Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns hier jetzt zum wiederholten Male in diesem Hause mit den Affenversuchen von Herrn Professor Kreiter. Wir tun es deshalb, weil Herr Kreiter im Juli einen Neuantrag auf Weiterführung seiner Affenversuche gestellt hat. Wir stellen zum wiederholten Male auch den Antrag, dass wir aus den Affenversuchen aussteigen wollen, weil wir der Auffassung sind, dass diese Versuche ethisch nicht vertretbar und auch nicht unerlässlich sind. Das tun wir schon seit 1997, und wir sind nach wie vor der Auffassung, die wir damals auch schon hatten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bereits 1997 war es erklärter Wille, auch der großen Koalition, dass mit dem Einstieg der geordnete Ausstieg erfolgen sollte. Bereits 1998 sagte die damalige Wissenschaftssenatorin Kahrs, dass sie hoffe, dass die Affen nach drei Jahren wieder aus der Universität ausziehen werden. Die finanziellen Mittel für die Anschaffung eines Kernspintomographen wurden bereitgestellt, weil er als Ersatzmethode für die invasiven Versuche dienen sollte. Das war jedenfalls die Haltung der Politik, als das Geld bewilligt wurde.

Im letzten Jahr hat Herr Kreiter nun einen Verlängerungsantrag mit der Begründung gestellt, dass er noch Abschlussarbeiten für seine Veröffentlichung machen müsste. Es ging also um Abschlussarbeiten. Nun haben wir einen Neuantrag vorliegen, der nicht die alleinige Weiterarbeit im Kernspintomographen vorsieht, sondern sowohl die invasiven Versuche als auch die Versuche im Kernspintomographen. Die Versuche werden also ausgeweitet und nicht reduziert. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Die Affen werden nun invasiv untersucht, und im Kernspintomographen werden also mehr Versuche mit den einzelnen Affen gemacht als vorher. Das ist eine Ausweitung und keine Reduzierung der Versuche. Der Kernspintomograph hat im Ergebnis offensichtlich eine Ausweitung dieser Versuche gebracht. Das ist das Gegenteil von dem, was die Bürgerschaft von Anfang an gewünscht und wofür sie Geld bereitgestellt hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir fühlen uns von diesem Weg getäuscht und halten es auch für eine Täuschung der politischen Gremien und der Öffentlichkeit.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir gehen nicht mehr davon aus, dass Herr Kreiter von sich aus die invasiven Versuche einstellen wird, wenn die Genehmigungsbehörde diese Versuche nicht untersagt. Diese Versuche sind offensichtlich auf Dauer angelegt. Wenn man sich die Interviews von Herrn Kreiter durchliest, dann wird es deutlich.

Bedauerlicherweise hat nun auch das Wissenschaftsressort mittlerweile keine Probleme mehr mit den Affenversuchen. So schreibt Herr Staatsrat Köttgen in einer Stellungnahme an die Genehmigungsbehörde, wie wichtig die Forschung für den Wissenschaftsstandort Bremen ist und dass man frühestens in zwölf Jahren eine Evaluation machen könnte, um die Forschungsergebnisse zu bewerten. Das wäre frühestens im Jahr 2010. Dazu sagen wir ganz klar nein! Die Zukunft Bremens liegt in der Profilierung eines tierversuchsfreien Standorts und nicht als einem Standort mit Affenversuchen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich erinnere noch einmal an die Debatte im letzten Jahr, als Herr Böhrnsen, damals war er noch Fraktionsvorsitzender, deutlich sagte, dass die ursprüngliche Genehmigung ein Fehler war und er einen schnellstmöglichen Ausstieg wünsche. Jetzt kann er als Präsident des Senats den Beweis dafür antreten, wie ernst er es dann meinen wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme zu dem aktuellen Genehmigungsverfahren! Seit 2002 ist der Tierschutz im Grundgesetz verankert, das heißt, die Forschungsfreiheit muss gegen den Tierschutz abgewogen werden. Die Behörde muss also sehr viel genauer prüfen. Das Tierschutzgesetz erlaubt auch jetzt Tierversuche ohnehin nur dann, wenn sie ethisch vertretbar und unerlässlich sind. Ethisch vertretbar sind sie dann, wenn in der Abwägung die Belastung für das Versuchstier den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn rechtfertigt. Wir

