Erstens: Nicht einmal fünf Promille aller deutschen Unternehmen zählen nicht zum Mittelstand. Zwei––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tens: Kleine und mittelständische Unternehmen, KMU, stellen rund 70 Prozent aller Arbeits- und 80 Prozent aller Ausbildungsplätze. Drittens: Sie tragen 57 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei, tätigen aber nur 46 Prozent aller Bruttoinvestitionen. Gut ein Drittel aller KMU existiert seit mehr als 30 Jahren, aber über 36 Prozent sind jünger als zehn Jahre. Hier zeigen sich Stabilität und Dynamik gleichermaßen.
Diese Kleinbetriebe, meine Damen und Herren, werden zu 97 Prozent vom Inhaber oder geschäftsführenden Gesellschaftern geführt, und Delegation und konzeptionelle Planung werden selten praktiziert. Das alles hat das Institut für Mittelstandsforschung herausgefunden.
Darüber hinaus gibt es gerade in inhabergeführten kleinen Firmen meistens keine Investitionskonzepte und auch keine Budgets. Ad-hoc-Investitionsentscheidungen sind im Mittelstand üblich und eine Ursache für die ausgeprägte Fremdfinanzierungskultur, insbesondere hier, womit wir beim Stichwort Basel II sind, denn diese diskutierten veränderten Finanzierungsregelungen stellen das Verhältnis zwischen Finanzierungsinstitutionen, Beratung und eben dem Unternehmen, das Beratung und Kredite nachfragt, das so genannte Hausbankprinzip, dar. Im Kontext der Globalisierung muss sich der Bankensektor hierbei neu ausrichten, Herr Kollege Focke.
Zunehmender Wettbewerb und schrumpfende Zinsmargen erhöhen die Risiken der Kreditinstitute. Jede Darlehensentscheidung muss auf der Basis einer individuellen Bonitätsprüfung, dem so genannten Rating – auch ein Wort, das dann häufig genutzt wird –, getroffen werden. Die Begleitung langjähriger Geschäftspartner durch Krisenzeiten ist dadurch für Banken erschwert worden. Für den eigenkapitalschwachen Mittelstand gibt es aber kurzfristig wenige Alternativen zu Finanzpartnern, die mit ihnen gewissermaßen durch dick und dünn gehen, die sie also so beraten. Das Dilemma ist klar, die Lösung scheint schwierig. Obwohl die restriktiven Basel-IIBedingungen noch gar nicht gelten, sondern erst ab 2006 eingeführt werden sollen, werden sie angewandt, und spätestens ab 2003, so haben sich die Banken entschieden, werden sie sie auch anwenden, und deshalb müssen wir uns dieses Themas sehr schnell annehmen.
Selbst wirtschaftlich florierenden kleinen Firmen oder Selbständigen mit guten Ergebnissen werden von langjährigen Finanzierungspartnern unter Hinweis auf eine zu geringe Eigenkapitalausstattung Kredite versagt. Je kleiner die Firma, desto schwieriger die Lage. Wenn Darlehen bewilligt werden, was, wie gesagt, immer schwieriger wird, müssen sich KMU häufig mit verteuerten Konditionen abfinden. Klar ist, dass die restriktive Finanzierungspraxis den Mittelstand dadurch in eine kritische Situation versetzt, und deshalb müssen wir uns darum kümmern.
Leider, meine Damen und Herren, so ist jedenfalls mein Eindruck nach der Antwort des Senats, scheint
sich der Senat dieser Lage noch nicht ganz ausreichend bewusst zu sein, Herr Senator Hattig. Es ist zwar richtig, dass das Land Bremen auf die veränderte Lage frühzeitig reagiert hat, und die von der Bremer Aufbau-Bank angebotenen Kredite zur Investitions- und Wachstumsfinanzierung sind ein Schritt in die richtige Richtung – hier zeigt sich im Übrigen auch, wie wichtig es war, dass wir uns für die Einrichtung und Errichtung einer eigenen Struktur- und Förderbank entschieden haben –, aber die angekündigte Bereitstellung weiterer, dem Anforderungsprofil des Marktes entsprechender Förderinstrumente reicht nicht aus. Deshalb weckt diese Formulierung, die Sie hier in der Antwort auch treffen, den Wunsch nach detaillierteren Informationen: Welche Instrumente können wir wann vom Senat dazu erwarten?
