Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Schildt.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Strohmann, eines können Sie im Haus niemandem weismachen, dass nun gerade die CDU der Erfolgsbringer der jetzt beschlossenen Wirtschaftsförderungsausschussvorlage ist!

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen ganz klar, dass Herr Senator Hattig die Bremse gelöst hat, auf der mindestens ein Kolle

ge Ihrer Fraktion ziemlich maßgeblich und kräftig gestanden hat, nämlich Ihr Fraktionsvorsitzender.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Und gewichtig!)

Herr Senator Hattig, insoweit begrüßen wir als SPDFraktion ausdrücklich, dass Sie den Knoten innerhalb der CDU durchgeschlagen haben und eine Vorlage für die Wirtschaftsförderungsausschüsse eingereicht haben, die dann die Parlamentarier beschlossen haben. Herr Kollege Strohmann, der Senator legt vor, und wir Parlamentarier beschließen das, weil Sie ja eben den Senator auch noch als beschließendes Organ gelobt haben.

Wir als SPD-Fraktion sind schon, seitdem das Gutachten im August 2001 vorgestellt wurde, ganz klar für Radio Bremen. Wenn ich Ihnen jetzt die Pressemitteilung Ihres Fraktionsvorsitzenden vorhalte, dann passt die leider nicht mehr zu dem, was Sie eben gesagt haben, wie toll Sie doch jetzt das Ganze finden würden. Die CDU hat von Anfang an ein riesiges Fragezeichen dahinter gesetzt, und wir haben uns immer gefragt, warum die CDU ein Fragezeichen macht.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Wohin ein Fragezeichen?)

Ein Fragezeichen dahinter gemacht, dass nach der Vorlage im August die Möglichkeit einer weiteren Begutachtung für ein Medienkompetenzzentrum in Frage gestellt wurde! Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat sich damals schon ganz klar dafür ausgesprochen: Es gibt keine Mark für Radio Bremen, aber wir lassen Radio Bremen nicht im Regen stehen. Wenn ich Ihre Rede richtig verstanden habe, habe ich nicht viel davon gehört, wie Sie dem Sender Radio Bremen eigentlich helfen wollen. Bisher ist in der öffentlichen Wahrnehmung nur Blockade zu hören gewesen seitens der Fraktion der CDU.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben eine unwahrscheinliche Chance hier in Bremen dadurch, dass Radio Bremen in einer schwierigen Lage ist. Warum die Anstalt in einer schwierigen Lage ist, haben wir letztes Mal in der Bürgerschaftssitzung diskutiert. Radio Bremen hat aber im Rahmen der ARD-Anstalten die Chance, als einziger Sender in der Bundesrepublik eine Umstrukturierung vorzunehmen, ohne dass Arbeitslose produziert werden. Wer dem Intendanten richtig zuhört, wenn er sagt, ich habe eine Verantwortung für das Gemeinwesen, nämlich Radio Bremen gehört uns ja allen ein Stück weit, für das, was da passiert, und er sagt, ich produziere keine Arbeitslosen, sondern versuche, durch vernünftige Strukturveränderungen

dazu beizutragen, dass die Arbeitsplätze, die jetzt im Sender da sind, aber zukünftig nicht mehr zu bezahlen sind, der Stadtgemeinde, dem Lande Bremen nicht verloren gehen.

Das ist doch eine positive Ansage, dass jemand für ein großes Unternehmen – und Radio Bremen ist ein öffentlich-rechtlich geführtes Unternehmen – die Verantwortung so auf sich nimmt und sagt, ich bemühe mich vom August letzten Jahres, meine Zahlen als Radio Bremen dafür beizutragen, dass es eine positive politische Entscheidung geben kann. Radio Bremen hat sich im Verwaltungsrat vor etwa drei Wochen ganz klar für einen Standort ausgesprochen, weil es in etwa acht Millionen DM pro Jahr bringen wird, wenn man an einem Standort zusammenkommt.

Zur Kompetenz, lieber Kollege von der CDU, da würde ich Ihrer Jungen Union noch einmal einen Tipp geben, die überhaupt keine Ahnung von Medienpolitik hat,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

die überhaupt nicht versteht, dass das Zusammenziehen von zwei Standorten doch immer einen Effekt hat. Das hat natürlich nichts damit zu tun, dass die Stadtgemeinde Bremen es für nötig erachtet, ein Medienzentrum zu fördern. Es war nie die Diskussion, weder in dem Gutachten noch in den Diskussionen danach, dass die öffentliche Hand Radio Bremen für den Teil selbst finanziert, der öffentlichrechtlich zu finanzieren ist. Dafür ist die ARD zuständig, und ich kann Ihnen sagen – und dafür sollte man sich einsetzen –, dass ich in einem Gespräch in der letzten Woche auf der Medientagung der SPD in Mainz mit dem Ministerpräsidenten Beck darüber gesprochen habe, wie wir zukünftig sicherstellen können, dass das, was wir hier einvernehmlich beschlossen haben, das Leistungs- und Gegenleistungsverhältnis, eingehalten wird.

