Mit dem Studienkontengesetz sind wir in Bremen einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Frau Busch hat schon gesagt, es ist wichtig, dass wir uns überlegen, wie wir die Hochschulen weiter stabilisieren können. Wer zügig studiert, wird belohnt, und wer trödelt, muss zahlen. Damit haben wir die Möglichkeit, ein zügiges Studieren zu ermöglichen und das recht große Kontingent von Langzeitstudenten deutlich zu reduzieren. Wir müssen aber auch – Sie sprachen sich ja dafür aus, ein kostenfreies Erststudium mit 14 Semestern zu garantieren – gerade in Bezug auf den Bologna-Prozess überlegen. Die Bachelor-Abschlüsse dauern sechs Semester. Mit 14 Semestern kann ich da zwei Abschlüsse schaffen. Die Studenten müssen einfach lernen, mit ihrem Studienkontingent verantwortlich umzugehen, gerade die, die sich bis jetzt sehr viel Zeit gelassen haben.
Das Studienkontengesetz fördert die Ansiedlung von Neubürgern in Bremen, und das war ja auch ein ganz wesentlicher Faktor, warum überhaupt dieses Gesetz geschaffen wurde. Wir schaffen für die Studierenden Anreize, ihren Wohnsitz in Bremen zu nehmen, damit Bremen über den Länderfinanzausgleich zusätzliche Einnahmen erzielen kann. Das Bildungsressort rechnet bei den Gebühren mit Einnahmen von 3,1 Millionen Euro jährlich. Über den Länderfinanzausgleich ergeben sich durch die erwarteten Ummeldungen bei Zugrundelegung eines Betrags von 3000 Euro pro Einwohner zusätzliche Einnahmen von zirka 25 Millionen Euro. Das ist natürlich ein starker finanzieller Faktor.
Langfristig wird die Kostenfreiheit des Erststudiums allerdings nicht das geeignete Mittel sein, um Studenten aus anderen Bundesländern oder gar aus dem Ausland nach Bremen zu holen. Letztendlich werden die Qualität der Lehre und die Erfolgsaussicht auf den Arbeitsplatz die entscheidenden Faktoren bei
der Wahl des Studienortes sein. Wir müssen den Studenten in den Bremer Hochschulen etwas bieten, was sie an den anderen Hochschulen nicht bekommen. Die Alleinstellungsmerkmale schaffen wir durch verstärkte Profilbildung an den Hochschulen.
Die vom Bildungsressort angesprochenen Einnahmen kommen in vollem Umfang den Hochschulen zugute. Wir stärken damit die Hochschulen und eröffnen ihnen die Möglichkeit, die Qualität der Lehre zu verbessern und die Ausstattung zu optimieren. Wir haben ja gestern in der Fragestunde gehört, dass noch ein großes Potential an Personal benötigt wird, dass auch gerade der Mittelbau, der die Forschung durchführt, stark reduziert worden ist. All diese Dinge brauchen wir, um gute Qualität und auch eine gute Hochschule auszustatten. Es ist ebenfalls wichtig, die Anzahl an Publikationen zu erhöhen und auf internationaler Ebene akzeptiert zu werden. Universitäten werden zu einem immer größer werdenden Wirtschaftsfaktor, wir haben in der Debatte über die Drittmittel bereits darüber gesprochen. Gut ausgestattete Hochschulen sind also kein Luxus, sondern wir tun gut daran, diese zu erhalten und zu fördern.
Die vom Bildungsressort bezifferten zusätzlichen Einnahmen reichen allerdings nicht aus, um die Ausstattung der Hochschulen des Landes signifikant zu verbessern. Außerdem ist damit zu rechnen, dass diese Einnahmen im Laufe der Zeit geringer werden, da sie ja gerade darauf abzielen, dass sich die Zahl der Langzeitstudierenden verringern wird. Als Konsequenz für die Hochschulen im Land Bremen bedeutet dies, dass Berufungen von Professoren sehr schwierig werden könnten, wenn die Hochschulen den Professoren keine adäquate Ausstattung bieten. Diese können sie nur mit einer ausreichenden Finanzierung ermöglichen, und gerade in Anbetracht der Einsparung bis 2010 in Höhe von 100 Millionen Euro kann eine qualitativ gute Lehre und Ausstattung sehr problematisch werden.
