Anderenfalls ist es so, dass auch erhebliche finanzielle Belastungen auf Bremen zukommen. Es können Zwangsgelder in Höhe von 750 000 Euro pro Tag fällig werden, und es ist davon auszugehen, dass diese Zwangsgelder auf die einzelnen Bundesländer umgelegt werden. Zudem riskiert Bremen die finanzielle Folge, dass die Auszahlung von Agrar- und Strukturfondsgeldern gestoppt wird.
All das hat dennoch den Senat bisher nicht dazu gebracht, dass er endlich seiner Verantwortung gerecht wird und die entsprechend bewerteten Gebiete auch meldet. Die große Koalition streitet hier immer nach dem ständig gleichen Schema, wie wir es zuletzt auch in der Debatte zum integrierten Flächenprogramm haben erfahren können. Das Schema ist: Die SPD sagt, das Hollerland bleibt geschützt, die CDU sagt, der Technologiestadtteil gehört ins Hollerland, und Sie können sich hier überhaupt nicht einigen. Aber, und das ist entscheidend, Sie brauchen sich auch gar nicht zu einigen, weil das Hollerland sowieso zu melden ist, weil Sie ansonsten Rechtsbruch begehen!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wenn Sie dafür stehen wollen, dass das Hollerland geschützt bleibt, dann ist es auch scheinheilig, wenn Sie es nicht melden. Stehen Sie doch zu Ihrer Position, stehen Sie zu dem, was bekannt und mehrfach belegt ist! Melden Sie endlich das Hollerland, und opfern Sie nicht auch noch Ihre Glaubwürdigkeit dem Koalitionsfrieden!
Besonders möchte ich Sie auch auffordern, ich werde gleich noch Herrn Hattig aus der Debatte von 1999 zu diesem Antrag zitieren: Es hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun, und es hat etwas damit zu tun, wie sich das Parlament begreift und wie man Demokratie begreift. Ich zitiere jetzt das Verständnis von Demokratie, das Herr Hattig hier geäußert hat, aus dem Protokoll der Plenarsitzung vom 17. 11. 1999 mit Erlaubnis des Präsidenten, Herr Hattig: „Was kann denn eigentlich ein Gesetz noch ermöglichen, bei dem ich nur noch nicken darf, und dieses ist ,nur‘ eine Richtlinie?“
Was macht der Senator hier? Er sagt quasi öffentlich und für jedermann und jede Frau in den Protokollen der Bürgerschaft nachlesbar, was er davon hält,
Das ist ungeheuerlich, in der Tat, denn wenn das jeder Bürger und jede Bürgerin tun würde, dann hätten wir keine Demokratie, dann hätten wir nämlich Anarchie. Das wäre das Ergebnis.
Wir Grünen fordern Sie auf, den Rechtsbruch und das Gerangel um die Meldung der FFH-Gebiete endlich zu beenden! Ob Hollerland, ob Blockland, ob Niedervieland oder Weddewardener Außendeich, die wertvollen Naturräume sind schlicht und ergreifend entsprechend dieser Wertigkeit zu melden, und hier gibt es keinen politischen Ermessensspielraum. Das wurde im Übrigen auch mittlerweile durch ein weiteres Urteil, ein Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen, bestätigt. Das Gericht stellt nämlich fest, dass die Freie Hansestadt Bremen bei der Auswahl der FFH-Flächen in ihrem Landesgebiet den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum fehlerhaft ausgefüllt hat. Sie hat rechtswidrig gehandelt. So steht es im Urteil. In der Urteilsbegründung heißt es, ich zitiere auch hier mit Erlaubnis des Präsidenten: „Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung der Beklagten“, die Beklagte ist hier die Freie Hansestadt Bremen, „kann auch schon heute anhand der bereits ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs festgestellt werden. Die Beklagte hat die nicht gemeldeten Flächen aus wirtschaftspolitischen Erwägungen weggelassen. Sie hält in Bezug auf diese Flächen also Entscheidungen für möglich, die mit den Zielen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie in Konflikt stehen.