sagen in der Abwägung nein! Ich möchte es kurz begründen: Die Tiere werden stark belastet, ihnen wird die Schädeldecke aufgebohrt. Das ist eine Operation. Sie sind häufig sieben Jahre im Versuch. Die Dressur beruht auf Bestrafung, es gibt Flüssigkeitsentzug. Sie sind jetzt in zwei Versuchen, sie werden im Kernspintomographen und invasiv untersucht. Die Makaken können Schmerz empfinden, sie können Leid empfinden. Deswegen werden sie auch benutzt, weil sie uns so ähnlich sind.

Es handelt sich um Grundlagenforschung. In der Grundlagenforschung ist der Erkenntnisgewinn nicht planbar. Das macht die Grundlagenforschung aus, dass sie offen ist und somit kein Anwendungsziel hat. Wenn Herr Kreiter also sagt, er will damit unterstützen, dass man Schizophrenie oder die Parkinsonkrankheit heilen kann, dann sind dies alles Hilfsargumente, um gesellschaftliche Akzeptanz zu bekommen, weil den Forschern selbst klar ist, dass die ethische Vertretbarkeit auf tönernen Füßen steht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nun hat das Gesundheitsressort zu der ethischen Vertretbarkeit zwei Tierethiker befragt, und das finden wir auch ausdrücklich gut. Die Gutachter kommen zu den folgenden Erkenntnissen: Erstens sagen sie, sie forderten eine größere Verbindlichkeit der Kriterien, nach denen Ethik bewertet wird. Es gibt keine Bewertungskataloge, die allgemein verbindlich sind, und da wollen sie mehr Verbindlichkeit haben. Es kann also nicht in der Beliebigkeit von Herrn Professor Kreiter stehen, der sagt, jeder hat so seine Ethik, wie er es in den letzten Jahren immer wieder gesagt hat.

Zweitens sagen sie, in der Grundlagenforschung könne das Leiden der Tiere per Definition nicht gegen das Leiden der Menschen abgewogen werden, da Grundlagenforschung nicht zielgerichtet ist und der Nutzen für die Menschen nicht definierbar ist. Hier ist also auch Professor Kreiters Argument, er leiste einen Beitrag für die Behandlung von Parkinson oder Schizophrenie, für die Tierethiker kein Argument, da es ja, wie gesagt, um Grundlagenforschung geht. Dann sagen sie, es müsse eine absolute Belastungsobergrenze in der Grundlagenforschung geben. Sie sagen auch, bewertet werden müsse die Belastung durch den Versuch und nicht nur im Versuch. Das ist insofern wichtig, als auch Herr Kreiter sagt, dass er nur darauf schaut, wie belastet die Tiere an dem jeweiligen Tag sind. Die Gutachter sind da aber der Meinung, dass es auch wichtig sei, wie lange sie im Versuch sind, und das sind sie, wie gesagt, teilweise sieben Jahre. Sie sagen auch, dass es schwere Belastungen für Tierversuche für wissenschaftliche Zwecke nicht geben dürfe. Abschließend kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Tierexperimentatoren die Belastung ihrer Tiere häufig unterschätzen und den Erkenntnisgewinn überschätzen. Soweit die Gutach

ter! Wir fühlen uns mit unseren ethischen Bedenken durch diese Gutachten bestätigt.