Wir müssen darauf hinwirken, dass die ARD genug Geld für ihren Teil hat, und der Intendant hat gesagt, ja, wir leisten uns das, und wir schaffen es, 80 Millionen Euro für den Kernbereich von Radio Bremen zusammenzubekommen. Was er jetzt braucht, ist die Entscheidung zu sagen, was ist im Markt vorhanden, um das, was er im Kernbereich finanziert hat, ergänzen zu können. Das, was im Sender passiert, ist ja auch die Chance, dass sich endlich auch öffentlich-rechtliche Anstalten mit Privaten zusammensetzen, um darüber nachzudenken, wie man Studios, Kameraleute und Infrastruktur nutzen kann.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben so viele Chancen, dass Sie leider zu lange auf der Bremse standen und Herr Senator Hattig wiederum die Bremse gelöst hat. Also noch einmal

ein Lob an den Senator und weder noch an die CDUFraktion!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Jetzt reicht es aber!)

Man muss ja oft genug loben, Frau Kollegin, damit sich das Verfahren weiter so positiv und schnell entwickelt, denn die Beschlüsse der Wirtschaftsdeputation sind positiv und gut, aber sie haben kein Zeitfenster. Deswegen sage ich für unsere Fraktion schon an dieser Stelle ganz klar – und das ist abgestimmt mit unserer wirtschaftspolitischen Sprecherin Eva-Maria Lemke-Schulte –, wir erwarten noch bis zum Sommer eine klare Entscheidung darüber, was die Studie ergeben hat und wo die marktwirtschaftlichen Effekte sind. Ich glaube, dass dann noch in diesem Jahr, nämlich noch vor September, die politischen Entscheidungen getroffen werden können.

Ich wiederhole an dieser Stelle, dass es darauf ankommt, den ARD-Finanzausgleich intern zu sichern, das Gegenleistungs- und Leistungsverhältnis zu sichern, und wir müssen unsere Aufgabe machen. Ich kann Ihnen sagen, dass sich die Fraktion von Anfang an dafür ausgesprochen hat. Der Fraktionsvorsitzende der SPD geht ein Stück weiter als Visionär und sagt, wir können uns natürlich auch vorstellen, dass das Medienzentrum im Faulenquartier entstehen kann. Warum sagt er das? Weil er ganz genau zuhört, was die Kammer in Bremen sagt und was Multimedia und First Tuesday sagen. Sie haben sich bei der Veranstaltung des DGB im World Trade Center, bei dem Teile dieses Hauses anwesend waren, dafür ausgesprochen, dass es nur Sinn macht für kleinere und mittlere Unternehmen, sich dort anzusiedeln, wo etwas passiert, und passieren tut etwas in der Innenstadt. Wir sehen, wie sich die Innenstadt entwickelt, und wir können uns durchaus vorstellen, dass sich ein Faulenquartier medienkompetenzmäßig entwickeln kann.

Insoweit ist es wichtig zu wissen, wer von Anfang an hier die treibende politische Kraft war, und deswegen, liebe Kollegin Frau Stahmann von den Grünen, werden wir Ihren Antrag ablehnen. Allerdings nicht mit der Begründung der CDU wie leider oder Gott sei Dank, sondern weil wir keinen Antrag mehr brauchen. Die Wirtschaftsdeputation hat beschlossen, sie hat ein vernünftiges, klares Verfahren beschlossen, so dass es keines Antrags von Ihnen mehr bedarf, der uns auf Besonderes hinweist.

Ich will Ihnen noch einmal den Beschluss zu der Begutachtung im September 2001 vorlesen. Der wird hier von einigen immer falsch zitiert. Damals haben die Wirtschaftsdeputierten beschlossen, ich darf zitieren: „Die staatliche Deputation für Wirtschaft und Häfen nimmt Kenntnis von der Vorlage“ – August des Jahres – „des Ergebnisberichts zu den Zukunftsperspektiven für Radio Bremen, Entwicklungs- und

