Ob die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln an sich wehrende verdächtige Drogendealer verhältnismäßig und damit rechtmäßig ist, darüber sind sich unsere Juristen und unsere Gerichte offensichtlich nicht einig, wenn ich das richtig sehe. Selbst das Bundesverfassungsgericht ist hier nicht eindeutig. Ob ein längerer Polizeigewahrsam oder eine etwas längere U-Haft im Verhältnis zu einer zwangsweisen, eventuell mit körperlichen Schäden verbundenen „Behandlung“ eines Verdächtigen das mildere oder das härtere Mittel ist, ist juristisch offensichtlich höchst umstritten. Wenn das so ist, kann man sich zu dieser Thematik nur politisch einlassen. Wir, die FDP, haben angesichts des Todesfalls zunehmend Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer zwangsweisen Brechmittelvergabe per Magensonde an mutmaßliche Drogendealer zwecks Beweismittelbeschaffung. Wir wollen
deshalb auf diese unter körperlichem Zwang erfolgende Art der Beweismittelbeschaffung verzichten. Die freiwillige Einnahme eines Brechmittels ohne körperliche Gewaltanwendung wollen wir jedoch weiterhin zulassen, obwohl man auch hier rechtliche Zweifel haben kann.
Ich kann dem, was der Senat am Montag zur Neuregelung in diesem Bereich beschlossen hat, durchaus zustimmen. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass dies nicht das Ende der Überlegungen sein kann. Die andere Praxis in einigen Bundesländern sollte hier zu Rate gezogen werden. Eventuell gibt es ja auch weitere Möglichkeiten, die auf ihre medizinische und rechtliche Relevanz geprüft werden können. Mir scheint, dass der Senat gefordert ist, uns alternative, unter Umständen auch mit körperlichem Zwang verbundene Möglichkeiten – und die Spritzenverabreichung ist körperlicher Zwang, und selbst die verlängerte U-Haft ist, wenn Sie so wollen, Zwang, denn damit wird die Freiheit des Einzelnen, die ja durch unser Grundgesetz geschützt ist, auch beeinträchtigt, es sind also alles Zwangsmaßnahmen des Staates –, also auch Möglichkeiten und Konzepte zur Beweismittelbeschaffung bei mutmaßlichen Drogentätern aufzuzeigen. Zentrale Vorgaben dabei müssen jedoch unsere verfassungsrechtlichen Prinzipien sein und bleiben. Zugleich erwarte ich vom Senat Vorschläge zu eventuellen landesrechtlichen und organisatorischen Veränderungen als Folgerung aus den aufgezeigten alternativen Möglichkeiten. Ich bitte Sie also sehr herzlich, meinem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen!
Zum Antrag der Grünen möchte ich sagen, dass ich diesen Antrag so nicht mittragen kann. Dieser Antrag geht in der Begründung und in Nummer eins davon aus, dass die zwangsweise Brechmittelvergabe in jedem Fall gegen die Strafprozessordnung und gegen das Grundgesetz verstößt, ihr Einsatz also von vornherein nicht rechtskonform ist. Das ist, wie gesagt, unter Juristen und unter Gerichten streitig. Auch das Bundesverfassungsgericht ist da nicht eindeutig, wenn ich die Kurzinfo über dessen Urteil richtig deute. Außerdem wollen Sie dauerhaft und damit endgültig auf die zwangsweise Brechmittelvergabe verzichten, obwohl Situationen denkbar sind, in denen so etwas sogar geboten sein kann, wenn zum Beispiel die Gesundheit des festgenommenen Verdächtigen in Gefahr ist und der Staat zum Handeln verpflichtet ist.
Die Nummer zwei Ihres Antrags beinhaltet nur einen Prüfauftrag an den Senat, er fordert den Senat nicht dazu auf, alternative Möglichkeiten und Konzepte zu entwickeln und die eventuell notwendigen landesrechtlichen und organisatorischen Folgerungen aufzuzeigen. Das ist mir zu wenig. Wir wollen, dass das Recht nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch durchgesetzt werden kann. Deshalb will ich diesen Antrag ablehnen.
