Protokoll der Sitzung vom 10.09.2003

Wedler, damals war Ihr Kollege Herr Neujahr hier im Haus, der diese Position immer unterstützt hat.

Seit der Korrektur der Gründungsprobleme der Universität und den damit verbundenen Umstrukturierungen hin zu mehr Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften stellt sich die Bremer Wissenschaftspolitik als eine einmalige Erfolgsgeschichte dar.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Hat das das Wissenschaftsressort aufgeschrieben?)

Hören Sie einmal gut zu, Herr Pflugradt! Einen Anteil hat die CDU auch daran. Ich weiß, dass wir die Hürde Dr. Schrörs immer überspringen mussten.

(Heiterkeit)

Wenn wir uns inhaltlich einig waren, dann ging es am Ende um die Finanzen. Da sind Sie 1995 auch mit ins Boot gekommen. Insofern waren Sie auch wichtig, und ich danke Ihnen. Wir konnten Sie immer davon überzeugen, wie gut unsere Politik ist.

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Von gu- ten Argumenten lasse ich mich immer über- zeugen!)

Das haben wir gemerkt, und deshalb noch einmal danke schön!

Die Universität und die mit ihr zusammenarbeitenden Forschungsinstitute, an der Spitze natürlich das AWI, das Max-Planck-Institut, das FraunhoferInstitut IFAM, haben sich als überregional und zum Teil international beachtete Forschungseinrichtungen fest etabliert. Wir wissen das von vielen Persönlichkeiten außerhalb Bremens, wir sehen das in allen Forschungsrankings, auch wenn die Universität im Ranking der DFG-Mittel bisher nur einen mittleren Platz erreicht.

In der Drittmittelförderung sehen wir die überregionale Akzeptanz sehr deutlich. Unsere Wissenschaftseinrichtungen erreichen überdurchschnittlich hohe Einwerbungen. Leuchtende Beispiele sind das von Professor Wefer eingeworbene Forschungszentrum Ozeanränder, im Übrigen das erste in der Bundesrepublik, und die im Ländervergleich überdurchschnittliche Zahl an Sonderforschungsbereichen, an denen die Universität, die außeruniversitären Institute beteiligt sind, aber auch die vielen eingeworbenen EU-Projekte.

(Vizepräsidentin D r. T r ü p e l über- nimmt den Vorsitz.)

Im Vergleich mit allen anderen Hochschulen steht die Universität trotz einer relativ bescheidenen Grund

ausstattung an Haushaltsmitteln ganz vorn in der Drittmitteleinwerbung in Deutschland.

(Beifall bei der SPD)

In etwas anderer Weise hat die Hochschule Bremen ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Mit ihren vielen international ausgerichteten Studienangeboten und den breit gefächerten Forschungsund Entwicklungsaktivitäten in Zusammenarbeit mit regionalen Unternehmen hat sie eine Spitzenposition. Zusätzlich möchte ich die beachtlichen Fortschritte und Erfolge auch unserer Hochschule für Künste und der Hochschule Bremerhaven betonen. Die Einrichtung der Koordinationsstelle OffshoreWindenergie und die Gründung des Instituts für Biotechnik, BIBES, weisen für Bremerhaven in die richtige Richtung. Ich nehme an, wir werden morgen in der Debatte auch noch einmal ausführlich den Wissenschaftsbereich Bremerhaven beleuchten.

Ich stelle noch einmal deutlich heraus, dass der Wissenschaftsbereich insgesamt über Drittmitteleinwerbung, Forschungsfinanzierung, Hochschulbau, Mittel des Bundes und andere Einwerbungen jedes Jahr rund 200 Millionen Euro zusätzlich an finanziellen Mitteln nach Bremen holt. Dies hat natürlich auch entsprechende beschäftigungs- und finanzpolitische Folgeeffekte, nämlich die Schaffung zusätzlicher hochwertiger Arbeitsplätze und mehr Steuereinnahmen für das Land. Ich kenne kein Politikfeld, das so viel Geld zusätzlich für Bremen mobilisiert und damit eine fast fünfzigprozentige Selbstfinanzierung erreichen kann.

