Protokoll der Sitzung vom 11.11.2004

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die 29. Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag).

Ich begrüße die anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und Vertreter der Presse.

Den Eingang bitte ich dem heute verteilten Umdruck zu entnehmen.

Eingabe gemäß § 70 der Geschäftsordnung

Schreiben von Frau Marliese Heise zum Thema „Betteln in der Bremer Innenstadt“.

Die Eingabe kann bei der Verwaltung der Bürgerschaft eingesehen werden.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Gesetz zur Änderung der Landesverfassung (Mit- wirkungsrechte der Bürgerschaft stärken)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 28. September 2004 (Drucksache 16/417) 1. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf.

Die Beratung ist eröffnet.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Grünen haben hier einen Antrag eingebracht für eine Veränderung oder Ergänzung unserer Landesverfassung. Dieser Vorschlag, den wir hier machen, beruht darauf, dass sich im März des Jahres 2003 in der so genannten Lübecker Erklärung des Föderalismuskonvents der deutschen Landesparlamente eine Debatte darüber ergeben hat, wie sich in modernen Zeiten die Gestaltungsmöglichkeiten und Rechte der Parlamente eigentlich verändert haben.

Alle Landtagspräsidenten stellten gemeinsam fest, dass durch verschiedene Veränderungen in der politischen Landschaft – auf der einen Seite erst einmal die Tatsache, dass die EU-rechtlichen Regelungen sehr häufig große Auswirkungen auf die Landespar––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

lamente haben und wir hier als Parlament in sehr vielen Fällen EU-rechtliche Vorgaben nachvollziehen, und auf der anderen Seite die steigende Macht des Bundesrates, wo dann die Ministerpräsidenten untereinander Konsens aushandeln oder auch bei der Kultusministerkonferenz, wo die Verwaltung oder die Regierungsebene als exekutive Ebene doch sehr weitreichend häufig auch im Konsens Beschlüsse fasst, die dann hier von den Landtagen häufig nur nachvollzogen werden können –, es vor dieser Problemlage in den letzten Jahren zu einer schleichenden und von uns allen eher kritisierten und als negativ eingeschätzten Entmachtung der Landtage gekommen ist, Entmachtung ist vielleicht etwas zu viel gesagt, weil ich immer denke, wir haben so viel Macht, wie wir uns nehmen, aber dass es zu einem schleichenden Bedeutungsverlust der Landtage gekommen ist.

Die Landtagspräsidenten haben sich verabredet, das zu verändern, und haben in ihrer Lübecker Erklärung Empfehlungen ausgesprochen, wie man in Zukunft die Möglichkeiten der Landtage stärken kann und diesen Konsensstil, der sich über das Einsetzen von Kommissionen, über die Kultusministerkonferenz oder über die Ministerpräsidentenkonferenz ergibt, insofern politisieren kann, indem die Landesparlamente Auflagen machen für die Ministerpräsidentenkonferenz oder auf EU-Ebene, um unsere Gestaltungsmöglichkeiten zu wahren.

Dort ist dann von allen Landtagspräsidenten in dieser so genannten Lübecker Erklärung vom 31. März 2003 Folgendes beschlossen worden, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Landesregierungen haben zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Landesparlamente über alle Bundesratsangelegenheiten zu unterrichten, die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind und wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren. Die Landesregierungen haben den Landesparlamenten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese zu berücksichtigen. In Bundesratsangelegenheiten, die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder wesentlich berühren, haben die Landesregierungen die Stellungnahmen der Landesparlamente maßgeblich zu berücksichtigen.“

Das haben die Parlamentspräsidenten in dieser Lübecker Erklärung erklärt, und für die EU-Ebene sagen sie Folgendes: „Die Landesregierungen haben zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Landesparlamente über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten, die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind und wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren. Die Landesregierungen haben den Landesparlamenten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese zu berücksichtigen. Bei Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder wesentlich berühren, haben die Landesregierungen die Stellungnahmen der

Landesparlamente maßgeblich zu berücksichtigen.“ Soweit die einstimmige Lübecker Erklärung!

Wir haben dann im Anschluss an die Lübecker Erklärung schon über längere Zeit hinweg mit meinem Kollegen Hermann Kuhn gemeinsam überlegt – die Idee stammt auch noch aus der letzten Legislaturperiode –, wie könnte man eigentlich dafür sorgen, dass diese Lübecker Erklärung auch in Bremen auf die bestehende Gesetzeslage, in diesem Fall Verfassungslage, Einfluss findet, und haben dann einen Vorschlag gemacht.

