Gemäß Paragraph 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag des Abgeordneten Wedler, FDP, Drucksache 16/106, abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag des Abgeordneten Wedler, FDP, mit der Drucksachen-Nummer 16/106 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Jetzt lasse ich über das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes, Drucksache 16/85, in erster Lesung abstimmen.
Wer das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes, Drucksache 16/85, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
ter Lesung gebeten hat und die Fraktionen der SPD und der CDU dies als Antrag übernommen haben, lasse ich darüber abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.
Wir kommen zur zweiten Lesung. Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend. Meine Damen und Herren, bevor wir jetzt zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich Ihnen gern sagen, dass man sich interfraktionell verständigt hat, dass wir heute keine Mittagspause machen, sondern die anstehenden Punkte jetzt nacheinander abhandeln und dann der Nachmittag sozusagen sitzungsfrei ist.
Bremisches Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze Mitteilung des Senats vom 9. Dezember 2003 (Drucksache 16/90) 1. Lesung 2. Lesung
Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 16. Dezember 2003 (Drucksache 16/105) 1. Lesung
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Zitat von Richard von Weizsäcker beginnen: „Nicht behindert zu sein ist kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das uns jederzeit genommen werden kann!“ Meine Damen und Herren, ich glaube, bei dieser Debatte sollten wir dieses Zitat im Hinterkopf behalten.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode in diesem hohen Haus beschlossen, die Landesverfassung zu ändern und einen Passus einzuführen, der heißt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Menschen mit Behinderungen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates. Der Staat fördert ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Ich glaube, auch in dieser Legislaturperiode können sich noch alle Fraktionen dieses Hauses hinter dieser Verfassungsänderung versammeln, meine Damen und Herren.
Eine ähnliche Passage findet sich im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, und dennoch gibt es seit dem 1. Mai 2002 ein Bundesgleichstellungsgesetz, das Regeln aufgestellt hat, wie mit der Gleichstellung Behinderter und der Teilnahme am öffentlichen Leben umgegangen werden kann. Diese Fachbegriffe, die im Bundesgleichstellungsgesetz aufgeführt sind, haben wir, meine Damen und Herren, auch in das Bremer Gleichstellungsgesetz übernommen, damit es keine Verwirrung über Begriffe und Definitionen geben kann, und ich finde, das ist ganz in Ordnung so.
Die Notwendigkeit, ein Bremer Gleichstellungsgesetz zu machen, ist in der vergangenen Legislaturperiode erkannt worden, und die Bürgerschaft fasste am 22. 1. 2003 einen Beschluss, das das bremische Gleichstellungsgesetz inhaltlich nicht hinter den Bundesregelungen zurückbleibt, und der Senat kommt der Aufforderung vom 22. 1. 2003 nach, ein Gesetz vorzulegen. Das wollten wir noch im Europäischen Jahr der Behinderten, und das schaffen wir zeitlich gerade noch in der heutigen Sitzung.
Meine Damen und Herren, kein Gesetz, und wenn es auch alle Wünsche von Vertretern der Behinderten berücksichtigt, kann auch nur einem einzigen Menschen die Behinderung nehmen. Bei allem, was wir in die Wege leiten: Persönliche Enthinderung kann durch kein Gesetz erreicht werden. Dies ist genauso eine Tatsache wie die, dass es den Behinderten nicht gibt. Kein Schicksal einer Behinderung gleicht
dem anderen, jeder von Behinderung betroffene Mensch ist ein Individuum ganz persönlicher Art und trägt sein eigenes schweres Päckchen.
