Deswegen sagen wir: Gerade im Bereich der Fischereipolitik ist Vorbeugen besser als Heilen. Das hat auch etwas Ökonomisches, weil es natürlich auch billiger wird, wenn man vorbeugt und die Ressourcen schont, als wenn man versucht, hinterher die eingebrochenen Ressourcen wieder aufzupäppeln, das ist sehr teuer, sehr langwierig und ökonomisch wie ökologisch eher schädlich.
In Bremerhaven und im Land Bremen betrifft das 4000 direkt von der Fischerei abhängige Arbeitsplätze, fast so viele wie beim Technologiepark, das muss man auch einmal wissen. Die Förderung der Fischereiprogramme hält im Gesamtprogramm der Wirtschaftsförderung einen hohen Stellenwert, deswegen gibt es hier ein großes Interesse daran, dass dies auch nicht wegbricht. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Die große Gefahr ist aber, und das ist jetzt auch in der aktuellen Diskussion so, dass es auf der Kippe steht oder zum Teil auch schon gekippt ist. Die Europäische Union hat sich diesem ökologischen Thema sehr stark gewidmet und ein Grünbuch zum Bestand der Fischressourcen in der Welt verfasst, besonders zum Bestand in der Nord- und Ostsee, und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass der Bestand in der Ostsee schon gefährdet ist. Da ist es bereits gekippt, und bezogen auf die Bestände in der Nordsee ist es kurz davor, ebenfalls zu kippen. Die Bestände von Kabeljau, Seehecht, Wittling und Schellfisch sind bereits über die Maßen strapaziert worden, so dass eine Bestandserhaltung jetzt schon gefährdet ist.
„40 von 60 Fischarten sind bereits überfischt“, Zitat EU-Grünbuch, und die Meeresschutzkommission, die jetzt auch in Norwegen tagt, hat gesagt, dass das im Nordostatlantik und in der Nordsee die größte maritime Umweltproblematik überhaupt ist. Von daher müssen wir uns auch als Fischereiland mit dieser Problematik nachhaltig beschäftigen.
Im Durchschnitt sind 50 bis 90 Prozent der Bestände, je nach Fischart natürlich, zurückgegangen. Der Fischereiaufwand ist aber im gleichen Atemzug um das Dreifache gestiegen. Das hat damit zu tun, dass jetzt auch Militärtechnik Einzug in die Fischerei hält. Die gleiche Technik, mit der man Terroristen gezielt aufsucht und liquidiert, wird zum Teil jetzt auch für die Fischerei angewendet. Das heißt, dass auch der kleine Fisch, mag er noch so wendig sein, diesen Fangmethoden nicht mehr entgehen kann. Das hat zur Folge, dass die Bestände natürlich radikal reduziert werden, und das Ergebnis ist, dass die fischereiliche Sterblichkeit, so nennt man das im Terminus technicus, so hoch ist, dass nur noch der Nachwuchs gefischt werden kann.
Meine Damen und Herren, man stelle sich das vor: Nur der Nachwuchs wird gefischt, und der eigentliche Bestand wird gar nicht mehr gefischt! Das ist das Problem der Fischerei, wir haben nur noch kleine Fische im Netz. Natürlich müssen diese kleinen Fische nach den Richtlinien wieder zurückgeworfen werden und landen dann tot oder verelendet wieder im Meer, ohne dass das auf die Fangquoten angerechnet wird. Wir haben hier also einen Teufelskreis der kleinen Fische, die dann als Rückwürfe wieder im Meer landen. Das ist ökologisch eine Katastrophe!
Übrigens ist dies nicht nur ein Problem der EU, sondern natürlich auch ein weltweites Problem. Wir diskutieren die Problematik der Spaltung der Welt in Arm und Reich, eine Frage der Globalisierungs
politik. Auch das ist ein Teil der Fischereipolitik. Unsere Meere sind relativ leergefischt, und wir beziehen unsere Fischbestände aus den Meeren der Länder der Dritten Welt, meine Damen und Herren, und kaschieren so die Krise, die in den EU-Gewässern existiert. Diese Krise wird auf dem Rücken der Entwicklungsländer vertuscht, und das können wir natürlich im Rahmen einer globalen, ökologisch verantwortlichen Politik nicht wollen.