Zu Beginn dieser Legislaturperiode hat auch ein Treffen mit Henning Scherf stattgefunden, um die gemeinsame Strategie für den Föderalismuskonvent zwischen Rathaus und Parlament abzustimmen, daran war ich auch beteiligt. Ich habe schon damals den Vorschlag gemacht, wie man die Verfassungslage in Bremen eigentlich mit diesem modernen Verständnis der Mitgestaltung des Parlaments und Einfluss des Parlaments auf das Handeln des Senats auf Bundesrats- und EU-Ebene hier umsetzen könnte. Vom Rathaus habe ich es damals so wahrgenommen, dass es von dort eher einen positiven Bezug auf unseren Vorschlag gab.

Ich freue mich, dass wir hier heute darüber reden können und von den Fraktionen der SPD und CDU insoweit Zustimmung zu unserem Vorschlag kommen wird, dass jetzt hier ein Ausschuss eingerichtet wird, wie es bei Veränderungen der Landesverfassung vorgesehen ist, und wir gemeinsam dann über den Text sprechen können, den die Grünen hier vorgeschlagen haben. Wir möchten gern, dass die Landesverfassung in Artikel 79 ergänzt wird. In Zukunft soll es folgende Ergänzung geben: „Der Senat hat der Bürgerschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und diese zu berücksichtigen. In Angelegenheiten, die die Gesetzgebungszuständigkeiten der Bürgerschaft wesentlich berühren, hat der Senat die Stellungnahmen der Bürgerschaft maßgeblich zu berücksichtigen.“

Das ist für uns wichtig, das gehört mit zu einem selbstbewussten Parlament. Wir möchten dem Senat hier gern Aufträge geben können, mit welchen Vorstellungen und Maßgaben er insbesondere auf der Ebene des Bundesrates verhandeln soll, welche Vorstellungen der Bremischen Bürgerschaft dort Berücksichtigung finden sollen. Wir möchten hier als Parlament gern weitergehende Vorschläge machen können, die über das Abstimmungsverhalten, der Senat soll sich im Bundesrat enthalten, zustimmen oder ablehnen, hinausgehen, um auf die Art und Weise eine Bindung für den Senat, ausgehend von den Vorstellungen der Bremischen Bürgerschaft, vornehmen zu können.

Dazu ist diese Verfassungsänderung nötig. Wir sind der Auffassung, dass es rechtlich möglich ist, das so zu machen. Es ist ein modernes Verfassungsverständnis, den Senat da auch an inhaltliche Vor

stellungen zu binden. Wenn man sich einmal vorstellt, welche Möglichkeiten es dann für die Bürgerschaft gibt zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Ausländergesetz oder mit dem gestern behandelten eher harmloseren Thema mit den Rußfiltern, so ist das ein Zugewinn an Einfluss und wird auch die demokratische Kultur verändern.

Wir selbst haben Interesse daran, dass das spannungsfrei über die Bühne geht. Ich bedanke mich schon einmal bei den Kollegen hier im Haus, dass wir da gemeinsam in dem Verfassungsausschuss darüber reden können. Wir würden es völlig in Ordnung finden, wenn man den Senat von Anfang an dort an den Beratungen beteiligt, damit da nicht eine völlig unnötige Frontstellung auftritt. Ich gehe davon aus, dass es uns gelingt, diese Verfassungsänderung hier gemeinsam zu machen, weil ich die ersten Signale aus dem Rathaus auch so verstanden habe, dass das in Ordnung geht. Andere Landtage überlegen das auch oder machen das auch schon. Wir denken nicht, dass es da verfassungsrechtliche Bedenken gibt, und sonst könnte man die dort im Diskurs auch gemeinsam bearbeiten und ausräumen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode diskutieren wir einen Verfassungsänderungsantrag. Ein solcher verdient immer besondere Berücksichtigung und hat besonderes Gewicht. Dieses Mal beschäftigen wir uns bei diesem Verfassungsänderungsantrag quasi mit uns selbst, mit den Rechten und dem Einfluss des Parlaments. Wir beschäftigen uns mit unserem Selbstverständnis als Parlamentarier, mit den Zuständigkeiten der Bürgerschaft und unserer Auffassung über Rechte und Pflichten des Landtags. Vieles darüber ist in den letzten Wochen aus aktuellem Anlass besprochen und zum Teil auch heftig diskutiert worden.

