.
Ich komme zu einem anderen Punkt, den wir heute behandeln werden. Vor drei Jahren waren etwa 5400 Lehrkräfte, also Personen, an Bremens Schulen tätig. 40 Prozent davon waren angestellt. Angestellte Lehrer zahlen im Gegensatz zu ihren verbeamteten Kollegen in die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherungskassen ein. Ergebnis: weniger Netto in der Kasse und in der Tasche. Das ist in der Tat eine komplizierte Situation. Wir erinnern uns alle an die Aktionen, die die Gewerkschaften im Interesse der angestellten Kolleginnen und Kollegen organisiert haben. Die GEW und der Senat haben verhandelt, um diese Ungerechtigkeit auszugleichen. Unser Altbürgermeister Hans Koschnick verdient Dank und Anerkennung dafür, dass er als Schlichter diesen komplizierten Prozess erfolgreich zu einem Ergebnis geführt hat.
Die von ihm vorgeschlagene Lösung vollzieht die Bremische Bürgerschaft heute rechtlich nach. Ich habe übrigens Verständnis dafür, dass die GEW als Interessenvertreterin der Lehrkräfte hierbei in einer Art Zwickmühle war und ist, kann man sagen. Sie will natürlich gern die 9000 Euro für die angestellten Lehrkräfte als Zulage. Die Gegenfinanzierung jedoch lehnt die Gewerkschaft ab. Das Parlament kann es sich jedoch nicht so leicht machen. Deshalb werden wir der von Hans Koschnick vorgeschlagenen Schlichtung in ganzer Breite entsprechen. Dazu gehören eben auch neben der Erhöhung für die angestellten Lehrkräfte, finanzpolitisch notwendig, auf zwei Jahre befristete Unterrichtserhöhungen um eine Stunde für Lehrkräfte unter 50 Jahren ebenso übrigens wie die Änderung des Bremischen Beamtengesetzes. Wir werden heute beschließen, dass Lehrkräfte bis 45 und im Einzelfall bis zum fünfzigsten Lebensjahr verbeamtet werden können.
Also, ich wiederhole, meine Damen und Herren, wir folgen dem Schlichtungsspruch von Hans Kosch
nick. Damit lösen wir ein Problem, das, das gestatten Sie mir sicher, bei näherer Betrachtung eher ein Problem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Nun hoffe ich, dass im Interesse der Schülerinnen und Schüler von allen Verantwortlichen weiter intensiv an der Verbesserung der Qualität unserer Schulen gearbeitet wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Plant der Senat, sportliche Wettkämpfe für Schülerinnen und Schüler verstärkt zu organisieren?
Zweitens: Wenn ja, welche Ziele verfolgt der Senator für Bildung in Bremen und Bremerhaven mit der Einführung von sportlichen Wettkampfveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler?
Drittens: Welche Resonanz erwartet der Senat bei den Schulen im Hinblick auf die Teilnahme?
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie schätzt der Senat das Projekt der Bertelsmann Stiftung „Medienpartner Bibliothek und Schule“, das im Jahr 2002 erfolgreich in NordrheinWestfalen angelaufen ist, ein?
Zweitens: Sieht der Senat die Möglichkeit, sich für eine Erweiterung des Projekts einzusetzen und es in der in Nordrhein-Westfalen realisierten Form auf Bremen zu übertragen oder es in einer modifizierten Form und gegebenenfalls mit einem anderen Träger als Kooperationspartner für Bremen anzubieten?
Eine kleine Nachfrage hätte ich noch, wenn ich darf, Herr Präsident! Die zeitliche Schiene ist mir jetzt nicht so ganz deutlich geworden. Wie lange wird es dauern, bis dieser Evaluationsprozess abgeschlossen ist? Das ist der eine Teil der Frage. Der zweite Teil der Frage ist: Herr Senator, wir haben, glaube ich, in der letzten Sitzung des Landtags hier einen Antrag zur Leseförderung einstimmig verabschiedet. Ein Punkt dabei war, die Kombination zwischen Schule und Bibliothek mit einem Konzept des Senat zu unterlegen. Sehen Sie eine Möglichkeit, das Ganze zu verbinden, das heißt, ein bisschen zu beschleunigen? Wann ist das eine soweit, und wann ist das andere soweit?
Wir fragen den Senat:
Erstens: An wie vielen Schulen findet Unterricht im Bereich Darstellendes Spiel statt?
Zweitens: Plant der Senat, das Fach Darstellendes Spiel zu erhalten?
Drittens: Wenn ja, wie werden Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte in Bremen und Bremerhaven organisiert?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer auf die Tagesordnung der letzten Bürgerschaftssitzungen schaut, der könnte leicht das Thema der heutigen Debatte umformulieren in Pisa, Pisa und kein Ende. Manchem, dem sowieso zuviel über Schulen und über Bildung geredet wird, mag dieser Stoßseufzer nun entfahren sein, aber, meine Damen und Herren, wir sind uns ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
unserer Verantwortung den Kindern und auch dem Standort Bremen gegenüber sehr bewusst, und deshalb werden die Pisa-Ergebnisse sorgfältig und zügig analysiert, Konsequenzen gezogen, Entscheidungen getroffen und umgesetzt.
Notwendig sind inhaltlich und finanziell verbesserte Rahmenbedingungen, um die Qualität der schulischen Ausbildung so zu verbessern, dass sie bundesweit und, ich betone, international jedem Vergleich standhält. Dabei gilt als oberstes Ziel, schwache Schülerinnen und Schüler zu fördern und wirkungsvolle Angebote für die Leistungsstarken anzubieten.
Zum Finanziellen hat der Koalitionsausschuss deutliche Schwerpunkte gesetzt. 1,6 Millionen Euro Zusatzmittel für den vorschulischen Bereich und 24,1 Millionen Euro für die Schulen sind ein auch von Skeptikern nicht wegzudiskutierender großer Batzen, eine Größenordnung, für die ich dankbar bin und mit der wir wirkungsvoll Maßnahmen durchsetzen werden.
Inhaltliche Unterstützung, meine Damen und Herren, kommt neben der konzeptionellen Arbeit in der Behörde und in den einzelnen Fraktionen dabei auch vom runden Tisch Bildung, der entgegen allen Unkenrufen hervorragend und effektiv gearbeitet hat. Ob Unternehmervertreter oder Gewerkschaften, ob Zentralelternbeirat oder Gesamtschülerinnenvertretung, die heute auch an der Sitzung teilnimmt – ich freue mich sehr darüber, dass ihr da seid! –, ob Universität oder LIS, im Großen und Ganzen sind alle den Empfehlungen der Experten gefolgt und haben eine eindrucksvolle und solide Debatte über notwendige Maßnahmen geführt. Dass dabei eine Fraktion nicht ganz regelmäßig teilnehmen konnte, das haben wir alle am Tisch sehr bedauert.
Es gibt in Bremen offensichtlich doch einen gesellschaftlichen Konsens zur Verbesserung von Schule und Unterricht. Zentrale Bedeutung für den Lernerfolg haben nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer in der Schule, eine ähnlich große Bedeutung und Verantwortung haben die Eltern und eine gut abgestimmte verbindliche Zusammenarbeit zwischen Schule, Eltern und Schülerinnen und Schülern. In diesem Zusammenhang sind für die SPD-Fraktion die Maßnahmen gegen Schulvermeidung besonders wichtig, die mit zirka 300 000 Euro in 2003 zusätzlich finanziert werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, seit ungefähr 100 Jahren wird in unserem Land trefflich parteipolitisch darüber gestritten, wie lange Kinder zusammen in die Schule gehen sollten beziehungsweise in welchem Alter sie in so genannte weiterbildende Schulen sortiert werden, verteilt werden. In der politischen Diskussion wird von konservativer Seite beharrlich unterstellt, dass Unterricht in
möglichst homogenen Gruppen ab einem Alter von zirka zehn Jahren zu besseren Ergebnissen führt. Wissenschaftlich, meine Damen und Herren, lässt sich diese Annahme nicht bestätigen. Im Gegenteil, dass wir eine mindestens sechsjährige Basisschule brauchen, ist in Fachkreisen unbestritten und international der Normalfall.
Unter den Pisa-Teilnehmern haben nur Österreich, die meisten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland, einige Schweizer Kantone eine vierjährige Grundschule. Neuseeland hat eine fünfjährige, und alle anderen Länder haben eine sechs- bis neunjährige Gesamtschulphase, so will ich das einmal nennen. In den Pisa-Spitzenländern, und an denen sollten wir uns orientieren, Südkorea, Kanada, Japan und Finnland gehen die Schülerinnen und Schüler erst nach der achten Klasse oder später in unterschiedliche Schulen, deshalb, und das erkläre ich sehr selbstbewusst und sicher für die SPD-Fraktion, darf es als Konsequenz aus Pisa keinen Rückfall in veraltetes Denken, nämlich ein frühstmögliches Sortieren in unterschiedliche Kästchen und Stufen, geben.
