Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Drittens: Nach welchen Kriterien erfolgt bei der Vergabe derartiger öffentlicher Aufträge die Auswahl der Notariate?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen eins und drei: Ausreichende aktuelle Daten über die Kostenberechnungen von Notaren in den Jahren 2004 und 2005 liegen dem Senat nicht vor. Ihre Erhebung bei den Gesellschaften und

Sondervermögen erfordert mehr Zeit, als sie im Rahmen der Vorbereitung auf die mündliche Fragestunde zur Verfügung steht. Der Senat wird diesen Teil der Anfrage daher schriftlich beantworten.

Die Beauftragung eines Notars unterliegt nicht der vergaberechtlichen Ausschreibungspflicht. Notarinnen und Notare sind nach der Bundesnotarordnung unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes. Sie sind nicht Vertreter einer Partei, sondern unabhängige und unparteiische Betreuer der Beteiligten. Es ist deren Sache, Notare auszuwählen, denen sie vertrauen.

Bei Grundstücksverkäufen: Bei allen bremischen Grundstücksverkäufen wählen im Allgemeinen die Käufer den Notar aus.

Grundstücksankäufe: Wenn die GBI Grundstücke für die Sondervermögen Immobilien und Technik sowie Infrastruktur ankauft, überlässt sie schon seit Jahren die Auswahl des Notars dem Vertragspartner, also dem Verkäufer. Die GBI übt also auch in diesen Fällen, in denen sie den Notar bestimmen könnte, keinen Einfluss auf dessen Auswahl aus. Eine vollständige Erhebung des Vorgehens bei den anderen Gesellschaften und Sondervermögen, die Grundstücksverkäufe tätigen, war in der Kürze der Zeit nicht leistbar. Der Senat wird daher auch zu diesem Punkt schriftlich antworten.

Gesellschaftsverträge respektive andere Verträge: Im Bereich der Beurkundung von Gesellschaftsverträgen wählt Bremen den Notar nur bei unmittelbarer Beteiligung nach den Kriterien fachliche Befähigung – eingeschlossen Kenntnisse im Haushaltsrecht –, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Zweckmäßigkeit, Eilbedürftigkeit und sich aus den Einzelheiten des Auftrags ergebenden Aspekten unter Beachtung des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Notar und Mandant sowie des Willkürverbotes und des Gebotes der Transparenz aus. Bei mittelbaren Beteiligungen trifft die Muttergesellschaft die Auswahlentscheidung.

Der Schwerpunkt notarieller Tätigkeit im Bereich der Gesellschaften liegt in der Beurkundung des Abschlusses oder der Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie damit in Zusammenhang stehender Tätigkeiten. Die notariellen Kosten liegen im Fall einer Neugründung einer GmbH mit einem Stammkapital von 25 000 Euro derzeit bei rund 200 Euro zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer.

Zu Frage zwei: Gegenwärtig sind im Land Bremen 260 Notarinnen und Notare bestellt. Davon entfallen auf den Bezirk des Amtsgerichts Bremen 198, auf den Bezirk des Amtsgerichts Bremen-Blumenthal 30 und auf den Bezirk des Amtsgerichts Bremerhaven 32 Notarinnen und Notare. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Grotheer, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich möchte zunächst sagen, wir sind damit einverstanden, dass die Frage nach den Details schriftlich beantwortet wird. Ich habe aber heute noch zwei Zusatzfragen. Zum einen ist es ja so, dass die Notare ein öffentliches Amt bekleiden, Notar kann nur werden, wer die Befähigung zum Richteramt hat, wer einige Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet hat und wer dann noch eine zusätzliche Ausbildung durchlaufen hat, die mit einer Prüfung endet, die übrigens nicht jeder besteht. Das sind hochqualifizierte Leute, jeder Notar kann und darf Grundstücksgeschäfte beurkunden. Haben Sie einen Überblick, eine Schätzung, wie viele Geschäftsvorfälle es in diesem Bereich gibt, an denen die Stadtgemeinde, die öffentliche Hand oder deren Gesellschaften beteiligt sind?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe jetzt keinen aktuellen Überblick über die Gesamtgeschäftsvorfälle. Ich kann Ihnen bezüglich der GBI einmal sagen, damit Sie eine Größenordnung haben, dass wir dort 2004 54 000 Euro ausgegeben haben und im Jahre 2005 20 000 Euro. Wie diese sich jetzt auf einzelne Geschäftsvorfälle aufteilen, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, würde es dann aber mit beantworten.

Haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich darf Ihnen vielleicht kurz den Hintergrund erläutern. Es gibt in Bremen und Bremerhaven 260 Notare, und es gibt sicherlich nicht nur zehn Geschäftsvorfälle im Jahr, sondern es werden mehr sein. Deshalb die Frage: Wie viele waren es? Gibt es eine Erklärung dafür, dass Notare, die 15 oder 20 Jahre im Amt sind, noch nicht ein einziges Mal einen Auftrag hatten, an dem die öffentliche Hand beteiligt war? Haben Sie dafür eine Erklärung?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe dafür keine Erklärung, aber ich habe versucht, Ihnen zu erklären, dass wir bei Grundstücksverkäufen, die Sie ja vorrangig jetzt ansprechen und nicht gesellschaftsrechtliche Beurkundungen, die natürlich auch relevant sind, im Allgemeinen keinen Einfluss auf die Auswahl des Notars nehmen, auch wenn wir Käufer sind, sondern es der anderen Seite überlassen. Von daher können Sie von mir keine fundierte Begründung erwarten.

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege?

(Abg. G r o t h e e r [SPD]: Wir werden auf die Sache zurückkommen, sobald uns die schriftliche Antwort vorliegt! – Danke schön!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage trägt den Titel „Dürfen bremische Bedienstete Sitzungsgelder für Ausschusstätigkeiten behalten?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Kollege Dr. Güldner!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Dürfen bremische Bedienstete – Beamte oder Angestellte – Sitzungsgelder, die sie für eine Ausschusstätigkeit erhalten, zu der sie im Rahmen ihrer Dienstaufgaben offiziell entsandt wurden, privat vereinnahmen?

Zweitens: Durch welche Dienstvorschrift oder vergleichbare Vorgabe war diese Frage in der Freien Hansestadt Bremen bisher geregelt, und wie wird der Senat in Zukunft verfahren?

Drittens: Wie wird der Senat mit dem konkreten Fall der privat vereinnahmten Sitzungsgelder eines in den Gläubigerausschuss des Bremer Vulkan entsandten ehemaligen Beamten umgehen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Ein Beamter darf, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, keinerlei Vorteile wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art in Bezug auf sein Amt annehmen. Dieses Verbot erstreckt sich auf das Hauptamt des Beamten. Fließen dem Beamten dennoch Zahlungen zu, hat er sie an den Dienstherrn herauszugeben. Ausnahmen davon kann die oberste Dienstbehörde zulassen.

Nimmt der Beamte eine Tätigkeit im Rahmen einer Nebentätigkeit für den Dienstherrn wahr, dürfen die Erlöse aus dieser Nebentätigkeit mit Zustimmung des Dienstvorgesetzten bis zu einer in der Bremischen Nebentätigkeitsverordnung festgelegten Höchstgrenze privat vereinnahmt werden. Auch von dieser Höchstgrenze kann die oberste Dienstbehörde bei Tätigkeiten, die im öffentlichen Interesse notwendig sind, Ausnahmen zulassen. Die Abführungspflicht für Einnahmen aus Nebentätigkeiten ist erst 1998 entsprechend der Regelungen im Bund und den anderen Ländern in das bremische Landesrecht übernommen worden. Die gleiche Rechtslage gilt für Angestellte.

Der Senat als höherer Dienstvorgesetzter und zuständige oberste Dienstbehörde hat mit Beschluss vom 15. Juli 2003 in Fortführung der bisherigen Praxis festgelegt, dass die für die Freie Hansestadt Bremen wahrgenommene Tätigkeit bremischer Bediensteter

in Aufsichtsräten und ähnlichen Gremien als Nebentätigkeit wahrzunehmen ist, gleichzeitig die erforderlichen Nebentätigkeitsgenehmigungen erteilt und in späteren Einzelfällen entschieden, dass zufließende Sitzungsgelder, auch über die Höchstgrenzen hinaus, den betroffenen Bediensteten verbleiben.

Zu Frage zwei: Die unter Nummer eins dargestellte Rechtslage ergibt sich aus Paragraph 69 Bremisches Beamtengesetz, den Vorschriften der Bremischen Nebentätigkeitsverordnung sowie aus den Paragraphen 10 und 11 BAT. Der Senat sieht keinen Anlass, auf eine Änderung der genannten Rechtsvorschriften hinzuwirken.