Wie und in welchem Umfang muss der Senat die Bürgerschaft eigentlich einbeziehen, sie informieren und unterrichten und ihren Beschlüssen entsprechen? Darüber gibt es durchaus differenzierte Meinungen, und insbesondere im Zusammenhang mit den Gebührenerhöhungen, mit dem Rundfunkstaatsvertrag ist dies immer ein sehr beliebtes Thema, nicht nur bei uns hier in Bremen, sondern auch in anderen Landtagen, wo dies zum Teil zu sehr heftigen und kontroversen Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen Parlament und den Regierungen führt.

Einig sind wir uns über alle Fraktionen hinweg in der Feststellung, dass der Einfluss der Länderparla

mente in den vergangenen Jahren beständig abgenommen hat. In Ministerpräsidentenkonferenzen werden wie selbstverständlich Entscheidungen getroffen, die die Zuständigkeiten des Landtags betreffen, ohne dass das Parlament Gelegenheit hat, sich zu diesen Angelegenheiten zu äußern, geschweige denn eine eigene Position zu formulieren. Über die europäische Rechtsetzung verlagern sich Kompetenzen nach Brüssel, ohne dass die Länder Einfluss nehmen können, und, darin sind wir uns ebenfalls fraktionsübergreifend einig, diesen Zustand können wir nicht länger akzeptieren und hinnehmen, wollen wir den Föderalismus und die Berechtigung der Landesparlamente in Deutschland nicht ad absurdum führen.

Über die Arbeit in der Föderalismuskommission wird versucht, die Länderkompetenzen wieder in das verfassungsrechtlich ursprünglich gewollte Maß zu bringen. Die Länder rufen zu Recht nach mehr Gestaltungsspielraum und Kompetenzen auch gegenüber dem Bund. Wir alle hoffen, dass die Verhandlungen in der Föderalismuskommission im Dezember zu einem guten und erfolgreichen Ende gebracht werden, einem guten Ende im Sinne einer Stärkung der Länder und unseres föderalen Systems. Die viel diskutierte Entflechtung der Strukturen und Entscheidungsebenen ist seit langem überfällig. Darüber haben wir in diesem Hause im September schon ausführlich diskutiert, das Gesagte kann nur nochmals betont werden.

Zurück zu Bremen! Meine Damen und Herren, den Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen, Frau Linnert hat es angedeutet, sehen wir überaus positiv. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir über eine Unterrichtungsverpflichtung des Senats gegenüber der Bürgerschaft diskutieren. Schon im vergangenen Jahr hat sich der Bürgerschaftsvorstand diesem Thema zugewandt und es behandelt. Damals sind wir allerdings nicht zu einem entsprechenden Antrag gekommen. Wenn wir einmal die Verfassung der anderen Bundesländer betrachten, finden wir in fast allen mit der hier vorgeschlagenen Ergänzung vergleichbare Formulierungen. In allen Ländern ist die Landesregierung verpflichtet, das Parlament über Entscheidungen zu informieren, die die Zuständigkeiten des Landesparlaments berühren.

Auch in Bremen gibt es in Artikel 79 der Landesverfassung bereits gewisse Unterrichtungspflichten, jedoch nicht in dem hier zur Rede stehenden Umfang. Bisher werden nur Fragen der Landesplanung, der Standortvorhaben und Durchführung von Großvorhaben genannt. Eine Unterrichtungspflicht in Angelegenheiten der Zusammenarbeit mit Bund, Ländern und der EU besteht nur, soweit diese von wesentlicher Bedeutung sind beziehungsweise mit erheblichen finanziellen Auswirkungen verbunden sind.

Die hier in Rede stehende Ergänzung bezweckt aber mehr. Das Parlament soll nicht nur in bestimm

ten Fällen unterrichtet werden, es soll in Zukunft umfassender einbezogen und informiert werden. Dabei soll die Bürgerschaft insbesondere die Möglichkeit haben, sich zu positionieren. Eine so entstandene Position beziehungsweise Stellungnahme soll der Senat dann auch maßgeblich bei seiner zu treffenden Entscheidung berücksichtigen. Das Parlament würde den Senat also in einem viel höheren Maße als bisher binden und verpflichten können.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, eine solche Stärkung der Bremischen Bürgerschaft können wir selbstbewusst fordern und vertreten. Viel zu oft sind wir, aber auch andere Parlamente vor vollendete Tatsachen gestellt worden, ein Zustand, der nicht nur die Position eines Landtages schwächt. Ich bin überzeugt, diese Entwicklung hat auch in einem großen Maße zu Unverständnis und Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber Politik, der Regierung und Parlamenten geführt, wie wir es heute zur Kenntnis nehmen müssen, weil viele Entscheidungen nicht mehr nachvollziehbar sind, nicht mehr überschaubar ist, wer eigentlich welche Entscheidungen trifft. Viel zu wichtige und grundsätzliche Entscheidungen fallen hinter den so genannten berühmten verschlossenen Türen, am Kamin oder in nicht öffentlichen Abstimmungsrunden und Gesprächen.

