Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine sehr spannende Debatte. Ausgangspunkt ist ein sehr qualifiziertes, gründlich erarbeitetes Papier, das der Senat beschlossen und der Bürgerschaft vorgelegt hat. Ich habe bei dem Versuch, mir Parallelpapiere aus anderen Ländern zu besorgen, nichts Vergleichbares gefunden. Das, was hier erarbeitet worden ist, ist etwas Ungewöhnliches. Das war dringend nötig. Es haben übrigens Staatsräte erarbeitet, lieber Kollege Böhrnsen, sie haben das zusammen erarbeitet, und sie haben eine gute Arbeit gemeinsam vertreten. Es ist unangebracht, einzelne davon anzugreifen.
Die politische Auseinandersetzung muss nicht mit den Staatsräten, sondern mit den Regierungsmitgliedern geführt werden. Darum stehe ich hier auch und will so gut, wie ich kann, zu werten und zu gewichten versuchen.
Die Ausgangslage ist extrem schwierig. Darüber sind wir uns übrigens alle einig. Wir versuchen hier nicht, durch Schönfärberei irgendetwas zusammenzuschieben, sondern es ist eine wirklich gute und belastbare Materialsammlung. Von daher kann man erkennen, dass wir in diesem mühseligen Aufholwettbewerb mit der überproportional hohen Arbeitslosigkeit natürlich noch längst nicht an unserem Ziel angekommen sind. Jemand, der sich zurücklehnen und sagen will, das war es jetzt, und jetzt machen wir endlich etwas anderes, der verkennt die Lage.
Wir sind mitten in diesem wirklich unangenehm schwierigen und die Menschen ja extrem belastenden Kampf um Arbeitsplätze. Die Arbeitslosigkeit ist leider immer noch überproportional und in Bremerhaven geradezu extrem überproportional, wenn man den Westen sieht. Das kann man nicht schönreden, das muss man als Ausgangslage nehmen. Dagegen anzuarbeiten ist und bleibt oberstes Gebot all derjenigen, die für dieses Land arbeiten. Ich möchte einmal denjenigen sehen, der unter uns sagt, das ist nicht mehr wichtig. Ich möchte einmal denjenigen sehen, der sagt, das war es oder so.
Ich sage ja auch nur, den möchte ich sehen. Dem würde ich gern mit all meiner Energie entgegentreten können und sagen, das ist und bleibt wirklich unumstritten die wichtigste Priorität derjenigen, die im Land Bremen Landespolitik machen.
Das kann man nicht relativieren, da darf man nicht darum herumreden. Das ist es. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nur dann, wenn wir da wirklich vorankommen, auch diese vielen anderen, dringend gewünschten, auch zu Recht geforderten Fortschritte in der übrigen Entwicklung dieses Landes schaffen werden. Wir werden es aber nicht umgekehrt machen können. Wir werden nicht eine Idylle einrichten können in der Hoffnung, dass das Arbeitsplätze schafft. Das geht nicht, sondern wir müssen unsere Arbeit, unser Investieren, Planen und Entwickeln unter diese wirklich eindeutige und alternativlose Notwendigkeit stellen, Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist der erste Punkt.
Zweitens: Ich denke, die davon abhängige Forderung, dass wir Wohnen in Bremen und Bremerhaven attraktiver machen müssen, muss gleichermaßen ganz klar und nicht wegdiskutierbar im Mittelpunkt zukünftiger Planungspolitik stehen. Das hängt übrigens miteinander zusammen. Das kann man aus diesem Papier erkennen. Ich habe fast die ganze Nacht darin gelesen, um mir das aus den vielen Zahlen und Texten zu erarbeiten. Man kann erkennen – –.
Ich habe diese Vorlage doch nicht produziert, sondern ich habe sie im Senat begrüßt. Ich bin stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter das unter der Regie der Staatsräte zustande gebracht haben. Es ist wirklich eine gute Basis. All diejenigen, die Wahlkämpfe machen, vorbereiten und Programme oder Ähnliches schreiben, sollten diese Vorlage als Muss für ihre schönen Texte nehmen. Daran kommen wir nicht mehr vorbei. Wir müssen das wirklich zur Grundlage unserer weiteren Arbeit machen. Ich habe da gefunden, dass es diese klare Priorität gibt, nach Bremen zu kommen, auch über den Arbeitsplatz, natürlich auch den Arbeitsplatz in Universitäten und Forschungszentren. Das ist doch klar. Das ist doch ein riesiger Beschäftigungsfaktor, den wir da inzwischen haben. Es ist wunderbar, dass wir den haben, der muss ganz wichtig gehalten werden. Es müssen nicht Schwerindustrie und alte Industrie gegen Forschung ausgespielt werden. Nein, das sind auch Kämpfe um Arbeitsplätze, die eng mit Ausbildung zusammenhängen.