Zu Frage drei: Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerbeirats der Bremer Vulkan Verbund AG und der Bremer Vulkan Werft AG eine Nebenbeschäftigung im Sinne von Paragraph 1 Absatz 1 und Paragraphen 3 folgende Bremische Nebentätigkeitsverordnung gewesen. Mit Antrag vom 15. März 1996 hat der betroffene Beamte die Genehmigung zur Bestellung seiner – auf Vorschlag des Vergleichsverwalters Herrn Dr. Wellensiek erfolgten – Mitgliedschaft im oben genannten Gläubigerbeirat bei dem Dienstvorgesetzten beantragt. Darüber hinaus hat der Senat der Freien Hansestadt Bremen diese Bestellung mit Beschluss vom 19. März 1996 zur Kenntnis genommen.

Die Vergütung für die Mitgliedschaft im oben genannten Gläubigerbeirat wurde vom Vergleichsverwalter vorgeschlagen und durch das Amtsgericht Bremen überprüft und festgesetzt.

Die Bremische Nebentätigkeitsverordnung in der zur Antragstellung geltenden Fassung enthielt keine Regelung zur Abführungspflicht für Einnahmen aus Nebenbeschäftigungen, so dass Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit bis Herbst 1998 ohnehin nicht abzuführen waren. Eine Abführungspflicht wurde erstmals durch Gesetz vom 29. September 1998 eingeführt.

Der betroffene Beamte wurde mit Wirkung zum 1. Juli 1998 als Beamter beurlaubt für die Wahrnehmung einer Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die Weiterführung seiner Mitgliedschaft im oben genannten Gläubigerbeirat während seiner Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes war aufgrund einer vertraglichen Regelung zulässig, wonach die Tätigkeiten im Rahmen bereits bestehender Mandate als genehmigt gelten. Ob die nachträgliche Einführung der Abführungspflicht auf diese Tätigkeit Anwendung findet, wird zurzeit rechtlich geprüft. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt, dass der Senat keinen Handlungsbedarf sieht, die

bestehenden Regelungen, die Sie zitiert haben, zu ändern. Halten Sie es denn mit einer sparsamen Haushaltsführung für vereinbar, dass Tätigkeiten von Beamten – nehmen wir in dem Fall einmal die Beamten – im Rahmen ihrer Dienstaufgaben in der Tat zusätzlich zu der Beamtenbesoldung privat vereinnahmt werden können?

Bitte, Herr Senator!

Es gibt eine Regelung im bremischen Beamtenrecht in der Besoldungsordnung, die wir analog zum Bund übernommen haben, die expressis verbis Ausnahmen davon vorsieht, also dass man es genehmigen kann, dass die Gelder einbehalten werden können. Auch der Bundesgesetzgeber sieht das als zulässig an. Ich denke, das ist vereinbar, weil damit gewährleistet ist, dass in einem Einzelfall differenziert beurteilt werden kann: Wie aufwendig ist die Wahrnehmung einer solchen Nebentätigkeit? Ist sie im Interesse des Dienstherrn, ist das letztlich mit der Grundvergütung abgegolten, oder kann man es vertreten, dass die dann in dem Gremium gezahlte Vergütung möglicherweise als Zusatzvergütung von Beamten einbehalten und versteuert werden kann?

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Gehe ich recht in der Annahme, dass diese in der Nebentätigkeitsverordnung geregelte Vereinnahmung dieser Einkünfte nach oben hin in der Regel gedeckelt ist?

Bitte, Herr Senator!

Es gibt in der bremischen Verordnung entsprechende Höchstgrenzen, die von den jeweiligen Gehaltsstufen abhängen. Diese können aber, wie gesagt, auch wieder durch Beschluss des Dienstherrn durchbrochen werden.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Welche Gründe liegen für die Freie Hansestadt Bremen vor, diese Ausnahmeregelung jeweils zu treffen und die Grenze nach oben aufzuheben, wenn – wie ich das hier unterstelle – die Tätigkeit ja doch im Rahmen der üblichen Dienstzeit eine von vielen Tätigkeiten in einer herausgehobenen Stellung des Beamten war?

Bitte, Herr Senator!