Hauptursachen der Rückgänge der Bestände nennt das EU-Grünbuch in detaillierter Ausführung. Es gibt mehrere Bände davon, ich kann hier natürlich in der Kürze der Zeit nicht alles darlegen. Auf den Punkt gebracht ist es aber so, dass als Hauptursache erst einmal die zu hohen Quoten anzusehen sind. Diese sind nicht nach wissenschaftlichen Kriterien festgelegt, wie es eigentlich sein sollte, sondern, wie das in der Politik so ist, in Form eines Kuhhandels manchmal ausgedealt. Von daher sind sie auch in der Regel höher, als es der Bestand zulassen würde.
Wir haben das Problem der Überkapazitäten. Damit sind erhöhte Subventionen verbunden. Die ganze Problematik der Strukturfonds der EU spielt hier eine große Rolle. Auch hier muss es zu einer Reform kommen und dazu, dass zu einer bestandserhaltenden Subventionierung übergegangen wird. Wir haben den technischen Fortschritt bei den Fangmethoden, das habe ich schon gesagt, die Militärtechnik findet Einzug, und wir haben das Problem der Rückwürfe. 30 bis 40 Prozent der Fische, die gefangen werden, werden tot wieder ins Meer zurückgekippt, ohne dass sie irgendjemandem nutzen. Diese Rückwürfe werden nicht auf die Quote angerechnet. Das ist ein ökologischer Verfall der fischereilichen Sitten, den wir dringend korrigieren müssen!
Wir haben auch geringe Kontrollen. Wir kennen die Problematik der nationalstaatlichen Kontrollen. Hier muss es neue Formen von Harmonisierungsbestrebungen geben, damit es eine Kontrollinstanz gibt, die über die einzelnen Nationalstaaten hinweg eine fischereiliche Kontrolle durchführt.
Im Prinzip, kann man sagen – und das sagen alle Experten, die uns dazu ihre Meinung gesagt haben –, ist die gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union gescheitert. Das muss man einfach so sehen. Die EU ist hier kein Vorreiter, kein Saubermann, und auch die deutsche Fischereipolitik ist hier kein Vorreiter in ökologischen Belangen. Da sind Neuseeland und Island wesentlich besser und spielen hier eine ganz andere Rolle, was die bestandserhaltende Politik angeht.
pulse durch das EU-Grünbuch. Auch die Landwirtschaftsministerin, Frau Künast, hat sich jetzt dieser Frage zugewandt und die Fischerei in das Programm der nachhaltigen und ökologischen Wende aufgenommen, und auch Herr Trittin kämpft jetzt in Norwegen dafür, dass Schweinswale nicht mehr gefangen werden dürfen. Das ist ein erster positiver Schritt und ein Erfolg der rotgrünen Bundesregierung in Sachen Landwirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.
Unser Antrag greift die Forderung des Grünbuches weitgehend auf und sagt, dass wir sie unterstützen müssen. Wir müssen die Kapazitäten abbauen, ich denke, das ist klar. Wir müssen eher Stilllegungsprämien zahlen, als dass wir Subventionen für zusätzliche Kapazitäten ausgeben. Wir brauchen ein integriertes Küstenzonenmanagement, so nennt man das, also ein neues Managementsystem, das auch ökologisches Denken beinhaltet und vor allem auch die Interessen der Fischereilobby einbezieht. Gerade die Fischer mit ihrem Know-how haben ein Interesse daran, dass die natürlichen Ressourcen erhalten bleiben und dies auch Einzug hält in ein neues Managementsystem, meine Damen und Herren.
Ich bin gleich soweit! Die Experten sagen also, die Veränderungen in der Fischereipolitik hängen nicht so sehr mit den Maschen zusammen, mit der Motorleistung, sondern sie müssen hauptsächlich in den Köpfen stattfinden, und das, finde ich, ist besonders bemerkenswert.
Noch ein Punkt zum Schluss zu den regionalen Akteuren: Wir müssen hier in Bremen auch einen neuen Akzent setzen auf eine Fischereipolitik, wir müssen eine Forschungs-, eine Entwicklungspolitik machen, also Förderung von F und E auch in diesem Bereich, die mehr die bestandserhaltende, ressourcenschonende Politik zum Inhalt hat. Das ist bisher noch viel zu wenig geschehen. Das ist auch in der Anhörung ein beträchtlicher Kritikpunkt gewesen. Wir müssen vor allen Dingen die Fischer selbst in den Aktionsprozess vor Ort einbeziehen, also dezentrale Fischereipolitik machen und es nicht nur am grünen Tisch den Bürokraten in der Union überlassen.
