Protokoll der Sitzung vom 15.06.2006

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stärkt das Parlament!)

Das stärkt am Ende auch das Parlament, Frau Linnert! Natürlich stärkt es das Parlament, wenn wir diese Handlungsmöglichkeiten bekommen und hier weiter agieren können, wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben. Das ist für uns in Bremen das Wichtigste. Ich bin übrigens auch sicher, wenn es diese bessere finanzielle Ausstattung für Bremen, aber auch für die anderen Bundesländer gibt, dann wird es auch gelingen, gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern. Föderalismusreform hin oder her: Das Zentralpostulat des Grundgesetzes darf nicht verletzt werden. Wettbewerbsföderalismus kann man sich nur so weit erlauben, wie die Gleichheit der Lebensbedingungen in diesem Lande gewahrt bleibt. Das ist ein Grundsatz, an dem wir festhalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Kollege Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Natürlich ist es das originäre Recht der Bürgerschaft, dem Senat zu sagen, wie sie es denn gern hätte, was die Gestaltung des föderalen Verhältnisses anbetrifft beziehungsweise die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Insofern ist es durchaus legitim, über solche Anträge zu diskutieren oder aber, wie wir es vor einiger Zeit gemacht haben, generell über die Föderalismusreform. Das ist keine vergebliche Liebesmühe. Das ist schon wichtig, und ich hoffe, dass der Senat und Sie, Herr Böhrnsen, das dann auch in die weiteren Diskussionen, die Sie auf Bundesebene führen, mitnehmen.

Das heute ist ja eine Debatte zur ersten Stufe der geplanten Föderalismusreform. Es werden von den vielen Themen, die dort Gegenstand der Verhandlungen und der Diskussion in Berlin sind, vier Punkte herausgegriffen, die für sich betrachtet sicherlich eine gewisse Bedeutung haben und wichtig sind, aber nur einen kleinen Teil dessen darstellen, was in dem gesamten Reformpaket überhaupt zur Debatte steht. Da gibt es sehr viele Punkte, und deswegen muss man sich schon einmal Gedanken darüber machen, warum wir denn dieses ganze Unternehmen machen oder aber ob wir da nur solche Klein-Klein-Dinge diskutieren wollen, wenn man die Anträge so für sich nimmt.

Diese Punkte sind Bestandteil der Reformbestrebungen innerhalb der ersten Stufe, das ist klar, aber, wie gesagt, es gibt sehr viel mehr Punkte, und deswegen sollte man sich noch einmal überlegen, was eigentlich das Grundprinzip dieser Reform ist. Es ist eben schon angeklungen: Es geht doch darum, bei dieser Föderalismusreform die Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern neu zu verteilen und zu sortieren mit dem Hintergrund, dass man dann die Vermittlungsverfahren reduzieren kann und damit auch bessere politische Zuordnungen und Verantwortlichkeiten in dem ganzen Manöver vor sich hat. Das, denke ich, ist ein Grundprinzip, das bei allen völlig unstrittig ist.

Das bedeutet natürlich dann auch, dass je nachdem, wie die Zuständigkeiten sortiert werden, sich auch die Gewichte verlagern. Wenn das so weit geht, dass dem Bund Kompetenzen weggenommen werden, ist ganz klar, dass sich dessen Position in dem Bereich schwächt und umgekehrt, wenn man diese Position den Ländern zuordnet, sich deren Position dann natürlich stärkt. Das ist ein Geben und Nehmen, die Gewichte werden neu austariert, und das ist die Konsequenz. Wenn das Einvernehmen ist, dann muss man allerdings auch bereit sein zu akzeptieren, wenn man solche Sortierungen vornimmt, dass es dann zu diesen Effekten kommt.

Dann darf man sich nicht wieder einzelne Punkte herauslösen, die ja hier schon in Form der Anträge genannt worden sind, andere sind in den Redebei

trägen genannt worden, dass man plötzlich wieder alles zurückdreht und sagt, das geht nicht. Dann muss man konsequent bei der Linie bleiben,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Egal wie falsch!)

dass man sagt, okay, wir wollen die Entflechtung, wir wollen die Verlagerung der Zuständigkeiten, und das hat bestimmte Konsequenzen. Das, denke ich, muss man sauber auseinander halten. Man kann also nicht das Prinzip anerkennen und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, am Ende versuchen zu vermeiden, das ist schlecht. Deswegen muss man sich dies noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen, wenn man über Einzelheiten nachdenkt.

