In den letzten Jahren ist schon eine Menge passiert oder auf den Weg gebracht worden: auf der Bürger, im Alten und Neuen Hafen, im Schaufenster Fischereihafen, am Kreuzfahrtterminal. In diese Richtung muss es weitergehen. Darum wird auch in Zukunft jeder vierte Euro, den wir für das Land investieren, in Bremerhaven eingesetzt, und es ist sicher ein vertrauenstiftendes Signal, dass im Senat ab sofort zwei Bremerhavener sitzen und Verantwortung für das Land übernehmen.
Wir haben uns einen weiteren, einen ganz entscheidenden Schwerpunkt für die Arbeit der nächsten Jahre vorgenommen. Bildung hat für uns oberste Priorität. Wir wollen mit den Schulen und Kindertagesstätten, mit den Erzieherinnen, den Lehrerinnen und Lehrern, den Eltern den Schock der PisaErgebnisse verarbeiten und alles tun, damit wir die
Es ist wahr, über den richtigen Weg dorthin hat es leidenschaftliche Debatten gegeben, auch zwischen den Partnern der Koalition. Wir haben diese Debatten nicht durch Rechthaberei entschieden, nicht durch eine Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Mentalität. Wir haben uns auf Dialog und einen fairen Konsens verständigt. Es gibt einen einfachen Grund dafür. Das Thema ist viel zu wichtig, zu kostbar und zu komplex. Es geht dabei nicht nur um Überzeugung und Konzepte von Bildungspolitikern. Hinter den unterschiedlichen Ansätzen stecken die unterschiedlichen Erfahrungen, Hoffnungen, Überzeugungen von unzähligen Wissenschaftlern, Pädagogen und Eltern, und jeder hat für seinen Ansatz gute Argumente und kann auf gelungene Beispiele verweisen.
Darum haben wir ganz bewusst gesagt: Lasst uns das nicht durch ein paar wie in Stein gehauene Sätze am grünen Tisch der Koalitionsberatungen entscheiden! Lassen wir Entwicklungen zu, geben wir den Schulen Freiräume, gestatten wir uns unterschiedliche Wege und Wettbewerb, respektieren wir den Willen der Eltern, und lernen wir mit den Schulen aus den Erfahrungen!
Ich bin überzeugt, in der Verständigung über unsere künftige Bildungspolitik beweist sich eine der großen Stärken der großen Koalition, die die Wähler am 25. Mai honoriert haben. Die ständige Lust, in parteipolitische Sieger und Verlierer zu sortieren, ist vielleicht für manche Journalisten vergnüglich. Die Menschen haben wenig von einer Politik nach der Dramaturgie des Boxringes, wo gezählt und gepunktet wird, wer wem am häufigsten auf die Nase haut und wer über wen das schrillste Bonmot formuliert. Das produziert vielleicht ein paar Lacher und vordergründigen Unterhaltungswert in Parlamentsdebatten, es hilft uns aber wenig, um uns in der Sache zu verständigen, kluge Lösungen zu finden und durchzusetzen.
Wir brauchen die Bereitschaft zuzuhören, Respekt vor Argumenten und Überlegungen des anderen, Aufgeschlossenheit für Anregungen, auf die man nicht selbst gekommen ist. Dies gilt übrigens auch für die Opposition hier in diesem Hause, und dies meine ich als herzliche Einladung. Wir sind gespannt auf Ihre Vorschläge, und wir sind bereit, sie ernsthaft und fair zu prüfen.
Ich glaube, in der Schulpolitik ist uns genau das gelungen. Wir haben uns geeinigt. Die Orientierungsstufe wird es nicht mehr geben. Sie hat sich nicht bewährt. Wir öffnen in Zukunft verschiedene Wege, um einen qualifizierten Schulabschluss zu erreichen. Bereits nach dem vierten Jahrgang kann man sich künftig auch in Bremen für ein Gymnasium entscheiden, das nach zwölf Jahren zum Abitur führt. Weil wir insgesamt mehr Kindern den Weg zum Abitur öffnen wollen, gestalten wir Übergänge
In Zukunft wird es aber auch mehr integrative Angebote geben, nicht nur, weil wir weitere integrierte Stadtteilschulen und zusätzliche sechsjährige Grundschulen einrichten wollen. Wir wollen darüber hinaus ganzen Schulgruppen anbieten, gemeinsam von der Grundschule in die Sekundarstufe I zu wechseln. Haupt- und Realschule werden in den Klassen fünf und sechs gemeinsam unterrichtet, in den Klassen sieben und acht mit äußerer Differenzierung. Die Hauptschule, in der Vergangenheit oft als Restschule beargwöhnt, wird es so nicht mehr geben. Wir wollen die verlässliche Grundschule von acht bis 13 Uhr verbindlich machen. Wir machen also eine Vielzahl von Angeboten, um in Bremen länger gemeinsam lernen zu können.