Noch eine Anmerkung zum Schluss, meine Damen und Herren! Eine Petitesse ist mir aufgefallen beim Studium der ganzen Dokumente. Der EU-Kommissar für Fischerei und Landwirtschaft heißt Herr Fischlein
nährung heißt Herr Brathering, und der Vorsitzende des Deutschen Fischereiverbandes heißt Herr Fischer.
Ich denke, bei so viel Kompetenz im Namen muss der Senat auch eine zukünftige Fischereipolitik unterstützen, so wie wir sie in dem Antrag formuliert haben. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, begrüße ich ganz herzlich eine Seniorengruppe aus Bremerhaven. – Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schramm hat kurz den Hintergrund dieses gemeinsamen Antrags vom Bündnis 90/Die Grünen, von der SPD und der CDU geschildert. Die Europäische Kommission hat ein Grünbuch zur gemeinsamen Fischereipolitik herausgegeben. Daraufhin hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hierzu einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, den wir gemeinsam in der Fischereihafendeputation sehr ausführlich diskutiert, eine Anhörung dazu veranstaltet haben, in der wir uns mit Vertretern von Verbänden, Vereinen, aber auch aus der Wirtschaft über die gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union unterhalten haben.
Die Situation, wie sie zurzeit vorherrscht, ist auch kurz von Herrn Schramm geschildert worden. Ein Viertel der Fischbestände ist weltweit überfischt. Man muss hier jedoch sehr stark differenzieren sowohl zwischen Fischarten als auch zwischen Fischgründen. Es ist nicht generell so, dass der Seehecht, von dem viel die Rede war, oder der Kabeljau überall überfischt wird. Es gilt in erster Linie nur für die Nordsee. Es gibt Gründe in der Welt, wo er nicht überfischt ist, so dass man das auch sehr differenziert betrachten muss.
Der eine oder andere kann sich die Frage stellen, was nun diese gemeinsame Fischereipolitik uns direkt hier vor Ort angeht beziehungsweise was sie Deutschland angeht. Deutschland ist kein Standort mehr für eine große Flotte, Deutschland fischt die ihm zustehenden Quoten, die von der Europäischen Kommission verteilt werden oder dort ausgemacht werden, in keinem Maße aus, sondern kann auch damit leben, dass wir mit Reduzierungen weiter vor––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
angehen. Wir sind kein Land mehr, das eine große Fischereipolitik betreibt. Wir sind aber ein Land, in dem sehr viel Fisch, Gott sei Dank, gegessen wird und in das auch sehr viel Fisch importiert wird. Über 1,4 Millionen Tonnen Fisch werden jährlich nach Deutschland importiert, und Bremerhaven ist hier mit Abstand der wichtigste Fischverarbeitungs- und Umschlagsplatz. Ich finde von daher, dass wir das an dieser Stelle auch wirklich noch einmal sagen sollten.
Herr Schramm ist ja vorhin darauf eingegangen, als er die ökologischen Aspekte genannt hat, und oftmals wird in der Diskussion ein Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie gesehen. Hier ist es aber gerade so, dass die vor Ort ansässigen Unternehmen, eben die fischverarbeitenden Betriebe in Bremerhaven, sich den Zielen des Grünbuchs verschrieben haben und sich sehr dafür einsetzen, dass es eine bestandserhaltende Fischerei gibt, und ich finde, das sollten wir in diesem Haus auch einmal ganz ausdrücklich begrüßen.
Die beschriebenen Ziele des Grünbuchs sind unstreitig. Sie sind in diesem Plenum unstreitig, auf deutscher Ebene unstreitig und auch auf europäischer Ebene unstreitig. Das allein sollte einen schon erst einmal stutzig machen. Wenn etwas vollkommen unstreitig ist, dann ist oftmals auch zu befürchten, dass dabei nicht so viel herauskommen wird, weil es sehr wenig konkret ist. Genau das ist es auch, was wir dem Grünbuch der EU vorwerfen, dass es bisher sehr wenig konkret ist, denn die wirklich streitigen Punkte und wirklichen Sachen, bei denen es dann darum geht, auch die bestandserhaltende Fischerei umzusetzen, werden mit Sicherheit nicht unstreitig sein, sondern da wird es noch sehr viele Diskussionen geben.