“ Wir haben also nun zum wiederholten Mal gerichtlich bestätigt, dass der Senat, dass die Freie Hansestadt Bremen rechtswidrig handelt. Zudem ist festzuhalten, es werden erhebliche finanzielle Belastungen riskiert, und drittens, dieses Gerangel der großen Koalition kostet Ressourcen der Verwaltung, die anderes tun könnte, als Gerichtsverfahren zu bestreiten. Es kostet Ressourcen, die besser zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt eingesetzt würden. Daher fordern wir Grünen Sie zum wiederholten Mal auf zu melden, und betonen, die Zeit läuft. Die letzte Galgenfrist neigt sich dem Ende zu, denn die Europäische Kommission hat auf der Konferenz der atlantischen Region deutlich gemacht, dass bis Ende September nachgemeldet werden muss, weil sie sonst das Verfahren zur Verhängung der Zwangsgelder wieder aufleben lässt. Deswegen haben Sie jetzt die letzte Chance, meine lieben Abgeordneten, den Rechtsbruch zu beenden und unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zeigt deutlich das Dilemma auf, in dem die Grünen im Land Bremen stecken, es zeigt aber auch deutlich auf, dass die Grünen nicht in der Lage sind, über den Tellerrand zu blicken. Man kann bei der Umsetzung der FFH-Richtlinie ein Flächenland nicht mit einem Stadtstaat vergleichen. Es ist doch ein absoluter Irrsinn, auf Teufel komm heraus und koste es, was es wolle, quasi krampfhaft in einem Stadtstaat Gebiete zu suchen, um sie der EU zu melden, während andere Bundesländer bedeutend schützenswertere Gebiete als das Land Bremen haben, diese aber nicht der EU melden.
Grüne Ökoapostel sehen nur schwarz und weiß, sie sehen aber nicht eine vernünftige Perspektive für die wirtschaftliche Entwicklung des Bundeslandes Bremen, und Vorschläge, um die sehr hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, haben sie erst recht nicht. Meine Damen und Herren, ein vernünftiger Kompromiss kann doch nur bedeuten, dass wir die Flächen, die wir im naturschutzrechtlichen Sinn für schützenswert erachten, melden und die wir für unsere wirtschaftliche Entwicklung selbstverständlich unter Beachtung eines naturschutzrechtlichen Aspektes nicht melden, weil sie nicht gemeldet werden müssen. Das dürfte sogar Ihnen klar sein.
Ihr Antrag ist reiner Populismus. Sie, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, wissen doch ganz genau, dass diese große Koalition mit ihrer überaus großen Mehrheit Ihren Antrag ablehnen wird. Sie wollen mit Ihrem Antrag wider besseres Wissen gerade der Weddewardener Bevölkerung suggerieren, man könne quasi den CT IV noch verhindern. Sie schüren mit Ihren populistischen Anträgen Hoffnungen, die Sie politisch gar nicht einhalten können.
Die Wahrheit ist doch, dass Sie CT IV nicht verhindern können. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Sie unter der damaligen politischen Verantwortung von Rotgrün, unter der Leitung Ihres damaligen Senators Fücks mehrere effektivere Maßnahmen im Sinne des Umweltschutzes vorangetrieben und umgesetzt hätten. Dann, meine Damen und Herren, hätten wir wahrscheinlich heute im Land Bremen keine großen umweltpolitischen Probleme oder einige weniger.
Deshalb fordere ich, und das werde ich in der nächsten Stadtverordnetenversammlung auch noch deutlich zum Ausdruck bringen, eine großzügige Entschädigung der Betroffenen für den CT-IV-Ausbau, eine angemessene, deutlich spürbare Entschädigung für diejenigen, die wegziehen wollen, oder aber auch eine angemessene Entschädigung, wenn sie bleiben möchten.
Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Entwicklung lässt sich nicht aufhalten, aber sie muss für die Menschen erträglich bleiben. Menschen, Tiere und Umwelt müssen eine Einheit bilden, denn Umwelt- und Tierschutz ist auch Menschenschutz. Dafür steht die Deutsche Volksunion. Ich sage im Namen der Deutschen Volksunion deutlich, es ist ein Irrsinn, hören Sie mir genau zu,
wenn der Mensch glaubt, die Natur beherrschen zu können. Die Natur rächt sich gnadenlos. Bestes Beispiel ist die Jahrhundertflut-Katastrophe, und kein Mensch, keine Grenze dieser Erde kann diese Rache der Natur jemals aufhalten oder beherrschen. Darum müssen wir für unsere Kinder und weitere Generationen mit unserer Umwelt, mit der Natur und mit den Tieren zukunftsorientiert, verantwortungsbewusst und sehr behutsam umgehen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Mathes, ich glaube, die große Koalition hat im Hinblick auf Umwelt- und Naturschutz überhaupt keinen Nachholbedarf. Das, was wir in den letzten Jahren unter Naturschutz gestellt haben und was wir auch in der ersten Meldung für die FFH-Richtlinie angegeben haben, lässt sich sehen: Es ist eine riesige Fläche, prozentual gesehen, unseres Bundeslandes, die wir gemeldet haben, und das lässt sich an anderen Bundesländern durchaus sehr gut messen. Wir sind nicht diejenigen, die auf der Liste stehen und angeschwärzt werden. Es geht hier bei dieser Nachmeldung um einige punktuelle Gebiete, über die man sich einigen muss, und das werden wir auch irgendwann hinbekommen, meine Damen und Herren.
Man muss aber berücksichtigen, aufgrund der Struktur des Zwei-Städte-Staats hat das Bundesland Bremen besonders sorgfältig mit seinen knappen verfügbaren Flächen umzugehen. Darüber hinaus trägt Bremen als Sanierungsland eine hohe Verantwortung gegenüber den anderen Bundesländern, die ökonomischen Eigenkräfte soweit zu mobilisieren und langfristig die Eigenständigkeit dieses Bundeslandes zu sichern. Dies setzt ein stabiles Wirtschaftswachstum und die Sicherung und Bereitstellung von Arbeitsplätzen und Wohnraum voraus und ist eben eine ganz wichtige Komponente. Deswegen machen wir es uns auch sehr schwer im Hinblick auf weitere Flächen, die gemeldet werden sollen oder für die gefordert wird, dass sie gemeldet werden sollen.
Frau Dr. Mathes, wir haben uns schon einmal vor einigen Jahren, ich glaube, vor zwei Jahren, ausführlich über die FFH-Richtlinie ausgetauscht, und ich will doch noch einmal ein paar Punkte daraus erwähnen, bevor ich zu den einzelnen Gebieten komme. Ich habe mir da so viel angelesen und aufgeschrieben, es könnte also durchaus sein, dass ich dann abgeklingelt werde,
Im Anhang eins der FFH-Richtlinie sind diese genannten schützenswerten 200 Lebensraumtypen. Davon sind in Bremen zwei. Bei einer ist etwas umstritten, ob es wirklich eine Binnensalzstelle ist, und es gibt das Ästuar, das für Weddewarden wichtig ist. Dann gibt es prioritäre Vorkommen, von denen Bremen eins hat, die Binnensalzstelle, wenn sie denn eine ist. Das ist ein Hektar. Ein Hektar, das entspricht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Im Anhang zwei werden 193 Tierarten und 360 Pflanzenarten genannt. Davon kommen in Bremen gerade fünf Tierarten vor. FFH-relevante Pflanzenarten gibt es überhaupt nicht in Bremen. Das sind wichtige Faktoren, die einfach vergessen werden bei denen, die immer so schön das ganze Blockland, das ganze Niedervieland, das ganze Hollerland melden wollen, obwohl es da diese Arten überhaupt nicht gibt und es überhaupt gar nicht relevant ist, meine Damen und Herren.
Bremen trägt für keine dieser Lebensraumtypen oder -arten die alleinige Verantwortung in dem Sinne, dass diese Vorkommen ausschließlich in Bremen anzutreffen sind, was auch sehr wichtig ist, weil es durchaus möglich ist, dass in der Bundesrepublik wesentlich größere Vorkommen dieser wenigen Arten, die hier genannt worden sind, auftreten. Da hat es mehrere Gutachten gegeben. Ein Gutachten, das ist von dem Professor Ganten, das als Grundlage für unsere Diskussionen gilt in allen Ressorts, sagt auch, dass, wenn es nicht eindeutig geklärt ist und insofern keine prioritären Arten oder Lebensraumtypen vorkommen, dass man also im Interesse einer Vermeidung von Unsicherheiten diese Gebiete nicht melden soll. Das ist eine ganz einfache und klare Regelung.