Auch bei der Gestaltung der Umwelt wird es in Zukunft Situationen geben, bei denen wir nicht alles regeln können, bei denen behinderte Frauen und Männer immer noch auf persönliche Hilfe angewiesen sein werden. Meine Damen und Herren, ich will es ziemlich zu Beginn sagen, leider ist die Situation behinderter Frauen immer noch eine besondere Situation, deshalb findet sich im Bremer Gleichstellungsgesetz speziell dazu eine Passage. Ich will das für die Christdemokraten sagen, dass wir das nicht wegen Gender Mainstreaming gemacht haben, sondern denken Sie dabei bitte an die besondere Situation, der gerade behinderte Frauen ausgesetzt sein können! Ich möchte mit Ihrem Verständnis darauf nicht weiter eingehen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie uns einen Blick auf die Situation in Bremen heute beziehungsweise in der Vergangenheit ohne Bremer Gleichstellungsgesetz richten! Meine Damen und Herren, schon im Märchen von den Stadtmusikanten wird Bremen für seine Haltung gepriesen, für Alte, Schwache, mit Not und Pein belegte Zeitgenossen eine gute Zuflucht zu sein. „In Bremen“, so heißt es dort, „findest du immer etwas Besseres, es wird dir besser gehen.“ Die genaue Passage lasse ich weg.
Wie ist die Situation heute, meine Damen und Herren? Der ÖPNV in Bremen ist in der Republik vorbildlich, das verdanken wir auch der Mitarbeit der LAG, die bei der Umstellung der Fahrzeuge gewissenhaft im Fahrgastforum mitgearbeitet hat. Nur noch wenige Fahrzeuge sind nicht behindertengerecht ausgestattet, und die Probleme mit der BSAG wegen der Rollatoren werden wir irgendwann sicherlich auch noch in den Griff bekommen. Dass die Haltestellen sowohl angezeigt als auch durchgesagt werden, betrachten wir heute als eine Selbstverständlichkeit, das war nicht immer so.
Bei den Bahnhöfen ist es, glaube ich, nur noch der Bahnhof Oslebshausen, der behindertengerecht umgebaut werden muss, alle anderen Bahnhöfe sind ausgestattet. Das betrachten wir heute schon als Selbstverständlichkeit, dass sie barrierefrei sind in vollem Umfang. Der Rollstuhlfahrer braucht nicht den Taktilstreifen, den braucht aber der Blinde, dafür braucht der Rollstuhlfahrer die sanfte Rampe, um das alles erreichen zu können.
Das Gesetz sagt in Paragraph 4 genau, was unter barrierefrei zu verstehen ist, dies geht viel weiter auf alle Umstände des täglichen Lebens ein. Bei Barrierefreiheit geht es um eine allgemeine Gestaltung des Lebensumfeldes für alle Menschen, die möglichst niemanden ausschließt und von allen gleichermaßen genutzt werden kann. Sonderlösungen bieten hier häufig minderen Standard für viel Geld, allgemeine Lösungen bieten daher eine gleiche und un
eingeschränkte Nutzung und Teilhabe für alle Menschen ohne oder mit geringen zusätzlichen Kosten. Barrierefreiheit ist eindeutig mehr als das Entfernen von Stufen und Rampen und Treppen, meine Damen und Herren.
Die Baudeputierten der Koalitionsfraktionen sagen mit Stolz, wenn wir mit ihnen über das Baugesetzbuch reden, dass sie das Baugesetzbuch so novelliert haben, dass den Belangen behinderter Frauen und Männer weitgehend Rechnung getragen wird. In der Innenstadt haben wir uns daran gewöhnt, es ist einfach selbstverständlich, dass alle Gehwege mit Taktilstreifen ausgerüstet sind, das sind diese kleinen Reihen von Pflastersteinen, die zwischen den großen Gehwegplatten liegen, wem das noch nicht aufgefallen ist. Unverständlich ist daher, wenn man in den Vorstädten völlig neue Gehwege anlegt und diese Taktilstreifen vergisst, warum, entzieht sich meiner Kenntnis, Waller Ring ist ein Beispiel dafür.