Nun gibt es eine Tierschutzkommission, welche die Genehmigungsbehörde bei ihrer Entscheidung beraten soll. Diese Kommission ist nach dem Tierschutzgesetz vorgeschrieben. In dieser Kommission sind Tierschützer in der Minderheit. Diese Kommission ist sensationell zu einem Bewertungsergebnis von drei zu drei gekommen. In einem normalen Abstimmungsprozess hat damit ein Antrag keine Mehrheit und ist abgelehnt. Nun hat sich diese Kommission eine Geschäftsordnung gegeben, in der sie dem Vorsitzenden bei Stimmengleichheit eine Doppelstimme gibt. Nur über diese Doppelstimme kommt eine Mehrheit für diese Kommission zustande. Ehrlich gesagt, so kann man meiner Meinung nach nicht mit dem Grundgesetz, mit Grundwerten umgehen, dass eine selbst gewählte Geschäftsordnung eines Beratungsgremiums zu Mehrheiten führt, an die sich die Genehmigungsbehörde womöglich auch noch gebunden fühlt!

Interessant ist auch, dass die Mitglieder der Kommission der Öffentlichkeit nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein sollen, weil hier Persönlichkeitsrechte geltend gemacht werden. Wir haben hier in Bremen seit Jahren eine breite öffentliche Debatte. Wir hatten einen Bürgerantrag, wir haben den Tierschutz im Grundgesetz, wir haben ein Tierschutzgesetz, von dem die Ethiker sagen, es muss der Grundgesetzänderung dringend angepasst werden. Im Tierschutzgesetz ist eine Kommission als beratende Einrichtung eingesetzt. Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung. Da hat der Vorsitzende eine Doppelstimme, und aus einer Antragsablehnung wird eine Zustimmung fabriziert. Die geneigte Öffentlichkeit darf nicht einmal erfahren, wer denn die Personen sind, die diese Entscheidung getroffen haben. Ich finde, das ist einer Gesellschaft im 21. Jahrhundert nicht angemessen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Genehmigungsbehörde muss das eigentliche Votum ernst nehmen, und das ist eine Ablehnung. Die Bürgerschaft sollte hier auch Zeichen setzen, dass sie es ernst meint mit dem schnellstmöglichen Ausstieg. Sie muss deutlich machen, dass sie ihren eigenen Bürgerschaftsbeschluss Replacement, Refinement, Reducement ernst nimmt, dass sie das Geld für den Kernspintomographen für den Ausstieg aus den invasiven Affenversuchen bereitgestellt hat und nicht für eine Ausweitung der Versuche, und sie muss die Grundgesetzänderung ernst nehmen, die eine Abwägung vorsieht und gerade in der Grundlagenforschung enge Grenzen zieht.

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der großen Koalition, halbwegs ernst nehmen, was Sie in den letzten Jahren hier im Haus gesagt und beschlossen haben, und auch wenn ich an die Rede von Herrn Böhrnsen aus dem letzten Jahr erinnere, können

Sie gar nicht anders, als unserem Antrag zuzustimmen, wenn Sie nicht völlig unglaubwürdig werden wollen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich brauche ich mich zu diesem von mir abgeschriebenen Antrag mit der Drucksachen-Nummer 16/780, Aus den Affenversuchen aussteigen, vom Bündnis 90/Die Grünen gar nicht mehr großartig zu äußern. Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, habe ich nachweislich schon vor Jahren unzählige DVU-Anträge gegen diese schrecklichen und grausamen Affenversuche an der Bremer Universität, zum Beispiel „Stoppt die grausamen Affenversuche an der Bremer Uni“, sowie unzählige Anträge für den Tierschutz insgesamt in die Bürgerschaft eingebracht.

Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben schon seit Jahren mit der Zustimmung zu meinen Anträgen die große Möglichkeit gehabt, Ihre Ehrlichkeit, Ihre Ernsthaftigkeit Ihres jetzt gestellten Antrags gegen die grausame und schreckliche Folter bei den Affenversuchen an der Uni unter Beweis zu stellen. Sie haben es nicht gemacht. Stattdessen haben Sie alle meine diesbezüglichen Anträge für den Tierschutz und gegen die menschenunwürdigen Affenversuche in schäbiger Weise abgelehnt. Darum glaubt Ihnen, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, heute auch kein Mensch mehr, dass Sie es mit Ihrem Antrag gegen die Affenversuche auch wirklich ehrlich und ernst meinen. Darüber hinaus habe ich anhand von zahlreichen Flugblattaktionen Ihr diesbezügliches ablehnendes Abstimmungsverhalten zu meinen Anträgen deutlich zur Kenntnis gegeben. Unsere Bevölkerung weiß ganz genau, wer meine Anträge zum sehr wichtigen Thema Tierschutz und so weiter abgelehnt hat. Das waren Sie alle. Darum glaubt Ihnen auch heute kein Mensch mehr.

Darum sage ich Ihnen noch einmal ganz langsam, damit es auch jeder von Ihnen begreifen kann: Das grausame schreckliche Schicksal und das unendlich große Leid, die schrecklichen Schmerzen dieser armen gefolterten und geschundenen Primaten an der Bremer Uni sind mir im Gegensatz zu vielen anderen in diesem Haus eben nicht egal. Wenn diese schrecklichen grausamen Affenversuche kein Verbrechen an unschuldigen Lebewesen sind, dann weiß ich wirklich nicht mehr, was sonst noch ein großes Verbrechen an unseren unschuldigen und liebevollen Mitgeschöpfen sein soll.

Meine Damen und Herren, es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Affenschande, dass Sie den von weit über 12 000 tierliebenden Menschen unterschriebe

nen Bürgerantrag sowie alle meine Anträge gegen die Folter Affenversuche mit fadenscheinigen Alibibegründungen abgelehnt haben. Es ist unglaublich, wie hier insgesamt mit dem Willen der Bürger umgegangen wird. Tatsache ist doch, dass die schrecklichen Leiden der Tiere in keinem Verhältnis zum medizinischen Nutzen stehen, der von diesen Versuchen erwartet wird. Ich frage mich ganz besorgt, wie krank ein Mensch sein muss, der diese armen menschenähnlichen Mitgeschöpfe bewegungslos in dem Versuchsstuhl festschnallt und ihnen grausam Metallzylinder in den Kopf einzementiert. Solche Menschen brauchen meines Erachtens dringend ärztliche Hilfe. Wer überhaupt noch einen Funken Mitgefühl für diese geschundenen, gequälten, gefolterten Mitgeschöpfe hat, muss schnellstens dafür sorgen, dass eine solche menschenunwürdige Schande sofort gestoppt wird.

Kein Mensch hat jemals das Recht dazu, einem Tier so etwas Grausames und Schreckliches anzutun. Darum sage ich Ihnen noch einmal, wofür ich namens der Deutschen Volksunion schon seit Jahren kämpfe: Stoppt sofort die grausamen Tierversuche an der Bremer Uni! Selbstverständlich werde ich diesem von mir abgeschriebenen Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen zustimmen. Das ist klar, denn im Grunde genommen ist es ein von mir schon längst eingebrachter Antrag der Deutschen Volksunion, den Sie, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, damals abgelehnt haben.

Herr Rohmeyer, Sie haben mich vorhin quasi als Rattenfänger bezeichnet. Dann wären logischerweise DVU-Wähler Ratten. Menschen sind aber keine Ratten, und man beleidigt keine Menschen als Ratten, nur weil zahlreiche Menschen eine andere Meinung haben als Sie. Es ist schon schlimm genug, dass gerade Ihre CDU für diese grausamen und schrecklichen Affenversuche mitverantwortlich ist. Im Übrigen haben Ratten die Eigenschaft, dass sie sich sehr zahlreich, unkontrollierbar und sehr schnell vermehren, erst recht, Herr Rohmeyer, wenn sie beleidigt oder gereizt werden. Ich lasse von Ihnen keine Menschen als Ratten beleidigen. Das ist unerträglich!