Dass die Bremer Aufbau-Bank mit der Gründung einer Beteiligungs- und Managementgesellschaft Bremen ihre Aktivität im Bereich Kapitalverstärkung intensivieren will, begrüßen wir prinzipiell. Für mich bleibt aber die Frage, warum die zusätzlichen Aktivitäten nicht von den bereits betriebenen Gesellschaften übernommen werden können. Warum ist das so? Mit welchem Mittelvolumen soll die neue Gesellschaft ausgestattet werden? Wird die neue BAB-Tochter private Gesellschaften haben? Ist diese Gesellschaft, die gegründet werden soll, bereits gegründet worden? Das Jahresende steht unmittelbar bevor, auch darauf hätte ich hier heute gern eine Antwort!
Meine Damen und Herren, ganz so entspannt, wie man sich das wünschen würde beziehungsweise die Senatsantwort vorgibt, ist die Lage wohl nicht, denn es ist offenbar tägliche Praxis, dass die Banken trotz formeller Freistellung selbst Kleinstunternehmen nach den Bonitätsregelungen der Basel-II-Vereinbarungen bewerten. Das ist so, jedenfalls sind es die Informationen, die ich bekomme.
Zudem rechnen Experten damit, dass sich für viele kleine und mittlere Unternehmen Kredite um eineinhalb bis zweieinhalb Prozent verteuern werden. Was das für die Wirtschaft heißt, kann sich jeder vorstellen. Es wäre daher hilfreich, wenn der Bremer Wirtschaftssenator, wenn BIG und BAB ihre Kompetenz und ihr Renommee einsetzten, um die Kreditwirtschaft auf ihre gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Verantwortung zu verpflichten, denn es ist nicht primär Aufgabe des Staates, wettbewerbsbedingte Probleme zu lösen.
Das Fazit ist für mich also erstens: Staatliche Instrumente können den Anpassungsprozess abfedern, aber nicht den Fremdkapitalbedarf von kleinen und
mittleren Unternehmen dauerhaft abdecken. Zweitens: Die jetzige Bundesregierung, die sich übrigens sehr intensiv in diesen ganzen Prozess eingeschaltet hat, hat erreicht, dass die Basel-II-Kriterien bei der Vergabe kleiner Darlehen, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt angewendet werden sollen. Zugleich stellt sie über ihre Förderbanken Mittel zur Abdeckung des Fremdfinanzierungsbedarfs bereit.
Das Steuerrecht, man höre und staune, weil wir und die gesamte Öffentlichkeit doch in diesen Tagen immer so viel über Steuern reden, wurde zugunsten der Eigenkapitalbindung von kleinen und mittleren Unternehmen geändert. Das ist ein sehr guter Verhandlungserfolg der deutschen Bundesregierung für die deutsche Wirtschaft.
Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie alle und insbesondere natürlich den Senat, dass Sie an den – –.
Das ist so, Herr Kollege Focke, das können Sie sogar der Antwort des Senats entnehmen! Es ist eine Gesamtantwort!
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Herr Fo- cke hat aber gar nichts gesagt! Das war Herr Eckhoff eben!)
Entschuldigung! Das gilt dann gleichermaßen für den Kollegen Eckhoff! Also, an den Bankensektor muss – –.
(Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber das galt doch nur für Kapitalgesellschaften, Frau Kol- legin, oder?)
Ich bitte den Senat wirklich, und er sollte es prüfen, an den Bankensektor zu appellieren, seine gesamtwirtschaftliche Verantwortung im Interesse einer stabilen Wirtschaft, im Interesse der Standortstärkung unserer beiden Städte, unseres Bundeslandes wahrzunehmen. Es kann nicht nur um Einwohnergewinnung und Arbeitsplätze gehen. Ich habe Ihnen eben die Bedeutung der kleineren und mittleren Unternehmen und des Mittelstands für die Arbeitsplatzsicherung und -schaffung dargestellt. Deshalb müssen wir uns um die Unternehmer und um den Mittelstand kümmern, und das sollten wir auch weiterhin tun. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lemke-Schulte hat gesagt, der Mittelstand ist das Herz der deutschen Wirtschaft. Das ist wahr, und wenn Sie sich daran ab und zu einmal erinnern würden, dann wäre es auch ganz fabelhaft.
Aber was wir in den letzten Wochen, allerdings in den letzten Jahren auch schon, aber insbesondere nach der Bundestagswahl erlebt haben, ist nicht das, was sich der deutsche Mittelstand von der neuen Regierung gewünscht hat.
Das macht die ganze Sache natürlich nicht einfacher, und deswegen finde ich auch nicht – aus Ihrer Sicht natürlich verständlich –, dass wir alle möglichen Dinge herbeiziehen, ob das nun Basel II oder die Banken sind oder sonst etwas, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Das sind nicht die Probleme, sondern die Probleme liegen insbesondere natürlich in den Rahmenbedingungen, die nicht stimmen, die dem Mittelstand einfach keine Luft zum Atmen lassen, nach denen er sich nicht entfalten kann, nach denen er keine Möglichkeit hat, Eigenkapital zu bilden. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die man dazu auch noch sagen könnte, aber wir wollen uns ja noch einmal genau mit den Folgen, Problemen oder Chancen von Basel II beschäftigen.
