Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn die beiden Regierungsfraktionen schon 100 Prozent übereinstimmen, kann der Wirtschafts
senator natürlich nicht zurückbleiben. Also bin auch ich 100 Prozent dafür, die Verbesserung, die Effizienz ständig zu überprüfen, das vorweg. Schon deswegen nehmen wir diese Anregung sehr aufgeschlossen auf, um das Gegebene immer wieder darauf abzufragen, ob es für morgen auch noch gegeben sein kann.
Lassen Sie mich trotzdem drei, wie soll ich das ausdrücken, Orientierungen in diesem Zusammenhang ansprechen! Das Erste ist, die BIG ist und bleibt die zentrale Dienstleistungseinheit für die Wirtschaftsförderung, für die Landesentwicklung. Gerade kleinere Unternehmen benötigen eine Information und Dienstleistung aus einer Hand. Das ist, glaube ich, ein gesättigter Erfahrungsgrundsatz.
Zweitens: Wir stellen einen Flächennutzungsplan zur Verfügung. Der ist schon wegen der Kosten, aber auch aus anderen technischen Gründen nur immer im Abstand mehrerer Jahre möglich. Wir sind schließlich nicht New York, womit ich keinerlei abwertende Bemerkung gegenüber der Anregung machen will, aber wir sind eine überschaubare Einheit, und wir sollten uns vielleicht auch nicht, wie soll ich sagen, in dieser Frage der Überschaubarkeit selbst Hürden aufbauen.
Das Dritte: Natürlich muss man heute das Internet nutzen. Das macht die BIG. Sie bewirbt größere Einheiten, sie geht also auf Büro-, Gewerbe- und Industriestandorte im Internet zu, sie ist darüber hinaus überregional in der so genannten Regis-online vertreten. Ob man darüber hinaus weitere Verfeinerungen vornehmen kann, soll, vielleicht sogar muss, wird auch von der Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit abhängen. Aber noch einmal: Auch das wird sinnvoll geprüft, wir bemühen uns darum. Wenn wir den Dreiklang Kosten, Nutzen, Effizienz nehmen, ich bleibe beim sportlichen Bild, versuchen wir, auch in diesem Dreisprung nach vorn zu kommen, vielleicht sogar Erster zu werden. Noch einmal: Wir nehmen Ihre Anregungen auf, werden Sie intensiv überprüfen. Vielleicht ergeben sich dann in der Tat Verbesserungen, die wir gemeinsam beklatschen können. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 15/1176 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Gemäß Paragraph 29 Absatz 5 unserer Geschäftsordnung kann die Mehrheit der Fragesteller eine Aussprache über die Große Anfrage verlangen, wenn der Senat innerhalb der Fristen nicht antwortet. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Fragesteller hat um eine Aussprache gebeten.
Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg. Vielleicht können Sie aber in Zukunft darauf achten, das ist ja nicht das erste Mal geschehen, dass die Wortmeldungen dann auch hier oben vorliegen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Pisa-Ergänzungsstudie und keine Bremer Antworten?“ hieß die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die wir in der ersten Juli-Woche eingereicht haben. Es ist korrekt – der Präsident hat es eben gesagt –, der Senat legt keine Antworten vor und hat uns lapidar mitgeteilt, dass noch Abstimmungsprobleme vorhanden seien und deshalb die Zeit nicht gereicht habe, die Anfrage zu beantworten. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang, der bei diesem Thema ganz offensichtlich noch andere Gründe hat als die sechs Wochen Zeit, die der Senat nicht genutzt hat zu antworten.
Wir haben den Senat gefragt, wie er mit den Ergebnissen der Pisa-Studie und dem Ländervergleich der Pisa-Ergänzungsstudie umgehen wolle. Ich darf daran erinnern: Die Pisa-Studie hat ergeben, dass die Bundesrepublik Deutschland im internationalen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Vergleich in der Bildungspolitik im unteren Drittel liegt. Die nationale Vergleichsstudie zwischen 14 Bundesländern hat ergeben, dass Bremen, was das Leseverständnis der fünfzehnjährigen Schülerinnen und Schüler, die mathematischen Grundkenntnisse und die naturwissenschaftlichen Kenntnisse angeht, jeweils auf dem letzten Rang liegt.
Sie hat darüber hinaus aber auch ergeben, dass in Bremen die Sozialstruktur der Großstädte und der Großstadt Bremen dazu führt, dass hier bei dem Test rund 40 Prozent der Kinder mit einem Hintergrund aus Migrationsfamilien, also mit ausländischen Eltern, in der Schule sind und dass gerade diese Kinder, wie auch Kinder aus sozial benachteiligten Schichten insgesamt, in Bremen überproportional schlecht abgeschnitten und damit auch zu einem besonders schlechten Leistungsbild beigetragen haben.