Die rollstuhlgerechte Innenstadt Bremens, abgesenkte Bordsteine an den Überwegen, eine Selbstverständlichkeit, führt dazu, dass das Rote Kreuz seit Jahren Ausflüge für Rollstuhlfahrer von außerhalb von Bremen in diese Stadt organisiert. Was der Erfindergeist alles kann, um Menschen mit Behinderungen das Leben erträglicher zu machen, das können Sie am Haferkamp in Bremen sehen, dort ist eine Kom-fort-Wohnung – Kom-fort ist der Name der Firma – eingerichtet, wo Sie sehen können, was alles gemacht werden kann, um Menschen mit Behinderungen die Bewältigung des Alltags erleichtern zu können. Es lohnt sich, sich dort einmal umzusehen.
Es ist für uns alle selbstverständlich, dass die behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger ihr Parlament der Behinderten im Haus der Bürgerschaft abhalten und uns dort das eine oder andere Mal auch den Spiegel vorgehalten haben, meine Damen und Herren. Die LAG der Behinderten ist selbstverständlich Gast in der Deputation für Soziales, Jugend, Senioren und Ausländerintegration und meldet sich dort auch nachhaltig zu Wort, und das finden alle Fraktionen gut. Wir haben als eines der ersten Bundesländer Wahlschablonen für sehbehinderte und blinde Menschen eingeführt, so dass diese selbstbestimmt wählen können. Die Barrierefreiheit aller Wahllokale bekommen wir auch noch hin, daran werden wir arbeiten. Nicht zuletzt haben wir das Blindengeld in diesem Land nicht abgeschafft.
Wir Christdemokraten meinen nicht ohne Stolz, von dem guten Ruf Bremens hat sich etwas erhalten, der die Stadtmusikanten bewogen hat, sich auf den Weg nach Bremen zu machen. Dass sie hier nicht angekommen sind, ist eine andere Geschichte. Vertreter der LAG haben auf gleicher Augenhöhe das Bremer Gleichstellungsgesetz mitberaten, das war einfach selbstverständlich für die Deputierten, die im Deputationsausschuss an diesem Gesetz mitgearbeitet haben. Es sei an dieser Stelle noch einmal
gesagt, dass Parlamentarier aus allen Deputationen daran beteiligt waren, weil spätestens mit der Aufnahme der Arbeit für jeden deutlich war, dass dies keine alleinige Aufgabe des Sozialressorts ist, Frau Senatorin, sondern eine Querschnittsaufgabe, die alle Ressorts des Senats berührt, weil sie auch alle Menschen dieser Stadt angeht und von ihnen getragen werden muss. Wir hatten uns vorgenommen, dieses Gesetz noch im Europäischen Jahr der Behinderten zu beschließen, heute wird es soweit sein. Alle Teilnehmer an diesen Sitzungen konnten mit Fortschreiten der Arbeit eine Veränderung auch im Verhalten von Institutionen und Behörden zum Positiven erkennen, das will ich eindeutig sagen, das war in den ersten zwei bis drei Sitzungen nicht unbedingt so zu erwarten, dass alle zuarbeitenden Institutionen sich in ihrem Verhalten so geändert haben. Vielleicht ist es uns in diesen Ausschusssitzungen auch gelungen, das Verständnis zu transportieren, das diese Arbeit bedurfte. Nun kennen wir alle die Situation, die wir bei der Beratung dieses Gesetzes vorgefunden haben. Die Finanzen des Bundeslandes Bremen, meine Damen und Herren, sind so, uns steht das Wasser bildlich Oberkante-Unterlippe, wer den Mund aufmacht, muss schlucken. Selbstverständlich musste dieser Umstand von den Parlamentariern der Koalition bei der Beratung berücksichtigt werden. Die Mitglieder der LAG und die Abgeordneten der Opposition hatten dabei natürlich eine andere Rolle. Wir dürfen auch nicht annehmen, nur weil wir heute ein Gesetz zur Gleichstellung Behinderter und Änderung anderer bremischer Gesetze beschließen, dass Bremen und Bremerhaven morgen barrierefrei sein werden. Realistisch müssen wir mit einem Zeitraum von 20 Jahren oder vielleicht auch mehr rechnen. Aber wir Christdemokraten hoffen, und ich glaube, die Koalition insgesamt hofft, dass bei dieser Umsetzung des Gesetzes so etwas wie eine Eigendynamik entstehen wird. Architekten und Stadtplaner, meine Damen und Herren, sind nach Verabschiedung dieses Gesetzes gefordert, mit ganz anderen Augen an neue Projekte heranzugehen. Bei historischen Bauwerken wird es sicher das eine oder andere Problem mit dem Denkmalschützer geben, aber wir sollten das aushalten. Ziel muss es sein, und so verstehen wir Christdemokraten das Gesetz, dass jeder Mensch jedes Gebäude erreichen und betreten kann. Es muss Vergangenheit sein, dass in einigen Behörden noch Klingeln angebracht sind für Rollstuhlfahrer, mit denen sie einen Behördenvertreter herausklingeln können oder weite Umwege und kühle und zugige Räume, wo sie als Rollstuhlfahrer hineinfahren können. Das Ortsamt West ist nun glücklicherweise umgezogen, daher kenne ich dieses Negativbeispiel, das gehört jetzt auch der Vergangenheit an.