Die besten Studenten werden sich die besten Hochschulen aussuchen, sie werden sich nach der Qualität richten und nicht nach den Gebühren. Auf lange Sicht betrachtet werden wir in Bremen die guten Studenten verlieren beziehungsweise gar nicht erst erreichen. Dann geht es für Bremen darum zu hinterfragen, welche Studenten sich in Bremen immatrikulieren und wie hoch die Abbrecherquote von diesen ist.
Was aber passiert, wenn der Ansturm auf ein kostenfreies Erststudium die Kapazitäten der Hochschulen überschreitet, wenn wir die so genannte Insellösung haben, wenn plötzlich alle Studenten nach Bremen wollen? Eine Zulassungsbeschränkung wird vielfach von den Hochschulen nicht durchgeführt beziehungsweise abgelehnt. Qualitätssicherung auf diesem Feld fällt also aus. Bremen ist ein Nehmerland und kein Geberland. Wir können es uns nicht leisten zu sagen, kommt alle her, hier ist alles umsonst, während das übrige Deutschland Studiengebühren
kassiert. Studienanfänger aus anderen Bundesländern und ausländische Studenten haben zwei Semester lang Gelegenheit, ihren Wohnsitz in Bremen anzumelden. Danach ist es ihnen auch zuzumuten, sich umzumelden, wenn sie ihren Lebensschwerpunkt hier nach Bremen verlegt haben.
Es ist wichtig, und Frau Busch sprach es schon an, dass wir auch sozial schwächeren Studenten die Möglichkeit geben zu studieren. Ich bin da aber anderer Meinung, wir brauchen dafür eine Kreditfinanzierung, um diesen Studenten ein solches Studium zu ermöglichen. Wesentlicher Bestandteil dieser Sozialverträglichkeit und dieser Stipendienmodelle muss es dann eben auch sein, diese zu entwickeln. Da hat Bremen starken Nachholbedarf, wir haben das in der Fragestunde schon erörtert. Es ist noch nicht einmal angedacht, dort anzufangen, beziehungsweise in einigen Wochen sollen erste Gespräche anfangen. Das ist deutlich zu spät, denn auch bei dem Studienkontenmodell brauchen wir eine Kreditfinanzierung für schwächere Studenten.
Die CDU stellt außerdem fest, dass in Staaten, wo Studiengebühren erhoben werden, mehr Kinder aus sozial schwächeren Familien studieren als in gebührenfreien Ländern. Eine Einführung von Studiengebühren führt keineswegs zu einer geringeren Bildungsbeteiligung. Unter anderem sind dafür Beispiele in Österreich oder Australien exemplarisch zu nennen. Allgemeine Studiengebühren einerseits und Finanzierungsinstrumente wie Stipendien, Bildungskredite andererseits werden nach Überzeugung der CDU damit auch in Deutschland zu einer erhöhten Bildungsmobilität und quantitativen Verbesserung der Bildungsangebote führen.
Das Studienkontengesetz hat ein eingebautes Verfallsdatum, es ist zeitlich befristet bis Ende des Sommersemesters 2010. Bremen kann sich neuen Gegebenheiten nicht mehr verschließen, Frau Busch sprach es schon an. Wir müssen langfristig denken, und wir müssen auch denken, was kommt danach. Damit ist klar, dass es in Bremen keinesfalls eine dauerhafte Insellösung mit einem Landeskindermodell geben kann. Kurzfristig kann die Kostenfreiheit des Erststudiums im Wettbewerb um Studenten zum Trumpf werden. Wir werden es wahrscheinlich deutlich zu spüren bekommen. Langfristig jedoch wird das Geld den Hochschulen in diesen Ländern fehlen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die Erlassung von Studiengebühren öffnet die Tür für mehr Wettbewerb im Hochschulwesen, und damit ist es auch eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass unsere Universitäten international wettbewerbsfähig bleiben. In den meisten Ländern der Europäischen Union sind Studiengebühren schon längst üblich.
