Protocol of the Session on April 2, 2003

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Das ist eine Fragestellung. Das wissen wir aber nicht erst seit McKinsey, sondern da haben wir entsprechend vorher schon gehandelt und sind mitten im Prozess.

Der zweite Bereich oder jetzt der dritte, weil ich mit dem vierten, dem Hochschulbereich, begonnen habe, ist konsequente Qualitätsmessung und -sicherung. Meine Damen und Herren, das hat die große Koalition auf den Weg gebracht, wir machen das! Wir setzen es um, und ich will Ihnen jetzt nicht die Litanei mit Leseintensivkursen und Vergleichsarbeiten in den Klassen drei in diesem Jahr zentral, Vergleichsarbeiten in den Klassen sechs, zehn, Zentralabitur, noch weiter vortragen. Ich sage nur, das ist hier genau von McKinsey gefordert, dass wir in die Schulen schauen und dafür sorgen, dass in allen Stadtteilen die Standards nach Möglichkeit eingehalten werden. Wir müssen Mindeststandards in allen bremischen Stadtteilen erreichen. Dann sind wir froh, wenn es in einzelnen Schulen noch besondere Leistungen gibt, wenn auch dort noch entsprechend mehr geleistet werden kann, aber die Mindestanforderungen müssen für alle Stadtteile gelten.

(Beifall bei der SPD)

Der vierte und letzte Punkt bei McKinsey ist mehr Autonomie in unseren Bildungsinstitutionen. In den Hochschulen, das wissen Sie, sind wir diesen Weg sehr erfolgreich gegangen. Wir haben Kontrakte, wir haben klare Zielsetzungen. Das haben wir dort umgesetzt. Im Bereich der Schulen sind wir ganz klar im Anfang begriffen. Wir haben die Schulleitungen noch nicht so ausgebildet, dass sie sich als Schulmanager verstehen, dass sie in der Lage sind, mit den vielfältigen Anforderungen, mit denen wir sie konfrontieren, zurechtzukommen. Sie sagen zum Teil in diesen Wochen: Nicht schon wieder eine Aufforderung der Behörde, dass wir zum Beispiel verpflichtende Fortbildung in Schulen anbieten müssen, dass wir Budgets zur Verschönerung der Schulen bekommen, dass wir an der Auswahl unseres Personals beteiligt werden! Das ist immer eine Forderung gewesen, aber sie ist natürlich mit viel Arbeit verbunden. In diesem Dialog, in dem wir jetzt heftig sind mit den Schulen, beweisen wir, dass wir das, was McKinsey hier fordert, bereits konkret umgesetzt haben, und es ist, finde ich, absolut in Ordnung, dass Sie uns noch einmal in dieser Debatte darauf hinweisen, dass die große Koalition in dieser Frage bereits viele positive Dinge auf den Weg gebracht hat.

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich aber zu einem kleinen Wermutstropfen: Unser Bildungssystem, und ich sage das ganz klar auch auf Bremen bezogen, weil die Ergebnisse ja auf dem Tisch liegen, ist offensichtlich unsozial. Wenn wir uns vorstellen, dass Kinder aus einer deutschen Familie, die bildungsnah ist, so wie wir uns das wünschen von

unseren Familien, von unseren Kindern, die sich kümmert, für die es eine Selbstverständlichkeit ist, den Kindern abends noch eine Geschichte vorzulesen, wo gemeinsame Mahlzeiten eingenommen werden, wo man mit den Kindern die Sprache fördert, wo man sprachlich vorbereitet, dass die Lesekompetenz entwickelt wird: Diese Kinder haben eine vierfach höhere Chance, zu Schulabschlüssen zu kommen als das kognitiv gleich ausgebildete oder kognitiv gleich begabte Kind aus einer Migrantenfamilie, aus schwierigen sozialen Verhältnissen.

Dies, meine Damen und Herren – ich hoffe, dass ich auch Ihren Applaus bekomme, meine Damen und Herren von der CDU –, kann ich so nicht stehen lassen. Wir müssen uns alle bemühen, diese soziale Ungerechtigkeit, die in unserer Stadt vorhanden ist, konsequent weiter abzubauen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das sehe ich jedenfalls als meine ganz große Aufgabe an.

Meine Damen und Herren, mein letztes Wort ist: McKinsey hat die Ganztagsangebote vergessen. Ich glaube, der fünfte Punkt, der eigentlich bei ihm fehlt, ist, dass wir uns an anderen Ländern orientieren müssen. Wir sind da mit Österreich, glaube ich, das einzige Land, das nur Halbtagsschulen kennt. McKinsey hat hier ganz klar vergessen, dass wir die Ganztagsangebote dringend benötigen. Wir haben darüber diskutiert. Wir wollen das freiwillig, möglichst integrativ, vernünftig einführen, sukzessive, dafür benötigt man viel Geld. Das, was McKinsey übrigens auch gesagt hat, das ist vielleicht in der Deutlichkeit noch gar nicht angesprochen worden, kostet unendlich viel mehr Geld.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Ist Prävention!)