Es stimmt, Bremens Schulsystem wird künftig anspruchsvoller und vielfältiger. Wir schaffen nicht Ordnung wie Charlie Chaplin, der seine Klamotten in den Koffer wirft, den Deckel zuklappt und alles abschneidet, was noch herausschaut. Wir wollen eine Schule machen, in der Eltern mit den Lehrern gemeinsam überlegen: Durch welches Angebot wird mein Kind am besten gefördert und gefordert? Wir setzen auf die Verantwortungsbereitschaft der Eltern, und wir wollen ihre Entscheidung stärker einbeziehen. Aber Elternwillen stärken und gleichzeitig Wahlmöglichkeiten zugunsten von sparsamen, übersichtlichen Reißbrettentwürfen einschränken, das passt nicht zusammen.
Es gibt eine zweite große Chance durch den erzielten Konsens. Wir können endlich Frieden in den Systemfragen unseres Schulangebots schließen. Wir können unsere Energie endlich auf die viel wichtigere Frage konzentrieren: Wie verbessern wir die Qualität jeder einzelnen Schulstunde? Ich überspitze bewusst. Was in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler an Wissen, an Kompetenz, an Kreativität, an Teamfähigkeit, an Leistungs- und Hilfsbereitschaft ankommt, hängt nicht so sehr davon ab, welcher Name über dem Schultor hängt. Das entscheidet sich jeden Tag, Schulstunde für Schulstunde durch das Engagement der Lehrer, durch kluge Didaktik und sorgfältige Methodik des Unterrichts. Reden wir in Zukunft weniger darüber, welches System das beste ist, reden wir mehr über gelungenen Unterricht! Das muss zuallererst in den Schulen selbst passieren durch Erfahrungsaustausch, durch Teamarbeit, durch Weiterbildungsangebote.
Wir wollen die Schulen dabei unterstützen und sagen ihnen: Lasst uns über Standards reden! Wir müssen klar definieren, was in bestimmten Etappen und am Ende einer Schulbildung herauskommen muss, damit die jungen Leute gut auf ihr Leben vorbereitet sind und gute Chancen auf dem Ausbildungsund Arbeitsmarkt haben.
durch gemeinsame zentrale Vergleichstests und Parallelarbeiten herausfinden, wo wir gut sind und wo wir besser werden müssen. Innerhalb solcher unverzichtbarer Eckpfeiler wollen wir den Schulen neue Gestaltungsspielräume geben und sie ermutigen: Nutzt sie, entwickelt eigene Ideen und eigene Konzepte! Verständigt euch auf Schulprogramme, entwickelt ein eigenes, ein unverwechselbares Profil für eure Schule, um sie attraktiv und reizvoll für Schüler und Eltern zu gestalten! Beratet miteinander, holt euch Rat von außen! Wir unterstützen euch dabei, wir bieten euch entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten und Beratungen, und wir erkennen an und respektieren besonderes Engagement und herausragende Leistungen.
Es gibt einen weiteren unübersehbaren Hinweis, dass Bildungspolitik für die große Koalition absolut höchste Priorität genießt. Trotz der extrem schwierigen Haushaltslage und dramatischer Sparzwänge, am Lehrerpersonal wird nicht gespart, im Gegenteil. Wir wollen auch neue intelligente Finanzierungsmöglichkeiten suchen und jede frei werdende Lehrerstelle wieder besetzen. Schließlich wollen wir auch engagiert weiter daran arbeiten, unsere Schulgebäude in Ordnung zu bringen.