Es ist richtig, dass die Finanzierung kleiner und mittelständischer Unternehmen traditionell über Kreditvergabe durch Banken erfolgt. Dabei stehen die langfristigen Darlehen mit ungefähr 85 Prozent der Kreditvergabe im Mittelpunkt, 15 Prozent sind kurzfristige Darlehen. Die Finanzierung der mittelständischen Unternehmen ist aber nun wirklich nicht in erster Linie ein Problem der Banken oder des Problems Basel II, sondern, wie eben angesprochen, es liegt wirklich an der niedrigen Kapitalausstattung des Mittelstandes. Sie ist wirklich sehr niedrig, und die meisten Unternehmen, das wissen Sie auch, haben eine Kapitalausstattung zwischen ein und drei Prozent Eigenkapital. Das ist sehr, sehr wenig, denn der deutsche Mittelstand hat insgesamt im Durchschnitt eine Eigenkapitalausstattung von rund sieben Prozent.
Das ist natürlich im internationalen Vergleich, von den USA einmal ganz abgesehen, ein sehr, sehr geringer Prozentsatz, und das ist das eigentliche Problem. Basel II ist nicht das Problem der deutschen Banken, sondern Basel II ist international ausgerich––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tet und hat mit dem deutschen Bankensystem eigentlich wenig zu tun. Es soll nur darauf aufpassen – dazu kommen wir gleich noch –, dass auch bei den Banken eine bessere, flexiblere und deutlichere Einsichtnahme getätigt werden kann, was deren Risiken betrifft.
Was heißt Basel II eigentlich? Die Große Anfrage ist vom Senat meines Erachtens ausgezeichnet beantwortet worden. Sie ist in sehr vielen Details beantwortet worden, sie ist sogar auf dem neuesten Stand, was die Basel-II-Verhandlungen angeht, beantwortet worden, und das finde ich wirklich sehr, sehr lobenswert und von großem Sachverstand gekennzeichnet.
Basel II, das ist der Ausschuss für Bankenaufsicht der Bank für internationalen Zahlungsausgleich. Er verhandelt seit 1999 über Veränderungen bei den bestehenden Eigenkapitalregelungen und Aufsichtsvorschriften für Banken, also nicht für den Mittelstand, sondern für Banken.
Bei diesen Verhandlungen geht es insbesondere um drei Säulen, immer bezogen auf Banken, nicht auf den Mittelstand: Das sind nämlich die Mindestkapitalanforderungen, das ist die Eigenkapitalunterlegung, genaue Quantifizierung von Kreditrisiken, dann aufsichtliches Überprüfungsverfahren, das heißt, dass man Eingriffsmöglichkeiten hat, die Aufsicht bei einzelnen Banken – insbesondere von Ihnen wird immer angesprochen, dass die Aufsichtspflicht bei den Banken sehr undurchsichtig ist – und die Förderung von Marktdisziplin, das heißt Erweiterung und Offenlegungspflichten für Kreditinstitute. Das sind die drei Säulen, die verhandelt werden.
Die wichtigste Säule ist die Mindestkapitalanforderung, die stärker auf Ausfallrisiken bei Kreditvergaben von Kreditinstituten Rücksicht nehmen soll. Das hat natürlich Einfluss auf die Eigenkapitalunterlegung für ausgereichte Kredite. Das wiederum hat Einfluss auf den Mittelstand. Das ist völlig richtig, weil bisher für alle ausgereichten Kredite ein Pauschalsatz von acht Prozent des Eigenkapitals als Hinterlegung für die Kreditinstitute gegolten hat. Dies wird jetzt verändert werden, weil man jetzt Risikogruppen einführt, in denen es um risikolose Kredite geht, bei denen kaum Eigenkapital hinterlegt werden muss, bei denen Kredite mit Risiken bestehen, bei denen mehr Eigenkapitalhinterlegung erfolgt, und sehr hohe Risiken, bei denen eben noch mehr Eigenkapital hinterlegt werden muss, was dazu führt, dass die kreditgebenden Institute diese Kredite natürlich verteuern. Das führt insgesamt dazu, dass es zu einer Verteuerung der Kredite kommt, wenn die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen oder wenn die Sicherheitenlage der Unternehmen ein erhöhtes Risiko erwarten lassen.