Lassen Sie mich zu einigen Kosten, die entstehen werden, etwas sagen! Wenn man von vornherein Taktilstreifen in Gehwege auch in den Vororten überall einplant, wird das nicht zu Mehrkosten führen. Bei Bordsteinkanten ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie bei Übergängen in dieser Stadt abgesenkt werden und sofort gebaut werden, dann kommt überhaupt niemand mehr auf die Idee, dort die Bordsteinkanten so hoch zu lassen, wie sie früher einmal waren. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und die Landesbauordnung sieht heute schon eine barrierefreie Bauweise vor. Wenn ich von Anfang an nur noch Ampelanlagen aufstelle, die auch akustische Signale verbreiten, dann werden die nicht teurer sein. Da die anderen Ampeln nicht mehr nachgefragt werden, wird sich der Preis regulieren.
Meine Damen und Herren, Barrierefreiheit meint aber auch nicht nur die Freiheit in der Bewegung, sondern auch in der Sprache. Gehörlose Mitbürgerinnen und Mitbürger haben nach diesem Gesetz einen umfassenden Anspruch auf Gebärdendolmetscher, denn die Gebärdensprache ist als amtliche Sprache anerkannt. Diesen Anspruch haben sie schon jetzt bei allen Dienststellen, die nach dem Bundessozialhilfegesetz I arbeiten, das heißt zum Beispiel Wohnungsamt, Hauptfürsorgestelle und Gesundheitsamt. Jetzt kommt noch ein Rechtsanspruch dazu, dass man zum Beispiel auf dem Standesamt oder bei der Polizei einen Gebärdendolmetscher bekommen kann. Wir finden, das erleichtert den Betroffenen ein Stück das Leben. Sie brauchen jetzt nicht immer auf Familienmitglieder zurückzugreifen, die dolmetschen und übersetzen und die dafür ihren Tag anders strukturieren müssen, und Kosten verursacht das nur ganz geringe.
Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, dass wir bei den Wahlen im Lande Bremen Schablonen für sehbehinderte und blinde Mitbürgerinnen und Mitbürger eingeführt haben. Mit diesem Gesetz werden wir dazu kommen, dass Bescheide für sehbehinderte oder blinde Menschen in Kassettenform, in Brailleschriftform, in Brailleschrift über PC verschickt werden können – bremen.de wird selbstverständlich barrierefrei sein –, so dass wir auch in diesem Fall etwas machen, was schon möglich ist und was, wie ich hoffe und wir alle hoffen, in wenigen Jahren ganz selbstverständlich sein wird, dass jeder auch in Brailleschrift, wenn er diese Schrift beherrscht – das sind leider nicht sehr viele Blinde, habe ich mir bei der Diskussion über die Schablonen sagen lassen –, dann auch diese rechtskräftigen Bescheide so zugestellt bekommen kann.