Hier zeigt sich, meine Damen und Herren, dass eine auf regionale wirtschaftliche Effekte ausgerichtete Wissenschaftspolitik, so wie wir sie konzipiert und mit ISP-Mitteln zusätzlich finanziert haben, die beste und nachhaltigste Wirtschaftspolitik ist. Das kürzlich beschlossene Innovisionsprogramm für 2010 trägt dem dann auch nachträglich Rechnung. Programme sind nötig, aber sie stehen erst einmal nur auf dem Papier. Viel wichtiger für die wirtschaftliche Innovation ist der Transfer über die Köpfe, also möglichst viele gut ausgebildete Absolventen. Hier müssen wir noch sehr viel mehr tun.

Mit einer gewissen Zufriedenheit sage ich, dass heute der hohe Stand Bremer Forschung bundesweit und international beachtet wird, während die Kritik an der Bremer Universität mittlerweile verstummt ist. Weiterhin ist aber wichtig, Unternehmen und Förderinstitutionen von unserer Leistungsfähigkeit zu überzeugen. Im Wissenschaftsbereich ist das mit der Forschung in hohem Maß gelungen. Über noch größere Marketing- und Kommunikationsanstrengungen sollten wir das Leistungspotential auch für unser Bremer Standortmarketing, aber natürlich auch Bremerhaven, viel mehr nutzen.

Erlauben Sie mir den Hinweis, dass ohne die von unserer Wissenschaftspolitik realisierten Erfolge auch

die Gründung der Internationalen Universität gar nicht oder nur schwer denkbar gewesen wäre! Das gilt sowohl für die geglückte Startphase als auch für die Akkreditierung, also die Vergabe eines Qualitätssiegels durch den Wirtschaftsrat und die Aufnahme in die Mitfinanzierung des Bundes im Hochschulbau.

Wir müssen uns nun darauf konzentrieren, den erreichten hohen Stand der Forschung zu sichern. Im Anspruch an Qualität und Leistung dürfen wir nicht nachlassen. Zum Ausruhen auf den bisherigen Erfolgen besteht kein Anlass, weil der Wettbewerb von Hochschulen und Forschungsinstitutionen um gute Wissenschaftler und um mehr Drittmittel zunimmt und die wirtschaftliche Lage der öffentlichen Hand zu sinkenden Drittmitteletats führt.

Lassen Sie mich einige Beispiele der Leistungsfähigkeit der Wissenschaft in Bremen und Bremerhaven benennen! Das ist die hohe Akzeptanz der Bremer Hochschulen, die sich in einem überdurchschnittlichen Andrang auf unsere Studienplätze belegt. Im vergangenen Jahr hatten wir 7400 Anfänger im Wintersemester, darunter 1300 ausländische Studienanfänger, und es waren weitaus mehr Bewerbungen. In diesem Jahr sieht es ähnlich aus, der Andrang ist noch größer geworden. Das sind die ersten Belege für die wirksame regionale Innovation, die sich mit bis zu 9000 zusätzlich erwarteten Arbeitsplätzen in F-und-E-nahen Bereichen bis 2016 in der ISP-Auswertung durch Prognose zeigen.

Das belegen die Erfolge bei der DFG-Förderung vieler Einzelprojekte bis zu den Sonderforschungsbereichen und, ich habe es bereits gesagt, dem ersten Forschungszentrum in Deutschland, Ozeanränder, die Forschungsförderung durch die VW-Stiftung und durch die EU sowie bei der Auftragsforschung. Beachtlich ist auch der Rang 16 von 97 im Technologieatlas, was die Wissenschaft technologischer Leistungsfähigkeit unserer Region betrifft.