Die Orientierungsstufe, meine Damen und Herren, hat mehr Reibungsverluste als Gewinn gebracht. Sie hat die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt, vielleicht, das sage ich, auch nicht erfüllen können. Die SPD plädiert deshalb dafür, sie zugunsten eines Systems europäischer Qualität abzuschaffen. Hier befinden wir uns im guten Einklang mit dem runden Tisch Bildung und übrigens auch mit so unverdächtigen Interessenvertretern wie dem Badenwürttembergischen Handwerkerverband. Dieses System ist als mindestens sechsjährige Grundschule oder Basisschule weit mehr als vier plus zwei.
Ein einfaches Aufstocken ist natürlich nicht die Lösung, so schlicht ist doch die Welt auch nicht. Das gelingt unter anderem durch die Umsetzung der zahlreichen guten Empfehlungen des runden Tisches Bildung für eine deutliche Stärkung des Vorschulbereichs und der Grundschule. Die SPD-Fraktion begrüßt daher ausdrücklich, dass der Senat auch in seiner Antwort, meine Damen und Herren, auf die Große Anfrage eindeutige und mit finanziellen Mitteln spürbar und solide unterlegte Schwerpunkte gesetzt hat. Das hat übrigens der Senat insgesamt gemacht, Herr Eckhoff, und die Grundlage war der Koalitionsausschuss. Ich erinnere mich, dass Sie beteiligt waren. Ich weiß nicht, ob Sie mit diesem Ergebnis nicht mehr zufrieden sind!
Na wunderbar!
Allein fünf Millionen Euro stehen zur Verfügung, um unter anderem – und zwar rede ich von 2003 – Sprachstandsüberprüfungen und verpflichtende Fördermaßnahmen schon vor dem Schulbeginn, eine Stundentafelerhöhung um zwei Unterrichtsstunden in der Klassenstufe eins bis zwei, Deutschkurse für Migrantinnen und Migranten, Kurse zur Minderung der Lese-, Rechtschreib- und Rechenschwäche, Leseintensivkurse und Leseclubs zusätzlich zu bezahlen. Das ist ein sehr positives, gutes Ergebnis des Koalitionsausschusses.
Es reicht nämlich nicht, wenn man gute Konzepte entwickelt, man muss sie auch finanzieren. Das erkläre ich hier ja seit eineinhalb Jahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen des Koalitionspartners, wir müssen uns dringend von alten ideologischen Grabenkämpfen verabschieden. Ich predige das hier ja seit eineinhalb Jahren. Sie haben inhaltlich nämlich nicht viel Positives gebracht, sondern sie haben den Schulen eher geschadet als genutzt. Entscheidend, meine Damen und Herren, ist es, was in den Schulen passiert, entscheidend sind die Qualität der Abschlüsse und die Bildungsbeteiligung, entscheidend sind die soziale Integration und das individuelle Fördern und Fordern.
Ich habe mich deshalb sehr gefreut, diese Haltung auch in der Antwort des Senats wiederzufinden. So führt der Senat in seiner Antwort auf die Frage, was die Stelle der OS einnehmen soll, aus, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Bis zum Sommer 2003“ – natürlich liegt dazwischen eine Wahl, das ist ein Einschub von mir, so steht es nicht in der Antwort des Senats – „sollen Vorschläge entwickelt werden, mit welcher Organisationsform die orientierenden und fördernden Aspekte in den Jahrgangsstufen fünf und sechs besser als bisher erreicht werden können,“ und jetzt der wichtige Zusatz, „ohne den sozialen Zusammenhalt zu gefährden.“ Ich glaube, da ist der Senat ein ganzes Stück weitergegangen, als mancher CDU-Kollege das erwartet hat.
Pisa hat bundesweit deutlich gezeigt, dass wir die größten Defizite im unteren Leistungsbereich haben, Ursache ist auch die starke Selektion. Dieser unbestrittenen Tatsache muss unsere besondere Aufmerksamkeit auch bei der Organisation der Schulen ab Klasse sieben gelten. Die SPD-Fraktion spricht sich deutlich für einen weiteren Ausbau der integrierten Stadtteilschulen aus und begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Absicht, an drei Standorten diese Schulen mit Oberstufen zu ergänzen.
Übrigens, die überdurchschnittlich guten Ergebnisse, die dem Vernehmen nach zum Beispiel die integrierte Stadtteilschule Leibnizplatz bei den PisaE-Untersuchungen erreicht hat, bestärken hierbei unsere Einschätzung: überdurchschnittlich gute Leistungen am Leibnizplatz an dieser integrierten Stadtteilschule! Hier ist dann also auch der Platz, um diesen Schulen einmal ausdrücklich für ihre inhaltliche und konzeptionelle Arbeit, die sie geleistet haben, zu danken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich weiß natürlich, dass die CDU ein anderes Modell präferiert. Aber auch unser Koalitionspartner wird nicht einen Kahlschlag in der bremischen Schullandschaft veranstalten. In den Schulen werden nach und nach die Einzelergebnisse von Pisa bekannt werden und diskutiert. Es gibt Pisa-Moderatoren, und die werden hierbei Unterstützung anbieten. Die einzelnen Schulen werden sich mit den Ergebnissen auseinander setzen und ihre Konsequenzen ziehen, denn der nächste Pisa-Test, meine Damen und Herren, kommt bestimmt.
Die Vergleichsarbeiten, die mittlerweile in Bremen flächendeckend zentral in Klassen drei, sechs und neun geschrieben werden, bringen auch einen Schwung, einen neuen Schwung, in die Qualitätsentwicklung. Die verbesserte Zusammenarbeit der Lehrkräfte in verbindlichen Jahrgangsteams ist hier genauso wichtig wie die Überarbeitung der Lehrpläne bei Orientierung an bundesweiten Standards. Wir müssen ja hier nicht überall in Bremen für alles das Rad neu erfinden.
Für die SPD gibt es eine zentrale Konsequenz, die sich aus Pisa ergibt: Wir brauchen mehr Zeit für Schule! Ich spreche vom Fall der deutschen Dreizehn-Uhr-Mauer und vom Weg in die Ganztagsschule. Seit Sommer 2002 haben wir auf Betreiben der SPD-Fraktion, das war nämlich unser Schwerpunkt bei den Haushaltsberatungen, der Koalitionspartner hat ja einen ganz anderen Schwerpunkt gesetzt, in Bremen sieben Schulzentren mit einem Ganztagsangebot. Das läuft gut an, es reicht aber nicht aus. Ich empfehle jedem, sich das einmal anzuschauen, weil ja auch baulich sehr viel passiert ist, und es gibt einen Riesenschwung in den einzelnen Schulen.
Nun hat der Koalitionsausschuss für sechs Grundschulen und fünf S-I-Standorte weitere 2,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Meine Damen und Herren, ich kenne mindestens 25 Schulen in Bremen, die ich Ihnen hier alle eine nach der anderen aufzählen könnte, die dringend auf ein Startsignal warten und Ganztagsschule werden wollen, sowohl im Primarbereich als auch in der Sekundarstufe I.
Hier setze ich auf die Mittel, die die rotgrüne Bundesregierung unter Einhaltung ihrer Wahlaussage in ihrer Koalitionsvereinbarung vorgesehen hat. Nach bisherigen Erkenntnissen wären das für Bremen zirka zusätzlich 28 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre. Mit diesem Geld könnten wir einen gewaltigen Schritt in der Schulentwicklung machen, denn ganztags bedeutet für die Schulen und den Stadtteil einen großen inhaltlichen Schub.
Ich komme zum Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen! Wir werden diesen Antrag, den ich inhaltlich für richtig halte, der auf die richtigen Schwerpunkte setzt, an die Bildungsdeputation überweisen. Dort werden wir ihn weiter beraten, und dann wird dieser Antrag auch wieder, meine Damen und Herren, in das Parlament zurückkommen. Ich könnte jetzt eigentlich Pisa, Pisa und kein Ende wieder anführen, aber wir werden diesen Antrag unter Einbeziehung der Ergebnisses des runden Tisches Bildung und unter Einbeziehung der Ergebnisse weiterer PisaUntersuchungen beraten, natürlich auch unter Einbeziehung der Beschlüsse des Koalitionsausschusses und der Koalitionsvereinbarungen. Nur, Herr Rohmeyer, weil Sie ja hier immer so vergnügt in diesem Parlament sitzen, ich sage Ihnen deutlich:
Am 25. Mai 2003 werden die Karten neu gemischt, und ich habe gelegentlich und gerade heute, das will ich Ihnen auch sagen, durchaus Neigung, mich aus dieser Koalition zumindest im bildungspolitischen Bereich zu verabschieden. – Ich danke Ihnen!
Herr Kollege Rohmeyer, können Sie mir erklären, warum die gesamte CDU-Fraktion sich einstimmig für eine Reise nach Finnland ausgesprochen hat?
Das ist so! Die CDU-Fraktion in der Bildungsdeputation hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, über den Tellerrand zu schauen und nach Finnland zu fahren. Können Sie mir das bitte erklären?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ganz offensichtlich hat in der Regionalliga der Streit darum begonnen, wer die Schönste unter den Einäugigen ist. Herr Mützelburg, Herr Rohmeyer oder alle, die es sagen, haben Recht, wir haben in Bremen keinen Grund, stolz auf die Ergebnisse der Pisa-E-Studie zu sein. Auf der anderen Seite können wir aber sagen, dass kein einziges Bundesland die Werte erreicht hat, die die Spitzenplätze haben. Zwar glänzt, wie Sie eben gesagt haben, Herr Rohmeyer, Bayern mit relativ guten Leistungen, aber um welchen doppelten Preis? Das haben Sie nicht erwähnt. Wir haben eine sehr hohe soziale Selektion und zusätzlich eine Abiturquote, die ihresgleichen sucht.
