Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte diese Aktuelle Stunde beginnen mit einem Zitat, das aus dem „Weser-Kurier“ stammt anlässlich der Dokumentierung der Handelskammer-Umfrage vom Ja––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nuar: „Statt des prognostizierten Lichtschimmers herrscht nur noch Düsternis. Hatten die bremischen Unternehmen auf bessere Geschäfte im Jahr 2003 gehofft, so befürchten sie jetzt, dass sich die Abwärtsentwicklung in den nächsten Monaten weiter fortsetzen wird. Eine Trendwende für 2003 kann nicht mehr erwartet werden.“

Meine Damen und Herren, woran liegt es? Wer ist dafür verantwortlich? Diejenigen, die gefragt worden sind, und diejenigen, die diese Unternehmen vertreten, das sind die Unternehmen, die Handelskammern, die Industrie- und Handelskammern stellen eindeutig fest, es liegt an der Bundesregierung, an dem Chaos, das dort produziert worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Nun, meine Damen und Herren, möchte ich, bevor ich jetzt noch einmal ein bisschen in Einzelheiten gehe, warum das eigentlich so chaotisch ist, mich an unseren Koalitionspartner wenden.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Ein bisschen einschmeicheln!)

Ja, nicht einschmeicheln! Wir sind bisher in einer besseren Lage gewesen, meine Damen und Herren! Das hat daran gelegen, dass die CDU und die SPD sehr gut in Fragen der Wirtschaftspolitik zusammengearbeitet haben, wir in den letzten Jahren eine hervorragende Politik alle zusammen gemacht haben, wir dadurch mehr Wachstum als im Bundesdurchschnitt gehabt haben, auch im letzten Jahr noch wieder mit hohen Investitionen viele Arbeitsplätze gesichert und geschaffen haben, besser dastanden. Meine Damen und Herren, das wollen wir gern behalten!

(Beifall bei der CDU)

Ausdrücklich möchte ich jetzt auch die SPD in Bremen von den Dingen ausnehmen, die ich gleich über das rotgrüne Bündnis in Berlin sagen werde.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Vielen von Ihnen werde ich wahrscheinlich aus dem Herzen sprechen, Sie dürfen es nur nicht laut sagen, aber ich!

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

Nun regen Sie sich doch nicht auf! Das ist doch gar nicht auf der Tagesordnung, und das können Sie ja nachher noch einmal erzählen! Sie hätten ja etwas beantragen können.

Ich habe eben schon ausgeführt, durch hohe Investitionsquoten in den letzten Jahren, in Bremen

bis 16 Prozent im letzten Jahr, durch die Gewerbeansiedlung, Förderung von Existenzgründungen haben wir in den letzten Jahren immer mehr Wachstum gehabt, im letzten Jahr noch 0,9 Prozent gegenüber dem Bund mit 0,2 Prozent. Das ist eine sehr gute Zahl, obwohl sie natürlich nicht hoch genug ist. Leider hat es sich schon im letzten Jahr gezeigt, dass wir keine zusätzlichen Arbeitsplätze mit diesen 0,9 Prozent mehr schaffen konnten, sondern dass wir sogar ungefähr 1000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze weniger haben, was wir in den letzten zwei oder drei Jahren doch sehr gut wieder aufgeholt hatten. Das ist sehr bedauerlich, aber hat seine Gründe natürlich nicht in Bremen, denn die Rahmenbedingungen können wir nicht schaffen. Wir können zwar viel dazu beitragen, damit das hier besser wird, wir auch mehr ansiedeln, und wir können auch mehr fördern. Das können wir alles machen, wir können aber leider die Rahmenbedingungen, die in Berlin gemacht werden, hier nicht für uns separat machen.

Als Dr. Schrörs im Dezember anlässlich des Nachtragshaushaltes ein paar Zitate aus der Presse hier vorgelesen hat, ich will die jetzt nicht wiederholen, aber die waren schon ganz schön deftig, da haben wir alle gedacht, jetzt kommt die Weihnachtszeit, dann beruhigen sie sich alle wieder, dann wird das auch endlich in richtige Bahnen gelenkt. Leider, wir haben jetzt Ende Februar, ist nichts passiert. Es ist nur schlimmer geworden, meine Damen und Herren. Das ist sehr betrüblich, weil wir immer noch Aussicht auf etwas Erfolg und Wachstum bis zum Jahresende gehabt haben. Das ist jetzt allerdings Anfang des Jahres alles völlig zusammengebrochen. Das ist eine ganz schlechte Perspektive.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich die Zeitungen anschaut, ich habe nur die Ausgaben der letzten beiden Tage mitgebracht: „Eigenheimbau bricht drastisch zusammen“, „Bausparkassen: Regierungspläne zur Kürzung der Eigenheimzulage unverantwortlich“, „Verwirrung um Stichtagsregelung“! Dadurch, dass Sie das nachträglich zum 1. Januar einführen wollten, hat es praktisch kein einziges Grundstück mehr gegeben, das verkauft worden ist, und keiner hat mehr angefangen, ein Haus zu bauen, weil niemand wusste, was Sache ist.

