Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

Ich finde, das ist ein richtiger Weg, und den sind wir mit den Eltern an unserer Seite gegangen und nicht im ideologischen Kampf gegeneinander. Wir haben die Eltern bei diesem Prozess mitgenommen, und das ist mir sehr wichtig an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was ist denn der Hauptgrund gewesen? Der Hauptgrund ist, mehr Schülerinnen und Schüler zu einem Schulabschluss zu bringen. Wir haben über zehn Prozent unserer Jugendlichen, die keinen Schulabschluss haben. Das kann so nicht weitergehen. Wir müssen mehr in die Köpfe unserer Kinder investieren. Wenn wir nicht viel Geld haben, dann müssen wir bei der Umsetzung im Unterricht besser sein. Dann muss es besser greifen.

Das, was ich mit der Hauptschule geerbt habe, war letztendlich eine Restschule. Wir haben die Kinder und Jugendlichen nicht mehr erreichen können. Ich habe dort erlebt, dass bis zu 30, 35 Prozent der Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren mehr oder weniger überhaupt nicht mehr am Unterricht teilgenommen haben. Wenn sie aber am Unterricht nicht teilnehmen, weil sie ihn nicht spannend finden, weil wir mit dem Unterricht an ihnen vorbeigehen, weil wir sie pädagogisch nicht erreichen, dann ist es genau richtig, dass wir jetzt ein durchlässiges System anbieten, das den Schülerinnen und Schülern nach der sechsten Klasse den Übergang in den gymnasialen Gang ermöglicht. Wenn sie doch lieber in die Gesamtschule möchten, können wir auch zusehen, wo wir da noch Plätze finden. Beides ist durchlässig möglich.

Dann kommt allerdings, und ich finde es richtig, nach der achten Klasse die Differenzierung, dass man dann sagt, ich bin eher kognitiv stark, oder ich möchte mich lieber praxisnah orientieren. Da kann ich nur Ihnen, Frau Böschen und Herrn Rohmeyer, zustimmen, dass es pädagogisch sinnvoll ist, diesen Jugendlichen, die eigentlich nicht mehr Mathematik oder Naturwissenschaften lernen möchten oder noch eine weitere Fremdsprache, da sie schon Probleme mit Englisch oder möglicherweise sogar mit Deutsch haben, zu zeigen, wie es in der Arbeitswelt zugeht, zunächst einmal mit Schnupperkursen und dann auch durch längere Einheiten in den Betrieben, damit sie

wissen, was auf sie zukommt, wenn die Ausbildungsprüfung ansteht. Dann sollen sie wissen, dass von ihnen erwartet wird, dass sie pünktlich kommen, dass sie motiviert sind, dass sie auch freundlich auf den Kunden zugehen. Dann können wir als Politiker ihnen auch eine berufliche Ausbildung, eine Zukunft garantieren. Das ist der Ansatz, den wir mit der großen Koalition hier versucht haben gemeinsam zu gehen.

Meine Damen und Herren, den Ansatz oder den Hinweis von Frau Stahmann fand ich eben richtig klasse. Wir haben für diesen Bereich keine Imagebroschüre. Warum sollen wir nicht über das Internet, aber auch in einer konkreten Form auf Papier die Eltern gezielt über dieses zusätzliche schulische Angebot informieren! Ich werde es auf jeden Fall annehmen. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir auf einem guten Weg sind.

Ich habe eben noch vergessen, dass es logischerweise nach der zehnten Klasse für diejenigen, die dann einen mittleren Schulabschluss gemacht haben, ebenfalls bei entsprechenden Leistungen den Übergang gibt, auch in dieser Form der Sekundarschule ihr Abitur zu machen. Es soll auch eine Chance für die „Spätlesen“, so sagen die Pädagogen dazu, geben. Ich finde es genau richtig! Das ist die Durchlässigkeit, dass sich jeder Schüler nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln kann. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/760, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Meine Damen und Herren, wir kommen heute zu unserem letzten Tagesordnungspunkt. Wir haben einen Tag besonderer Daten. Ich habe es vorhin schon erwähnt. Sehr geehrter Herr Präsident des Senats, sehr geehrter Herr Bürgermeister, lieber Henning Scherf! Ich gehe davon aus, dass Sie heute an dieser Stelle zum letzten Mal sitzen werden. Das ist Ihre erklärte Absicht. Gestern sind Sie bereits durch die Räume der Bremischen Bürgerschaft gegangen und haben sich von Abgeordneten und Mitarbeitern dieses Hauses verabschiedet. Ich wollte nicht, dass das stiekum passiert, sondern ich wollte es in einem würdigen Rahmen.