In den Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern, und das ist uns auch noch einmal ganz wichtig, hat die CDU folgende Passage durchgesetzt, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Bremen
wird die Diskussion und Entwicklung betreffend einer Einführung von Studiengebühren in den anderen Ländern, insbesondere in Niedersachsen sowie dem Saarland und Berlin, verfolgen, um zu gegebener Zeit erforderliche Entscheidungen zu treffen.“
Wenn wir einmal die Nachbarländer betrachten, gerade auch Niedersachsen wird, es ist heute auch im Radio gesagt worden – Oldenburg war ein Beispiel dafür –, Studiengebühren einführen. Hamburg wird ebenfalls zum Studienjahr 2006/2007 Studiengebühren in Höhe von bis zu 500 Euro erheben. Die CDU Bremen fordert den Senator für Bildung und Wissenschaft auf, umgehend mit der niedersächsischen Landesregierung eine Abstimmung herbeizuführen, denn es ist wichtig, dass wir dabei im Gespräch bleiben.
Noch einmal zu dem gebührenfreien Erstsemester, das die SPD durch Frau Busch schon angesprochen hat! Herr Böhrnsen und auch Frau Busch, dadurch, dass Sie dem Studienkontenmodell zustimmen, machen Sie einen ersten Schritt in Richtung Studiengebühren auch mit. Das ist etwas, was Sie auch mit sagen und den Studenten auch mit deutlich machen müssen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP hat die Aufhebung des bundesrechtlichen Verbotes von Studiengebühren für das Erststudium durch das Bundesverfassungsgericht begrüßt. Wir haben es für falsch gehalten, dass der Bund den Ländern in der Frage der Erhebung von Studiengebühren Vorgaben gemacht hat. Nun sind die Länder in der Pflicht, jedes Land für sich, und das halten wir für gut. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat nun hoffentlich auch der Wettbewerb der Bundesländer um die kreativste Umgehungsstrategie bei der Beachtung des bisherigen Verbotes ein Ende. Ich denke dabei zum Beispiel an das, was wir hier in Bremen gemacht haben, oder auch an separate Langzeit- und Zweitstudiengebühren. Das, denke ich, ist jetzt vorbei, und jetzt können die Länder eigenständig entscheiden.
Entscheidungsrelevant ist für uns als FDP, dass sich hier die Studienbedingungen für die Studenten wesentlich verbessern. Gerade die Verbesserung der Studienbedingungen muss aber das Ziel der Einführung von Studiengebühren sein. Entscheidend ist für uns, dass die Hochschulen in ihrer Autonomie gestärkt werden. Der FDP geht es auch darum, den Wettbewerb der Hochschulen um die Qualität der Lehre und damit auch um die Studierenden zu intensivieren. Dazu gehört zum Beispiel die Abschaffung der ZVS, da––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Neben die staatliche Finanzierung sowie das Einwerben von Drittmitteln beziehungsweise den Rückgriff auf Stiftungsmittel soll als weitere Säule der Hochschulfinanzierung den Hochschulen das Recht gegeben werden, eigenverantwortlich im Rahmen eines landesrechtlichen Rahmens Studiengebühren zu erheben. Die erhobenen Gebühren sollen dabei ausschließlich und zusätzlich zur staatlichen Sockelfinanzierung den Etats der Hochschulen zufließen, die über die Höhe der Einnahmen im Rahmen einer Verbesserung der Lehre frei verfügen können sollen. Studiengebühren müssen eine ergänzende Einnahmequelle für die Hochschulen sein. Sie dürfen nicht Ersatz für sinkende staatliche Zuschüsse an die Hochschulen sein.