Jetzt, nach acht Wochen, wird gesagt, das bekommen wir so schnell vielleicht doch nicht hin, wir wissen auch gar nicht, was im Vermittlungsausschuss passiert, dann soll das jetzt erst in Kraft treten, wenn wir das auch wirklich beschlossen haben. Das ist natürlich toll, aber das hätte man natürlich auch vor acht Wochen schon einmal sagen können, dann wäre da wenigstens Klarheit gewesen.

Dann kommt das nächste Problem: Sparerfreibetrag! Das ist wieder als Neues entdeckt worden, der

Sparerfreibetrag soll eingeschränkt werden, Abgeltungssteuer oder Einkommenssteuer, da soll der Bürger sich jetzt entscheiden. Es wird wieder komplizierter und nicht einfacher. Dann will man an das Bankgeheimnis heran. Die Leute sind total verunsichert, keiner weiß mehr Bescheid. Wir haben einen enormen Rückgang bei der Bestellung von Autos. Das hängt wohl mit der Dienstwagensteuer zusammen, bei der man sich auch noch nicht wieder einig geworden ist, was denn nun endlich werden soll. Einer sagt ja, einer sagt nein, der eine ein Prozent, der andere anderthalb Prozent, es ist nicht klar! Dieses Steuervergünstigungsabbaugesetz, mit dem diese Sachen alle geklärt werden sollen, das ist das grausigste Wort, das ich in meinem Leben gehört habe, meine Damen und Herren!

Dann geht das weiter mit dem Kündigungsschutzgerede: Einer ja, einer nein, einer sechs, einer zehn, einer 20 Arbeitsplätze sollen gelockert werden! Man weiß also nicht Bescheid, keiner weiß Bescheid, keiner kann planen. Das, was die Wirtschaft braucht, ist Planungssicherheit. Das, was die Wirtschaft braucht, sind feste Rahmenbedingungen, bei denen sie genau weiß, wo sie sich bewegen kann. Wenn sie das nicht bekommt, meine Damen und Herren, dann wird nichts gemacht, dann wird nicht investiert, dann reduzieren wir nicht die Arbeitslosenzahlen, sondern dann steigen sie, dann bricht unser Rentenkassensystem – –.

(Zuruf von der SPD: Das ihr geplündert habt!)

Gerade haben Sie das neu konzipiert, mit einem neuen Beitrag versehen, der ist jetzt schon wieder Makulatur, weil wir ganz genau wissen, dass die Arbeitslosenzahlen, die die Bundesregierung errechnet hat, nicht eintreffen werden. Wir werden viel mehr Arbeitslose haben, was bedeutet, dass die Sozialversicherungskassen weniger Geld haben, das bedeutet, dass wir die Rentenbeiträge wieder anpassen dürfen. Das bedeutet auch Gesundheitsreformen, darüber mag ich gar nicht reden, was da alles in den letzten Wochen gesagt worden ist. Da weiß auch keiner mehr, was am Tag vorher gesagt worden ist, darauf kann sich auch keiner verlassen. Das sind ganz schwierige Dinge.

Deswegen müssen wir sagen, wir müssen die Bundesregierung auffordern, dass sie für Klarheit sorgt, damit wir in Bremen bei klaren Rahmenbedingungen unsere Politik weiter erfolgreich führen können. Wenn die Rahmenbedingungen in Berlin nicht stimmen, dann werden wir hier auf Dauer auch kein übermäßiges Wachstum mehr erreichen, dann werden wir gar kein Wachstum mehr erreichen, weil wir uns nicht abgeschottet von der Welt oder der ganzen Bundesrepublik sehen können, sondern wir liegen mitten darin und haben nur mit Einzelmaßnahmen die Möglichkeiten, etwas zu verbessern. Wir haben

aber nicht die Möglichkeiten, die Bundesgesetze und die Sozialgesetze, den Kündigungsschutz oder das alles zu verändern. Oder das Ladenschlussgesetz, darüber ist jetzt gerade gesprochen worden! Jetzt ist das wieder verzögert worden.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Von wem denn?)