Ich sage überhaupt keine Zahl!
Aber, Herr Bürger, sie haben eine Abiturquote, die so niedrig ist, dass sie Abiturienten importieren müssen, das ist doch richtig?
Dass sie Abiturienten importieren müssen und nicht einmal den eigenen Akademikerbedarf selbst decken können, ist das richtig oder nicht?
Danke schön! Herr Bürger hat es eben bestätigt, es ist richtig.
Sie übersehen dabei, dass Bayern im Moment die höchste Steigerung bei der Arbeitslosenquote hat, aber das ist jetzt nicht unser Thema!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Herr Eckhoff, ich habe der Rede von Herrn Rohmeyer gern und ohne Zwischenrufe zugehört, wie übrigens meine gesamte Fraktion. Ich bitte darum, dass wir das Thema ernsthaft behandeln und nicht zu ei
ner Krawallnummer machen, sondern der Ernsthaftigkeit angemessen bleiben.
Ich bleibe dabei, die Abiturquote in Bayern ist klein, aber fein, weil man sich nicht der Mühsal unterzieht wie andere Länder, eine breite Zahl entsprechend zu qualifizieren. Folgt man den Ratschlägen, die ganze Nation – und das habe ich ja eben aus dem herausgehört, was Herr Rohmeyer gesagt hat – solle sich an Bayern orientieren, so müssen wir vermutlich, Herr Rohmeyer, ein völlig anderes Zuwanderungsgesetz auf den Weg bringen. Ein Viertel unseres Akademikerbedarfs müssten wir dann per Greencard aus dem Ausland importieren. Bisher ist nicht bekannt – mir jedenfalls nicht, das kann aber mein Fehler sein –, dass Edmund Stoiber, der sein Schulsystem so lobt, eine solche Zuwanderungspolitik befürwortet.
Die Antwort ist jedoch nicht, dass die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten durch Senkung der Standards erhöht werden soll, im Gegenteil, und da treffen wir uns natürlich. Wir müssen die Qualität des Unterrichts erhöhen. Wir wollen entscheidend besser werden. Der Streit darüber also, welche Einäugige die schönere sei, ist nutzlos, wenn beide, wenn auch auf unterschiedlichem Wege – –. Herr Eckhoff, ich wäre Ihnen so dankbar, wenn Sie zuhören würden!
Manchmal muss man sich überwinden und auch schwierige Aufgaben meistern!
Der deutsche Streit darüber, welche Einäugigkeit die schönere sei, ist nutzlos, wenn beide, wenn auch auf unterschiedliche Weise, nicht das erreichen, was andere zu erreichen vermögen, und daran wollen wir uns orientieren, meine Damen und Herren, nicht an der Mittelmäßigkeit, sondern daran, besser zu werden, und wir orientieren uns hierbei an den Besten.
Es macht auch keinen Sinn – ich gehe auf das ein, was Sie, Herr Rohmeyer, zu den Abschlussprüfungen gesagt haben –, nun Rosinen zu picken und zu
sagen, auch in Finnland, in Schweden, in Skandinavien gibt es – –.
Ich gehe auf Sie ein, Herr Rohmeyer!
Die Abschlussprüfungen, die Sie fordern, sind kein Sinn an sich! Die Frage ist, was man damit erreichen möchte. Wenn man damit erreichen möchte, dass man die „falschen“ Schülerinnen und Schüler aussortiert und in die entsprechenden Kästchen setzt, dann ist das nicht richtig. Wenn man allerdings mit Abschlussprüfungen und Vergleichsarbeiten, die wir ja übrigens beschlossen haben in der Deputation, erreichen möchte, dass man sehr frühzeitig eingreifen kann, in der dritten Klasse, nach der sechsten Klasse, nach der neunten Klasse, um nicht erreichte Ergebnisse zu verbessern, um zu sehen, wie man fördern und fordern kann, dann ist dies richtig. Als Mittel der Qualitätssicherung halte ich Abschlussprüfungen nicht für der Weisheit letzten Schluss, aber auch nicht für von Übel. Es ist nur nicht die Lösung an sich, und von daher bauen Sie hiermit eine Chimäre auf.
Das Gleiche sage ich Ihnen übrigens auch zu den Ganztagsschulen. Wir können beobachten, dass die Länder, die sehr gut abschneiden, ein Ganztagsschulsystem haben. Sie haben allerdings von keinem einzigen Sozialdemokraten bisher gehört, dass die Einrichtung der Ganztagsschulen der Weisheit letzter Schluss sei. Natürlich kann man auch den ganzen Tag schlechten Unterricht machen, man kann auch den ganzen Tag schlechte Politik machen! Das kommt gelegentlich vor!
Ganztagsschulen sind eine Blüte, eine große wesentliche Blume im Strauß, den wir binden müssen, um die Ergebnisse in den Bremer Schulen zu verbessern. Hier haben wir in der Deputation für Bildung schon eine ganz Reihe Schwerpunkte gesetzt. Ich weiß gar nicht, warum keiner meiner Vorredner darauf eingegangen ist und die Gelegenheit nutzt, auf die ergriffenen Maßnahmen – gerade am 15. August übrigens beschlossen – einzugehen.
Wir haben den Bereich Sprachförderung im KTHBereich behandelt. Wir haben den Bereich Sprachtests behandelt. Deshalb, Herr Tittmann, werden wir Ihren Antrag ablehnen. Das Ganze ist schon vollzogen! Es sind Kurse eingerichtet worden, und sie wirken. Es ist eine Abteilung für Qualitätsentwicklung und -sicherung in der Behörde eingerichtet worden, ein weiterer wichtiger administrativer Schritt übri
gens, um die Qualität zu erhöhen. Die Einrichtung von Deutschintensivkursen und Leseintensivkursen müssen wir hier ebenfalls nennen. Weitere Konsequenzen werden folgen.
Liebe Frau Kollegin Linnert, Sie haben die Anfrage im Juli gestellt. Dazwischen lagen die Sommerferien und übrigens auch der Schulstart, der sehr gut gelungen ist. Das kann man hier vielleicht auch einmal sagen. Viel Arbeit in der Behörde!
Die CDU hat ja ein Sorgentelefon eingerichtet und konnte sich wahrscheinlich einen zusätzlichen Urlaubstag gönnen, weil nicht so viele Leute angerufen haben.
Es ist sehr gut gelungen. Die Behörde hat intensiv gearbeitet. Nun verstehe ich, dass Sie verärgert sind, keine Antwort zu bekommen, aber von Juli bis August ist Ferienzeit.
Ich habe nachgesehen, Sie haben die Anfrage im Juli gestellt. Wir haben am 15. August in der Deputation einige Maßnahmen beschlossen, die sich übrigens auch auf Teile Ihrer Anfrage beziehen. Die Antwort des Senats, vermute ich einmal, wird im September vorliegen, und dann werden wir das Ganze hier noch einmal diskutieren.
Ich plädiere sehr dafür, dass wir von den Blockaden wegkommen und nicht mit den alten Kampfbegriffen hier agieren, sondern sagen, Leistung und Gerechtigkeit schließen sich nicht aus. Das machen uns die Sieger bei Pisa vor.
Hieran möchte ich mich orientieren! Jeder hier im Hause, der sich damit beschäftigt hat, weiß, dass es länger dauert, etwas zu verändern, und das muss bundesweit geschehen. Ich erinnere noch einmal an die Einäugigen. Wir können uns bundesweit nicht zurücklehnen und sagen, wir geben uns mit bayerischen Ergebnissen zufrieden, sondern ich bin sicher, dass auch der Wettbewerb, in dem wir unter den Bundesländern stehen, sehr viel härter ist. Es glaubt doch hier keiner im Ernst, dass nicht die anderen Bundesländer genauso intensiv an Verbesserungen arbeiten. Ich weiß aus anderen Landtagen, dass in Bayern oder in anderen Bundesländern Pisa nicht
mit großer Zufriedenheit diskutiert wird, sondern dass alle im Interesse der Zukunft der Kinder und Jugendlichen versuchen, das System zu verbessern und zukunftsfähiger zu machen, denn Wissen ist unsere wichtigste Ressource.
Dazu gehören auch die Eltern. Wir haben vorhin über den Bereich Schulvermeidung gesprochen, Herr Senator Lemke appelliert ja an die gemeinsame, große, gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir hier haben, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, von hier auch noch einmal die Eltern aufzufordern, das häufige Fernbleiben von der Schule nicht als ein Kavaliersdelikt aus der Feuerzangenbowle zu nehmen, sondern den Kindern und Jugendlichen klarzumachen, wer Rechte hat, hat auch Pflichten, dass sie in die Schule gehen müssen und dass es notwendig ist, dem Unterricht zu folgen.
Die Ergebnisse der Pisa-Studie zeigen, dass 14 Tage vor der Untersuchung nur jeder fünfte Schüler regelmäßig am Unterricht teilgenommen hat. Das kann nicht wahr sein! Deshalb ist es eine gesamte Aufgabe, die wir uns hier sehr entschieden vornehmen müssen.