Dabei ist für uns selbstverständlich, dass niemand aus finanziellen Gründen an einem Studium gehindert werden darf. Für Studierende muss deshalb die Möglichkeit bestehen, die Studiengebühren nachlaufend, das heißt nach Abschluss des Studiums, abhängig von den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten und unabhängig vom Einkommen der Eltern zu bezahlen. Die bisherige Studienförderung muss also um ein Stipendien- und Darlehenssystem ergänzt werden, bei dem der Staat wegen seiner Sozialstaatsverpflichtung natürlich eine wichtige Rolle zu spielen hat.
Hier beginnen die Probleme, die wir mit dem vorgelegten Gesetzentwurf haben. Wir haben es hier mit einem Kompromiss unterschiedlicher politischer Vorstellungen zu tun, die sich wie Feuer und Wasser zueinander verhalten. Die SPD tritt für ein gebührenfreies Erststudium ein, die CDU verlangt die Einführung von allgemeinen Studiengebühren, wir haben es eben gerade wieder gehört. Heraus kommt als Kröte ein so genanntes Studienkontengesetz, das neben der Schaffung zusätzlicher Bürokratie vor allem an den Hochschulen zusätzliche Gebühren für Langzeitstudenten und für Studenten mit Hauptwohnsitz außerhalb Bremens beziehungsweise Bremerhavens bringt und auch den Finanzsenator ein bisschen erfreut. Eine grundsätzliche Umstellung des Finanzierungssystems des Hochschul- und Wissenschaftsbereichs ist damit nicht verbunden. Die Illusion der SPD, dass mit diesem Gesetz ein gebührenfreies Erststudium gewährleistet werde, wird angesichts der unterschiedlichen Entwicklungen in den anderen Bundesländern, insbesondere in Niedersachsen, und angesichts der Situation in den öffentlichen Haushalten, insbesondere auch hier in Bremen, nicht aufrechtzuerhalten sein. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz noch vor dem Termin des Außerkrafttretens in Richtung auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren geändert werden wird.
Das dem Gesetz zugrunde liegende Landeskindermodell, nach dem in Bremen beziehungsweise in Bremerhaven mit Hauptwohnsitz gemeldete Studierende besser gestellt werden als woanders gemeldete, passt
vielleicht in die Tradition der deutschen Kleinstaaterei des achtzehnten Jahrhunderts. In einen europäisch oder gar weltweit aufgestellten Bildungs- und Wissenschaftsbetrieb von heute passt dieses Modell keinesfalls. Wissenschaft ist weltoffen, mobil und ohne regionale Begrenzung, nicht nur, was ihre Themen und Methoden, sondern auch, was ihre Studenten und die Hochschullehrer betrifft. Kleinstaaterei ist ihr fremd.
Im Übrigen ist noch lange nicht ausgemacht, dass dieses Modell keine verfassungsrechtlichen Probleme aufwirft. Es bleibt abzuwarten, wie die in Hamburg anhängigen gerichtlichen Verfahren ausgehen und wie unter Umständen hiesige Gerichte entscheiden werden. Eines steht aber heute schon fest: In Niedersachsen wird es keine Studienkontenregelung und kein Landeskindermodell geben. Dort wird es Studiengebühren vom ersten Semester an geben, und das wird für uns hier in Bremen wegen des Systemunterschieds erhebliche Probleme aufwerfen.
Das Studienkontengesetz geht von einem einheitlichen Studienguthaben von 14 Semestern aus, ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Regelstudienzeiten. Besser wäre es, wenn man sich schon auf so etwas einlässt, mit einem variablen Zeitguthaben zu arbeiten, zum Beispiel indem man vier Semester zusätzlich zur Regelstudienzeit einräumt. Das wäre gerechter und würde auch den unterschiedlichen Studiengängen besser entsprechen. Begründet wird diese Regelung damit, dass man den zusätzlichen Verwaltungsaufwand in Grenzen halten will. Auch das Modell des einheitlichen Studienguthabens erzeugt aber zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Viel besser wäre eine Regelung, die ganz auf einen solchen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verzichten kann, indem nämlich eine allgemeine Studiengebühr vom ersten Semester an für alle Studierenden bei ihrer Immatrikulation oder Rückmeldung erhoben wird und vollständig den Etats der Hochschulen zur Verfügung steht. Die Hochschulen hätten es dann lediglich wie bisher schon bei der Erhebung des studentischen Semesterbeitrags mit dem Inkasso der Beträge und der hochschulinternen Verteilung der Mittel zu tun.