Jetzt wird das erst wieder im Juni – –. Das sind doch Dinge, das ist doch einfach, es ist nicht, weil das alles nicht klar ist! Es wird immer nur halb angepackt, und dann kommt nicht das Richtige dabei heraus, und dann wird es wieder neu verhandelt. Das sind Dinge, die der Bürger einfach nicht versteht. Wir verstehen das auch nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Der Senat wird das wahrscheinlich auch nicht verstehen! Wer versteht das schon? Wir wissen aus den Umfragen, dass kaum einer sich da noch zurechtfindet. Die Bürger müssen Vertrauen gewinnen. Wenn die Bürger kein Vertrauen haben, dann kann es auch nicht aufwärts gehen. Deswegen hoffen wir sehr, dass unser Koalitionspartner und auch der Senat in Berlin insistiert, dass die Leute jetzt einmal wieder zu sich finden und klare Politik machen, damit wir hier dann auch klare Antworten finden können. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Lemke-Schulte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Kollege Focke, wahrscheinlich ist Ihnen ein bisschen der Mut während der Mittagspause abhanden gekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die Überschrift oder das Thema für die Einbringung dieser Aktuellen Stunde heißt doch, und darauf habe ich mich vorbereitet, nun bin ich flexibel, aber dennoch: „Rotgrünes Regierungschaos in Berlin behindert Konjunkturaufschwung im Land Bremen!“ Das haben Sie so eingebracht, das haben wir uns nicht ausgedacht!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Das hat er schlüs- sig nachgewiesen!)

Ich möchte meine Rede auch mit ein paar Zitaten beginnen mit Genehmigung des Präsidenten: „Es ist der Freien Hansestadt Bremen gelungen, Anschluss ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

an die wirtschaftlich führenden Bundesländer zu finden. Die Beschäftigtenzahlen entwickelten sich weiter erfreulich,“ und so weiter, „In Bremen ist im Jahr 2002 mit 0,9 Prozent Wirtschaftswachstum wieder ein achtbares Ergebnis erzielt worden,“ und weiter „Bremen liegt im Bundesvergleich auf dem dritten Platz. Die Lebensqualität an der Weser nimmt spürbar zu, das ist für jeden sichtbar, Bremen ist eine attraktive Stadt.“

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. E c k h o f f [CDU]: Den Teil bestreiten wir auch nicht!)

Vielen Dank, dem können sich alle anschließen! Ich habe nur den Eindruck, dass Sie auf dieser Seite vergessen haben, dass das alles Aussagen von CDUSenatoren waren, die ich hier zitiert habe!

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist es kaum zu verstehen, warum Sie jetzt dieses Thema in die Aktuelle Stunde einbringen. Ich bemühe mich dennoch.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Weil das aktuell alles zusammensackt!)

Herr Kollege Focke und Herr Kollege Teiser, jetzt ganz besonders für Sie! Wir müssen unsere Erfolge auch in das Land hinaustragen, und wir haben viele Erfolge. Bremen ist ein guter Wirtschaftsstandort geworden, und es lohnt sich, darüber zu reden. Deshalb dürfen und werden wir es nicht zulassen, dass Sie die Standorte Bremen und Bremerhaven schlechtreden und Investoren abschrecken!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

So wörtlich Sie, Herr Kollege Focke, vor gar nicht langer Zeit! Schön, dass Sie sich selbst beklatschen! Ich kann mich dem nur anschließen. Ich habe nur die Frage hinzuzufügen, weshalb Sie jetzt dieses Forum nutzen hier öffentlich in der Bürgerschaft, um das umzukehren, was Sie damals selbst gesagt haben!

(Abg. T e i s e r [CDU]: Damals! – Abg. F o c k e [CDU]: Ich bin in Sorge! – Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen: Wir auch!)

Ja, wir auch, Ihretwegen! Soweit die Bremer CDU zur großen Koalition! So könnte ich es mir einfach machen. Der „Weser-Kurier“ von heute, ich zitiere: „Bremer Institute können aufatmen, Berlin: Die Raumfahrt-, Meeres- und Polarforscher in Bremen und Bremerhaven können aufatmen, denn gestern hat der Haushaltsausschuss des Bundestages endgültig die Kürzungspläne des Bulmahn-Ministeriums

beim nationalen Raumfahrtprogramm fast und bei der Polarforschung vollständig abgewendet.“

(Beifall bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Bravo!)

Berlin tut etwas für uns, besonders unsere Leute! Wer ist wohl der Haushaltsexperte im Bundestag? Der SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning, jedem gut bekannt!