Zur Frage des selektiven Schulsystems hat Kollege Mützelburg etwas gesagt, auch hiermit können wir überhaupt nicht zufrieden sein. Pisa zeigt, dass wir in Deutschland die Kinder zu früh in unterschiedliche Schulsorten einsortieren. Wir kennen ihn ja und haben den beharrlichen Ruf derer wieder gehört, die hier noch eher und konsequenter einsetzen wollen.
Frau Linnert, es ist so, SPD und CDU haben unterschiedliche Ansätze in der Bildungspolitik. Das ist übrigens nicht neu, sondern das ist etwas, was lange schon bekannt ist. Die FDP und die SPD hatten auch unterschiedliche Ansätze. In der Ampel, Kollege Mützelburg hat ja aus seinen Erfahrungen im Koalitionsausschuss in der Ampel sehr kenntnisreich und nah berichtet, begann ja der beklagte Flickenteppich Realität zu werden.
Wir werden uns zusammenraufen, das kann ich Ihnen hier von dieser Stelle versprechen, und wir werden mit Sicherheit im September ein Konzept des Senats diskutieren, zu dem übrigens auch eine ganze Menge mehr Geld für den Bildungsbereich und den Sozialbereich, also den frühkindlichen Bereich, dazugehört. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die große Koalition ist auch in diesem Feld zum Erfolg verurteilt, und zwar geht das nur gemeinsam. Ich möchte die Gelegenheit doch nutzen, öffentlich ganz freundlich und ruhig darauf hinzuweisen, dass das, was Sie eben gesagt haben, Herr Rohmeyer, nicht den pädagogischen, wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Es ist komplett unstrittig, und zwar in der bundesdeutschen Debatte genauso wie in der internationalen, dass das Sitzenbleiben und das Zurückstellen – wobei wir in Bremen übrigens Weltmeister sind, da treffen wir uns dann mit den von Ihnen gern zitierten Bayern – nicht nur pädagogisch ineffektiv ist und für den Lernfortschritt überhaupt nichts bringt, sondern auch extrem teuer ist. Wenn wir dies zur Kenntnis nehmen, dann müssen wir uns doch damit auseinander setzen! Wir werden dieses Thema ja auch am runden Tisch Bildung behandeln.
Ich bitte an dieser Stelle nur sehr deutlich darum, das Thema Bildung, Entwicklung auch des Systems der Qualität des Unterrichts in Bremen sehr ernsthaft zu betrachten und dabei nicht die Gräben in den Köpfen so zu haben, dass wir uns immer nur
nach hinten orientieren, sondern ich möchte mich erfolgreich in die Zukunft orientieren.
Es soll in Zukunft besser werden, und ich möchte nicht von denen lernen, die das noch nicht erreicht haben, was ich mir wünsche. Das ist ein sehr freundlicher und unaufgeregter Appell an den Koalitionspartner: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, uns mit den Ergebnissen von Pisa intensiv inhaltlich auseinander zu setzen! Ich habe Sie ja schon ein paar Mal aufgefordert, dass wir einmal eine gemeinsame eintägige Klausur der Koalitionsmitglieder der Bildungsdeputation zu den Ergebnissen von Pisa organisieren.
Bisher hat das nicht geklappt, darum bitte ich hier öffentlich, und ich glaube, Herr Mützelburg, Sie sehen mir das nach, ich musste die Gelegenheit noch einmal nutzen. Ich appelliere an Ernsthaftigkeit!
Das habe ich auch überhaupt nicht so gemeint, aber es bleibt mir kaum etwas anderes übrig, wenn ich jetzt hier nicht auf die CDU-Positionen einschlagen möchte. – Danke schön!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie haben sich seit Beginn der Legislaturperiode der Bestand an und die Nachfrage nach Büroflächen in Bremen und Bremerhaven quantitativ, qualitativ und regional entwickelt?
Zweitens: Wie hat sich seit Beginn der Legislaturperiode der Leerstand, länger als zwei Monate, von Büroflächen in Bremen und Bremerhaven quantitativ, qualitativ und regional entwickelt?
Drittens: Wie viele der seit Beginn der Legislaturperiode in Bremen und Bremerhaven entstandenen Büroflächen sind mit öffentlichen Geldern gefördert und/oder auf Basis von Mietverträgen mit der öffentlichen Hand, einschließlich Gesellschaften, errichtet worden?
Eine Nachfrage, Frau Staatsrätin! Sie haben gesagt, die Leerstände seien besonders in der Innenstadt zu verzeichnen. Deuten Sie damit an, dass es sich mehr um Umzüge in Airport-City und in das Technologiezentrum handelt, oder sind das Neugründungen?
Darüber liegen keine Erkenntnisse vor, ob das Umzüge sind oder ob das Neugründungen sind, oder können Sie darüber Auskunft geben?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Pisa zeigt, dass unsere Schulen im internationalen Vergleich nicht mithalten können. Wir sind, wie Sie alle wissen und wie wir es hier auch schon diskutiert haben, nicht nur erschreckend ungerecht, sondern wir sind auch nur mittelmäßig. Damit können wir uns natürlich nicht zufrieden geben. Wir Sozialdemokraten stellen uns den Ergebnissen dieser Studie. Wir verlangen Konsequenzen.
Diese Konsequenzen, das mit einem freundlichen Lächeln zum Koalitionspartner, werden natürlich auch als Ergebnis des runden Tisches Bildung gezogen, der gebildet wird. Wir begrüßen sehr, dass der Senator hierzu Bildungsexperten, Wissenschaftler und gesellschaftlich relevante Kräfte eingeladen hat. Trotzdem dürfen wir keine Zeit vertun und sagen, ein halbes Jahr, ein dreiviertel Jahr ist hier Stillstand der pädagogischen Debatte.
Herr Rohmeyer, ich weiß, Sie werden sagen, wir müssen die Pisa-E-Studie abwarten et cetera.
Nichtsdestoweniger sagt der Senat allerdings auch, dass er Maßnahmen ergriffen hat. Das haben wir
übrigens auch schon in guter Eintracht in der Bildungsdeputation beschlossen.
Die Punkte, die für mich heute im Zentrum der Debatte stehen, sind im Prinzip drei: der erste, die Verbindung der vorschulischen Bildung und Erziehung, der zweite, besondere Fördermaßnahmen in der Grundschule, und der dritte Punkt ist, das wird hier im Hause und auch außerhalb des Hauses niemanden verwundern, die Einrichtung von Ganztagsgrundschulen jetzt auch in Bremen.
Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt, die Pisa-Studie wird die Gesellschaft verändern, und die Pisa-Studie betrifft nicht nur die Schulen. Unsere gerade gewählte Jugendsenatorin Karin Röpke hat in einem „Weser-Report“-Interview ja bereits deutlich gemacht, dass sie hier einen Schwerpunkt setzen wird. Die SPD-Fraktion hat gerade auch für diesen Punkt, für die, Frau Stahmann, notwendige engere Verbindung dieser beiden Bereiche, eine Große Anfrage an den Senat gerichtet, damit die Probleme und Erfordernisse der vorschulischen Bildung und Erziehung angesprochen werden, damit wir ein durchgängiges Curriculum entwickeln können und damit der Elementarbereich besser mit den pädagogischen Konzepten der KTH und der Grundschulen verknüpft wird.
Was im ersten Schuljahr nicht wirklich geleistet wird, ist später nicht mehr aufzuholen, meine Damen und Herren. Um soziale Unterschiede auszugleichen, müssen wir zukünftig viel früher, nämlich schon vor dem Eintritt in die Grundschule, ansetzen.
Zur Sprachförderung, Herr Rohmeyer, haben wir in der Bildungsdeputation ja schon Entscheidungen getroffen.
Ich finde es sehr erfreulich, Herr Senator, dass der Senat jetzt schon im Herbst 2002 ein Verfahren einsetzen wird, um festzustellen, was die Kinder an deutschen Sprachkenntnissen mitbringen, was sie also können. Das ist richtig und wichtig, denn Pisa hat uns gezeigt, dass ohne ausreichende Sprachkenntnisse der Lernprozess sehr verzögert ist.
Die Punkte, die mich besonders bedrücken, sind die Ungerechtigkeit unseres Schulsystems und die Integrationspolitik, die ihr Ziel bisher verfehlt hat. Ich möchte es an dieser Stelle noch einmal sagen, damit wir auch alle wissen, wie hoch wir in der Verantwortung stehen, nirgends sonst ist das Leistungsniveau derart stark von der sozialen Herkunft bestimmt. Ich habe es in der letzten Debatte gesagt,
und ich werde es möglicherweise auch noch einmal in der nächsten Debatte sagen: In keinem anderen Land ist der Lebensweg so abhängig vom Elternhaus. Ein Kind, das in einer Arbeiterfamilie ist, hat bei gleicher Leistung die viermal geringere Chance, das Abitur zu machen, als ein Kind aus einem bürgerlichen Umfeld. Das können wir nicht hinnehmen!