Herr Schramm hat ein paar Punkte genannt, die dabei eine Rolle spielen werden. Ich möchte mich hier in der Diskussion auch nur auf drei Punkte konzentrieren. Wie gesagt, wir haben die Anhörung durchgeführt. Es sind sehr viele Einzelfragen, die da geklärt wurden, die da angesprochen wurden. Es würde jetzt sicherlich zu weit führen, Sie mit all den Fakten hier zu konfrontieren. Ich rate aber jedem einmal, sich das Protokoll der Deputationssitzung durchzulesen, um in diesem Bereich mitreden zu können.
Ich möchte drei Punkte nennen, bei denen es meines Erachtens sehr wichtig sind, dass dort schnellstens etwas getan wird. Das Erste sind die Fangquoten. Hier ist es zwar schon so, dass die Fangquoten auch jetzt nicht einfach aus der Luft gegriffen werden oder allein aus politischem Konsens entstehen, auch jetzt werden die Fangquoten aufgrund wissenschaftlicher Basis ermittelt. Jedoch reicht uns dies
bisher nicht aus, da sie bisher noch nicht mehrjährig ermittelt werden und auch noch nicht artenübergreifend. Das sind zwei wichtige Fakten, die bei der Fangquotenermittlung in Zukunft berücksichtigt werden müssen. Zudem muss die wissenschaftliche Basis, die Grundlage dieser Ermittlung ist, weiter ausgebaut werden. Ich würde mich auch freuen, wenn Deutschland dort eine Vorreiterrolle übernimmt, indem es die Forschung und die Förderung der Wissenschaft in diesem Bereich unterstützen und einen besonderen Stellenwert geben könnte.
Ein wichtiger Punkt bei den Fangquoten ist jedoch auch die Anrechnung vom Beifang auf die Quoten. Sie alle wissen, dass bei der Fischerei auch viel Beifang – wenn also jemand Kabeljau fischt und eben ein anderer Fisch mit in die Netze kommt – einfach wieder über Bord geworfen wird. Da er aber zu diesem Zeitpunkt schon tot ist, nützt dies nichts mehr, weder dass er zurückgeworfen wird, noch dass er verwertet werden könnte, was ja sonst vielleicht gemacht werden könnte. Uns ist wichtig, dass dies auf die Quote angerechnet wird, da so zumindest eben auch darüber die Fangquoten reduziert werden können.
Der zweite Punkt, den ich nennen möchte, der wichtig ist bei der gemeinsamen Fischereipolitik, ist der Flottenabbau. Hier ist es wichtig, die Flotte weiter abzubauen. Ich denke, das ist zumindest unter den deutschen Parteien oder Fraktionen auch unstreitig. Es ist jedoch auch darauf zu achten, dass wir hier nicht nur pauschal den Vorschlag des Flottenabbaus machen, sondern uns hier auch die verschiedenen Segmente anschauen, in denen die Flotten tätig sind, dass es zum Beispiel für die Küstenfischerei, ich nenne hier zum Beispiel auch die Krabbenfischerei, ein anderes Segment und eine andere Begutachtung gibt als für die Hochseefischerei.
Es ist dabei aber auch zu berücksichtigen, dass sich manche Nationen in der Vergangenheit in keiner Weise an die Flottenabbauprogramme gehalten haben, jetzt ihre Flotte auf sehr hohem Niveau haben und von diesen Flottenabbauprogrammen, weil sie eben dadurch eine sehr moderne Flotte haben, zum Beispiel nicht mehr betroffen sind. Dies führt zu einer Wettbewerbsverzerrung auf europäischer Ebene, und genau gegen diese möchten wir auch eintreten.
Als dritten Punkt möchte ich noch die Überwachung nennen. Es ist bei der gemeinsamen Fischereipolitik angesprochen worden, dass es sie im Prinzip gar nicht gibt. Jeder Mitgliedsstaat hat seine eigene Flotte, macht seine eigene Flottenpolitik. Die Überwachung macht jeder Mitgliedsstaat für sich selbst, und auch die Sanktionen legt jeder Mitgliedsstaat für sich selbst fest. Hier ist es wichtig, dass es eine europäische Behörde gibt, die sowohl die Über
wachung als auch die Sanktionierung vornimmt, damit es wirklich eine bestandserhaltende Fischerei gibt, die in allen Mitgliedsstaaten gleich ist.
Als letzten Punkt möchte ich noch den Stellenwert der Fischereipolitik insgesamt nennen. Ich glaube, dass es schon ein ganz wichtiges Thema auch für uns Bremer und Bremerhavener sein sollte, welchen Stellenwert wir der Fischereipolitik insgesamt beimessen.