Ihr angekündigter Rückzug, Herr Bürgermeister, aus der aktiven Politik bedeutet eine Zäsur nicht nur für die Freie Hansestadt Bremen, sondern über die Landesgrenzen hinaus. Sie waren nicht nur in Ihrer Heimat ein populärer und geachteter Politiker, sondern auch auf dem Bundesparkett, zunächst in Bonn, später in Berlin. Auch international haben Sie sich

einen Namen gemacht, einen guten Ruf erworben. All Ihre Verdienste für die Menschen im Lande aufzählen zu wollen würde – Sie ziehen die Stirn schon in Falten – den heutigen Rahmen sicherlich sprengen, und Sie würden es auch nicht wollen.

Wir alle wissen, es ist eine ganze Menge an Verdiensten. Sie haben die Bürger und ihre Bedürfnisse immer in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit gestellt, gerade in Ihren Jahren als Präsident des Senats wollten Sie stets ein Bürgermeister für alle sein. Vor fünf Jahren sagten Sie in einem Interview: Ich bin gewählt worden, weil für mich zuerst das Land kommt und dann die Partei. Das ist meine Identität.

Das ist ehrenvoll, Herr Bürgermeister, aber Sie wissen es selbst am besten und mussten es auch am eigenen Leib erfahren, dass man bei allen löblichen Vorsätzen den Bogen manchmal schon überspannen kann. Aber so ist Henning Scherf, Omaknutscher und Dauerumarmer, das sind die Bilder, die die Medien gern transportieren. Sie charakterisieren ihn aber nur zum Teil. Er ist ein Mann mit Ecken und Kanten, er sucht und verkörpert geradezu den Disput, um seine Ziele durchzusetzen. Henning Scherf ist im politischen Geschäft nicht Harmonie, sondern Streit, weil er ihn für zwingend hält, um Dinge zu sortieren. Streit ist für ihn produktiv und konstruktiv.

Henning Scherf wurde im Oktober 1971 Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, er blieb es bis 1978. Eine seiner ersten Reden betraf die Jugendhilfe und Kindergartensituation, eine sehr scharfzüngige Debatte, voller Emotionen, vor allem Henning Scherf trug dazu bei. Er bezichtigte die Opposition, im Stil der Renaissance zu argumentieren, Kirchenkampfparolen zu verbreiten, und, Herr Perschau, die Opposition hieß damals CDU und Bernd Neumann. Lang, lang ist’s her!

Sie, lieber Herr Scherf, haben es sich und uns in der politischen Diskussion nicht immer leicht gemacht, aber das kann man von einem unabhängigen Kopf und ungeduldigen Menschen, der gestalten und verändern möchte, wohl auch nicht erwarten. Sie sind politisches Urgestein und Fels in der Brandung, ein Vollblutpolitiker, der sich nicht unterkriegen lässt und der auch zurückschlägt.

„Es gibt keinen für jedes Land gleichen Maßstab für eine maximale Höhe des Schuldenstandes, es gibt auch keine absolute und relative Grenze für die Zinsbelastung der öffentlichen Haushalte, es gibt weiterhin keine absolute oder relative Grenze für die jährliche Neuverschuldung.“ Wie schön wäre es doch, wenn wir

heute in Bremen auf solchen Erkenntnissen aufbauen könnten!

Lieber Henning Scherf, wer viel arbeitet, macht auch Fehler. Jeder kann sich einmal irren und sich korrigieren. Für Ihren neuen Lebensabschnitt, den Sie, typisch für Sie, schon vollgepackt haben mit Vorsätzen, Pflichten und vielleicht auch Träumen, wünschen wir in der Bremischen Bürgerschaft Ihnen alles Liebe und Gute und natürlich vor allem Gesundheit! Ich weiß, Sie werden die politischen Geschehnisse im Land Bremen weiter beobachten, aber einmischen möchten Sie sich nicht mehr. Wir werden Sie vermissen, der eine mehr, der andere weniger – ich sehr!