Die frühe Verteilung und Aufteilung im Schulsystem, und hier, Herr Mützelburg, binde ich Ihren Antrag ein, verstärkt die Chancenungleichheit noch weiter. Das bei deutschen Lehrern und bei deutschen Schulen augenscheinlich so beliebte Sitzenbleiben ist nicht nur sehr teuer – ich habe nachgelesen, das Sitzenbleiben kostet pro Jahr 850 Millionen Euro in Deutschland, ich bin sicher, das Geld kann man sehr viel besser für individuelle Förderung anlegen –,
sondern das Sitzenbleiben bringt auch nichts für den individuellen Lernfortschritt des Jugendlichen oder des Kindes, das zurückgestuft wird. Wir schlagen vor, dieses Thema am runden Tisch weiter zu bearbeiten.
Meine Damen und Herren, ein Viertel der heranwachsenden jungen Menschen in Deutschland wird vermutlich den Anschluss, den für sie befriedigenden, sie individuell ausfüllenden Anschluss an die Gesellschaft, an die Herausforderung in Familie und Beruf nicht schaffen. Auch dies ist eine Botschaft von Pisa, und auch dies, Herr Rohmeyer, ist ein Grund, warum wir jetzt nicht sagen können, warten wir einmal ab, was hier herauskommt! Das bedeutet, wir müssen jetzt schon in den Schulen die Debatten führen,
wir müssen die Lehrkräfte sensibilisieren, und wir müssen dafür sorgen, dass diese Jugendlichen nicht im Abseits landen, denn das ist nicht nur für die einzelnen Jugendlichen dramatisch, sondern es bedroht auch unsere gesamte Gesellschaft.
Unbestritten brauchen wir hier in Bremen den Einstieg in Ganztagsgrundschulen. Wir führen dazu schon zahlreiche Gespräche. Ich verrate auch kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass die Bereitschaft, sich auf dieses Projekt einzulassen, im KTHBereich und im Schulbereich sehr groß ist. Wir machen das zusammen mit dem Bereich Jugend. Kollege Pietrzok und ich sagen hier auch schon von dieser Stelle an die Kolleginnen und Kollegen aus den KTH sehr deutlich, wir fühlen uns verpflichtet, dass beide Seiten von dieser Kooperation profitieren. Wir wollen zwei Gewinner, und wir wollen keine feindliche Übernahme der einen oder der anderen Seite.
Sie können sich darauf verlassen! Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass erfreulich viele Horte und Grundschulen die Zeichen der Zeit erkannt haben und auch heute schon eng kooperieren.
Ein wesentlicher Punkt, den ich kurz ansprechen will, der wird uns ja noch lange verfolgen, ist die Qualität des Unterrichts. Herr Senator, ich weiß, es gibt eine Qualitätssicherungsstabsstelle bei Ihnen im Haus. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, dass der Ansatz der Vergleichsarbeiten, den Sie gewählt haben, von uns unterstützt wird. Es ist nämlich etwas anderes, Herr Rohmeyer, ob man sagt, das Ganze passiert am Ende der zehnten Klasse mit einer Abschlussprüfung, quasi wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, oder ob man sagt, wir betrachten die Leistungen bereits in der dritten Klasse. Da kann man noch nachsteuern, da kann man noch sagen, wie man zu besseren Ergebnissen kommen will.
Wir vergleichen in der sechsten Klasse und in der neunten Klasse, denn unser Ziel muss es ja nicht sein, am Ende durch zentrale Abschlussarbeiten festzustellen und wieder auszusortieren: du nicht, du nicht, sitzen geblieben, noch einmal, schaffst es eh nicht! Unser Ziel muss es sein, frühzeitig einzugreifen und frühzeitig dafür zu sorgen, dass die Jugendlichen zu einem Abschluss kommen, und zwar so viele wie möglich und zu dem höchstmöglichen Abschluss.
Fördern und Fordern ist die Devise. Wir müssen das sehr ernst nehmen. Das bedeutet aber auch, dass dieser tonangebende Takt für alle Beteiligten gilt. Schule und Lehrer dürfen nicht verantwortlich gemacht werden für alles, was in der Schule oder bei den Jugendlichen schlecht läuft. Schule ist nicht der Reparaturbetrieb der Gesellschaft.
Ich habe gesagt, die ganze Gesellschaft muss ihren Anteil leisten, ebenso auch die Eltern. Gerade das Lesen ist im höchsten Maße vom Elternhaus geprägt. Wie soll ein Kind Zugang zu Büchern finden, wenn die Eltern hierbei kein Vorbild sind? Grundsätzlich brauchen wir also eine andere Kultur des Lernens und auch eine andere Wertschätzung von Bildung in der Gesellschaft. Ich sage deutlich, hier sind die Eltern gefordert. Man kann nicht über Pisa jammern und die Kinder dann jeden Nachmittag pausenlos in die Spaßgesellschaft verplanen. Erziehung und Bildung fangen im Elternhaus an. Das bedeutet auch, dass den Jugendlichen klar sein muss, dass sie sich individuell anstrengen müssen.
Ich darf Ihnen von der Podiumsdiskussion berichten, die wir vor ein paar Tagen am Rübekamp hatten. Ich fand es ganz charmant, wie ein Jugendlicher, der sehr engagiert und profiliert auftrat, sagte: Na ja, das ist doch ganz klar, das wissen wir doch alle, dass wir alle ein bisschen faul sind und mehr tun könnten! Das bedeutet, erst kommt die Pflicht, und dann kommt die Kür. Hierbei darf in den Schu
len natürlich auch nicht das Kurzprogramm angeboten werden und Unterricht ausfallen.
Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren! Der Wettbewerb unseres Landes oder die Zukunft unseres Landes entscheidet sich im Wettbewerb um die Köpfe. Herr Eckhoff, Sie haben es gestern so treffend gesagt, als wir die Debatte um Kultur geführt haben, und ich zitiere Sie sinngemäß: Bei allen Bedarfen müssen wir noch zusätzliche Mittel übrig behalten, um Antworten auf die Pisa-Fragen bereitstellen zu können. Das war wohl gesprochen! Wir stimmen da mit Ihnen überein.
Ich habe es mitgeschrieben, und ich gehe davon aus, dass Sie das so gemeint haben, auch in Ihrer Verantwortung für den Bereich Bildung und die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt.
Von daher wollte ich Sie jetzt sehr ernsthaft nicht nur mit ins Boot nehmen, sondern mich ausdrücklich bedanken. Ich habe mich darüber gefreut, dass Sie in dieser Debatte, in der Sie einen CDU-Senator verteidigt haben,
auch an diesen Bereich gedacht haben.
Nun also, meine Damen und Herren, Butter bei die Fische! Ein Anfang ist zu machen, und wir treffen uns hier weiter zu diesem Thema. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beginne mit meinen allgemeinen Ausführungen und gehe dann auf fast alle Vorrednerinnen und Vorredner ein.
Das deutsche Bildungssystem hat offensichtlich versagt. Hier sind sich alle Redner einig. Es ist nicht nur ungerecht, sondern produziert auch Mittelmaß. Die Gewichtung war unterschiedlich, wenn ich das sagen darf. Auf die Ungerechtigkeit ist Herr Mützelburg schon eingegangen. Es wird ganz offensichtlich zu viel gelehrt, aber zu wenig gelernt. Das heißt, die Übertragung in das tatsächliche Leben, der Transfer erfolgt nicht. Offensichtlich, so könnte man sagen, müssen wir erst in den Abgrund schauen, um dann die Kraft und die Anstöße für eine tief greifende Bildungsreform aufzubringen, die, wie hier von allen Fraktionen gesagt worden ist, jenseits der gestrigen ideologischen Grabenkämpfe durchzuführen ist.
Die Pisa-Studie stellt zentrale Dogmen der deutschen Bildungspolitik auf den Prüfstand, zeigt aber auch, dass Leistung und Gerechtigkeit, die alten Kampfbegriffe der siebziger und achtziger Jahre, nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Auf diesen Aspekt werde ich im Verlauf meiner Rede näher eingehen. So beweisen Länder wie Schweden und Großbritannien, die ihre Schulsysteme schon vor Jahren zu reformieren begonnen haben, dass Schulen spürbar besser werden können. Das geht aber nur, wenn man es zielgerichtet und hartnäckig macht, und wie gesagt, die Ergebnisse sind nicht sofort sichtbar.
Uns muss also klar sein, dass es eine grundsätzliche Reform geben muss, dass es aber keine Patentrezepte gibt. Ich halte auch Schuldzuweisungen für falsch, und ideologische Grabenkämpfe sind ebenso verfehlt. Vielleicht darf ich hier einmal Frau Hohlmeier zitieren, die auf der Intenetseite der CSU deutlich sagt: Parteipolitische Spielchen sind jetzt fehl am Platze. Frau Hohlmeier fordert auch ein Ende des parteipolitischen Taktierens, und Frau Schavan, die ja auch gelegentlich gern von konservativen Politikern zitiert wird, sagt, man solle keine weiteren ideologischen Diskussionen über Schulstrukturen führen. Dies ist nachzulesen, ich gebe Ihnen gern die Quellen, Herr Kollege Rohmeyer.