Wir haben noch eine weitere ernüchternde Lektion aus Pisa lernen müssen, und auch daraus wollen wir Konsequenzen ziehen. Wenn wir die Erstklässler in die Schule bekommen, ist häufig schon manches versäumt und erschwert einen erfolgreichen Schulstart. Kinder, die nicht ausreichend Deutsch sprechen können, sind schon zu Beginn ihrer Schulbildung benachteiligt. Sie geraten so dauerhaft ins Hintertreffen und werden um ihre Integrationschancen gebracht. Wir müssen darum schon vor der Schule die richtigen Weichen stellen. Mit gezielten Sprachtests wollen wir schon in den Kindergärten Sprachdefizite herausfinden und durch wirksame Fördermaßnahmen rechtzeitig vor dem Schulbeginn für ausreichende Deutschkenntnisse bei allen Erstklässlern sorgen. Wir wollen das gerade auch bei Kindern aus Migrantenfamilien zusammen mit den Eltern machen und auch ihnen Deutschkurse anbieten.
Wir wollen die Kindertagesstätten insgesamt zu Bildungseinrichtungen weiterqualifizieren, die eng mit den Schulen zusammenarbeiten. Wir wollen den Erzieherinnen und Erziehern entsprechende Weiterbildungs- und Fortbildungsangebote machen. Wir wollen mit ihnen und den Schulen Bildungspläne entwickeln, die allen Kindern einen möglichst reibungslosen und erfolgreichen Übergang in die Schule öffnen. Darum wollen wir trotz aller Sparzwänge auch alles daran setzen, um die Kita-Gruppen Schritt für Schritt von zwei Kräften betreuen zu lassen.
In die gleiche Richtung weist unser Ehrgeiz, mit der finanziellen Unterstützung des Bundes zusätzliche Betreuungsplätze für die ganz Kleinen unter drei Jahren zu schaffen. Das hilft auch ihren Müttern, die wieder ins Berufsleben einsteigen und ihre Kinder
trotzdem gut betreut wissen wollen. Aus dem gleichen Grund wollen wir schließlich auch die Betreuungszeiten flexibler gestalten und stärker an den Bedürfnissen und der Nachfrage der Eltern ausrichten.
In der kommenden Legislaturperiode werden wir den sechshundertsten Geburtstag des Rolands feiern. Seit Hunderten von Jahren haben wir Bremer uns unsere Selbständigkeit immer wieder erarbeitet, verdient und wenn nötig zurückerobert. Es war eine wechselvolle Geschichte mit vielen Blütezeiten, aber auch voller Widrigkeiten und Bedrohungen. Hunderte von Jahren lang haben wir alle bestanden, jede Generation hat sich im Sinne des großen Arnold Duckwitz den Respekt und die Anerkennung ihrer Zeitgenossen erworben und aufs Neue bewiesen, dass unsere Selbständigkeit ein Glück für das Ganze ist, mit hanseatischem Kaufmannsgeist, mit politischer Klugheit, mit diplomatischem Geschick, mit zivilem Bürgersinn und, sprechen wir es ruhig aus, manchmal auch mit Geld, und jede Generation hat gewusst, dass und warum ihr Bremens Selbständigkeit kostbar war. Jetzt sind wir an der Reihe.
Es stimmt, wir haben heute keine 100 000 Gulden übrig, und ein kaiserliches Privileg wie das Linzer Diplom ist in Zeiten parlamentarischer Demokratie kein Garant von Unabhänigkeit und Selbständigkeit, aber wir haben Arnold Duckwitz, Johann Smidt und Wilhelm Kaisen in guter Erinnerung und eine Idee unserer Selbständigkeit für die Zukunft vor Augen. Wir wissen, Selbständigkeit bedeutet mehr als die hohe Wahrscheinlichkeit, den Präsidenten des Senats auf dem Marktplatz treffen zu können. Sie bedeutet Gestaltungsmöglichkeiten für unser Land und seine beiden Städte, sie bedeutet Mitwirkungsmöglichkeiten bei allen großen Gesetzgebungsvorhaben. Sie bedeutet die Chance, den Kommunen im Bund eine Stimme geben zu können, so wie es die Väter und Mütter des Grundgesetzes gewollt haben.
Für nüchterne Pragmatiker sei gesagt, unsere Selbständigkeit bedeutet auch mehr Geld für Bremen, Bremerhaven und die ganze Region, und für leidenschaftliche Europäer, sie bedeutet die Chance, in einem Europa der Regionen, das wir uns alle wünschen, einen identitätsstiftenden Kern zu bewahren, Wissen, wo man hingehört, das ist von jeher das notwendige Gegenstück hanseatischer Weltoffenheit.