(Anhaltender Beifall)

Bitte, Herr Bürgermeister!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Danke sehr für diese Rede, der ich mich entziehen wollte! Darum bin ich gestern hier durch die Reihen geschlichen, weil ich dachte: Kein Aufwand, möglichst den Alltag nicht stören! Aber unser Präsident wollte das nicht. Er wollte, dass es hier so, wie Sie es hier erleben, beendet wird. Ich respektiere das, ich danke Ihnen für diese freundlichen Worte!

Ich danke überhaupt Ihnen allen, dass Sie mich ertragen haben, in erster Linie natürlich den beiden Regierungskoalitionen, denn sie konnten sich ja nicht einfach so absetzen. Ich danke aber auch der Opposition, dass Sie mich ertragen haben, denn ich bin mit Sicherheit manchmal anstrengend gewesen. Ich bin, glaube ich, manchmal auch unfair gewesen und spontan und gelegentlich vielleicht sogar persönlich, wo ich nicht hätte persönlich werden dürfen.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Gelegentlich!)

Gelegentlich, das stimmt! Gott sei Dank nur gelegentlich, aber trotzdem ist das ein Grund, sich zu entschuldigen: Ich entschuldige mich für diese Fehlverhalten!

Ich wollte eigentlich und will immer noch, dass wir in so einem überschaubaren Parlament und in einem so überschaubaren Gemeinwesen wie der Freien Hansestadt mit ihren beiden schönen Städten Bremerhaven und Bremen miteinander in einer solchen Vertrautheit und Herzlichkeit umgehen, auch wenn wir unterschiedliche Rollen haben, dass eigentlich jedem unterstellt wird: Er tut das Beste, um es irgendwie voranzubringen.

Wir brauchen jeden. Wir können es uns überhaupt nicht leisten, dass wir reihenweise Leute vor den Kopf stoßen und sie ausklammern und ausgrenzen, sondern wir müssen in unseren beiden Städten alles tun, damit die Menschen sich ganz eng, natürlich um das Parlament, den Senat, um das, was wir öffentliches

Leben nennen, herum versammeln und sagen: Wir lassen euch damit nicht allein, sondern wir versuchen zu begreifen, was unsere Aufgabe ist, und wir versuchen auch, unseren eigenen Teil beizusteuern, die einen mit Geld, die anderen mit Mittun, Mitdenken, mit verantwortlichem Umgehen mit dem uns allen übertragenen Gemeinsamen. Dass das nicht einfach ist, weiß jeder. Dass ich hier nicht in ganz wunderbaren Zeiten ausscheide, weiß jeder. Dass wir ein entsetzliches Problem mit der Arbeitslosigkeit und der Überschuldung dieses Stadtstaates haben, ist allen klar, nicht nur der Opposition, sondern auch den Regierungskoalitionären. Trotzdem gibt es kein Vertun: Wir müssen weiter arbeiten, wir müssen uns zusammenreißen und das Beste daraus machen. Dazu wünsche ich Ihnen Gottes Hilfe! Ich will, da hat Herr Weber Recht, mich heraushalten. Ich bin nicht einer von denen, die schlaue Ratschläge im Nachhinein geben, aber wir begegnen uns hoffentlich noch oft auf der Straße, bei guten Veranstaltungen und als Freunde. Ich danke Ihnen allen!

(Anhaltender Beifall)

Meine Damen und Herren, ich könnte jetzt noch die Punkte ohne Debatte machen, wenn Sie einverstanden sind. Die Arbeit muss weitergehen.

Gesetz zur Aufhebung des Bremischen Justizdienstleistungsgesetzes

Mitteilung des Senats vom 13. September 2005 (Drucksache 16/751) 1. Lesung

Wir kommen zur ersten Lesung. Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Aufhebung des Bremischen Justizdienstleistungsgesetzes, Drucksache 16/751, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz

Mitteilung des Senats vom 21. Juni 2005 (Drucksache 16/669) 2. Lesung

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 45. Sitzung am 15. September 2005 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

(Einstimmig)

Bericht des Petitionsausschusses Nr. 36 vom 4. Oktober 2005

(Drucksache 16/767)

Eine Aussprache ist nicht beantragt worden.