Die im Jahr 2004 eingeführte Verwaltungsgebühr soll weiter erhoben werden. Jeder Student, ganz gleich, ob er eine Studiengebühr zahlt oder nicht, entrichtet weiterhin zusätzlich zu seinem Semesterbeitrag einen Verwaltungskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro bei der Einschreibung beziehungsweise seiner Rückmeldung. Diese Summierung der Abgaben kann von den Studenten nur als allgemeine Abzocke empfunden werden. Bei der Einführung einer allgemeinen Studiengebühr könnte der Verwaltungskostenbeitrag entfallen, das heißt, in die Studiengebühr integriert werden, und könnten Leistungsverbesserungen der Hochschulen im Lehrbetrieb sichtbar gemacht werden. Der Leistungs- und Gegenleistungsgesichtspunkt würde gestärkt und das Abzockgefühl gemindert werden. Auch die Regelung zur Gewinnung von studentischen Neubürgern, nach der neu nach Bremen
oder Bremerhaven zugezogene Studierende ein Begrüßungsgeld von 150 Euro und die Hochschulen eine Art Werbeprämie in Höhe von 100 Euro für jeden studentischen Neubürger erhalten, soll weiterlaufen. Mir scheint dies vor dem Hintergrund des neuen Studienkontengesetzes nicht ganz plausibel.
In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf verwiesen, dass die Hochschulautonomie und die Selbstverwaltungskompetenz der Hochschulen gestärkt werden. Darüber kann man streiten. Die Hochschulen erhalten mit diesem Gesetz das Recht, eine eigene Hochschulordnung, sprich Satzung, zur näheren Ausgestaltung des Studienkontengesetzes zu erlassen, insbesondere, um Regelungsdetails zu klären und die verwaltungsmäßige Umsetzung zu regeln. Sie haben nicht die Möglichkeit, das Studienguthaben oder allgemeine Studiengebühren entsprechend einer landesrechtlichen Vorgabe festzusetzen.
Da die Ausführungssatzung der Hochschulen vom zuständigen Senator zu genehmigen ist, muss man sich fragen, wo der Zugewinn an Hochschulautonomie und Selbstverwaltungskompetenz liegt. Die Hochschulen erhalten eine zusätzliche Verwaltungstätigkeit und dürfen deren Durchführung gestalten, und sie dürfen die eingenommenen Gebühren behalten, das ist alles.
Nennenswerte finanzielle Vorteile für die Hochschulen sind damit nicht verbunden. Der Senat nennt in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen von Anfang August 2005 einen Nettoeinnahmebetrag von etwa 3,1 Millionen Euro. Dabei wurde der zusätzliche Verwaltungsaufwand der Hochschulen sehr gering angesetzt und der anderer Stellen überhaupt nicht berechnet. Der tatsächliche finanzielle Vorteil der Hochschulen aus der Studienkontenregelung dürfte deutlich kleiner ausfallen und damit auch die Möglichkeit der Hochschulen, die Studienbedingungen für die Studenten wesentlich zu verbessern.
Ich gehe sogar davon aus, dass Bremen einen Zustrom von Studenten aus anderen Bundesländern erleben wird und damit die Bedingungen für die Studenten in Bremen eher schlechter als besser werden. Das werden wir als Haushaltsnotlageland nicht lange aushalten, wo doch jetzt schon der Wissenschaftsund Hochschuletat hoffnungslos unterfinanziert ist.