Wenn diese drei Bereiche, Arbeit, Forschung und Ausbildung, zusammenkommen, dann haben wir nach all dem, was ich in diesem Papier gefunden habe, eine reelle Chance, dass wir von dieser hohen
Arbeitslosigkeit herunterkommen. Herr Pflugradt hat ja Recht – warum sollen wir ihm die positiven Voten allein überlassen, ich freue mich immer, wenn ein Abgeordneter sagt, wir haben da schon Schritte in die richtige Richtung gemacht! –, wir haben uns da tendenziell vom Bundestrend abgekoppelt. Das ist doch toll.
Nun kann man, wenn man in der Opposition ist, sagen, ihr habt euch aber etwas anderes vorgenommen, ihr seid ja weit von eurem Ziel entfernt geblieben! Nun ja, das kann man nicht übersehen, dass wir uns andere Ziele vorgenommen haben, aber wir haben den Trend gebrochen.
(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wir haben nicht polemisiert, Herr Bürgermeister!)
Gut, das haben Sie natürlich alles unterstützt und immer mitgetrommelt, das weiß ich, Frau Trüpel, Sie waren immer voll dabei! Ich will nur vom Ergebnis und den Zahlen her sagen, das muss man doch als positive Rückmeldung nehmen. Das ist doch nicht nur die Freude von Herrn Pflugradt, das ist auch meine Freude, das ist auch unsere Freude. Darüber müssen sich eigentlich alle freuen, dass wir da eine Trendwende geschafft haben.
Die müssen wir natürlich um Himmels Willen nicht gefährden. In so schwierigen Zeiten wäre das ja noch schöner! Die Zeitungen stehen doch voll von Katastrophenmeldungen. Schlagen Sie doch heute einmal die Zeitung auf! Schauen Sie sich doch an, was in Berlin und in anderen Ländern passiert! Schauen Sie doch, was Rotgrüne in anderen Ländern machen, übrigens Schwarze natürlich auch, alle! Keiner soll hier aber sagen, er wüsste, wie man da herauskommt, und immer auf den anderen zeigen. Nein, wir sind in einer dramatisch zugespitzten, absolut unangenehmen und perspektivisch bedrohlichen gesamtstaatlichen Entwicklung in der Bundesrepublik! Wir könnten mit unserer mühseligen, langwierig angelegten Sanierungspolitik eines von den wenigen Beispielen sein, wie man sich da herausstrampelt.
Da muss man seine Talente zusammenhalten und seine Erfolge, so anstrengend die sind, übrigens auch präsentieren. Wir haben unsere Sanierungsarbeit bisher nach dem Vertrag und nach dem, was wir mit den Ländern und den unterschiedlichen Bundesregierungen verhandelt haben, wirklich ernst genommen, angepackt und können belegen, dass wir im Trend auch Erfolge haben.
gung, die wir uns alle wünschen. Leider haben wir noch längst nicht die Einwohner, die wir uns wünschen. Leider haben wir noch längst nicht den Abbau der Schulden, den wir uns wünschen und vorgenommen haben. Das kann ich doch nicht schönreden, das ist doch so. Wir haben uns aber im positiven Sinne vom Bundestrend abgehängt. Das ist, finde ich, ein Grund zu sagen, Donnerwetter, die sind gut aufgestellt und haben eine ordentliche Arbeit gemacht.
Die müssen jetzt nicht mit einem Büßerkleid herumlaufen und sagen, alles ist falsch gewesen. Jetzt kommt die Kritik von Herrn Böhrnsen. Wenn ich das richtig verstehe, findet er die Analyse total okay. So habe ich ihn verstanden. Der erste Teil ist eigentlich außer Streit. Seine Kritik, nicht an einzelnen, sondern an dem Konzept, geht, wenn ich sie richtig verstehe, dahin, dass er sagt, ihr seid mir nicht eindeutig genug über das, was denn zukünftig an Prioritäten kommt. Darüber müssen wir auch weiter diskutieren, übrigens auch wir beide!
Wir dürfen keinen Allerweltsladen aufmachen. Wir dürfen nicht sagen, es ist uns eigentlich alles gleichermaßen wichtig, und seid nett zueinander, ist das Konzept, wie wir die Sanierung schaffen.
Nein, nein, wir müssen, obwohl wir gern zu allen nett sein möchten, Sie wissen doch, wie ich bin, Sie kennen mich doch – –.
(Heiterkeit – Abg. D r. K u h n [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Weil ich Ihnen wider- spreche, das sind Sie nicht mehr gewohnt!)
