Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

(Abg. W e d l e r [FDP])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Antwort des Senats, Drucksache 16/733, auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD Kenntnis.

Zukunftsinvestitionen in die Köpfe

Große Anfrage der Fraktion der SPD vom 13. Juli 2005 (Drucksache 16/694)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 2. August 2005

(Drucksache 16/710)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Nußbaum.

Herr Senator, ich gehe davon aus, dass Sie es mündlich nicht wiederholen möchten.

Dann frage ich, ob wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Ich rufe als ersten Redner Herrn Dr. Sieling auf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich als Erstes sehr herzlich beim Senat bedanken und sagen, vielleicht sollten wir im Hause sogar richtig stolz sein auf den Senat, dass er es immerhin geschafft hat, bei dieser Antwort zu diesem Thema drei Absätze aufzuschreiben, drei Absätze zu produzieren.

(Abg. F o c k e [CDU]: Mehr ist das auch nicht wert gewesen! – Abg. Karl Uwe O p - p e r m a n n [CDU]: Geht ja auch nur um die Zukunft!)

Man muss immer aufpassen, Übersichtlichkeit einer Antwort hat natürlich nicht immer etwas mit Transparenz in der Sache zu tun, aber das kann man sich ja hier anschauen. Ich war allerdings, Herr Präsident,

ein bisschen geneigt, den Senat zu bitten, diese Antwort doch vorzutragen. Ich glaube, die Zeit hätten wir noch gehabt, das hätten wir noch schaffen können, aber gut!

In der Sache geht es doch bei diesem Thema darum – jedenfalls für uns Sozialdemokraten –, dass man wirkungslose Subventionen und auch wirkungslose Investitionen gerade in diesen Zeiten konsequent angehen muss, konsequent auch abbauen muss und sehen muss, dass man Geld anders einsetzt, sinnvoller einsetzt.

Bei der Thematik Eigenheimzulage geht es insgesamt bundesweit um zehn Milliarden Euro, die dort stehen, und es geht darum, trotz berechtigten Argumentationen, dass natürlich die Eigenheimzulage auch hier und da zur Beschäftigungssicherung beiträgt, im Effekt hier eine Kürzung stattfinden zu lassen, eine Subventionskürzung, um sinnvolle Dinge anzugehen, und zwar, das ist jedenfalls die klare sozialdemokratische Haltung dazu: Wir sagen, wir müssen es einsetzen für Zukunftsinvestitionen in Köpfe, für Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Das ist die richtige Verwendung und zeitgemäße Verwendung.

(Beifall bei der SPD)

Ich will auch sagen, dass dies – darum diskutieren wir es ja hier im Landtag, in unserer Bürgerschaft – von hoher Relevanz für Bremen ist. Wir diskutieren über die engen Haushalte. Darf ich darauf verweisen, dass die Kürzung, die Streichung der Eigenheimzulage allein für die klammen Haushalte, und so gesehen ist es ja vielleicht gut, dass der Finanzsenator auch hier das vom Senat zugeordnete Senatsmitglied ist, viel bringt. Im Bremer Haushalt 2006 hätte es einen Effekt bringen können von 8,5 Millionen Euro und in 2007 von 12,8 Millionen Euro. Ich glaube, dass das Summen sind, über die man nicht nur hätte diskutieren müssen, sondern wir hätten politisch handeln müssen, um hier eine Umsteuerung im Sinne unserer Gesamtpolitik in Deutschland, aber auch für Bremen zu schaffen für Zukunftsinvestitionen in die Köpfe, für Bildung und Wissenschaft!

(Beifall bei der SPD)

Zur Sache muss man natürlich auch sagen, dass die Eigenheimzulage in der Tat seit Jahren in der Kritik ist. Es wird darüber diskutiert, wie die Effekte sind, und ich will nicht verschweigen, es ist ja auch bekannt, wir haben es hier diskutiert in der Debatte im November letzten Jahres, dass es dazu unterschiedliche Haltungen gibt. Mich überzeugt am stärksten, sage ich ganz offen, die Argumentation, die für Bremen beispielsweise auch die Landesbausparkasse vertritt, in Studien unterlegt, dass nämlich deutlich wird, dass die Eigenheimzulage heute erstens keine Zusatzeffekte mehr hat im Wohnungsbau und zwei

tens, wenn, eine Zersiedlungsprämie ist, nämlich dazu führt, dass sich die Leute eher in den ländlichen Räumen ansiedeln.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Das ist auch wieder schädlich für unsere Finanzen!)