(Beifall bei der SPD)

Die hohe Leistungsfähigkeit spiegelt sich auch in den geglückten Schritten zum Ausbau des F-und-EStandortes in Bremerhaven wider. Viele Studierende, viel mehr als in vergangenen Zeiten in neuen Studiengängen, neue F-und-E-Institute, ISL, Bioinformatik, Windenergie, bessere Kooperation zwischen der Hochschule, dem AWI und den anderen Instituten und enge Zusammenarbeit mit BIS und der Stadt! Wir können also zu Beginn dieser Legislaturperiode eine sehr erfreuliche Bilanz ziehen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Zukunft legt der Wissenschaftsplan 2010 die Rahmenbedingungen und die Entwicklungsschwerpunkte fest. Wir haben den von Senator Lemke vorgelegten Plan kritisch geprüft, die Deputati

on für Wissenschaft hat den Entwurf von ausgewiesenen externen Experten begutachten lassen und die Hochschulen angehört. Nach ausführlicher Debatte haben wir den Plan mit einigen Ergänzungen in der Deputation einheitlich verabschiedet. Der Wissenschaftsplan 2010 schafft die richtigen Voraussetzungen für die erfolgreiche Fortsetzung unserer Wissenschafts-, unserer Technologie- und unserer Innovationspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Der Wissenschaftsplan setzt auch wichtige neue Signale für die Fortentwicklung in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Unsere Fraktion hat sich deswegen erstens eindeutig für die Verabschiedung des Wissenschaftsplans durch den Senat ausgesprochen und zweitens nachdrücklich auch für die Sicherung der Finanzierung auf der Basis der im Wissenschaftsplan aufgeführten finanziellen Rahmendaten sowie für den Abschluss der vorgeschlagenen Rahmenvereinbarung.

Ich weiß sehr wohl, dass wir jetzt, wenn Haushaltsvorberatungen stattfinden, sicherlich heftige Diskussionen haben werden, aber wir haben uns vorgenommen, dass wir in den bevorstehenden Haushaltsberatungen und bei der mittelfristigen Finanzplanung uns besonders für den Wissenschaftsbereich einsetzen wollen. Wir wissen, dass eine stabile Rahmensetzung im Haushalt zentrale Voraussetzung für eine stetige und verlässliche Wissenschaftspolitik ist. Der Erfolg des HGB 3 auf der Basis der damit verbundenen Rahmenvereinbarung spricht für sich, und ich hoffe, dass auch unser Koalitionspartner CDU, der ja auch an diesem Erfolg teilhat, sich mit dafür einsetzt, dass der Wissenschaftsbereich mit den nötigen Mitteln ausgestattet wird.

Für das Land insgesamt und damit gerade auch für Bremerhaven ist eine gute Wissenschaftspolitik eine der wichtigsten Voraussetzungen für die weiter notwendige Modernisierung des Landes, für die Sanierung seines Haushalts und für die Sicherung und Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze.

(Beifall bei der SPD)

Mit Blick auf die Zukunft und die anstehenden Aufgaben der Wissenschaftspolitik hebe ich drei Schwerpunkte hervor, die der Wissenschaftsplan auch benennt, ihnen müssen wir unser besonderes Augenmerk zuwenden. Erstens, die hohe Forschungsqualität muss auf alle Fächer und Fachbereiche ausgeweitet werden. Bisher ist sie zu sehr auf die naturund ingenieurwissenschaftlichen Fachgebiete und in den Sozialwissenschaften, ob Psychologie sowie ausgewählte sozialwissenschaftliche Institute, beschränkt.

Zweitens, in der Lehre und in der wissenschaftlichen Ausbildung haben wir noch deutliche Quali

tätsmängel. Wir haben das hier häufig diskutiert. Das zeigt sich in zu langer Studiendauer und zu wenig Absolventen, hier besteht erheblicher Nachholbedarf vor allem in der Universität. Ich denke dabei vor allem an die Verbesserung bei der Betreuung und mehr Transparenz im Studium und bei den Prüfungsanforderungen. Wir müssen mehr Studentinnen und Studenten erfolgreich zum Abschlussexamen bringen. Wie wir alle wissen, braucht Bremen unbedingt gut ausgebildete Leute als Nachwuchs in Wirtschaft und Verwaltung.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen Studierende und Absolventen auch als aktive neue Einwohnerinnen und Einwohner gewinnen. Sie geben unseren traditionsreichen Städten neue Impulse für die zukünftige Entwicklung. In der Konzentration auf mehr Studienqualität sehe ich einen Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode. Das betrifft ganz besonders die Lehrerausbildung, aber dazu hat Herr Senator Lemke ja auch schon ein Reformrezept vorgelegt.