Erforderlich ist eine ruhige Debatte. Es gibt keine Patentrezepte. Das sagt auch Herr Rohmeyer von der CDU und relativiert das Ganze dann mit seinen
Hinweisen, ohne die Ergebnisse besonders zu beleuchten. Richtig ist, es wird in Deutschland zu spät eingeschult, da sind wir uns einig. Auch ist richtig, dass die Angebote nur mäßig mit der Vorschule abgestimmt sind, und richtig ist auch, dass in der Grundschule bisher zu wenig Unterricht erteilt worden ist. Wir müssen hier mehr machen, denn hier werden die Weichen für die Bildungswege gestellt, hier wird das Fundament gelegt, und insgesamt ist die Bundesrepublik in ihren Investitionen in die Grundschule im unteren Drittel der OECD, und das ist überhaupt nicht gut. Das müssen wir ändern, und das werden wir ändern.
Meine Damen und Herren, ich komme zu einem Punkt, der sehr intensiv diskutiert werden muss. Die Pisa-Studie zeigt klar und deutlich, dass unser System viel zu selektiv ist.
In Deutschland werden die Kinder schon sehr früh getrennt, und wir kennen ja und haben ihn auch wieder gehört den beharrlichen Ruf einiger konservativer Politiker, die gelegentlich sagen, das sei noch nicht früh genug. Heterogene Klassen, also Klassen mit einem sehr unterschiedlichen Leistungsniveau, förderten nicht die Schwachen, sie hemmten angeblich die Starken, und gelegentlich ist auch das üble Wort von Gleichmacherei zu hören. Die Pisa-Untersuchung zeigt, dass das Gegenteil richtig ist.
Schon die TIMMS-Studie hat eine wesentliche Botschaft festgestellt: „Elite braucht Masse“. Diese Botschaft nehmen wir nicht ernst genug, und wir nehmen sie nicht wahr, wenn wir schon sehr früh einteilen und dann auch noch behaupten, dass wir hier nach Leistungskriterien richtig einteilen. Wir haben ja gehört, Herr Rohmeyer hat es, glaube ich, zitiert, dass zum Teil die Lehrkräfte gar nicht erkennen, in welchem Leistungsniveau die Schülerinnen und Schüler sind. Die Pisa-Studie beweist, dass gerade die Länder, die ihre Schülerinnen und Schüler lange gemeinsam unterrichten, erheblich bessere Lernerfolge haben als unser hochselektives System, also auch erheblich bessere Erfolge als unsere homogenen gymnasialen Klassen.
Meine Damen und Herren, es gibt nirgendwo auf der Welt so homogene Klassen wie in Deutschland, in der gesamten Bundesrepublik, ein Ergebnis des viergliedrigen Schulsystems. Ganz offensichtlich ist das eben nicht das Allheilmittel. Die Pisa-Ergebnis
se machen deutlich, dass wir im Gegenteil durchgängige, integrative, durchlässige Schulsysteme als Erfolgsmodelle näher betrachten sollen. Doch auch hier gilt, gut sind sie nur, wenn wir mit der Integration auch eine gezielte Förderung verbinden. Hiermit hängt eng zusammen, meine Damen und Herren, ich will das einmal so nennen, ein rabenschwarzer Fleck auf der leicht angeschmutzten Weste des deutschen Bildungssystems. Durchlässig ist unser System nämlich nur nach unten, und das ist richtig schlecht.
Es gibt, diese Behauptung möchte ich hier in aller Deutlichkeit sagen, in deutschen Schulen keine Chancengleichheit.
So ist die Chance, und ich bitte Sie um große Aufmerksamkeit, eines Oberschichtkindes, das Abitur zu machen, drei- bis viermal höher als die Chance eines Kindes aus einer Arbeiterfamilie, übrigens bei gleichen und gelegentlich besseren Leistungen. Das heißt, unser Schulsystem, ich wiederhole es, ist ungerecht. Es ist nicht nur mittelmäßig, sondern es ist ungerecht.
Es geht gelegentlich nicht nur um Bremen, sondern ich rede vom Schulsystem in Deutschland, Frau Striezel! Frau Hohlmeier hat nicht übersehen, dass das deutsche Schulsystem auf dem Prüfstand steht und nicht nur das Schulsystem in Bremen. Ich will Ihre Frage gern beantworten. Entgegen allen sozialdemokratischen Hoffnungen ist die Zukunft eines Kindes in keinem anderen Land, ich spreche nicht von einem Bundesland, sondern von den 32 Ländern, die hier untersucht worden sind, so abhängig vom Geldbeutel der Eltern wie in der Bundesrepublik.
Das ist ein Skandal, muss als solcher bezeichnet werden, und es muss dringend geändert werden, meine Damen und Herren!
Das größte Verliererrisiko, Herr Mützelburg hat es angesprochen, in deutschen Schulen tragen männliche Migranten aus sozial schwierigen Verhältnissen. Auch bei diesem Vergleich steht Deutschland international grottenschlecht da. Nun kann man ja sagen, es gibt kein anderes Land mit so viel Zu
wanderung. Falsch! Andere Länder beweisen, dass man auch mehr Zuwanderer sehr viel besser integrieren kann. Sprache ist ein entscheidendes Integrationskriterium, und, Herr Rohmeyer, hier treffen wir uns wieder, es ist notwendig, dass die Landessprache ausreichend beherrscht wird. Hier werden wir sehr schnell etwas ändern, denn es geht nicht an, dass 70 Prozent der ausländischen Schülerinnen und Schüler in unserem System eingeschult werden, sie werden übrigens eingeschult in unserem System, es ist nicht so, dass sie alle Quereinsteiger sind, und trotzdem so schlecht abschneiden.
Wir beginnen die Debatte erst, und wir haben zur Autonomie von Schulen gehört – ich schließe mich dem an –, es muss mehr Verantwortung in die Schulen gegeben werden. Natürlich müssen wir die Lehrerweiterbildung betrachten, aber auch die Lehrerausbildung. Hier werden wir gemeinsam ordentliche Konzepte entwickeln, aber, meine Damen und Herren, um zum Schluss zu kommen, und hier gestatte ich mir eine Wiederholung, gestern in der Haushaltsrede habe ich bereits gesagt, solange wir die Reparatur einer Straße als eine Investition und die Ausgaben für Schulen als eine reine konsumtive Last betrachten, haben wir auch eine wesentliche Botschaft der Pisa-Untersuchung noch nicht richtig verstanden. Bildungsausgaben sind eben keine lästigen Kosten, sondern Investitionen in unsere Zukunft. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Feinjustierung der Bremer Sanierungspolitik trägt Früchte. Bereits im Februar hatte sich die SPD-Fraktion darauf verständigt, im Bereich Jugend und Bildung einen deutlichen Schwerpunkt zu setzen. Heute lösen wir Sozialdemokraten unser einmütig gegebenes Wort ein, ohne, Herr Senator Perschau, den Sanierungspfad zu verlassen. Unser Fraktionsvorsitzender, Herr Böhrnsen, hat diese Schwerpunktsetzung vorhin in seiner Rede als Fahrplan unserer Politik und Drehbuch für das Wiedererstarken Bremens bezeichnet.
Meine Damen und Herren, die verlässliche Grundschule war ein Einstieg der großen Koalition. Wir werden durch die Einführung des Englischunterrichts ebenfalls Verbesserungen im Grundschulbereich einleiten. Eine weitere Stärkung werden wir durch Umschichtungen erreichen, Umschichtungen im Rahmen des Bildungsbereiches. Es ist richtig, der Grundschulbereich muss nach den Ergebnissen von Pisa deutlich verbessert werden. Der Einstieg in Ganztagsschulangebote in Bremen ist ein wichtiger und konsequenter Schritt zur Verbesserung der Angebote in der Sekundarstufe I.
Die SPD arbeitet seit dem Frühjahr intensiv an diesem Projekt. Beschlossen haben wir diesen Schwerpunkt unserer Politik gleich nach der Sommerpause. Pisa bestätigt diesen Schwerpunkt und diese Politik. Die Resonanz der Schulen war übrigens bemerkenswert. Trotz engster Zeitrahmen haben sich 17 Schulen mit abgestimmten und inhaltlich ernsthaften Konzepten beworben. Hier sagen wir Sozialdemokraten deutlich und nachdrücklich Dank an diese Schulen!
Wir werden heute Lehrereinstellungen und Erhöhung der Ausbildungskapazitäten am LIS ebenso beschließen wie die notwendigen Mittel zum Betrieb der Schulen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Beginn einer tief greifenden Bildungsreform jenseits gestriger ideologischer Grabenkämpfe. Pisa stellt zentrale Dogmen deutscher Schulpolitik auf den Prüfstand. Umdenken ist erforderlich. Wir brauchen ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Heute setzen wir hier mit einem Plus von 18 Millionen Euro ein finanzielles Zeichen. Über Pisa selbst werden wir morgen die Debatte hier im Haus beginnen.
Die SPD-Fraktion, meine Damen und Herren, weiß um die Bedeutung des Standortfaktors Bildung. Für manche möglicherweise – ich kann mir kaum vorstellen, dass in diesem Haus jemand ist, aber falls doch – noch nicht ganz Überzeugten sage ich deutlich: Solange wir die Reparatur einer Straße als eine
Investition, die Aufwendungen für unsere Schulen aber als rein konsumtive Kosten betrachten, haben wir eine weitere Botschaft von Pisa noch nicht verstanden.