vergleichende Standortanalyse.“ Zweitens: „Sie erwartet zu gegebener Zeit eine Unterrichtung über den weiteren Fortgang.“ Dass dieses „zu gegebener Zeit“ daran lag, dass wir jetzt leider ein halbes Jahr verloren haben, das hat daran gelegen, dass die SPD hier im Land Bremen nicht allein regiert. Wir haben bis zum Schluss auf die CDU eingewirkt, bis wir vorletzte Woche den Beschluss entsprechend bekommen haben.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Radio Bremen steht vor einer großen Herausforderung. Wir als Fraktion sprechen dem Intendanten für den Weg, den er noch vor sich hat, alle Unterstützung aus, die wir haben. Es ist ein schwieriger Weg, aber der Intendant wird es schaffen bis zum Jahr 2005, mit seinen Möglichkeiten nicht nur Personal abzubauen, sondern diese Personen, die nicht mehr für den Sender der öffentlichen Anstalt gebraucht werden, dem Arbeitsmarkt insoweit zur Verfügung zu stellen, dass neue Arbeitsplätze entstehen. Wer hier behauptet, wir wollten Babelsberg werden oder was auch immer, der hat die Realität nicht mitbekommen. Wir wollen Arbeitsplätze halten, die es jetzt beim Sender Radio Bremen gibt durch Outsourcing, durch Beteiligung der privaten Sendeanstalten, aber auch durch direkte Private. Insoweit lehnen wir Ihren Antrag ab, und die SPD-Fraktion weiß sich in der Kontinuität ihrer Beschlüsse.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Senator Hattig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wochenlang ist dieses Thema diskutiert worden, der Intendant Radio Bremens und der Wirtschaftssenator haben eine gemeinsame Pressekonferenz gemacht, und die hat ganz sicher nicht den Eindruck erweckt, als seien wir gegeneinander, sondern sie hat, wenn ich denn meine Wirkung noch richtig einschätzen kann, ein Miteinander signalisiert. Außerdem habe ich mich gestern, Frau Stahmann, bemüht, Ihre Frage so zu beantworten, dass ich eigentlich geglaubt habe, das Thema sei nun, zumindest soweit es den Wirtschaftssenator angeht, deutlich.

Da die Informationslage so dicht ist, mache ich es kurz und versuche es noch einmal aus meiner Sicht auf den Punkt zu bringen. Wir untersuchen das Ob, das Wie, und dann untersuchen wir das Wo. So ist es logisch richtig, so ist es unternehmenslogisch richtig, und so ist es auch, nach meiner Einschätzung, strukturpolitisch logisch richtig.

Jetzt haben wir also das Ob von Radio Bremen, mit dem ich ja über längere Zeit in Kontakt gestanden habe. Ich denke nicht daran, mich zu früh zu Wort zu melden, weil ich auch darauf achten muss, dass dabei die eigene Kassenlage nicht unnötig in

Anspruch genommen wird. Radio Bremen sagt jetzt, und das haben sie mir vor 14 Tagen gesagt: Wir wollen, können und werden dafür 160 Millionen DM investieren. Damit ist deren Ob klar. Nun können wir mit dieser Klarheit unser eigenes Ob beantworten: Macht es wirtschaftlichen Sinn, in Bremen von einem Medienzentrum zu sprechen und ein solches zu organisieren, das ja Geld kosten wird? Das untersuchen wir – und doppelt gemoppelt ist es nicht, Frau Stahmann – erst jetzt mit dieser Zielsetzung und dieser klaren unternehmerischen Statik. Wenn dieses Ob, das ja in der Zeitfolge hier angesprochen wird, im Mai, spätestens also im Frühsommer vorliegt, werden wir uns mit dem Wie beschäftigen, das ja vornehmlich bedeutet: Können wir Radio Bremen und ein Medienzentrum, so es sich denn insgesamt überhaupt für Bremen rechnen lässt, zusammenschieben? Erlauben Sie mir, das etwas salopp auszudrücken: Wir wären doch mit dem Hammer geschlagen, wenn wir eine solche Chance nicht nutzen würden!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dann, aber erst dann, beschäftigen wir uns mit der Frage des Wo. Das Faulenquartier wird mir aus allen Richtungen angedient. Da schreiben die Vorstände von Sparkassen, das sagt dieser und jener. Es sollte ja, wenn ich richtig zugehört habe, auch schon einmal am Bahnhofsvorplatz platziert werden. Die Frage, wo wir etwas tun, macht nur dann Sinn, wenn wir vorher wissen, was wir wollen. In dieser Zeitfolge läuft es nun, und wenn dann fröhlich, heiter gesagt wird, na ja, eure Willensbildung, das ist ja alles nur die CDU, und wir hätten ja längst und so weiter! Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen das Bild zurückgebe, das mir ein Fernsehjournalist andiente: So, Sie nehmen jetzt also endlich den Fuß von der Bremse? Darauf habe ich ihm gesagt: Wir fahren erst los, wenn wir wissen, wo wir hinwollen! Darum bemühen wir uns jetzt. Wir werden eine vernünftige Antwort finden. Meine persönliche Absicht ist, dass diese Antwort mit Radio Bremen zusammen zu einer einheitlichen strukturpolitischen Maßnahme formuliert werden kann, aber ich mache meine Absicht nicht zur Vorgabe meiner Willensentscheidung. Warten wir ab! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1061 seine Zu

stimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Meine Damen und Herren, es ist interfraktionell vereinbart worden, dass der Tagesordnungspunkt außerhalb der Tagesordnung, Konsequenz aus Pisa, Schulen ohne Sitzenbleiben, heute nicht aufgerufen wird.

Neufassung Seeunfall-Untersuchungsgesetz untauglich – Seeämter müssen erhalten bleiben

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 19. Februar 2002 (Drucksache 15/1076)

Hier ist interfraktionell vereinbart worden, dass es keine Aussprache gibt, sondern dass dieser Antrag zur Abstimmung gestellt werden soll.

Meine Damen und Herren, wir kommen daher jetzt zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 15/1076 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!