Wir haben den Senat gefragt, welche Konsequenzen er daraus zieht, was er zur Qualität der Verbesserung des Unterrichts beitragen wolle, wie er alle Kinder künftig besser fördern wolle, wie er die Lehrer auf diese Aufgaben vorbereite und welche mittelfristigen Konsequenzen er sich für die Organisation, die Struktur und das Personal der Schule vorstelle. All das hat der Senat bis heute nicht beantwortet.
Nun ist es nicht so, dass der Senat keine Antworten geben wollte. Bildungssenator Lemke hat dem Senat eine Vorlage eingereicht, in der er versucht, Antworten auf die Fragen zu geben. Allerdings muss man dazu sagen, der Versuch der Antwort war erstens eine Zusammenfassung schon im letzten halben Jahr beschlossener Maßnahmen, die sich darauf konzentrieren, Kinder sollen im Kindergarten und in der Grundschule vor allen Dingen besser Deutsch lernen, und Migrantenkinder, also Kinder aus Familien mit ausländischen Eltern oder Aussiedlereltern, sollten ebenfalls besser Deutsch lernen, und die im Übrigen darauf verwies, dass Konzepte erarbeitet werden müssten, zu deren Erarbeitung aber wiederum Diskussionsergebnisse des runden Tisches Bildungspolitik, Untersuchungsergebnisse, die erst im nächsten Frühjahr vorliegen würden, und noch weitere Untersuchungen, die angestellt würden, ausgewertet werden müssten.
Er kam in der Senatsvorlage zu dem Ergebnis, dass etwa im Spätsommer 2003 grundlegendere Konsequenzen gezogen werden können. Meine Damen und Herren, der Frühsommer – so hieß es da – kommt nach dem Spätfrühling, und im Spätfrühling sind Wahlen. Also: Konsequenzen aus Pisa grundsätzlicher Art erst nach der Bürgerschaftswahl im Jahr 2003!
Das heißt klipp und klar, wir haben das Schuljahr 2002/2003, das jetzt angefangen hat, versäumt, um grundlegende Konsequenzen zu ziehen, und wir werden auch den Schuljahresbeginn 2003/2004 verpassen, wenn der Senat so vorgeht, wie es der Bildungs
senator vorgeschlagen hat. Das sind zwei Schuljahrgänge, die weiterhin die Nachteile der Bremer Bildungspolitik erst einmal erdulden müssen, weil es keine Konsequenzen gibt.
Die Pisa-Debatte ist eine Debatte um unsere Kinder, und die Bildungspolitik muss sich um unsere Kinder kümmern. Nun ist diese Senatsvorlage nie in den Senat gekommen. Ich vermute, die CDU konnte sich nicht so ganz zufrieden geben mit dieser Frage, dass keine grundsätzlichen Konsequenzen gezogen wurden, und hat deshalb dafür gesorgt, dass der Senat lieber dem Parlament keine Antwort gibt, als dem Parlament eine solche unbefriedigende Antwort vorzulegen.
(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Wo haben Sie das denn her? – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])
Ich will darüber nicht spekulieren, sondern schlicht und einfach sagen, was Fakt ist! Als Fakt steckt natürlich dahinter, dass der Koalitionsausschuss erst am 8. September eine Debatte über die Konsequenzen aus Pisa führt und dass öffentlich keine der Koalitionsparteien vorher sagen kann und will, wohin die Reise geht. Man kann es auch einfacher sagen, zwischen SPD und CDU muss noch etwas ausgekungelt werden. Herr Kollege Dr. Kuhn, da gebe ich Ihnen ganz Recht: Besser kann das nicht werden, weil die bisherige Politik in der Bildung, solange die große Koalition regiert, immer war, gebe ich dir, CDU, etwas, bekomme ich, SPD, etwas oder umgekehrt. So wird es natürlich auch jetzt wieder gehen.
Man kann ja schon einmal ein bisschen spekulieren nach dem, was man hört! Die SPD möchte gern eine sechsjährige Grundschule, das will die CDU nicht. Man wird also irgendeinen Kompromiss schließen, ein bisschen sechsjährige Grundschule, aber dafür, was die CDU vielleicht will, einzügige gymnasiale Abteilungen schließen und lieber bestehende Gymnasien ausbauen. Die CDU möchte gern ein Zentralabitur einführen und auch zentrale Abschlussprüfungen in der zehnten Klasse von Hauptund Realschulen, und man wird sagen: Schaut einmal, Herr Gabriel will das nebenan in Niedersachsen auch, und die SPD sagt zähneknirschend: Ja, machen wir, vielleicht, aber was bekommen wir dafür? Vielleicht bekommen wir zusätzlich Geld für zwei Ganztagsgrundschulen oder so, ich spekuliere hier nur, aber in diese Richtung wird es gehen.