Sie lautet: Bildungsausgaben sind eben keine lästigen Kosten, sondern wesentliche Investitionen in unsere Zukunft. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rohmeyer, ich bin ja immer wieder erstaunt, welche Schuhe Ihnen alle passen, jetzt passen Ihnen auch noch die Schuhe der IUB. Wenn ich mich recht entsinne, war es Senatorin Kahrs, die hier sehr engagiert die Grundlagen geschaffen hat.
Ich möchte hier jetzt auf die anderen Punkte überhaupt nicht eingehen, aber Ihre Rede, Herr Rohmeyer, veranlasst mich zu einem ganz freundlichen und ruhigen Kommentar. Ich bin davon überzeugt, wie ich das gesagt habe, dass es keine schnellen Antworten auf die Ergebnisse von Pisa gibt. Ich weiß, ich befinde mich da in guter Gesellschaft auch mit den von Ihnen immer gern zitierten Frau Schavan und Frau Hohlmeyer. Ich weiß, die beiden Ministerinnen bewerten das Ganze ebenfalls mit der notwendigen Zurückhaltung. Ich fürchte, Herr Rohmeyer und möglicherweise auch Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie haben noch nicht erkannt, dass es in dieser Debatte keine Gewinner gibt.
Ich warne deutlich davor, jetzt schon zu sagen, wir brauchen ein „begabungsgerecht gegliedertes Schulwesen“. Wir führen die Debatte morgen, aber ich biete Ihnen gern an, Herr Rohmeyer, dass wir uns in der Mittagspause gemeinsam hinsetzen und über die Ergebnisse noch einmal reden im Interesse auch der Glaubwürdigkeit der gesamten großen Koalition und nicht nur der ja bekannten soliden Beurteilungsfähigkeit der SPD-Fraktion. – Danke schön!
Herr Senator, können Sie mir bitte bei meiner Erinnerung helfen? Erinnere ich mich richtig, dass wir ungefähr vor anderthalb Jahren den ersten Bericht in der Deputation für Bildung hatten, in dem die Arbeitsgruppe Schulvermeidung in sehr enger Kooperation mit den KOP berichtet hat – darauf lege ich Wert, dass das gesagt wird –, dass die Zusammenarbeit von Bildung und Inneres sehr gut läuft, dass das vor ungefähr anderthalb Jahren war?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rohmeyer, der letzte Satz, den Sie hier eben gesagt haben, war, jedenfalls aus meiner Bewertung, wirklich der überzeugendste und beste Satz, den Sie geäußert haben, dass wir nämlich den Senator ordentlich unterstützen müssen.
Ansonsten bin ich eigentlich ein bisschen betrübt, weil ich so viele phantasievolle Anregungen Ihrer Rede nicht habe entnehmen können. Insofern war es eher eine Bestandsaufnahme dessen, was wir hier seit längerer Zeit diskutieren.
Ich habe bei dem Vortrag von Ihnen, Herr Mützelburg, wohl gemerkt, dass Sie eben einen richtig den Rahmen sprengenden Vorschlag gemacht haben. Ich glaube, dieser ist es wert, diskutiert zu werden. Sie schlagen in Ihrem Antrag vor, dass wir den Senat bitten sollen – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –, „Kooperationsverträge mit der Privatwirtschaft zum Einkauf von Fortbildung und die befristete Entsendung von Fachkräften in Engpassbereiche möglich zu machen“. Ich finde, das ist ein Vorschlag, den wir durchaus ernsthaft prüfen sollten, denn er sprengt richtig den starren Rahmen des Einstellungsrechts.
Wir haben gestern über Sport in diesem Haus diskutiert. Da habe ich ja angeregt und den Senator gebeten, wie immer wir das nennen wollen, zu prüfen, wie weit mehr Kooperationen mit den Sportvereinen möglich sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass man zeitlich befristet, wie Sie es ja hier auch in Ihrem Antrag vorschlagen, über das Mittel „Geld statt Stellen“ Engpässe erträglicher macht, so will ich das einmal nennen. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass es einen richtigen Schub gibt, wenn wir mit mehr Personalmix und einer höheren Flexibilität in die Schulen frischen Wind mit anderen Ideen bringen.
Von daher, meine Damen und Herren, ist meine Phantasie durch den Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen durchaus angeregt. Ich weiß, dass ich auch meine Kolleginnen und Kollegen in der CDU-Fraktion davon sicher überzeugen kann, denn es gibt viele Angebote aus der Wirtschaft, allein für den naturwissenschaftlichen Bereich, mit der Bereitschaft, dies auch zu finanzieren. Die SPD-Fraktion steht dem sehr aufgeschlossen gegenüber, von daher greife ich das gern auf und bin sicher, dass wir das in der Deputation für Bildung, dann auch fachlich begleitet durch die Verwaltung, intensiv debattieren und entscheiden können und werden.
Ganz kurz zu der Position der SPD-Fraktion, das Thema ist auch hier im Parlament schon fast ausdiskutiert! So viele neue Aspekte außer diesem, dass wir jetzt den Rahmen einmal überdenken und einen Schritt weiter gehen, haben wir hier ja gar nicht. Eines muss aber noch einmal deutlich, und zwar auch für die Öffentlichkeit deutlich, gesagt werden: Die SPD-Fraktion hat sich sehr klar dazu bekannt und positioniert und gesagt, inhaltliche Entwicklungen in Schulen müssen personell abgesichert werden! Wir haben in Potsdam sehr klar gesagt, dass wir es nicht zulassen werden, dass die Schüler-Lehrer-Relation unter den Bundesdurchschnitt fällt. Das sind Äußerungen, mit denen man etwas anfangen, mit denen man auch Politik machen kann! Da würde ich mich sehr freuen, wenn so eine klare Äußerung auch vom Koalitionspartner käme. Ich weiß, Herr Rohmeyer, dass Sie mir inhaltlich zustimmen, aber sagen Sie es hier doch einfach auch noch einmal deutlich!
Die Frage der Lehrkräfte aus anderen EU-Staaten und der Anwerbung möchte ich gern weitergeben an die Behörde und rechtlich klären lassen. Ich kann mir nämlich überhaupt nicht vorstellen – ich bin allerdings keine Juristin, das muss ich einschränkend sagen –, dass bei der Freizügigkeit innerhalb der EU, freier Arbeitsplatz- und Wohnortwahl, es nicht die Möglichkeit geben soll, Native Speaker hier im besten Sinne einzustellen. Das glaube ich einfach nicht! Wir müssen sie ja nicht verbeamten, das ist sowieso nicht etwas, was meine uneingeschränkte Begeisterung findet, dass wir jetzt hier überall verbeamten. Wir können sie auch in einem Angestelltenverhältnis befristet einstellen, und das gibt uns auch eine gewisse Flexibilität, die ich mir ja sehr wünsche.
Genauso wünsche ich mir, und das wird etwas sein, was uns in der Deputation beschäftigen muss, eine Flexibilisierung in der Fortbildung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, es ist einfach nicht befriedigend, so will ich das einmal sagen, dass wir den Schulen nicht sagen können: Hier habt ihr ein Budget, damit könnt ihr Fortbildung einkaufen. Ich wünsche mir, dass in Schulen gesagt werden kann: Wir brauchen eine Fortbildung für die inhaltliche Ausgestaltung des Mathematikunterrichts, denn wir sind nicht zufrieden damit, dass in unserer gymnasialen Oberstufe die durchschnittlich erreichte Punktzahl 2,3 ist. Dies möchten wir ändern. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass man nachsieht, was das Landesinstitut für Schule, unsere Fortbildungsinstitution, dafür bietet, oder finden die Schulen auch Fortbildungsangebote außerhalb des staatlichen Rahmens, die sie dann einkaufen können. Das ist ja auch ein Vorschlag, den
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag macht.
Herr Mützelburg, da ich jetzt so viel Positives zu Ihrem Antrag gesagt habe, sage ich Ihnen auch, warum wir ihn ablehnen!
Ich habe deutlich gesagt, welche Punkte wir inhaltlich aufnehmen werden. Wiederbesetzung jeder freiwerdenden Stelle haben Sie, glaube ich, auch hineingeschrieben, damit wir nicht wieder einen gemeinsamen Antrag verabschieden, sondern um eben auch einen Unterschied deutlich zu machen. Das finde ich in Ordnung.
Zu der bundesweiten Werbekampagne! Ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass keiner hier im Haus und auch keiner in der interessierten Öffentlichkeit bestreiten wird, dass Senator Lemke in seiner Funktion als neuer Bildungssenator und als KMK-Präsident der Erste gewesen ist, der da einen richtigen Stimmungswechsel in jedem öffentlichen Auftritt versucht hat, um eben das Image des Lehrers umzudrehen und zu zeigen, dass es eine gute Sache ist, mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, und dass es auch etwas ist, das Spaß macht und, das betone ich hier, dass es auch etwas ist, das die Anerkennung von allen gesellschaftlichen Gruppen, Schichten und Parteien wahrlich verdient.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, so schlicht, wie es gelegentlich im Beitrag von Herrn Rohmeyer erschien mit den einzügigen Abteilungen und so weiter, ist die Welt nicht. Ich glaube aber, wir sind auf dem richtigen Weg, und die positiven Äußerungen der Opposition, die mehr eingestellten Referendare und die Erhöhung des Einstellungskorridors zeigen dies.