Es gibt dazu durchaus Gegenuntersuchungen, das muss man sagen, und es gibt natürlich auch die Wahrheit, dass auch in städtischen Räumen, also in den Städten Bremen und Bremerhaven, Eigenheimzulage abgerufen wird, aber unter dem Strich, meine Damen und Herren, neutralisieren sich diese Effekte doch gerade. Da wird Geld ausgegeben ohne Zusatzeffekt, sondern beide Seiten profitieren, und am Ende wird nicht mehr gemacht als das, was die Leute sowieso im Bereich Wohnungsbau getan hätten. Heute jedenfalls ist das so.

Einen Effekt hat es vielleicht: Die Grundstückspreise steigen, und andere Preise steigen auch, weil man weiß, dort wird mit Subventionen nachgeholfen. Ich finde, das hat keinen Zweck, das ist sinnlos, und es war richtig, dass die rotgrüne Bundesregierung seit Jahren dies angeht und Gesetzentwürfe dazu gemacht hat, das war vernünftige Politik, kluge Politik, und ich unterstütze das!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Jetzt will ich hier in dieser Debatte noch einmal auf das Thema der politischen Kultur in unserem Lande zu sprechen kommen, weil ich finde, dafür ist diese Diskussion ein Paradebeispiel, ein Paradebeispiel deshalb, übrigens leider für den Bund, aber leider auch für Bremen, weil ich glaube, dass wir in den letzten Jahren kaum ein Feld hatten, wo parteipolitisch motivierte Blockadepolitik so durchsichtig und so offen geworden ist.

(Abg. F o c k e [CDU]: Das ist doch völliger Unsinn!)

CDU und CSU haben das immer im Bundestag abgelehnt, aber haben auch im Bundesrat sich ständig gegen die Abschaffung der Eigenheimzulage gestellt, haben es verhindert, dass dieser Subventionsabbau getätigt werden konnte. Und was passiert, als die Bundestagswahl kommt? Da hat man gesehen, dass Sozialdemokraten, und an der Stelle muss man ja sagen, auch Grüne, da schlau sind, ein richtiges Thema besetzt haben, und dann steht im Wahlprogramm der CDU, jetzt wollen wir auch Abstand nehmen von der Eigenheimzulage, jetzt wollen wir sie auch streichen, nachdem wir jahrelang blockiert haben! Ich finde, das ist durchsichtig,

(Abg. F o c k e [CDU]: Stimmt doch auch gar nicht! Der Wahlkampf ist doch vorbei!)

und das ist auch unaufrichtig und ist keine ordentliche Politik. Ich bin ja froh, dass dort Einsicht eingezogen ist, aber das wurde auch Zeit und ist in Wirklichkeit viel zu spät.

(Beifall bei der SPD)

Man muss eigentlich sagen, das gilt ja auch für Bremen, die Antwort zeigt, der Senat ist in eine Blockadesituation getrieben worden, weil wir nicht dazu gekommen sind, dass wir in Bremen einheitlich gesagt haben, wir unterstützen einmal so eine Bundesratsinitiative, die unseren finanziellen Haushalt entlasten würde, die uns Möglichkeiten geben würde, in Bildung und Wissenschaft stärker zu investieren, wobei ich konstatieren muss, dass die Blockadehaltung der Bremer CDU, unseres Koalitionspartners, hier nie so gestanden hat. Da war nur, wir haben das schon im November diskutiert, ich muss das noch einmal ansprechen, eine gewisse Uneinheitlichkeit.

Bausenator Eckhoff, heute leider nicht dabei, beim letzten Mal in der Debatte beteiligt, hatte rechtzeitig zur Debatte, und er hat es auch noch einmal wiederholt, deutlich gemacht, dass er eine Umschichtung lieber hätte in Richtung von Städtebauförderungsgeldern statt Eigenheimzulage. Herr Focke kam dann in der Debatte, musste seinem eigenen Senator widersprechen, weil er gesagt hat, er sei dafür, das Geld zu nutzen, um Steuern zu senken, wahrscheinlich um weiter Spitzensteuern zu senken. Vielleicht gibt es ja heute noch einmal die Gelegenheit, das darzulegen. Man wusste also nicht so richtig, was die CDU mit dem Geld wollte.

Ich fand es ja gut, dass man wenigstens hier so weit war und so reif war zu sagen, das muss weg! Das war ja ein Reifeprozess, der leider nicht republikweit war, aber er wäre richtig noch weiter gewesen, wenn, das darf ich einmal sagen, ohne dass ich mir das für unser Land wünsche, Bildung und Wissenschaft hier in Bremen bei der CDU ressortieren würden. Ich glaube, dann wären die sogar auf der richtigen Position gewesen.