Der Koalitionsantrag, der mir heute Morgen auf den Tisch geflattert ist, beinhaltet ja das neue Senatskonzept. Zum Senatskonzept hatte ich eben schon etwas gesagt. Dieses Senatskonzept stellt jetzt wohl die Grundlage für das künftige Vorgehen hier in Bremen dar. Dieses neue Senatskonzept kann ich im Grundsatz mittragen, ich sagte es schon. Es ersetzt die zwangsweise Brechmittelvergabe durch ein längeres Festhalten des vermuteten Drogendealers, so wie das in Bayern gehandhabt wird. Weitere Möglichkeiten, zum Beispiel die niedersächsische Variante einer Spritze, sollen nicht näher in Betracht gezogen werden.
Ob unsere Gerichte beziehungsweise die hiesigen Richter so mitspielen werden, wie das vom Senat gewünscht wird, ist allerdings ungewiss. Mir scheint, dass der angekündigte Erfahrungsbericht mit der neuen Lösung um weitere Punkte ergänzt werden sollte, Punkte, die ich schon angesprochen habe, und Punkte, die man sicherlich noch überlegen kann, die vielleicht noch gefunden werden. Damit möchte ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken, vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Anlass unserer Debatte und Anlass des Misstrauensantrags ist der Tod eines Menschen im polizeilichen Gewahrsam. Das hat mich sehr erschreckt. Bis heute ist es schwer, diesen Vorgang zu werten, weil die Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Es ist da Widersprüchliches gesagt worden über den Vorgang, der Gutachter hat noch nicht abschließend votiert, wir wissen noch nicht einmal genau, was ursächlich war an dem Tod. Trotzdem will keiner von uns, weder im Senat noch von der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft noch irgendwo, dass jemand, der im öffentlichen Gewahrsam ist, zu Tode kommt. Wir wollen alle, dass unsere öffentlichen Dienstleistungen, auch das, was wir tun, natürlich zum Wohle der Menschen eingesetzt wird, und wir wollen nicht bewirken und ursächlich dafür sein, dass jemand auf diese Weise zu Tode kommt.
Ich habe lange überlegt, ob das tragisch ist. Ich traue mich noch nicht einmal zu sagen, ob das tragisch ist, weil man sich damit nicht entlasten kann. Das ist eine Verantwortung, die wir hier zu beraten haben, die auf uns allen liegt und vor der wir uns auch abmühen müssen.
Es ist richtig, dass wir seit Jahren diese Praxis des Brechmitteleinsatzes haben. Wir haben sie Anfang der neunziger Jahre gründlich beraten, hier übrigens auch im Parlament, Herr Güldner war noch nicht im Parlament, aber er war Mitarbeiter bei einer senatorischen Dienststelle, er er
innert sich, glaube ich, daran, und wir haben damals ein Einvernehmen über diesen Einsatz hergestellt und haben über lange Zeit dafür auch auf der fachlichen Ebene von allen Seiten Bestätigung dafür bekommen, dass es so, wie es praktiziert worden ist, zielführend war.
Herr Kastendiek hat Recht, das Bremer Oberlandesgericht hat diese Praxis beurteilt und hat gesagt, daran ist kein Anstoß zu nehmen. Darum, denke ich, muss man sich mit dieser bisherigen Regelung auseinander setzen, übrigens auch als Abgeordneter und nicht nur als Innensenator und Justizsenator. Wir haben nach Regeln gearbeitet, die bisher für korrekt gehalten worden sind. Wenn Herr Wedler sagt, der Justizsenator sei dafür verantwortlich, gut, ich fühle mich dafür verantwortlich, ich fühle mich aber im Einvernehmen mit dem Parlament.
Ich fühle mich auch im Einvernehmen mit mehreren unterschiedlichen Regierungen, die über diese Praxis beraten haben und sie für möglich gehalten haben, für zielführend gehalten haben. Bis heute wird in der Bundesrepublik sehr unterschiedlich damit umgegangen. Es ist ja nicht nur so, dass wir die Einzigen sind, sondern man kann wirklich über den Rand des Landes hinwegschauen und kann sich Beispiele dafür holen, wie andere Länder damit umgehen.