Der Senator hat gerade erst einen Brandbrief an die Hochschulen geschrieben. Auch die zusätzlichen Einnahmen des Finanzsenators werden daran nicht viel ändern. Es erscheint zudem sinnfrei, dass nur eine Minderheit von Studierenden, nämlich die wenigen Gebührenzahler, zur Verbesserung der Studienbedingungen beitragen soll. Viel gerechter wäre da eine allgemeine Studiengebühr, die dann den Hochschulen komplett zur Verfügung stünde und womit sie dann die Studienbedingungen verbessern könnten.
Im Ergebnis komme ich dahin zu sagen, dass das vorgelegte Studienkontenmodell die falsche Antwort auf die Studiengebührenproblematik und die sehr viel
allgemeiner zu sehende Thematik der Hochschulfinanzierung ist. Die Einführung von Studienguthaben sowie Studiengebühren für auswärtige und Langzeitstudenten hilft weder den Hochschulen noch den Studierenden. Sie ist in der vorgelegten Ausgestaltung nur ein Mittel zur Gewinnung zusätzlicher Einwohner und damit zur Verbesserung der Einnahmesituation beim Finanzausgleich. Das ist zwar nicht zu verachten, eine grundlegende Neuorientierung der Hochschul- und Wissenschaftsfinanzierung ist das jedoch nicht. Die Autonomie der Hochschulen wird nicht gestärkt, und es wird nur zusätzliche Bürokratie erzeugt. Deshalb lehnen wir von der FDP den Gesetzentwurf ab, und deshalb werde ich ihm nachher bei der Abstimmung auch nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das hier vorgelegte Gesetz ist in Wirklichkeit kein Hochschulgesetz, sondern ein Gesetz zur Gewinnung von Neubürgern. Ihr Studienkontengesetz hat mit Bildung und Bildungschancen rein gar nichts zu tun. Sie wollen die Studierenden in Haft nehmen für die prekäre Haushaltssituation in Bremen und ihnen im Gegenzug nichts bieten.
Sie kürzen aktuell den Hochschulhaushalt für 2006/ 2007 um genau die Einnahmeerwartung von Studiengebühren. Das nennen wir Abzocke von Studierenden!
Darüber hinaus sollen die Hochschulen in den kommenden fünf Jahren mit 100 Millionen Euro weniger auskommen. Das sind jährlich zehn Prozent.
Ich will noch einmal begründen, warum aus unserer Sicht das Erststudium gebührenfrei bleiben muss! Für uns ist der Zugang zu Bildung in einem hochentwickelten Land eine entscheidende Zukunftsfrage. Bildung ist für uns ein öffentliches Gut. Wir können Zukunftsherausforderungen, gerade in einer globalisierten Welt, nur meistern, wenn wir gut ausgebildete junge Menschen haben. Wir brauchen eine höhere Studienanfängerquote. Wir liegen deutlich unter dem OECD-Durchschnitt, Frau Busch hat vorhin auch schon darauf hingewiesen.
Bereits jetzt sagt das Hochschulinformationssystem in einer Studie, dass die Studienanfängerzahlen, insbesondere die von jungen Frauen, deutlich zurückgegangen sind, und es wird zum Teil damit begrün––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
det, dass die Studiengebühren erwartet werden. Junge Menschen treibt die Sorge um, dass ein Studium ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen wird. Bereits jetzt hat die mögliche Einführung von Studiengebühren eine Lenkungswirkung, und zwar eine Lenkungswirkung in die falsche Richtung. Das können wir uns in der Zukunft überhaupt nicht leisten.
Gleichzeitig werden mit Studiengebühren die Bildungschancen noch mehr von dem familiären Hintergrund abhängig sein, als es jetzt schon der Fall ist. Bereits jetzt studieren 73 Prozent der Beamtenkinder, aber nur zwölf Prozent der Arbeiterkinder. Statt Brücken in bildungsferne Schichten zu bauen, werden bereits existierende Brücken gesprengt. Das können wir uns auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels überhaupt nicht leisten. Wir werden künftig alle jungen Menschen brauchen.