Ich bitte Sie alle herzlich weiter um eine positive und auch finanzielle Begleitung, denn die Diskussion als Folge des 11. September 2001, die wir heute nach der Mittagspause geführt haben, zeigt deutlich, und diese Aspekte wurden von allen Rednern hervorgehoben, dass die Veränderungen, die wir im Moment erleben, nicht nur eine Ursache haben, sondern dass auch Bildung, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit dazu gehören. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, die Schulen weiter zu unterstützen!
Meine Nachbarin tröstet mich in solchen Fällen immer mit dem netten Ausspruch: „Kannst nichts machen, Frau Hövelmann!“
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es stimmt, an unseren Schulen wird viel zu wenig Sport unterrichtet. Es fallen zu viele Stunden aus. Frau Krusche hatte schon darauf hingewiesen, von zirka 10 000 Sportstunden werden 2000 nicht erteilt. Die SPD-Fraktion ist damit überhaupt nicht zufrieden, und wir treten hier heute an, das zu ändern.
Wir anerkennen aber auch, meine Damen und Herren, die deutlichen Bemühungen des Bildungssenators, hier ganz zügig zu handeln. Ich darf Sie mit einigen Zahlen sicher erfreuen. Während 1999 von 350 Referendaren nur 40 die Fakultas für Sport hatten, haben im Jahr 2001 – und jetzt würde ich sagen, man höre und staune – von 400 eingestellten Referendaren schon 90 die Fakultas. Das heißt, dass ein Ende in Sicht ist. Deshalb trifft das Lob, dass hier schnell gehandelt worden ist, auch zu, und wir können es auch belegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestern haben wir hier über den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen diskutiert. Es ist klar, die sportliche Betätigung ist nicht nur ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheitserziehung und zur körperlichen Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern. Regelmäßiger Sport, ob nun allein, zu zweit oder im Team, fördert auch die geistige Fitness.
Bei mir auch übrigens! Ein gesunder Geist wohnt eben lieber in einem gesunden Körper. Das wünschen wir uns auch für jedes Kind und für jeden Jugendlichen. Zusätzlich vermittelt Sport Spaß und Freude. Man lernt im Wettkampf im besten Sinne des Wortes die Höhen und Tiefen kennen und damit umzugehen. Man lernt, auch einmal zu verlieren, und man lernt, dass es sich lohnt, sich ganz engagiert einzubringen und dann auch die Früchte zu ernten. Ein sportlicher Jugendlicher ist eher fair, teamfähig, zuverlässig, pünktlich et cetera, alles Primärtugenden für das Leben. Sport ist gut für den ganzen Menschen. Er verhilft zu Lebensfreude und Selbstbewusstsein, fördert die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten.
Meine Damen und Herren, Sie hören, ich halte ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, und ich meine das sehr ernst, nicht nur, weil ich auch Sportdeputierte bin, dass wir den Sport stärken,
und bedanke mich für die Unterstützung meiner Fraktion.
Mir ist bewusst, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht ganz so sind. Zu viele Jugendliche halten sich vom Sport fern, und das hat Ursachen. Es hat auch die Ursache, dass sie Angst haben zu versagen. Ich komme gleich noch darauf zu sprechen.
Frau Linnert, da haben Sie Recht! Darauf gehe ich gleich noch einmal ein.
Nach den Erkenntnissen des Deutschen Sportärztebundes mehren sich die gesundheitlichen Schwächen oder Schäden und Unfälle. Frau Krusche hat darauf hingewiesen. Es häufen sich aber auch Auffälligkeiten im Arbeits- und Sozialverhalten der Kinder und Jugendlichen, unausgelebter Bewegungsdrang und Einschränkung von Spielmöglichkeiten in unseren Schulen, mangelnde Konzentrations-, Koordinations- und Kooperationsfähigkeit. Deswegen begrüßt die SPD-Fraktion ausdrücklich die Entwicklung von Spielfähigkeit und Bewegungssicherheit als wichtiges Ziel der Grundschularbeit. Wir haben ja gerade in der Deputation darüber debattiert, dass dies wesentliche Grundlagen sind. Wir haben eben schon gehört, dass die täglichen Bewegungszeiten von zehn bis 20 Minuten, übrigens innerhalb der Unterrichtszeit, für die ersten bis vierten Klassen ein richtiger Weg sind.
Frau Krusche, es ging mir ja herunter wie Öl, wie Sie die verlässliche Grundschule mit den sportlichen Angeboten in den Betreuungszeiten gelobt haben. Es ist gut so und es wird auch genutzt.
Den Schwimmunterricht müssen wir in den Haushaltsberatungen absichern. Jedes Kind soll bei uns zum Freischwimmen kommen. Ich kenne diesen Fall übrigens nicht, dass in einer fünften Klasse die Überzahl Nichtschwimmer ist. Es gibt, vielleicht darf ich das an dieser Stelle sagen, auch ein kostenloses freiwilliges Angebot für Nichtschwimmer in den Ferienzeiten. Dort kann man sich anmelden, und wer
vielleicht sein Kind in den nächsten Sommerferien zum Schwimmen bringen möchte, muss sich bis Ende Februar an die Schule gewandt haben und es gemeldet haben. So ein Angebot sollte man auch nutzen.
Auch am Unterricht muss noch gefeilt werden. Wir sehen, dass der Senat da auch einsichtig ist und auch schon die richtigen Schritte sucht und findet. Ich bin nicht glücklich darüber, dass sich so viele Jugendliche dem Sportunterricht entziehen. Das ist übrigens auch ein Einstieg in sich dann verfestigende Schulverweigerung, wenn man hier einmal eine Stunde abhängt, da einmal eine Stunde und sich der Herausforderung des Sports nicht stellt. Eine wichtige Rolle spielen dabei, ich habe es eben schon gesagt, auch die Versagensängste. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass der Sportunterricht auch inhaltlich überprüft wird und dass sich so viele Lehrkräfte auch in Trendsportarten weiterbilden lassen. Wir sehen, es sind viele der durchschnittlich fünfzigjährigen Sportlehrer, die das machen. Es könnten durchaus noch ein paar mehr sein, damit wir das definierte Ziel, qualifizierte und attraktive Angebote für junge Menschen, erreichen, die sich dann gern sportlich bewegen.
Schulen in der Sekundarstufe I: Sie kennen das, wir haben Schulen mit sportbetontem Profil, wir haben Partnerschulen des Leistungssports, wir haben Schulen, die verstärkt Sportunterricht anbieten, und mit den sich ja abzeichnenden Ganztagsschulangeboten können wir ebenfalls Schwerpunkte im sportlichen Bereich setzen. Ich sehe da ganz viele Chancen.
Einen Bereich möchte ich trotz der Kürze der Zeit nicht vergessen, meine Damen und Herren: die Berufsschulen! Häufig beobachten wir, dass Jugendliche, die in eine Berufsausbildung eintreten, aus den Sportvereinen austreten. Das bedauern wir Sozialdemokraten sehr!
Deshalb möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich die Bedeutung des Berufsschulsports, der nun wahrlich ein Stiefkind ist, hervorheben. Auch viele Auszubildende leiden an akutem Bewegungsmangel, also muss auch hier, Herr Senator, der Sportunterricht erteilt werden. Wenn, wie wir ja wissen, im Moment nicht genügend Sportlehrer zur Verfügung stehen, warum, meine Damen und Herren, wollen wir denn nicht einmal darüber nachdenken, ob wir aus dem gegebenen Rahmen springen und sehen, ob wir durch ein Programm wie „Geld statt Stellen“ Abhilfe schaffen!
Ich weiß, dass die Vereine sehr an Kooperationen mit den Schulen interessiert sind. Davon hat jeder etwas! Die Vereine können Mitglieder gewinnen. Ich weiß aus dem Bereich Rudern, dass die integrierte Stadtteilschule am Leibnizplatz in Kombination mit
dem Bremer Ruderverein von 1882 den Rudersport fördert, und ich weiß, dass es dort jetzt das Problem gibt, weil es so viele neue Mitglieder gibt, dass neue Boote gekauft werden müssen. Das boomt richtig! Ich wünsche mir für die Schulen, dass man nachsieht, was ist in der Nachbarschaft, wie können wir zusammenarbeiten! Die Schule hat etwas davon, weil dort junge Fachkräfte ankommen und auch die Vereine profitieren.
Meine Damen und Herren, über 400 Sportvereine in Bremen und Bremerhaven warten mit 170 000 Mitgliedern darauf, mit der Schule zu kooperieren, und ich bitte darum, Herr Senator, dass wir mehr in diese Richtung sehen.
Ich weiß, Sie fördern Kooperationen mit den Krankenkassen, dem Landessportbund, und ich wünsche mir auch eine engere Zusammenarbeit mit der Gesundheitssenatorin, weil Bewegung in der Schule so wichtig ist. Lassen Sie uns auf dem Erreichten aufbauen, den Rahmen hinterfragen und im Interesse der heute noch bewegungsarmen Jugendlichen Lösungen finden! Das Thema Prävention wird übrigens eines der nächsten Themen der SPD-Fraktion werden, bei dem wir Sport, Gesundheit und Bildung im besten Sinne miteinander projektorientiert verbinden werden.