In der Regel ist die Polizei diejenige, die solche Einsätze machen muss, weil keine Zeit verbleibt, einen Antrag bei der Staatsanwaltschaft zu organisieren und eine Gerichtsentscheidung einzuholen, weil es beim Brechmitteleinsatz ganz schnell gehen muss. Darum ist es in der Regel so, dass die Polizei selbst entscheiden muss, ist das der Fall, ist das richtig. Darum ist es auch in der Regel so, dass der Innensenator, weil die Polizei den ersten Zugriff hat, dafür verantwortlich gemacht wird, wenn etwas schief geht. Das passiert nicht nur Thomas Röwekamp so, sondern das passiert allen Innenministern in der Republik.
Wir wären nicht gut beraten, wenn wir die politische Verantwortung für das, was unter Zeitdruck passiert oder passieren muss, einfach wegdiskutieren, undifferenziert verurteilen und sagen, dafür muss der jeweilige politische Minister oder Senator den Hut nehmen. Nein, wir müssen auch Situationen aushalten, in denen etwas außer Kontrolle geraten ist, und müssen dafür sehen und sorgen, dass das Ermittlungsverfahren korrekt vorangetrieben wird. Wir müssen nicht vorschnell einfach sagen, wir machen kurzen Prozess. Wir sind interessiert daran, korrekte Aufklärung zu haben. Wir wollen das fördern, und erst nach Abschluss der strafrechtlichen Verfahren kann man Zuordnungen wirklich verantwortungsbewusst vornehmen. Natürlich muss der verantwortliche Minister dafür sorgen, dass das seinen Gang geht.
Ich fände es noch nicht einmal hilfreich, wenn er den Hut genommen hätte, sondern ich hätte dann gesagt, lieber Thomas Röwekamp, wir müssen das aufklären. So etwas kann jedem von uns passieren. Da müssen wir die Nerven haben, dafür zu sorgen, dass es ein geordnetes und faires Verfahren gibt. Diesen Teil, denke ich, trage ich mit ihm ohne Wenn und Aber zusammen. Da, finde ich auch, müssen Sie, wenn Sie nachher das Kreuz machen, immer mitdenken, ich hätte in genau die gleiche Lage kommen können. Machen Sie es sich nicht zu einfach! Versuchen Sie sich nicht einfach zu entlasten dadurch, dass Sie sagen, dem schieben wir das zu, und alles andere verdrängen wir!
Jetzt kommt die zweite Sache, dass er sich in der Öffentlichkeit so exponiert hat! Wir haben darüber geredet, die beiden haben das eben auch richtig referiert. Die gleichen Leute, die Thomas Röwekamp als Journalisten vorwerfen, er hätte zu schnell geredet, werfen mir vor, ich hätte bisher meinen Mund nicht aufgemacht. Macht Sie das nachdenklich? Das geht doch nicht! Manchmal sind es sogar die gleichen Journalisten, die an deinem Auftritt und an meinem Auftritt Interesse haben. Verstehen Sie, was da läuft? Wir sind als Politiker in schwierigen Lagen, dass wir über das öffentliche Interesse, auch über das Interesse der Journalisten, aktuelle Nachrichten und Einschätzungen zu bekommen, in Situationen gedrängt werden, endlich doch etwas zu erklären, in denen wir klugerweise den Mund halten sollten oder klugerweise sagen sollten, es ist noch nicht geklärt und noch nicht zu Ende gebracht, ein abschließendes Urteil kann man nicht bringen.