Die FDP ist, das wissen Sie, das ist auch vorhin schon einmal kurz angeklungen, grundsätzlich für die Reform. Ich habe das damals schon erklärt. Das ist jetzt, glaube ich, mehrfach im Bundestag erklärt worden. Wir sind grundsätzlich für die Reform unseres föderalen Systems. Deshalb haben wir die bisherigen Aktivitäten in dem Bereich auch immer unterstützt, damals die Diskussion im Zusammenhang mit der Föderalismuskommission, die ja dann nicht ganz zum Ende gekommen ist. Die jetzige Anhörung ist ja nicht allein das Verdienst der SPD, sondern auch die FDP hat maßgeblich Wert darauf gelegt, dass es dazu kommt. Es ist auch richtig gewesen, dass es zu dieser Anhörung gekommen ist, weil da nämlich mit viel Sachverstand noch einmal die Fragen an die Politik herangetragen wurden, die da notwendig sind.

(Zurufe von der SPD)

Ich sage nicht, allein die FDP! Ich sage, die Anhörung war wichtig, und die FDP hat eben auch mit dafür geworben und gerungen, dass es zu dieser Anhörung kommt, damit eben der Sachverstand, der mit diesen Fragen verbunden sein müsste, dann auch auf die Politik zukommt.

Wir fordern, und ich habe Sie, Herr Sieling, eben auch so verstanden, dass wir die Ergebnisse der Anhörung jetzt sorgfältig noch einmal politisch abwägen, prüfen und überlegen, ob da nicht doch irgendetwas, sage ich jetzt einmal vorsichtig, „Richtiges“ enthalten ist. Eine sorgfältige Auswertung der Anhörung ist deshalb dringend notwendig. Es kann nicht sein, dass es auf Bundesebene, nur um den Koalitionsfrieden aufrechtzuerhalten, so ist, dass man die Anhörung formell gemacht hat, die Ergebnisse ad acta legt, in den Aktenschrank legt und die Änderungen dann so durchzieht, wie man das befürchten könnte, will ich einmal vorsichtig sagen. Es muss eine sorgfältige Analyse dessen geben, was in der Anhörung gesagt wurde. Das kann meines Erachtens nur dazu führen, dass man in den einzelnen Punkten an dem Reformpaket noch einmal dies und jenes ver

ändert. Da muss man ergebnisoffen sein, dass man sich dann um solche Dinge bemüht.

Es gibt weitere Stichworte, die sicherlich sehr diskussionswürdig sind, ich weiß jetzt im Detail nicht, ob sie bei der Anhörung eine große Rolle gespielt haben. Die Beziehung des Bundes zur EU und zu Brüssel! Zu dieser Gesetzgebung, die von dort über den Bund zu uns herüberschwappt, ist, was ich bisher wahrgenommen habe, eine sehr bürokratische Regelung im Gespräch, und ich glaube nicht, dass diese Lösung der Weisheit letzter Schluss ist. Man sollte auch einmal darüber nachdenken, ob man da nicht zu besseren, schlankeren Lösungen kommt, die dann vielleicht auch die Länderposition stärken und verbessern.

Das andere Stichwort, Gemeinschaftsaufgaben! Das ist ja jetzt schon Bestandteil dieser Stufe. Wir als FDP plädieren eigentlich dafür, dass diese Gemeinschaftsaufgaben generell gestrichen werden, dass man da eine saubere Entflechtung hat zwischen Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern und diese Gemengelage, die es in dem Bereich gibt, beendet wird. Wir wissen aber auch, dass damit unter Umständen viel Geld verbunden ist. Das könnte man jedoch zeitgleich, wenn man das Thema in der ersten Stufe beibehält, mit lösen, indem man sagt, die Finanzen, die Ressourcen, die beim Bund dahinter stehen, könnte man den Ländern zuordnen, und dann hätte man natürlich eine gewisse Verteilungswirkung. Man müsste sich dann auch die zukünftige Entwicklung überlegen, aber auf jeden Fall kann man da überlegen. Wir als FDP raten schon seit langem, diese später eingeführten Gemeinschaftsaufgaben, wenn man das Prinzip hat, die Gemengelage aufzulösen, zu beenden. Dazu kommt es leider in dem jetzigen Paket nicht.