In einem ganz unpathetischen und ganz und gar nicht tümelnden Sinn können wir uns Heimat bewahren, als Chance auf Vertrautheit, als Chance auf Verständigung in Augenhöhe und auf kurzen Wegen. Ich bin überzeugt, das Lebensgefühl der Bremerinnen und Bremer, der Bremerhavenerinnen und Bremerhavener wird seit Jahrhunderten nachhaltig durch unsere Selbständigkeit geprägt. Sie ist Lebensqualität. Nehmen wir es als ein historisches Geschenk! Wir haben die Möglichkeit, unsere eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln, nah, direkt, offen und miteinander. Nutzen wir sie!
Arbeiten wir für ein Bremen, an das Wissenschaftler in aller Welt gute Erinnerungen haben, weil sie in ihrer Zeit an der IUB, der Universität, den Hochschulen ein aufgeschlossenes, ein herzliches, ein reizvolles Bremen erlebt haben! Arbeiten wir für ein Bremen, über das Unternehmer in aller Welt Gutes berichten, weil sie in Bremen offene Türen, faire Partner und kompetente Dienstleister gefunden haben! Arbeiten wir für ein Bremen, von dem Künstler schwärmen: Reich sind sie nicht, aber sie sind hellwach, experimentierfreudig und kreativ! Arbeiten wir für ein Bremen, über das Muslime, Buddhisten, Juden und Hindus sagen: Hier müssen wir keine Angst haben, hier werden wir akzeptiert und respektiert! Arbeiten wir für ein Bremen, in dem junge Leute sich lebendig und herausgefordert fühlen und sagen: Man muss schon etwas bringen, aber das bringt es auch! Arbeiten wir für ein Bremen, in dem sich Alte zu Hause fühlen, geborgen, gebraucht und gemocht! Arbeiten wir für ein Bremen, in dem die Leute sagen: Wenn es gut geht, dann findest du Menschen, die sich mit dir freuen, wenn es schlecht geht, lassen sie dich nicht allein!
Wir haben uns eine Menge vorgenommen für die nächsten vier Jahre. Wir werden es uns und niemandem nur leicht und recht machen können, aber ich bin mir ganz sicher, es lohnt sich. Machen wir uns an die Arbeit, ich freue mich auf die Zusammenarbeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bürgermeister Henning Scherf hat für den neu gewählten Senat die Regierungserklärung für die Politik der nächsten vier Jahre abgegeben, und ich beginne mit den Aussagen, über die sich Regierung und Opposition einig sind, über die ich mich teilweise auch gefreut habe.
Konsens besteht darin, dass auch die nächsten vier Jahre in Bremen von dem Leitgedanken Investieren und Sparen geprägt sein werden und geprägt sein sollten. Wie in der Vergangenheit wird die politische Auseinandersetzung darüber laufen, wo und wie viel gespart wird und in was und wo wie viel investiert wird. Hier kann man auch durchaus schon eine Annäherung, natürlich nicht an die Position der Grünen, so doch vielleicht wenigstens an die einer Großprojekten kritisch gegenüberstehenden Öffentlichkeit feststellen. Neue Renommierprojekte tauchen in Ihrer Regierungserklärung nicht mehr auf.
Bemerkenswert finde ich auch, dass Sie, Herr Bürgermeister, darauf verzichten, die ernste finanzielle Lage unseres Bundeslandes schönzureden, auch wenn Sie an dem Ziel, 2005 einen verfassungskon
formen Haushalt vorzulegen, festhalten. Fast hat man den Eindruck, als wollten Sie Ihren politischen Erfolg vor allem daran messen. Über die angeblichen oder tatsächlichen Erfolge der Politik der großen Koalition der letzten acht Jahre sind wir uns teilweise nicht einig, aber ich will nur wenig zur Vergangenheit sagen. Es ist richtig, den Bürgerinnen und Bürgern in Bremen reinen Wein einzuschenken. Nur so können die Bürgerinnen und Bürger unserer Städte beurteilen, ob Ziele und die ergriffenen Maßnahmen einer Regierung in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Nur so kann das gelingen, was Sie sich vornehmen, nämlich die aktive Beteiligung der Menschen an der Gestaltung unseres Gemeinwesens in Bremen und Bremerhaven.