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Emigholz.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass ich im Namen vieler Kolleginnen und Kollegen des Hauses sprechen kann, wenn ich sage, dass dem Tierschutz mit den Beiträgen bestimmter Redner und Gruppierungen wirklich ein Bärendienst erwiesen wird.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Eines möchte ich Ihnen auch sagen, Herr Tittmann, das, was die DVU den Tieren an Fürsorge gelten lässt, sollte sie auch gegenüber den Menschen gelten lassen. Hier haben wir das schutzrechtlich umgekehrte Problem. (Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. T i t t - m a n n [DVU]: Tun wir doch!)

Deswegen finde ich es auch hochgradig erfreulich, dass keine der Fraktionen jemals einen so populistischen Antrag zum Anlass genommen hat, der DVU die Hand zu reichen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Selbstverständlich komme ich gern auf den Beitrag der Kollegin Schön zurück, und ich muss aus meinem persönlichen Herzen keine Mördergrube machen, dass wir eine sehr ähnliche Einstellung als Tierschützer dazu haben. Wie aber damals vor acht Jahren, als wir die Debatte um die ethische Vertretbarkeit von Tierversuchen begonnen haben und die Vereinbarkeit mit dem Tierschutz, ist es, wenn man eine Volkspartei vertritt – das tue ich hier –, nicht so leicht, diese Abwägung so hinzubekommen, dass man nicht zwangsläufig, wenn man einen Debattenbeitrag hält, eine falsche Rede hält. Wie immer man sich positioniert, ob im Sinne der Forschungsfreiheit oder im Sinne des Tierschutzes, man wird es nie völlig richtig machen und wird keine der Gruppierungen völlig zufrieden stellen können. Das ist die Bitternis dieser Debatte und zeigt auch das schwierige Abwägungsproblem und die auch innewohnende Tragik dieses Themas. Es ist so, dass unterschiedliche Interessen kollidieren, und es gibt Gott sei Dank eine Rechtsentwicklung, die zumindest die Tierversuche auf ethisch vertretbare Grenzen festlegt und die die Überprüfung der Zweck-Mittel-Relation, die Gesundheitsbehörde hat es auch vorgelegt, noch einmal einem anderen Prüfstand unterzieht. Das ist wichtig, und das ist auch notwendig.

Ich darf noch einmal auf die Debatte aus den vorherigen Jahren verweisen! Ich habe nicht allein dazu geredet wie damals, als wir diesen vermittelnden Antrag breit vom Parlament getragen haben, Tierversuche perspektivisch zu reduzieren, sondern ich erinnere auch an meinen Kollegen Mario Käse, ich erinnere an meine Kollegin Berk, die hier sitzt, und jetzt arbeiten wir auch sehr gut als Sprecher unterschiedlicher Bereiche – Wissenschaft Birgit Busch, Winfried Brumma, Gesundheit – zusammen und versuchen, das Unmögliche möglich zu machen, unterschiedliche Positionen zu einen, und das ist nicht einfach.

Wenn Sie ein Tierversuchsvorhaben gestartet haben, und das war der Fall, und ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die jetzt auch für die Einreichung des Antrags verantwortlichen Senatoren, Willi Lemke und jetzt Karin Röpke, sich nicht ursprünglich aktiv dafür entschieden haben, sondern dass sie Entscheidungen übernommen haben, müssen wir mit diesen übernommenen Entscheidungen vor dem sich verändernden gesetzlichen Hintergrund, den Tierschutz auch als Staatsziel aufzunehmen, umgehen. Das ist die Gefechtslage, die wir haben.