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich wünsche mir das nicht! Ich hielte das auch für eine falsche Ressortverteilung, Ulrike Hövelmann, keine Sorge, aber dann wäre es auf jeden Fall so gewesen, dass wir vielleicht schneller handlungsfähig geworden wären in Bremen.

Ich spreche das deshalb an, weil ich finde, wir müssen an der Stelle weiterkommen, und ich habe ja die Hoffnung, dass wir jetzt an einem Schritt sind, wo wir weiterkommen, wenn auf Bundesebene die Koalitionsverhandlungen laufen, die CDU sich an der Stelle – es ist ja nicht an allen Stellen so – hoffentlich an ihr

Wahlprogramm gebunden fühlt und das auch einhalten wird. Das ist ja einer der wenigen Punkte, wo man sagen kann, das ist vernünftig gewesen, dass auf Bundesebene, wenn die Koalitionsverhandlungen erfolgreich werden, die Eigenheimzulage endgültig abgeschafft wird und wir auch dann dazu kommen, so wie wir es wollen, dass die Mittel für Bildung und Wissenschaft eingesetzt werden.

Ich finde, wir sollten diese Chance jetzt auch in Bremen aufnehmen, und sage hier eindeutig, der Senat – da können wir als Bürgerschaft ja relativ wenig machen, Bundesratsangelegenheiten sind Senatsangelegenheit – sollte sich das jetzt einmal als Aufgabe stellen und sich zusammenreißen und zusammenraufen und endlich bundespolitisch auch einmal handeln und eine Bundesratsinitiative machen, dass man die Abschaffung der Eigenheimzulage unterstützt! Das wäre der richtige Weg, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Das wäre hier, glaube ich, auch ein gutes Ergebnis dieser Bürgerschaftsdebatte. Ich kann nur zusammenfassen, ich bin gespannt auf die Diskussion, hoffe, dass wir zu so einem Ergebnis vielleicht heute auch kommen und damit dem Finanzsenator etwas mitgeben, das er selbst wahrscheinlich auch gern umsetzen würde, denn er denkt ständig an seinen Haushalt. Er würde das gern umsetzen, dass wir zu so einem Handeln kommen.

Die Überschrift muss sein: Zukunftsinvestitionen in die Köpfe! Meine Damen und Herren, unsere Kinder würden uns danken, wenn wir so handeln würden! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Stahmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Sieling, ich nehme Sie doch gern beim Wort an dieser Stelle, da Sie sich ja in einer misslichen Situation als SPD befinden und keine eigenen Anträge hier einbringen können und Sie angeregt haben, dass Bremen eine Bundesratsinitiative starten sollte zur Abschaffung der Eigenheimzulage. Ich sage an dieser Stelle, die Grünen sind gern bereit, einen Antrag hier vorzulegen, mit dem der Senat aufgefordert wird, eine Bundesratsinitiative in dieser Frage zu starten, damit das Geld aus der Eigenheimzulage endlich in Bildung und Forschung investiert werden kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Sie haben darauf hingewiesen, seit mehr als drei Jahren gibt es eine große Debatte in Deutschland über notwendigen Subventionsabbau, und eine der größten Subventionen ist die Eigenheimzulage. Im Bundestag, die Gefechtslage ist klar, hat die rotgrüne Bundesregierung beschlossen, die Eigenheimzulage abzuschaffen, um diese Finanzmittel in Bildung und Forschung umzusteuern, und der Rest ist mittlerweile Geschichte, kann man sagen. Die CDU hat die Abschaffung der Eigenheimzulage im Bundesrat blockiert. Das ursprüngliche Ziel, Bildung, Forschung und Innovation in dem Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und neue zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen, konnte so nicht realisiert werden. Ich sage für die Grünen: Ein ressourcenarmes Land wie Deutschland hat keine Alternative, als in die Köpfe zu investieren und so seine Innovationsfähigkeit zu erhöhen. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist aus unserer Sicht eine absolut richtige Schwerpunktsetzung, und Carsten Sieling hat das hier für die SPD auch richtig auf den Punkt gebracht. Wir haben ja bereits im November einen Antrag hier eingebracht, mit dem der Senat aufgefordert worden ist, im Bundesrat für die Abschaffung der Eigenheimzulage und damit für Investitionen in Bildung und Forschung zu stimmen. An dieser Stelle muss ich noch einmal sagen, lieber Carsten Sieling, in dieser für Bremen absolut wichtigen Frage hat sich der Senat enthalten. Das war,

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ein Armutszeugnis!)

ist und bleibt eine reife Fehlentscheidung des Senats, denn von diesem Vorhaben hätte Bremen ganz erheblich profitiert.