Dann haben Sie, Herr Sieling, schon auf einen wunden Punkt, den wir auch so empfinden, aufmerksam gemacht, diesen Bürokratiezuwachs durch die Abweichgesetzgebung. Das ist ein Schreckgespenst, wenn ich mir vorstelle, was das als Konsequenz jetzt für uns bedeutet. Wir müssen dann hier Gesetzgebung machen zum Bundesgesetz und schauen, was andere Länder machen, wir müssen schauen, was in Niedersachsen und in anderen Ländern passiert. Das wird eine sehr bürokratische Sache, und ich fürchte auch, ähnlich wie Sie das skizziert haben, dass es dann so eine Art Wettlauf gibt, dass dann immer wieder Änderungen kommen. Ich glaube nicht, dass das eine zukunftsweisende Überlegung ist. Da bin ich eigentlich für die saubere Trennung mit der möglicherweise bitteren Konsequenz, dass uns etwas aus der Hand genommen wird, oder aber umgekehrt, wir etwas in die Hand bekommen und wir dann hinnehmen müssen, dass Niedersachsen oder Bayern irgendetwas anders regeln. Aber das ist die Konsequenz dieses Trennungsprinzips.

Ich bin, das sage ich auch zu den Grünen und zu den Anträgen, die hier auf den Tisch gelegt werden,

auch nicht mit dem Klein-Klein, das in dem jetzigen Gesetzgebungspaket enthalten ist, zufrieden. Es gibt sehr, sehr viele Punkte, bei denen man sagen kann, um Gottes willen, das ist ja schlimm.

Ein anderes Stichwort, das hier noch gar nicht genannt wurde, die Sache mit dem öffentlichen Dienstrecht! Das ist genauso schlimm, was da läuft, dass bestimmte Sachen beim Bund bleiben, andere sollen zu den Ländern, und dann gibt es wieder Sonderregelungen für Notlageländer. Das ist ein Tohuwabohu, das nicht günstig ist. Da lobe ich eigentlich die Situation, die wir derzeit haben, dass der Bund den Rahmen setzt und sich die Länder in einem bestimmten Rahmen bewegen können, aber dass es eine Einheitlichkeit dessen gibt, was in dem Bereich notwendig ist.

Also, mit diesem vielen Klein-Klein bin ich auch nicht einverstanden. Ich hätte mir einen Entflechtungskatalog gewünscht, der sehr viel umfassender ist, der dieses Trennungsprinzip eigentlich deutlicher macht, auch mit den Konsequenzen, die das dann unter Umständen hat. Aber das ist leider im Ergebnis nicht herausgekommen.

Für uns hier in Bremen ist eigentlich sehr viel wichtiger, wie wir in dem ganzen Konzert unterm Strich verbleiben. Da gibt es natürlich Veränderungen, die sich schon jetzt in der ersten Stufe abspielen, und deswegen muss der Senat da sehr aufpassen, dass wir unsere Position in dem Bereich nicht verschlechtern. Für uns ist es lebensnotwendig, insbesondere zu verlangen, dass der ersten Stufe der Föderalismusreform eine zweite Stufe folgt. Das ist lebenswichtig für uns, weil in der zweiten Stufe ja die Finanzverfassung verändert werden soll, und da ist es lebenswichtig für uns, wie wir da am Ende aussehen. Wir hatten ja gestern so am Rande schon einmal ein bisschen darüber diskutiert, da gibt es Stichworte, die für uns genehm sind, und andere, die für uns weniger genehm sind.

Als Stichwort will ich einmal nennen, die Basierung der Steuerverteilung auf der Basis des Bruttoinlandsproduktes ist für uns möglicherweise genehmer als der jetzige Zustand, oder aber die Abschaffung des horizontalen Finanzausgleichs, was ja auch in der Diskussion ist, und dann, das ist ja die Konsequenz davon, die Stärkung des vertikalen Finanzausgleichs. Da werden wir als Land abhängiger von diesem vertikalen System, also der Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern, und abhängiger vom Bund. Das heißt also, der Bund bekommt möglicherweise ein sehr viel stärkeres Gewicht uns als Land gegenüber, was die Finanzdinge anbetrifft. Das muss man sehr genau überlegen und sich auch ausrechnen, was das bedeutet.