Sie haben auf die in der Politik verbreitete Kraftmeierei weitgehend verzichtet und auch ein Angebot zur Zusammenarbeit mit uns bekundet. Das nehmen wir gern an, werden aber nicht, darauf können Sie sich verlassen, damit Teil der großen Koalition und Ihrer Wir-sitzen-alle-in-einem-Boot-Sichtweise. Wir, die Grünen, haben den Auftrag der Wählerinnen und Wähler, Kritik an der Regierungspolitik zu üben, da, wo wir Kritikwürdiges sehen. Wir werden auch Alternativen vorlegen und Vorschläge machen, die Aufgabe, Konzepte zu entwickeln, ist allerdings vorrangig die Aufgabe der Regierung.
Gefreut habe ich mich über die zahlreichen Passagen in der Regierungserklärung, die im Zusammenhang auch mit der Politik der Grünen in den letzten Jahren stehen. Dabei nenne ich zuallererst die Anmeldung Bremens zur europäischen Kulturhauptstadt, eine Idee meiner Kollegin Helga Trüpel und, Konsens, eine große Chance für Bremen. Das geplante Informationsfreiheitsgesetz, der Umzug von Radio Bremen in das Faulenquartier, die Entwicklung der Überseestadt und die Sanierung von Osterholz-Tenever, um nur einige zu nennen, sind Vorhaben, von den Grünen mit gefordert, mit vorbereitet, bei denen wir auch in Zukunft mitziehen werden.
Auch die Philosophie, wie Sie hier Bremen als Stadt dargestellt haben, erinnert doch sehr stark an das Konzept „Talente, Toleranz und Technologien“, das die Grünen vorgelegt haben, um den Wirtschaftsstandort modern zu entwickeln, und die Philosophie, wie wir den Wirtschaftsstandort Bremen entwickeln, breiter anzulegen und zu zeigen, dass es auch um das Klima unserer Städte geht, das ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.
Auch Ihre klare Aussage, Investitionen Bremens kritischer auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen, greift Forderungen der Grünen der letzten Jahre auf. Die Glaubwürdigkeit jeder Sparpolitik wird sich darin entscheiden, ob diese Regierung auch damit ernst macht.
Heute Nachmittag können Sie, meine Damen und Herren, beim Thema Stadthalle einen ersten Beweis antreten.
Wohltuend empfinde ich auch Ihre Position zum Kanzlerbrief, der eine Verhandlungsgrundlage darstellt und nicht, wie häufig in der Vergangenheit, ein Beharren auf Rechtsansprüchen der Höhe nach.
Als wichtigen, unstrittigen Punkt Ihrer Regierungserklärung möchte ich noch das Ziel nennen, die Selbständigkeit Bremens zu erhalten. Sie, Herr Bürgermeister, weisen darauf hin, dass auch andere Bundesländer und Gemeinden, auch der Bund selbst, unter hohem Spardruck stehen. Damit wird auch klar, dass der Erhalt der Selbständigkeit kein Selbstzweck für Bremer Politiker ist. In Bremen gibt es die Chance, Modelle für Haushaltskonsolidierung zu erarbeiten, die auch anderswo taugen. Das bedeutet aber nach Meinung der Grünen eine klare Absage an das eher geistlose Orientieren der Sparpolitik auf Benchmarking und den Durchschnitt. Stattdessen braucht es Mut für eigene Wege. Davon ist in der Regierungserklärung leider wenig zu finden.
Die Selbständigkeit Bremens werden wir nur mit den Bremerinnen und Bremern gemeinsam erhalten. Nur wenn wir sie überzeugen, dass es sich lohnt und dass mit der Selbständigkeit nicht nur neue Opfer für die Bevölkerung verbunden sind, werden wir sie dazu gewinnen. Der Senat ruft zur Zusammenarbeit und Mitarbeit auf. Da wird der zivile Bürgersinn gelobt, der runde Tisch Bildung für wichtig erklärt und der Wert des Personalvertretungsgesetzes gepriesen. So oder ähnlich, Herr Bürgermeister, haben Sie das auch schon in den letzten Regierungserklärungen getan. Leider haben Sie diesen Anspruch oft nicht eingelöst. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass es in Zukunft anders wird, dass Sie es sich vornehmen, das nehme ich Ihnen ab. Einmal schauen, wie es weiter geht! Die Zeichen sind nicht gut.