Diese Politik hat jetzt die ganzen letzten Jahre schon dazu geführt, dass die Bildungspolitik in Bremen nicht aus einem Guss und mit einer Perspektive und für Eltern nachvollziehbar und konsequent durchgeführt wird, sondern dass wir hier einen Fli
Auf diesem Flickenteppich wird jedes Mal, wenn ein Loch aufgerissen wird oder eine Misere erkennbar wird, hier ein roter Flicken, da ein schwarzer Flicken aufgeklebt. Ein wunderschönes, buntes Bild!
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Ein paar grüne haben wir auch dabei! – Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber man merkt rich- tig, wie gern Herr Mützelburg am 8. Sep- tember dabei wäre!)
Herr Kollege Eckhoff, ich bin heilfroh, dass ich diese Art von Politik nicht mitmachen muss, weil die in der Bildungspolitik keine Zukunft hat!
Dieser Flickenteppich, meine Damen und Herren, hat das Ziel, das die Bremer Bildungspolitik zu Beginn der neunziger Jahre hatte, nämlich eine verlässliche Schulvielfalt in Bremen mit Schulen, die sich selbst Profile geben, die an ihrer Qualitätsverbesserung arbeiten und die vor allen Dingen besseren Unterricht zur Folge haben, längst gekippt. Heute wird wieder nur um Formen diskutiert, und die Lehrer – es gibt ja genug Lehrerinnen und Lehrer, die versuchen, guten Unterricht in ihren Klassen zu machen – spielen eine verhältnismäßig geringe Rolle im öffentlichen Bild der Koalitionspolitik im Verhältnis zu dem, was hier angestrebt wird. Ich sage also Flickenteppich, Schulvielfalt von einst wird zur Schulbeliebigkeit, und das ist natürlich etwas, was Eltern und Kinder so nicht hinnehmen wollen.
Meine Damen und Herren, Bündnis 90/Die Grünen hat im letzten halben Jahr zahlreiche Vorschläge gemacht zur Pisa-Debatte und was nötig ist, von der Sprachstandsprüfung und -untersuchung und den Förderungen im Kindergarten im vierten Lebensjahr bis hin zur Verbesserung der Lehrerausbildung, von der beweglichen Eingangsphase und Förderung in der Grundschule bis hin zur Schule ohne Sitzenbleiben in der Sekundarstufe I. Ich will das hier nicht alles wieder aufführen. Es gibt viele Maßnahmen konkreter Art, die beraten werden müssen. Heute, anlässlich der Perspektive, die wir haben, will ich nur auf zwei grundlegende Probleme eingehen! Wenn es richtig ist, dass wir erstens das Qualitätsproblem lösen müssen, also besseren Unterricht, und zwar besseren Unterricht für alle Kinder und nicht nur für wenige Kinder,
und wenn wir das soziale Problem lösen wollen, dass nicht 20, 25, 30 oder noch mehr Prozent unserer Schulkinder abgehängt werden und keine Bildungsperspektiven haben, dann brauchen wir allerdings einige grundsätzlichere Maßnahmen noch als Sofortmaßnahmen. Das Erste und Wichtigste ist, glaube ich, Reformen können nur dann durchgesetzt werden, wenn die Lehrerinnen und Lehrer motiviert sind. Herr Senator Lemke, Sie haben ja seit Beginn Ihrer Amtszeit versucht, sich für die Lehrer stark zu machen, dass sie wieder motiviert sind und sich engagierter einsetzen. Sie sind auch dabei, verborgene Schätze, wie Sie das nennen, zu heben, also besonders gute Unterrichtsbeispiele und Ideen öffentlich zu präsentieren. Nur, es reicht nicht, einige wenige Schätze zu präsentieren, sondern das Licht und der Glanz dieser Schätze müssen eigentlich auf alle Kinder abstrahlen. Deshalb brauchen wir mehr als Einzelversuche, sondern grundsätzlich für alle Lehrer eine bessere Motivation. Die funktioniert nur, wenn Sie eine verlässliche Bildungspolitik machen und eben nicht diese Flickenteppichpolitik, die ich gerade skizziert habe. Eine verlässliche Bildungspolitik bedeutet auch, dass man nicht das, was man gerade versucht hat, mit den Händen aufzubauen, mit dem Allerwertesten wieder einreißt. Ich darf vielleicht einmal zwei solche Fälle nennen, die ja nicht gerade zuletzt auf der Tagesordnung standen.