Ich würde aus meiner Sicht und aus der Sicht der FDP sagen, für uns hier im Land Bremen ist die zweite Stufe entscheidend. Ich fordere den Senat an dieser Stelle auf, aber ich glaube, das ist auch nichts Neues,

was ich hier sage, dass er, wenn er der ersten Stufe zustimmt, verlangen muss, dass es eine zweite Stufe gibt. Die muss politisch zwingend mit der ersten verbunden sein, und die zweite Stufe darf nicht so sein wie der letzte Kanzlerbrief, irgendeine Vision am Himmel, sondern die muss relativ konkret sein, am besten auch noch, dass die zweite Stufe in dieser Legislaturperiode des Bundestages über die Bühne geht, denn sonst haben wir am Ende nichts davon. Solche Prozesse brauchen Zeit, bis sie ausgehandelt sind. Bei Geld, das können Sie sich vorstellen, sind die Verhandlungen sehr schwierig und für uns in Bremen besonders schwierig. Ich denke, darauf müssen wir großen Wert legen, dass unsere Zustimmung zur ersten Stufe nur dann gegeben wird, wenn wir die zweite Stufe sicher im Kasten haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Das Wort erhält Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Föderalismusreform befindet sich auf der Zielgeraden, und ich sage hier ganz deutlich, dass das Land Bremen seinen Beitrag dazu leisten wird, dass das Ziel auch erreicht wird.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Zweite Vorbemerkung: Ich bin ein gläubiger Anhänger des nach Peter Struck benannten Gesetzes, das lautet, nichts kommt so aus dem Parlament heraus, wie es hineingegangen ist. Das tut ja, hätte ich mit meiner früheren Funktion hier vielleicht noch überzeugender gesagt, auch dem bremischen Parlament ganz gut.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zwischen diesen beiden Polen – wir wollen das Ziel erreichen, natürlich gibt es noch Bewegung, die Frage ist wie viel – bewegen sich die nächsten, und es sind eigentlich ja gar nicht mehr die nächsten Wochen, sondern die nächsten Tage. Heute Abend, ich werde mich gleich gen Berlin aufmachen, tagen die SPDMinisterpräsidenten und die CDU-Ministerpräsidenten, am 22. in der kommenden Woche gibt es eine Ministerpräsidentenkonferenz, für den 29. und 30. Juni ist immer noch die Abstimmung im Bundestag vorgesehen und für den 7. Juli die Abstimmung im Bundesrat. Das ist die zeitliche Enge.

Vorgeschaltet war die Sachverständigenanhörung. 100 Sachverständige sind in einer gemeinsamen Anhörung vom Bundestag und Bundesrat angehört worden. Ich war an einem Tag dabei. Da waren zwölf Sachverständige, die zu der grundsätzlichen Frage der Reform geladen waren. Ein Sachverständiger, Professor Wieland, den wir hier in Bremen gut kennen, unser Prozessbevollmächtigter von 1992, der jetzt Ber

lin beim Bundesverfassungsgericht vertritt, hat das wunderbar auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Meine Damen und Herren, wenn Sie uns Sachverständige beauftragt hätten, eine Föderalismusreform zu entwerfen, dann hätten Sie zwölf verschiedene Entwürfe bekommen, und Sie stünden vor der gleichen Situation, vor der Sie jetzt auch stehen, Sie müssten nämlich nach einem Kompromiss suchen.“

Das ist die Lage, und das ist der Hintergrund gewesen, vor dem wir, der Senat – ich habe in der Regierungserklärung die Haltung des Senats am 22. Februar dargelegt –, gesagt haben, die Kernausrichtung der Föderalismusreform stimmt, nämlich wir wollen die Mitwirkungsrechte des Bundesrates zurücknehmen, damit in Deutschland wieder klar ist, wer wofür die politische Verantwortung übernimmt und hat, dass es nicht diese vaterlosen Gesetze gibt. Wir erinnern uns doch alle an die nächtelangen Vermittlungsausschusssitzungen etwa zur Hartz-IVGesetzgebung, und am Ende stand keiner da, der gesagt hat, das ist eigentlich unser Ding. Das ist ein wichtiger erster Punkt, und das wird mit Sicherheit erreicht. Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates sind durch die Reduzierung der Zustimmungsgesetze erheblich reduziert worden.

Es geht zum Zweiten um eine Reform der Gesetzgebungskompetenzen, die Abschaffung der Rahmengesetzgebung und die Neuordnung des Katalogs der konkurrierenden Gesetzgebung, und es geht zum Dritten um eine klarere Zuordnung der Finanzverantwortung, zum Beispiel durch die Einschränkung der Mischfinanzierung. Dieser Kern der Reform ist richtig und stimmt.