Von den Ergebnissen ist dann manchmal nicht nur der Bürger überrascht. In dem einen oder anderen Fall kann auch das Parlament nur noch zur Kenntnis nehmen, dass bestimmte Sachfragen ohne Parlamentarier entschieden oder Kompetenzen an den Bund oder Europa abgegeben wurden. Hier ist auch meine Fraktion bereit nachzuhaken und unterstützt daher den Antrag der Grünen, die Bürgerschaft nicht nur durch eine Unterrichtungspflicht des Senats zu stärken, sondern auch eine maßgebliche Berücksichtigungspflicht bei Stellungnahmen dieses Hauses verfassungsrechtlich zu verankern.

Wir überweisen diesen Antrag heute mit einem positiven Votum an einen entsprechenden nichtständigen Ausschuss. Ich gehe davon aus, dass wir das dann im Januar, vielleicht aber auch erst im Februar, nach der erfolgten Beratung im Sinne einer Stärkung des Landesparlamentes beschließen werden. – Vielen Dank!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Föderalismus ist in Deutschland die historisch über Jahrhunderte gewachsene Staatsform und eines der tragenden Staatsprinzipien. Allerdings führt die derzeitige Organisation des Föderalismus zu immer mehr zutage tretenden Problemen. Die Unübersichtlichkeit des Gesetzge

bungsverfahrens ist eine Ursache für die Politikverdrossenheit vieler Menschen. Die Bürgerinnen und Bürger können Entscheidungen häufig keiner deutlichen Ebene mehr zuordnen, zumal die geltenden föderalen Strukturen die Flucht aus politischer Verantwortung auch begünstigen können.

Die Beteiligung des Bundesrates an der Gesetzgebung des Bundes erstreckt sich auf zu viele Bereiche. Die starken institutionellen Verflechtungen bewirken auch Politikblockaden. In einigen Politikfeldern und insbesondere verfahrensrechtlich regelt der Bund andererseits zu viel oder zu detailliert. Dadurch wird die Eigenständigkeit der Länder eingeschränkt und das Subsidiaritätsprinzip oftmals berührt, wenn nicht sogar verletzt. In anderen Bereichen mangelt es dem Bund an Handlungsfähigkeit zur Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Der Föderalismus hat sich zunehmend zu einem Exekutiv-Föderalismus entwickelt.

Den weitgehenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Landesregierungen steht auch gleichzeitig eine abnehmende Bedeutung der Landtage gegenüber. Diese Problemlage wird ja zurzeit deutlich in der Föderalismuskommission diskutiert, allerdings sind die Landtage auch aufgefordert, selbst zur Lösung dieser Problemlage etwas beizutragen. Die Landesparlamente haben erheblich an Gestaltungsmöglichkeiten und an autonomer Verantwortung verloren. So hat man beispielsweise für den bayerischen Landtag in der Legislaturperiode von 1990 bis 1994 errechnet, dass nur 16 von 120 Gesetzgebungsvorlagen gestaltende Entscheidungen gewesen seien. Alle anderen hätten der bloßen Fortschreibung von Landesrecht und seiner Anpassung an Europa- und Bundesrecht gegolten.

Zu den verfassungsimmanenten Elementen des Wandels in der föderalen Ordnung! Auch das System der Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen hat nachteilig unitarisierend gewirkt und die Zuständigkeit von Bund und Ländern immer mehr ineinander verflochten und verschlungen. All das verlangt natürlich nach intensiver Abstimmung, und da schlägt stets die Stunde der Exekutive. Mittlerweile koordinieren die Regierungen des Bundes und der Länder ihre Politik und Entscheidungen in etwa 300 Gremien. Die Landesregierungen untereinander stimmen sich in mehr als 900 Ausschüssen und ständigen Konferenzen ab, und das meistens vor dem Kamin und hinter verschlossenen Türen.

Diese Sachlage stellt die Parlamente und auch unser Parlament vor schwierige Probleme. Sie geraten, wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier erst gesagt hat, nicht selten in die Rolle einer Ratifizierungsinstanz ohne wesentliche eigene Gestaltungsmacht. Sie sind vor die Alternative gestellt, auf das ihnen unterbreitete Resultat exekutiv-föderativer Koordination mit Ja oder Nein zu antworten, wobei in der Praxis vielfach nur die Möglichkeit der Zustimmung verbleibt.