Er hat das ausgeräumt, er hat das auch gemerkt, dass das eine unzureichende Information war. Er hat übrigens alles, was ihm vorgelegt worden ist, genutzt, aber es ist ihm eben nicht alles vorgelegt worden. Auch das kann jedem von uns passieren. Ich habe solche Situationen schon erlebt, dass ich in öffentlichen Situationen Erklärungen abgeben musste und nicht wirklich abschließend und umfassend vorbereitet worden war. Das kann man zuordnen, aber das muss man auch korrigieren können. Ich finde, das, was Thomas Röwekamp in diesen Tagen darauf an Erklärungen für dieses Verhalten abgegeben hat, uns allen öffentlich, der Deputation – da soll es übrigens sehr friedlich zugegangen sein, haben mir alle gesagt, das muss eine ganz integre und keine schwierige Deputationssitzung gewesen sein –, das, was er da gemacht hat, ich war nicht dabei, das, was er dann öffentlich gemacht hat und in der Fraktion der SPD gesagt hat, ist eindeutig und klar und macht auch deutlich, dass man ihm nicht vorwerfen kann, ihm sei das egal, er sei zynisch.
Es ist auch unkorrekt, ihn in die Nähe von Herrn Tittmann zu rücken. Daran hat nur Herr Tittmann ein Interesse, aber niemand anders von uns hat
das Interesse, ein Mitglied des großen Koalitionssenats in Tittmanns Nähe zu rücken. Damit schädigen wir uns alle selbst und beschädigen übrigens auch das Land. Das wollen wir nicht! Da muss ein klarer, deutlicher Graben sein. Wir wollen mit all unseren Talenten und Möglichkeiten dafür sorgen, dass wir bitte sehr im Rahmen unserer verfassungsrechtlichen Verantwortung unsere Arbeit machen und nicht demagogisch aufgemischt werden.
Jetzt kommt der nächste Schritt, den ich sehr konstruktiv finde: Wir haben uns angesichts dieses Toten verständigt, dass wir das in Zukunft anders organisieren, aber bitte sehr nicht, weil wir von der Drogenkriminalität zurückweichen, sondern weil wir natürlich im Rahmen unserer verfassungsrechtlichen Kompetenz und Möglichkeiten weiter alles daransetzen wollen, um diesen dringend notwendigen Kampf gegen Drogenhandel und Drogenmissbrauch zu führen, um dies auch mit repressiven Mitteln zu bekämpfen, aber natürlich auch mit Mitteln, die vorsorgen sollen. Wir brauchen eine nicht unterbrochene, eine energisch und wirklich auch entschlossen vorangetriebene Bekämpfung des Drogenmissbrauchs.
Das überlassen wir nicht Herrn Tittmann, sondern das ist unsere Sache. Wir wollen unsere Gesellschaft mit allen zulässigen Mitteln, die wir haben und erreichen können, schützen. Wir wollen kein offenes Tor für Drogenhandel und für Drogenmissbrauch sein. Darum ist es richtig, dass wir sagen, wir wollen kontinuierlich die Drogenkriminalität bekämpfen. Ich bin sicher, dass das im Einvernehmen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft und auch Justiz geht, denn ich kenne keinen Richter in Bremen, Herr Wedler, dem das egal ist. Ich kenne keinen Richter in Bremen, der sagt, seht doch zu, wie ihr es macht! Alle, wie sie da sind, leben in der Realität dieser bedrohlichen Entwicklung. Jeder Tote, das ist das Einzige, was ich akzeptieren kann von Tittmann, jeder Drogentote ist ein Toter zuviel. Solange das hier weitergeht, dürfen wir nicht bequem werden und einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir wollen das weiter mit genauso entschiedener und durchgehaltener, übrigens abgestimmter Politik weiter bekämpfen.
Dass nun so viele Fernsehleute und so viele Journalisten hier sind, hängt nun nicht nur mit dem Brechmitteleinsatz zusammen, sondern hängt damit zusammen, das haben Sie beide auch gesagt, dass wir hier nun so etwas wie eine Probeabstimmung über die große Koalition haben, ausgerechnet an diesem Punkt. Das müssen wir uns überlegen. Die CDU, denke ich, überlegt das, aber die
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir einen Auftrag vom Wähler bekommen haben, der eindeutig ist und uns nicht erlaubt wegzulaufen, dass wir diesen Wählerauftrag in diesen vier Jahren Legislaturperiode umsetzen müssen und alle Talente und alle Durchsetzungskraft, die wir haben, und natürlich auch alle Erneuerung nutzen müssen, um zu bestehen. Das ist zurzeit so schwierig, weil uns das Geld des großen Sanierungsvertrages nicht mehr zur Verfügung steht, weil ich niemanden in der Bundesregierung sehe, der das einfach quer schreiben will, sondern weil das anstrengend wird, was ich da vor mir habe. Ich kann übrigens in Berlin nur sinnvoll verhandeln, wenn ich hier heute über die Runden komme.