Ich würde mir wünschen, wenn wir das nächste Mal über die Erhöhung des Kindergeldes diskutieren, dass wir vielleicht sagen, es ist sinnvoller, diese Mittel gezielt in eine frühere Förderung von Kindern im Vorschulbereich, im Grundschulbereich so einzusetzen, dass wir jedem Kind in unserer Stadt, in unseren Städten, in unserem Land die Möglichkeit geben, wirklich das zu erreichen, wozu es begabt ist, und darum sollten wir uns alle bemühen. Dann bin ich auch gern bereit, Brücken zu gehen und den Grand Canyon zu überschreiten. Ich denke, das war ein sehr schöner Vergleich, mit dem ich mich jedenfalls anfreunden kann. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

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Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist interfraktionell vereinbart worden, den folgenden Tagesordnungspunkt, bei dem eine Redezeit von zehn Minuten vorgesehen war, mit einer Redezeit von fünf Minuten durchzuführen. Wenn wir das einhalten, kommen wir noch in einem ordentlichen Zeitraum mit dem letzten Tagesordnungspunkt über die Runden.

Gesetz zur Änderung der Bremischen Landesbauordnung

Mitteilung des Senats vom 28. Januar 2003 (Drucksache 15/1357) 1. Lesung 2. Lesung

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Wischer.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie nach dem heutigen Spätnachmittag gefragt werden, was denn diese Änderung der Landesbauordnung bewirken soll, dann werden Sie hoffentlich nicht das dicke Paket mit den vielen Paragraphen hoch halten, sondern werden wissen, worum es geht. Um das zu vereinfachen, möchte ich Sie einfach bitten, dass Sie sich dann an dieses Bild erinnern! Wenn Sie das jetzt nicht alle erkennen können, es handelt sich um eine Karikatur, eine Bleistiftzeichnung, in der ein, ich glaube, älterer Herr in eine gut besuchte Veranstaltung möchte. Er hat aber das Problem, dass er im Rollstuhl sitzt und dass die Türzargen nicht weit genug auseinander sind, der Türrahmen zu eng ist.

Wir wollen mit dieser Änderung der Landesbauordnung bewirken, dass sich dies bei zukünftigen Bauten in Bremen ändert und die Landesbauordnung und das Bauen in Bremen behindertenfreundlich ausgerichtet sind. Das ist eines der Kernziele der Änderung dieser Landesbauordnung, und ich würde Sie einfach bitten, wenn Sie danach gefragt werden, erinnern Sie sich doch daran! Bremen macht damit einen Schritt, übrigens im europäischen Jahr der Behinderten, um das Behindertengleichstellungsgesetz und die dortigen Kriterien zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD)

Wir passen in der Hinsicht die Landesbauordnung an. Ich finde das gut und in der Tat unterstützenswert.

Ich will jetzt nicht die Einzelregelungen, die das, so heißt es, barrierefreie Bauen im allgemeinen Wohnungsbau unterstützen, im Einzelnen aufzählen. Es geht aber auch um Maßnahmen insbesondere bei öffentlich zugänglichen Anlagen, in Gaststätten und so weiter, wo diese Vorschriften erfüllt werden müssen. Das ist, glaube ich, der Kernbestandteil, das, was politisch für uns am bedeutendsten ist bei dieser Änderung der Landesbauordnung.

Der zweite große Komplex ist die Tatsache, dass mit dieser Veränderung Verfahren vereinfacht werden und wir einen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten wollen. Die Debatte um Entbürokratisierung und Vereinfachung hat ja zurzeit Hochkonjunktur, da geht es darum, dass es ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren bei Wohngebäuden mittlerer Höhe bis 22 Meter geben wird. Das betrifft in Bremen also relativ viele Gebäude. Es wird auch die Abschaffung der bauordnungsrechtlichen Teilungsgenehmigungen geben und viele weitere Einzelpunkte, und in dem Zusammenhang soll ein wichtiges Element sein, dass in Zukunft die elektronische Verfahrensabwicklung E-Government, ein viel diskutierter Punkt, vereinfacht wird und stärker eingeführt wird.

Ziel dieser Änderung sind neben dem barrierefreien Bauen die Vereinfachung für die Bauherren und damit Verfahrensderegulierungen, die an der Stelle, glaube ich, ausgesprochen sinnvoll sind. Ich finde, insgesamt ist das eine Änderung der Landesbauordnung, die sozusagen soziale Kompetenz ausstrahlt, die ökonomisch ausgesprochen vernünftig und robust ist und die verfahrensbezogen hochflexibel ist. In dem Sinne, meine Damen und Herren, soll das Gesetz am 1. Mai in Kraft treten. Wir möchten heute die erste und zweite Lesung hier durchführen. Ich bitte um Zustimmung. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Carsten Sieling, dennoch ist dieses Werk nicht gerade sehr spannend und lustig zu lesen! Es bleibt immer noch eine Ansammlung vieler trockener Paragraphen.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Aber jetzt weißt du, worum es geht!)

