Protokoll der Sitzung vom 08.12.2004

Nun noch einmal ganz kurz zu der Problematik politische Weiterbildung! Eigentlich müsste auch Herr Wedler uneingeschränkt ja sagen zum Bereich der politischen Weiterbildung. Wenn ich mir manchmal Debatten in diesem Haus anhöre, an denen insbesondere ein Abgeordneter beteiligt ist, dann sage ich Ihnen, wenn nicht jeder sieht, dass wir im Bereich der politischen Bildung einen unheimlichen

Nachholbedarf in unserem Land haben, dann verstehe ich das auch nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb muss ich Ihnen ganz deutlich sagen, dass diese Bereiche für mich völlig unbestritten sind. Nun gibt es Ausreißer, Frau Allers hat das mit ihrem Angebot der Reise nach Portugal, wo ich mich natürlich sofort gemeldet habe, angedeutet. Ich bin auch der Meinung, dass es Ausreißer gibt, und diese Ausreißer können wir nicht dulden. Es sind keine Wohlfühlkurse, und das dürfen sie auch nicht sein, sondern es geht darum, Menschen weiterzubilden. Es hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass man in diesen Kursen das Selbstbewusstsein, einmal als ein kleines Beispiel, stärkt und fördert. Das hat weder mit beruflicher noch mit politischer Bildung zu tun, aber wenn wir sehen, wie manche Menschen, auch im Rahmen des Prozesses des lebenslangen Lernens, dort einen Bedarf haben, den ich auch staatlich anerkenne – und ich denke, auch den Betrieben würde es gut tun, wenn die Menschen in einer solchen Fortbildungsmaßnahme im Selbstbewusstsein gestärkt würden –, glaube ich, dass es entsprechende Dinge gibt, die ich als Wissenschafts- und Bildungssenator ausgesprochen positiv bewerten würde. Meine Damen und Herren, die Ergebnisse der norddeutschen Länder liegen mittlerweile vor, und ich finde es ausgesprochen positiv, wenn wir uns zusammenschließen und nicht eine Insellösung für Bremen finden, sondern gemeinsam mit den anderen Bundesländern zu einem Ergebnis kommen. Ich denke, dass wir das, sobald wir es haben, in den Deputationen vorstellen sollten. Es wäre auch ein guter Anlass, das anschließend hier im Hause kritisch konstruktiv zu diskutieren. Aber ich wiederhole es noch einmal: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Weiterbildung, und dafür brauchen wir die entsprechenden Freistellungen. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/473, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis. Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.06 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.32 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Gruppe vom Seniorenbüro Bremen und eine Besuchergruppe der CDU aus Bremen.

Herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Studierfähigkeit von Schülerinnen und Schülern im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 5. November 2004 (Drucksache 16/448)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 23. November 2004

(Drucksache 16/463)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Ich gehe davon aus, Herr Senator, dass Sie die Antwort nicht mündlich wiederholen wollen.

Wir treten in die Aussprache ein.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Voraussetzung für den Hochschulzugang ist die allgemeine Hochschulreife, das Abitur. Diese allgemeine Hochschulreife sollte eigentlich so ausreichend sein, dass ein Hochschulstudium tatsächlich aufgenommen und auch erfolgreich beendet werden kann.

Das Hochschulgesetz eröffnet die Möglichkeit, in einzelnen Studiengängen Immatrikulationsvoraussetzungen zu bestimmen. Dies sind zum Beispiel berufspraktische Kenntnisse, wie sie in den Ingenieurwissenschaften oder in der Architektur vorausgesetzt werden, oder Sprachkenntnisse für internationale Studiengänge sowie erweiterte Fremdsprachenkenntnisse in den Fächern Kulturwissenschaft, Philosophie, Religionswissenschaft, Kulturgeschichte Osteuropas und Kunstwissenschaften. Teilweise müssen diese Kenntnisse erst im Laufe des Studiums erworben werden.