Es ist hier schon gesagt worden, eine Reform des Grundgesetzes braucht im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit und im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit, und wer die erreichen will, der muss kompromissbereit sein. Ich habe hier am 22. Februar für den Senat erklärt, wir sind kompromissbereit. Frau Linnert, wir haben ja auch da die Debatte im Grundsätzlichen geführt. Kompromissbereit heißt ja nicht, man schluckt jede Kröte, sondern man macht eine Saldierung, man wägt ab, was positiv ist und was eher schwierig ist, und dann zieht man den Strich und sagt, kann ich damit positiv umgehen, oder kann ich damit nicht umgehen. Wir haben uns entschieden, Bremen will konstruktiv damit umgehen, obwohl wir neben viel Licht auch Schatten sehen bei dieser Föderalismusreform.

Sie haben darauf verwiesen, die Koalitionsfraktionen im Bundestag haben den Gesetzentwurf eingebracht. Auch Bremen ist ganz lange schon konstruktiv dabei, und wir haben am 7. März im Bundesrat gemeinsam mit den Ländern Berlin, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz den Gesetzentwurf eingebracht. Ich habe ihn am 7. März im Bundesrat auch für das Land Bremen begründet und nicht verschwiegen, dass wir auch Schatten sehen. Das haben wir auch damals gesagt, dazu gehört der Straf

vollzug, das Dienstrecht, das Heimrecht und manches andere mehr, über das wir nicht glücklich sind.

Aber ich habe auch gesagt, es ist entscheidend, wie wir denn mit den zugewonnenen Kompetenzen umgehen. Dann lassen Sie uns doch auch einmal ganz selbstbewusst sagen – und ich würde annehmen, wir finden überhaupt keinen Widerspruch im Hause –, wenn wir die Kompetenzen des Heimrechts bekommen, obwohl wir sie eigentlich nicht wollen, gehen wir so damit um, dass wir sagen, das ist ein sozialverantwortlicher Umgang. Das sagen wir hier im Hause gemeinsam, davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei der SPD)

Wir sagen, wir sind auch nicht glücklich darüber, wie das Umweltrecht geregelt ist. Natürlich ist es ein Problem mit den Abweichungsrechten und der so genannten Lex-posterior-Regelung. Das sind ja unglaublich komplizierte Dinge mit den Sechsmonatsfristen, dass man dann möglicherweise ein Pingpong der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern organisiert. Das ist bei allen Sachverständigen nicht gut angekommen, die gesagt haben, wir müssen dafür sorgen, dass man da etwas technisch noch ein bisschen anders regelt. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass wir in diesem Bereich auch noch eine Veränderung erleben werden, dass diese Abweichungsgesetzgebung ein bisschen technisch vernünftiger geregelt wird.

Aber, Frau Mathes, ist es nicht auch ein Erfolg, dass wir das erste Mal ein Bundesumweltgesetzbuch bekommen? Ich habe es immer so verstanden, dass wir das auch wollten. Dann lassen Sie uns doch darüber reden, wie groß der abweichungsfeste Kern eigentlich sein muss, das ist vielleicht die entscheidende Frage,

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen] meldet sich zu einer Zwischen- frage.)

nicht die Abweichungsgesetzgebung, sondern wie groß der abweichungsfeste Kern ist!

Die zweite Bemerkung dazu: der Zuwachs an Kompetenzen der Länder! Da lassen Sie uns doch nicht auf die Leimspuren falscher Propheten gehen, die sagen, Kleinstaaterei, Kleinstaaterei! Nein, der Zuwachs an Länderkompetenzen muss ja nicht zu einer Zersplitterung führen, sondern kann auch mit einer klugen Abstimmung der Länder untereinander zu einem ordentlichen Geleitzug führen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stärkt das Parlament!)

Dafür gibt es auch Beispiele. Polizeigesetze gibt es zum Beispiel 16 verschiedene in den deutschen Län

dern. Aber man hat sich immer darum bemüht, zum Beispiel in einem Gleichklang der polizeirechtlichen Instrumente zu sein, und ich schließe überhaupt nicht aus, dass uns das auch hier gelingt. Natürlich kann ich die Skepsis verstehen, aber sie überwiegt bei mir auch in diesem Bereich nicht, sondern ich denke, man kann mit der Skepsis auch umgehen.