Das wissen hoffentlich alle meine großkoalitionären Abgeordneten, dass sie dann auch dieses Thema beenden.
Wir brauchen einen neuen Anlauf, der glaubwürdig nach innen wie nach außen ist, der uns in die Lage versetzt, diesen vor knapp zwei Jahren bekommenen Auftrag, dieses Land zu sanieren, zu erfüllen. So habe ich das verstanden. Das war nicht technokratisch im Sinne des Vertrages gemeint, sondern das war inhaltlich gemeint, tut alles, damit es hier bitte sehr mit diesem schönen großen, Jahrhunderte alten Staat Freie Hansestadt Bremen weitergeht. Vor diesem Wählerauftrag, vor dieser Herausforderung müssen wir bestehen, müssen die Lage, die wir heute haben, sortieren, zuordnen und müssen uns gemeinsam in die Lage versetzen, das, was in den nächsten Wochen und Monaten von uns zu handeln ist, zu bewältigen, uns nicht gegenseitig die Schuld zuweisen, nicht Abstand halten voneinander.
Das hatte ich die Monate vorher beobachtet, dass man immer lieber über den anderen in der Koalition redet als über sich selbst. Das ist nicht zielführend, sondern zielführend ist, wenn wir unsere Gemeinsamkeit wirklich nutzen, um Lösungen und Vorschläge in den nächsten Wochen und Monaten zu erarbeiten, die allen, die uns begleiten, klar machen, die wissen, wo es lang geht, die arbeiten für die Selbständigkeit dieses Landes, dieses Zwei-Städte-Staates, die vertreten auf eine vitale, überzeugende Weise eine von ganz vielen, nicht nur vom Parlament getragene Politik. Da habe ich mich vor ein paar Monaten ja in die Nesseln gesetzt, als ich gesagt habe, es gibt außer dem Parlament auch noch andere, die an der Sanierung Bremens und Bremerhavens arbeiten.
nicht aus den Händen gleiten, sondern reißt euch zusammen, packt es und bringt dieses Schiff wieder auf Kurs. Darum bitte ich alle Koalitionsabgeordneten, lasst mich hier nicht allein, bei Herrn Röwekamp wird auch über mich entschieden!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn ein Wort zu den Ausführungen des Abgeordneten Tittmann von der Deutschen Volksunion sagen! Der zentrale Satz in seiner Aussage war: Diese Menschen, Tatverdächtige, Täter, haben keine Würde. Damit hat er sich hier ganz deutlich außerhalb des Konsenses der Demokraten, des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Ich weise das hier, ich hoffe, im Namen aller Kolleginnen und Kollegen, entschieden zurück!
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn es stimmt, dass die DVU gemeinsam mit der NPD, die sich im Moment in Sachsen immer mehr als eine wirklich entschiedene Gruppe von Neonazis entpuppt, zur Bundestagswahl 2006 in diesem Land antreten will, dann sollten Sie, Herr Tittmann, und Ihre Freunde sich dies überlegen, ob Sie mit Neonazis, die sich in Sachsen jetzt wieder noch einmal massiv außerhalb nicht nur unseres Grundgesetzes, sondern auch unseres Wertekonsenses gestellt haben, gemeinsame Sache machen wollen! Da hätten Sie genug nachzudenken, dann könnten Sie hier ruhig einmal eine Pause machen mit Ihren unerträglichen Reden, wie Sie heute wieder eine gehalten haben.