(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist eine schöne Vorstellung, aber nicht die Realität!)
Selbst bei meinem Wunsch, mit allen irgendwie gut klarzukommen, muss ich doch die politische Kraft aufbringen, wirklich Prioritätenbildung zu schaffen.
Ich kann doch nicht sagen, alles kann gleichermaßen laufen. Das geht doch nicht! Ich muss doch die Kraft haben zu sagen, wenn es uns so schwierig ist, wir so knappe Kassen, die hohe Arbeitslosigkeit und diese Schuldenlast haben, dann muss ich Prioritäten setzen. Darum geht es. Lieber Herr Böhrnsen, das Papier ist da nicht am Ende. Das Papier ist nicht das Wahlprogramm für die nächsten vier Jahre, sondern hier haben Mitarbeiter sehr ordentlich, sehr solide und sehr beispielhaft versucht, die bisherige Arbeit zu beurteilen, zu qualifizieren, und geben nun dicke Arbeitsaufträge. Ihr könnt euch nicht in die Regierung hineinschummeln, ihr Grünen! Ihr könnt nicht sagen, wir wären gern dabei, wenn es nett ist. Nein, Nettigkeit wird hier nicht gewählt, sondern hier wird Durchsetzungskraft, Sanierungskraft und Gestaltungskraft gewählt und nicht, wir wollen mit allen Leuten irgendwie über die Runden kommen. Nein! Bremen und Bremerhaven werden kein Roncalli-Zirkus!
Wir werden in Zukunft weiter ein scharfes, um Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft ringendes, konkurrenzfähiges und starkes Gebilde sein müssen. Das wissen ganz viele, und für die muss man reden. Für die muss man arbeiten, und für die müssen wir kämpfen. Darum müssen wir in den nächsten Wochen und Monaten bis zur Bürgerschaftswahl, wenn Sie so wollen, und darüber hinaus diese Prioritätenarbeit schaffen und leisten. Es gibt in diesem Papier eine gute Reihe von Gründen, dass sich das sortieren muss. Ich rate auch, die nicht zu übersehen, weil wir sonst ein Problem auf vielerlei Ebenen bekommen. Das ist aber noch vor uns. Ich will auch sagen, wie es nach meinem Wunsch geht. Ich denke, wir dürfen nichts unterlassen, um die Priorität Beschäftigung für Leute, die Beschäftigung suchen, zu schaffen. Das ist die Nummer eins, in unserer Stadt Arbeit zu schaffen. Ich glaube, wir wären gut beraten, wenn wir das ganz vorn anstellen und sagen, wir schaffen das insbesondere auch dadurch, dass wir die Wirtschaftskraft dieses Landes stärken. Ich bin für Hartz, aber Hartz ist nicht das Beschäftigungsprogramm, das wir brauchen. Es ist vielleicht eine Optimierung der Arbeitslosenadministration, dafür gibt es gute Gründe. Was uns aber bewegt, ist Wirtschaftskraft. Wir müssen endlich wieder Wirtschaftskraft organisieren.
Wir müssen stärker werden. Wir müssen wachsen. Das müssen wir mit allen Kräften, die wir haben, machen, da darf keiner außen vor bleiben, die müssen wir gewinnen, die müssen dabei sein. Natürlich ergibt sich daraus ganz automatisch, dass wir, bitte sehr, in unseren Wohnungsangeboten attraktiv sein müssen!
Wenn Frau Krusche sagt, baut nicht neu, ich weiß ganz genau, dass diese neuen Häuser ja gar nicht verkauft werden: Wir bauen nicht neu, sondern da bauen Unternehmer! Die fragen übrigens nicht Sie, Sie machen das ja auch nicht, sondern die fragen ihren Markt und bauen nur dann, wenn sie am Markt Chancen haben.
Liebe Frau Krusche, das machen wir nicht politisch aus, das macht der Markt aus! Wir müssen am Markt leistungsfähig sein. Ich bin ja jemand, der einen Altbau vorgezogen hat. Ich bin genau, wie Frau Krusche sich das wünscht,
mitten in die Stadt gezogen und habe dann mitten in der Stadt gefunden, dass es da attraktiv und urban ist. Meine Freunde sind aus Fischerhude und Seebergen wieder zurück in die Stadt gezogen. Sie haben ihre Häuser verkauft, weil sie Gründe hatten, in der Stadt Vorteile zu finden. Das ist toll. Es gibt aber auch diejenigen, die ein Einfamilienhaus bauen wollen. Dann ist die Frage, ob sie das in Grasberg, Verden oder sonstwo bauen oder ob sie das in Osterholz bauen! Ich bin dafür, dass sie das in Osterholz bauen.