Das Hochschulgesetz sieht ebenfalls vor, dass in künstlerischen Fächern die künstlerische Befähigung mittels einer Prüfung nachgewiesen werden muss. In verschiedenen Bundesländern ist es ferner möglich, dass auch Meister die Universitäten besu

chen dürfen, und hier hat Hessen eine weit gehende Regelung vorgesehen.

Die Professoren aller Hochschulen im Lande Bremen stellen übereinstimmend fest, dass bei den Studienanfängerinnen und Studienanfängern Defizite in den Fächern Mathematik, Sprachen und Deutsch, dort auch in der Schriftform, vorliegen. Diese Fächer jedoch bilden die Grundlage für jedes Studium, auch wenn man nicht Mathematik, Sprachen oder Germanistik studieren möchte. Leider kann von der Universität Bremen aufgrund von fehlerhaften Daten keine Differenzierung zwischen Studentinnen und Studenten aus Bremen und denen anderer Bundesländer vorgenommen werden. Das wäre in unserer Diskussion angesichts von Pisa natürlich höchstinteressant gewesen, und hier sehen wir noch Nachbesserungsbedarf.

(Beifall bei der CDU)

Die Universität hat in einer stichprobenartigen Erhebung 2004 festgestellt, dass aufgrund falscher Fächerwahl eine hohe Abbrecherquote nach den ersten vier Semestern auftritt.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das war schon immer so!)

Außerdem brechen 25 Prozent der Studienanfängerinnen und Studienanfänger aufgrund von Überforderung das Studium vorzeitig ab. In den Studiengängen der Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften erfüllen die Studenten selbst einfache mathematische Voraussetzungen der achten und neunten Klasse wie Bruchrechnen oder Dreisatz nicht. Dies ist von den jeweiligen Hochschullehrern, die sich damit auseinander setzen müssen, auch dem Senator zur Kenntnis gegeben worden.

Die Hochschule Bremen hat selbst in den Ingenieurwissenschaften, wo sich die Studienanfängerinnen und Studienanfänger mit dem Studium identifizieren, über 50 Prozent Studenten, die in Mathematik den Anforderungen nicht gewachsen sind. Die Hochschule für Künste sieht darin ein allgemeines bundesweites Problem, sie weist darauf hin, dass deutsche Studienanfängerinnen und Studienanfänger Defizite in Allgemeinbildung und Kenntnissen geschichtlicher Zusammenhänge besitzen. Um bei diesen Defiziten Abhilfe zu schaffen, bietet die Universität das Programm „Übergänge“ sowie ein mathematisches Vorsemester für Ingenieur- und Naturwissenschaften an.

Es muss jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es eigentlich nicht die Aufgabe der Universitäten und Hochschulen sein darf, diese Defizite aufzuarbeiten. Die Grundlagen müssten schon in den Schulen gelegt werden. An der Hochschule werden Propädeutika in Mathematik und Buchführung veranstaltet. Zusätzliche Sprachkurse in den

internationalen Studiengängen sollen die Studienanfängerinnen und Studienanfänger auf einen studierfähigen Modus bringen.

Die Defizite sind individuell unterschiedlich, so dass die Professoren jeden Studenten einzeln betreuen und fördern müssen. Diese Aufgabe erfüllen sie sowie ihre Mitarbeiter unentgeltlich. Es ist also ein zusätzlicher Lehrbedarf vorhanden, der nicht durch zusätzliche Mittel abgedeckt wird. Beachtlich und positiv hervorzuheben ist daher der Mehraufwand der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulen.

Die Hochschule Bremerhaven führt Mathematikvorbereitungskurse durch, denen ein Eignungstest vorausgeht, um die Einteilung in unterschiedliche Leistungsgruppen vornehmen zu können. Dabei wird nach dem Land der Hochschulzugangsberechtigung gefragt. Die Testergebnisse geben Auskunft über die schulische Vorbildung. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass Studienbewerber mit Abitur oder Fachhochschulreife aus Bremen unter dem Durchschnitt der anderen Bundesländer liegen.