Das gilt aber nicht nur für die deutschen Unternehmen, sondern das gilt international für alle Unternehmen. Man möchte damit eine bessere Siche
rung des internationalen Finanzgeschäftes erreichen. Man möchte auch erreichen, dass Banken nicht plötzlich vor der Pleite stehen, was in anderen großen Ländern ja oftmals schon der Fall gewesen ist und dass es dann praktisch zum Erliegen einer gesamten Volkswirtschaft kommt.
Nun ist es so, dass in Deutschland auch die guten Zeiten der Banken vorbei sind, das kann man jeden Tag lesen. Die Banken strukturieren erheblich um, die Banken entlassen auch Mitarbeiter, die Gewinne der Banken sinken enorm, sie müssen sich strukturell den internationalen Gegebenheiten anpassen. So müssen sie sich auch, was die Kreditvergabe und die Risikobegrenzung betrifft, anpassen. Das ist nun einmal in der heutigen Zeit, in der das international so ist, auch bei den deutschen Banken so.
Die Verhandlungen, die aber nicht nur die Bundesregierung geführt hat, sondern die insbesondere von Handelskammern, den Wirtschaftsverbänden und den Wirtschaftsministerien der Bundesländer geführt worden sind – insbesondere die Handelskammer Bremen hat da eine besondere Rolle gespielt, sie hat auch dort Vorschläge unterbreitet, die in dem Ausschuss angenommen worden sind –, haben dazu geführt, dass die spezifische Ausstattung der mittelständischen Industrie in Deutschland wieder Geltung bekommen hat und dass viele Entscheidungen auf diese spezifischen Dinge Rücksicht genommen haben.
Als spezifisch ist insbesondere die Eigenkapitalausstattung, die ich bereits erwähnte, zu nennen, die völlig anders ist als in anderen europäischen Ländern. Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Strukturen hier völlig andere sind. Es gibt sehr viele Personengesellschaften, also Einzelfirmen, die kaum Kapital haben, aber bei denen natürlich die Personen, die dahinter stehen, teilweise über Kapital verfügen, so dass man das natürlich damit zusammen sehen muss und dadurch auch andere Sichtweisen, was die Risiken betrifft, bekommen kann.
Das ist, finde ich, auch in der Großen Anfrage auf Seite neun, auf der diese ganzen Veränderungen vorgestellt werden, sehr gut aufgelistet worden. Dabei ist insbesondere der Punkt wichtig, dass von Unternehmen mit einem Unternehmenskredit von weniger als einer Million oder bis zu einer Million nicht nur weniger Eigenkapital verlangt als bei größeren Unternehmen, sondern noch weniger. Der Satz ist also da gesenkt worden. Das betrifft fast 95 Prozent aller mittelständischen Unternehmen in diesem Bereich, und das bedeutet eigentlich, dass 95 Prozent der mittelständischen Industrie von Basel II in der Hinsicht gar nicht betroffen sind.
Nun ändert das aber nichts an der Tatsache, dass natürlich nach wie vor die Kredite auch von den deutschen Banken nach Risiko oder nicht Risiko gesichtet werden. Das ist das Rating, das schon seit Jahren von deutschen Banken gemacht wird. Sie ha
ben das nicht unter Basel II gestellt, aber sie raten natürlich ihre Unternehmen seit Jahren auch schon. Basel I, das auch schon international galt und eben diese acht Prozent Generaleigenkapitalhinterlegung beinhaltete, wird jetzt eben nur durch Basel II mit diesen unterschiedlichen Regelungen ersetzt.
Ich glaube, die Verhandlungen, die bis jetzt geführt worden sind, zuletzt ist wohl im Juli verhandelt worden, sollen bis Mitte 2003 abgeschlossen werden. Das Abkommen soll zum 1. Januar 2006 in Kraft treten. Man kann aber davon ausgehen, und das ist völlig richtig gesagt, dass natürlich bereits in den nächsten Jahren danach gehandelt wird.
Ja, das sagte ich, es wird schon seit Jahren ein gewisses Rating gemacht! Das hat mit Basel II im Grunde nichts zu tun. Das muss jeder wissen.
Es kann doch auch nicht so sein, dass jetzt die Kreditwirtschaft aufgefordert wird, ob Risiko oder nicht, einfach Kredite zu vergeben. Das geht nun leider nicht, selbst wenn es manchmal zur Ankurbelung der Wirtschaft wünschenswert wäre. Es ist nun einmal so, dass die Banken bei uns traditionell die Unternehmen finanzieren, und ich glaube, sie haben das in der Vergangenheit in einer vernünftigen Form getan. Man muss sich jetzt umstellen und auf die neue Situation einstellen.