Zu dem Beitrag von Bürgermeister Scherf: Ich glaube, es ist nicht nur verständlich, sondern es ist nachgerade ureigenste Aufgabe eines Regierungschefs, seinen eigenen Laden, wenn ich es einmal so flapsig sagen darf, zusammenzuhalten. Wer würde einem Regierungschef den Vorwurf machen, dass er versucht, seinen Laden, wenn er auch noch so weit auseinander driftet, irgendwie zumindest bis zum Ende der Legislaturperiode zusammenzuhalten? Dafür habe ich vollstes Verständnis. Manchmal allerdings, in einigen dieser Versuche, finde ich, schießen Sie etwas über das Ziel hinaus. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Sie sagen, ja – und das hat mich sehr gefreut –, wir müssen uns nachdenklich auch unserer eigenen Verantwortung stellen, egal, ob wir nun Innenoder Justizsenator, ob wir Abgeordnete sind, wir müssen uns dieser Verantwortung im Allgemeinen stellen. Damit haben Sie völlig Recht, weil niemandem damit gedient ist, wenn die einen auf die anderen zeigen und wir lediglich mit Schuldzuweisungen in diesem Fall arbeiten.
Es stört mich allerdings dann doch, wenn immer von der Politik, den Abgeordneten die Rede ist und somit eine Pauschalierung vorgenommen wird. Sie sagen, es hätte immer einen Konsens auch in diesem Hause gegeben, diese Praxis so zu handhaben, und schließlich hätten sich die Beteiligten dann ja auch darauf verlassen müssen. Ich habe vorhin am Anfang meiner Rede noch einmal ausführlich aus der Debatte 2001 zitiert. Nachdem in Hamburg bereits ein Mensch gestorben war, gab es einen Antrag, der genau das Gegenteil forderte, der begründet worden ist und dem nur die Abgeordneten vom Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt haben. Es gab also auch in diesem Haus durchaus unterschiedliche Auffassungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Es hätte die Chance gegeben, nachdem wir einen solchen Hinweis aus Hamburg hatten, dass es eben doch zu erheblicheren Gesundheitsfolgen kommen kann, diese Praxis bereits damals zu stoppen. Das hätte auch etwas mit der von Ihnen eingeforderten Verantwortung, mit der Ernsthaftigkeit im Umgang mit diesem Thema zu tun gehabt, wenn wir es schon bei diesem Anlass in Hamburg im Jahr 2001 hier in dieser Bürgerschaft getan haben. Das muss man auch dazu sagen, auch das ist die Wahrheit in dieser Auseinandersetzung.
Jetzt haben Sie in letzter Zeit häufiger auch Journalisten, angegriffen wäre zuviel, aber zumindest kritisiert, weil Sie sagen, sie drängten uns sozusagen in eine bestimmte Richtung, sie säßen uns so nah auf der Pelle, sie wollten von uns unbedingt die eine oder andere Aussage haben.
Ich kann mir das nicht vorstellen bei den Redakteuren von „Buten un binnen“, als sie den Innensenator am 4. Januar einluden. Es war nahe liegend, dass sie den Innensenator einluden, da sie am selben Tag von diesen Vorgängen gehört hatten, die bis dahin schon seit zehn Tagen vertuscht worden waren, es war nahe liegend, dass sie ihn nach diesen Vorgängen fragen würden, und kein Journalist hindert einen Senator daran, sich vor einem solchen Statement umfassender zu informieren als mit schon mehrere Tage alten Tagesmeldungen der Polizei! Kein Journalist sagt einem Senator, dass er nicht die Verantwortung wahrnehmen soll, hier ein differenziertes und gut informier
tes Bild abzugeben, sondern mit einem emotionalen Impuls, hier könnte man möglicherweise politisch etwas reißen, in eine Fernsehsendung zu gehen, die er dann hinterher doch nur sehr halbherzig bedauert, und Aussagen zu machen! Das kommt dann von den politisch Handelnden schon selbst. Hier kann man die Verantwortung von politisch Handelnden nicht auf die Presse oder die Journalisten abwälzen, meine Damen und Herren!
Jetzt haben Sie am Ende, Herr Bürgermeister Scherf, etwas gemacht, was ich auch verstehen kann, was Sie auch, und das finde ich immer sehr sympathisch, in einer sehr transparenten und durchsichtigen Art und Weise machen,