Nochmals, es ist nicht die Aufgabe der Hochschulen, die Defizite der Schulbildung nachzuholen! Man muss sich ernsthaft fragen, was das Abitur noch wert ist. Für Bremen stellt sich diese Frage nicht erst seit Pisa. Die sozialdemokratische Kuschelpädagogik, die der Leistung und Qualität weniger Raum eingeräumt hatte, wird erst jetzt insbesondere durch die CDU beendet.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau H ö v e l - m a n n [SPD]: Aus dem Keller hörte man das monotone Kreischen der Bartwickel- maschine!)

Das Abitur in Bremen wird erst in einigen Jahren wieder an Wert gewinnen. Die SPD muss sich deshalb fragen lassen, warum sie ganze Generationen in die Chancenlosigkeit geschickt hat.

(Beifall bei der CDU)

Diese oben aufgeführten Missstände führen zu einer Verlängerung der Studienzeit,

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Sie reden den Standort schlecht!)

die wir, um im internationalen Vergleich konkurrieren zu können, gerade versuchen zu verkürzen. Die Frage ist, ob Eingangsprüfungen diesen Missstand wirklich beheben können. An den Hochschulen sind diese in den Ingenieurwissenschaften eingeführt worden. Die Folge war, dass die Studentinnen und Studenten, die dort abgelehnt wurden, sich an der Universität eingeschrieben haben. Die Anzahl der Studenten in dem Studiengang Ingenieurwissen

schaften hat zwar zugenommen, die Qualität in der Lehre und Forschung ist damit aber gesunken.

Viele der Studienanfängerinnen und Studienanfänger haben sich nicht mit dem Studienfach identifiziert und nur eine Notlösung gewählt, sei es, weil sie von der Hochschule abgelehnt wurden oder eben keine Lehrstelle erhalten haben. Sie beeinträchtigen damit auch die motivierten Studenten, da der Lernfortschritt von einem vergleichsweise hohen Anteil an schlecht vorgebildeten Studenten gebremst wird, die diesen natürlich behindern.

Es sollte im Sinne der Universität liegen, durch eine Zulassungsbeschränkung für einen einem hohen Leistungsniveau zugänglichen homogenen Bildungsstand der Studierenden zu sorgen.

(Beifall bei der CDU – Abg. K l e e n [SPD]: So was von Uraltquatsch!)

An eine Elitebildung ist unter den aktuellen Umständen nicht zu denken. Wir können uns damit auch nicht ernsthaft für einen Elitestandort bewerben. Auch sind die Kosten für die Abbrecherquote, und das gilt in den Natur- und Ingenieurwissenschaften mit 60 Prozent über dem Bundesstandard, der bei 50 Prozent liegt, enorm hoch.

(Abg. K l e e n [SPD]: Das sagt eine Vertreterin der Koalition!)

Die Hochschule für Künste hat ein Auswahlverfahren und dadurch gute Quoten im Ergebnis der Abschlüsse. In der zurzeit diskutierten Studieneingangsphase soll eine größere Passgenauigkeit zwischen den Erwartungen der Studieninteressenten und den Lehrenden durch verbesserte Vorabinformation und freiwillige Eignungstests geschaffen werden. Die Frage ist allerdings, wer diese Defizite, die auftreten, beseitigen und wer diese Schwierigkeiten in Angriff nehmen und eine Verbesserung fördern wird.

Zusätzliche Kriterien für zulassungsbeschränkte Studiengänge sind damit dringend erforderlich. Im Entwurf für die Änderung des Bremischen Hochschulgesetzes sollen bis zu 80 Prozent in örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen nach Hochschulauswahlverfahren vergeben werden. Die Hochschulen suchen sich damit zum großen Teil ihre Studenten selbst aus.

Diese Regelung geht in die richtige Richtung und muss auf jeden Fall zügig umgesetzt werden. Man verspricht sich dadurch, dass sich die Studenten stärker mit ihrem Studienfach identifizieren, dass sie motivierter sind, also auch die Abbrecherquote sinkt. Von einer Abschreckung durch Eignungstests kann nicht die Rede sein. Ein bestandener Eignungstest gibt den Studienanfängerinnen und Studienanfängern die Sicherheit, den Anforderungen, die im Stu