Frau Schön, ich erspare mir, die Dramaturgie, die Sie richtig beschrieben haben, Versuchsantrag, Publikation, Neueinreichung des Versuchsantrags, noch einmal zu wiederholen. Das langweilt die Zuhörer und ergibt keinen weiteren Erkenntnisgewinn. Für uns ist wichtig, wie wir damit umgehen, und ich will auch gern antworten, was wir uns überlegt haben. Ich will dazu einmal Folgendes sagen: Wir sind in der Koalition in einem Punkt völlig einig. Auch wenn die Universität selbstverständlich das grundgesetzlich garantierte Recht der Forschungsfreiheit genießt, was ihr garantiert und zugebilligt ist, so haben wir auch die neue Rechtsgrundlage, nämlich die Aufnahme des Staatsziels Tierschutz aufzunehmen, und wir haben auch gegenüber dem Steuerzahler alles zu rechtfertigen, was wir politisch entscheiden – übrigens nicht nur im Hochschulbereich oder im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich, im Bildungsbereich oder im Kulturbereich –, also auch Maßnahmen dieser Art.

Wir sind uns in dem Punkt einig, dass wir die vorliegenden Ergebnisse zum Auslaufen des Förderzeitraums, den die DFG in der Universität fördert, evaluieren wollen. Da gab es in der Koalition keinerlei Dissens, das war unbestritten. Einen Dissens haben wir an dem Punkt, unter welcher Zielstellung wir das machen. Da werden die Kollegen aus der CDU gleich noch ihre Position dazu nennen, ich sage aber die Position, die wir nicht nur mit unserer Gesundheitssenatorin, die für das Genehmigungsverfahren verantwortlich ist, sondern auch mit unserem Wissenschaftssenator geeinigt haben.

Wir haben uns schon sehr früh mit Herrn Senator Lemke zusammengesetzt, das will ich hier auch offen sagen, und es bedurfte noch nicht einmal der Vorlage eines neuen Antrags, wenn man die Chronologie richtig im Auge hat, und auch nicht der Frage, wie wir weiter damit umgehen. Wir haben uns darüber unterhalten, was man machen kann. Dass wir keine drei Jahre brauchen, um Tierversuche stattfinden und wieder beenden zu lassen, war leider jedem der Beteiligten klar, nachdem wir wussten, dass ein Tierversuchsvorhaben gestartet war, auch wenn im Parlament gelegentlich anderes behauptet wurde. Das musste uns klar sein.

Ein sinnvoller Prüf- und Abschlusszeitraum ist aus Sicht aller Beteiligten, und da bin ich mir als Tierschützerin mit dem Wissenschaftssenator Lemke einig, das Auslaufen der DFG-Förderung. Das wäre, sofern ich

über den Zeitraum richtig informiert bin, im Jahr 2010. Wir haben uns als Sozialdemokraten darauf verständigt, dass wir mit dem Ziel dieses Evaluationsvorhaben betreiben wollen, einen Ausstieg aus dem Versuchsvorhaben auch umzusetzen. Das bedeutet, unsere Evaluation und unsere wissenschaftliche Begleitung, die mittels einer kurzfristig einzusetzenden Arbeitsgruppe stattfinden soll, ist nicht zieloffen. Wir wollen nicht abwarten, finden wir es gut oder schlecht. Die DFG-Förderung läuft aus, und wir haben uns vorgenommen, dieses Vorhaben wissenschaftspolitisch sachgerecht zu beenden, qualifiziert zu beenden, ohne dem Wissenschaftsstandort einen Schaden zuzufügen und eine Forschung weiterzuführen, wie meine Kollegin Berk gestern sagte, die die Erkenntnisse zur Grundlage der weiteren Arbeit im Bereich Kognitionsforschung macht. Das können wir als Politiker nicht entscheiden, indem wir sagen, das finden wir gut, hören Sie auf, das machen wir weiter, das geht so weiter. Dazu brauchen wir ganz klar eine wissenschaftliche Begleitung und Untermauerung. Die wollen wir unverzüglich einsetzen. Diese Begleitung und Untermauerung soll zu dem Ziel führen, dass wir 2010 hoffentlich am Ende dieser belastenden Maßnahmen sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)