Der Agenda-21-Prozess, nach der Wahl 1999 uninteressant, so wie jetzt die Bürgerstiftung! Mit Frauenpolitik können Sie nun nach dieser Senatswahl wirklich nicht mehr ernsthaft kommen, und was der Senat von Beiratsbeteiligung hält, konnte man mit dem handstreichartigen Verkauf der Lothringer Straße in der Zeit zwischen Bürgerschafts- und Senatswahl sehen.
Besonders übel ist die Senatsentscheidung von gestern, in Bremen bei Neueinstellungen in den öffentlichen Dienst kein Weihnachts- und kein Urlaubsgeld zahlen zu wollen. Abweichend vom Koalitionsvertrag, der sinnvollerweise einen Gleichklang mit Niedersachsen vorsieht, wird hier ohne jede Beteiligung des Personalrats ein Coup gelandet, per Tischvorlage schnell entschieden, ehe die eben noch gepriesene Bürgerbeteiligung unliebsame Ergebnisse hätte haben können.
Auch wenn wir sehr viele Ziele Ihrer Regierungserklärung teilen, hier fehlt es Ihnen an Glaubwürdigkeit, dass Bürgerbeteiligung selbstverständlich und erwünscht ist und dass die Meinungen auch ernst genommen werden. Vielleicht könnten Sie das noch ändern.
Die Politik der großen Koalition setzt auf den Gedanken, dass alle Bremerinnen und Bremer in einem Boot sitzen, dieselben Interessen haben und dem großen Kapitän Henning Scherf vertrauen. Kritik, unterschiedliche Meinungen und sogar Meinungsstreit wurden in der Vergangenheit zu häufig abgewertet, als störend und unfruchtbar mies gemacht. Das ist ein sehr grundlegender Unterschied zur Politik der Grünen. Wir setzen darauf, dass über unterschiedliche Sichtweisen, die sich im fairen Wettbewerb befinden, die besten Lösungen entstehen. Wer darf denn Platz nehmen im großen Boot? Wem droht der Rausschmiss, wenn er oder sie als Nörgler, Miesmacher, Ampelpolitiker oder sonstwie nicht gemeinschaftsfördernd enttarnt wurde?
Die Zustimmung zu der sehr großen Koalition ist deutlich niedriger als vor vier Jahren. Dass Sie einen Wählerauftrag haben, bestreiten die Grünen nicht. Die Grünen haben aber deutlich zugelegt und einen Wählerauftrag, selbstbewusst und klar Kritik zu üben. Wir, die Grünen, entscheiden selbst, wann wir im Boot sitzen und wann wir in einem anderen segeln.
Das große Alle-Mann-Manöver verdeckt leider gekonnt, dass es im großen Boot der ziemlich großen Koalition doch recht unterschiedlich komfortable Plätze gibt. Die Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, soll es gut haben. Ja, natürlich, das ist auch in unserem Interesse. Weniger nett wird es in den nächsten Jahren für Frauen, die ein offenes Beratungsangebot aufsuchen wollen, für Aidskranke, denen die Aidshilfe geschlossen wird, für Behinderte, denen das Landespflegegeld und die Fahrtkostenhilfe gestrichen werden, für Familien in Horn, Sebaldsbrück und Blumenthal, denen das Freibad geschlossen wird, für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, die nun erst einmal unabhängig von ihrer sozialen Lage ohne Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld klarkommen müssen.
Die zweite zentrale Kritik der Grünen an der Anlage Ihrer Regierungspolitik ist, dass Sie ehrlicher und die Kritik aufgreifend, aber im Kern dieselbe Politik machen wollen wie in den letzten Jahren. Da hatte die große Koalition naturgemäß keine Alternativen. Hatte aber nicht die SPD über die letzte Legislaturperiode hinweg ein Konzept entwickelt, wie eine Neujustierung des Sanierungskurses und weiche Standortfaktoren mehr Bedeutung in der Politik erhalten sollen, um neue Einwohner zu gewinnen? Einwohner und Arbeitsplätze sind auch nach Meinung der Grünen gleichberechtigte Pfeiler der Sanierung. Das findet sich so in der Regierungserklä