Ich kann es auch kurz machen, weil mein Kollege die wesentlichen Inhalte bereits genannt hat. Ein Punkt ist ganz wichtig, weil er nämlich ganz entscheidend für viele Menschen das praktische Leben

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vereinfachen und verbessern wird, und ich glaube, das ist gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft – darüber sprechen wir häufiger – und vor allen Dingen im Interesse mobilitätsbehinderter Menschen ein großer Erfolg, es wird nämlich zukünftig auch gerade in den Stadtquartieren möglich sein, dass man barrierefreie Wohnungen bauen kann. Dies nützt gerade einer großen Gruppe von Menschen, die es sonst sehr schwer hat, eine angemessene Wohnung zu finden, und das finden wir Grünen sehr gut, meine Damen und Herren.

Einen Punkt möchte ich aber dennoch ansprechen. Das große Engagement gerade auch der Behindertenverbände, ich glaube, das hat hier eine sehr positive und wichtige Rolle gespielt, das ist, glaube ich, nicht hoch genug einzuschätzen. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal für diese engagierte Arbeit der Behindertenverbände bedanken, denn sie haben dazu beigetragen, dass es zukünftig möglich ist, dass auch ältere Menschen – es geht hier um Menschen, die in Rollstühlen sitzen, aber es geht auch einfach um Menschen, die an Krückstöcken gehen oder sich mit Rollatoren, also Gehhilfen, fortbewegen – in ihren alten Wohnungen werden wohnen bleiben können, was gerade für diese Menschen wichtig ist. Das bedeutet auch, dass sie in ihren Stadtquartieren bleiben können und eventuell nicht in große, isolierte Altenwohnanlagen ziehen müssen. Ich glaube, das wird ein großer Fortschritt sein und viele Menschen auch dazu ermuntern, in ihren Stadtquartieren wohnen zu bleiben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dennoch möchte ich insgesamt neben den vielen positiven Aspekten doch auch noch einen negativen Punkt ansprechen. Das ist der Punkt, der den zukünftigen Umgang mit den Mobilfunkanlagen betrifft. Es wird mit In-Kraft-Treten der Landesbauordnung keine Baugenehmigungsverfahren mehr geben. Gerade angesichts der großen Sorgen, die sich die Menschen um die gesundheitlichen Gefahren der UMTS-Anlagen machen, wollen wir Grünen, dass es eine verbindliche Abstimmung gerade mit den Beiräten und ein verbindliches Beteiligungsrecht der Betroffenen gibt. Dies sieht die neue Landesbauordnung so nicht vor.

Wir glauben, dass nur eine verstärkte Beteiligung und sachgerechte Information der Bürgerinnen und Bürger eine größere Akzeptanz und Klarheit schaffen kann. Das in Bremen praktizierte Abstimmungsverfahren, Frau Senatorin, finden wir zwar grundsätzlich positiv, aber Sie wissen auch, dass es bei einer ganzen Reihe sehr strittiger Anlagen doch nach wie vor zu großen Ängsten und Sorgen in der Bevölkerung gekommen ist, die auch trotz dieser Abstimmungsprozesse nicht beseitigt werden konnten.

Von daher sagen wir, dass die neue Landesbauordnung neben den vielen positiven Veränderungen

eben auch einen sehr kritikwürdigen Teil enthält, und wir glauben, dass dieser uns auch noch weiter beschäftigen wird, aber insgesamt stimme ich meinem Vorredner zu, die neue Landesbauordnung ist ein großer Fortschritt in Richtung mehr Lebensqualität, gerade für Menschen mit Behinderungen. Deshalb stimmen wir ihr zu. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schreyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich kann es kurz machen. Das Wesentliche ist gesagt, aber lassen Sie mich aus der Sicht der CDU noch einige Punkte anmerken! Auch wir begrüßen, dass es, wenn die Gesetzesänderung der Landesbauordnung am 1. Mai in Kraft tritt, eine weitere Entlastung der Bauordnungsbehörde geben wird und dass die jetzt weitergehende Verfahrensregulierung zur Beschleunigung von Verfahren beiträgt.

Meine Damen und Herren, Genehmigungsfreiheit darf aber aus Sicht der CDU zu keiner Zeit von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden, entbinden. Wir, die CDU, sind der Auffassung, dass stichprobenartig Einhaltung der Anforderungen kontrolliert werden muss.