Das dritte Feld, dem wir uns intensiv widmen müssen, ist das Ausschöpfen der regionalen Möglichkeiten, die uns unsere wissenschaftliche Infrastruktur bietet. Dies ist sicherlich das schwierigste Arbeitsfeld, wir dürfen hier mit unseren Anstrengungen nicht locker lassen. Wir müssen neue Instrumente weiter verbessern und die Mittel noch gezielter einsetzen, und dass das nicht ohne Erfolg bleibt, zeigen die Ergebnisse und Auswertungen, die wir zum Investitionssonderprogramm Teil Wissenschaft schon diskutiert haben. Die Beschäftigungswirkungen strahlen über die direkten Wirkungen noch über den Technologiepark weit in die Zukunft aus.

Gerade wegen der durch regionale Innovationsgeschehen schwierigen Lage der regionalen Wirtschaft müssen wir die im AIP vorgesehenen Mittel wie im ISP zielgerichtet für die Verstärkung der regionalen Transfereffekte einsetzen. Das heißt auch, die erfolgreichen ISP-Vorhaben fortzusetzen und zu verstetigen. Wir müssen allen Akteuren immer wieder klar machen, auf der Wissenschaftsseite wie in den Unternehmen, dass sie hier eine hohe Verantwortung und eine wichtige regionale Aufgabe haben, die nur aktiv und gemeinsam gelöst werden kann. Ich hoffe sehr, dass die bisherigen Erfolge beide Seiten dazu weiter ermuntern.

(Glocke)

Frau Berk, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Dann muss ich mich jetzt leider für die zweite Runde melden.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Jäger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Wissenschaftsplan 2010 ist in der Tat ein ehrgeiziges Vorhaben. Wer eine Vorstellung über das künftige Land Bremen entwickeln will, wer vorausschauen will, wie Bremen und Bremerhaven im Jahre 2010 und darüber hinaus aussehen werden, kommt an den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Technologieentwicklung nicht vorbei. Bremens Hochschulen haben zweifellos davon profitiert, dass sie als Keimzelle Kristallisationspunkt oder Anker, nennen Sie es, wie Sie wollen, der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes gesehen werden. Das war für die Hochschulen selbst auch der eigentliche Sprung. Die Unternehmen und die Wirtschaftspolitik haben die Hochschulen entdeckt, und das hat beiden Seiten sichtlich gut getan.

Wer die Diskussion über die Hochschulpolitik in den nördlichen Bundesländern verfolgt, ich sage hier nur Hamburg, Berlin, Niedersachsen, der weiß, dass sich viele Hochschulverantwortliche eben jene Verlässlichkeit, jene Planungssicherheit wünschen, wie sie die Bremer und Bremerhavener ihren Hochschulen gegeben haben. Die Verlässlichkeit ist der Humus, auf dem hochschul- und wissenschaftspolitische Erfolge gedeihen, Kürzungsrunden und Eingriffe von außen wären das Gift dazu.

Ich hoffe, dass es uns angesichts der Haushaltsberatungen nicht an Mut mangelt, der Wissenschaftsentwicklung oberste Priorität im Lande einzuräumen. Dass die große Koalition in der Vergangenheit zur Wissenschaft ja gesagt hat, ist von uns überall greifbar. Ich will das mit ein paar Punkten noch einmal skizzieren, auf welche Punkte wir hier aufbauen, auf welche Fundamente wir aufbauen können.

Im Übrigen bezweifle ich ja nicht, Frau Kollegin Berk, dass die Ampelkoalition viele Ziele gehabt hat und ganz viele Ideen und ganz viele Absichten, aber das Geld wäre Ihnen irgendwann ausgegangen.

(Abg. Frau B e r k [SPD]: Nein, nein!)

Insofern ist es schön, dass wir die große Koalition haben und die vermeintliche SPD-Wissenschaftspolitik, ich komme gleich dazu, gemeinsam hier vollziehen. Was SPD-Wissenschaftspolitik ist, darüber müssen wir noch einmal reden.