Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

Sie benutzen das für Ihre dumpfe Polemik. Ich bitte Sie, davon abzusehen, dass Sie sich noch einmal zum Thema Bildungspolitik äußern. Es hängt mir wirklich aus dem Hals heraus!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Stahmann, ich bin ja nur froh, dass Sie das nicht bestimmen, wer hier reden darf und wer nicht. Es wäre wahrscheinlich im Sinne Ihrer ideologischen und kommunistischen Ideologie,

(Widerspruch beim Bündnis 90/ Die Grünen)

dass Sie bestimmen dürfen, wer etwas zu sagen hat und wer nach vorn kommen darf. Das kann ich ja verstehen, aber wenn Sie diese politische Ideologie haben möchten, dann sollten Sie doch nach Kuba auswandern, dort könnten Sie das vielleicht.

Frau Stahmann, ich weiß gar nicht, ob Sie überhaupt wissen, was Sie da reden! Sie haben in Bezug auf den Dringlichkeitsantrag fast genau dasselbe gesagt, was ich auch ausgeführt habe.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen: Nein!)

Aus diesem Grund werden Sie auch gleich diesem Antrag zustimmen.

Ihr populistisches Gesinge, das Althergebrachte, wirkt sowieso nicht. Das hat etwas mit Realismus zu tun und nicht mit Rassismus, aber das kennen Sie nicht mehr.

In Bezug auf meinen Auslandsaufenthalt wurde hier deutlich gelacht. Dazu möchte ich noch sagen: Ich bin nicht nur längere Zeit im Ausland gewesen, ich bin auch zur See gefahren. Im Gegensatz zu Ihnen

weiß ich, was es bedeutet, mit verschiedensten Kulturen, Hautfarben, Nationalitäten auf engstem Raum über Monate klarkommen zu müssen. Da lernt man Toleranz, da zählt der Mensch als Mensch. Das kennen Sie wahrscheinlich nicht, aber da lernt man Toleranz.

Das Wort hat Herr Senator Lemke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße diesen Antrag außerordentlich und bin sehr froh, dass ich in den Fraktionen, bei deren Debattenbeiträgen ich aufmerksam zuhöre, eine uneingeschränkte Zustimmung zu der Politik erfahren habe, die wir eigentlich seit Jahren verfolgen. Das wissen Sie auch. Ich möchte ausdrücklich nicht die angeordnete, verordnete einheitliche Schulkleidung, sondern ich teile Ihre Argumente: Das muss von den Schulen kommen, das muss aus den Schülerinnen und Schülern wachsen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich freue mich immer mehr, wenn ich in den verschiedensten Bereichen mit Schülerinnen und Schülern zusammenkomme. Achten Sie jetzt einmal ein wenig darauf, in diesen Tagen und Wochen sehen Sie ganz viele Bremer Abiturienten durch die Straßen laufen, sehr stolz übrigens darauf, dass sie diesen Schulabschluss bekommen haben, mit dem Schulnamen auf dem T-Shirt. Das hat es früher auch noch nicht gegeben. Das ist aber auch ein kleines Symbol: Wir sind stolz, auf diese Schule gegangen zu sein, und wir zeigen das auch nach außen ganz deutlich. Dieser Wunsch darf nicht durch die Behörde verordnet werden. Im Sinne einer eigenständigen Schule ist es unbedingt erforderlich, dass es aus den Klassen, aus den Schulen wächst. Ich wäre sehr zufrieden, wenn das, so wie es in Hamburg gelungen ist, zunächst nur einige Klassen machen würden und dann andere Klassen das auch übernähmen.

Natürlich ist es völlig richtig, es gibt andere Probleme an unseren Schulen, aber das ist, so wie Herr Rohmeyer gesagt hat, ein kleiner Mosaikstein und ein kleiner Baustein dafür, dass Schule gelingen kann, ein kleiner Baustein, aber er führt dazu, dass Kinder nicht ausgegrenzt werden dadurch, dass sich die Eltern eben nicht die teure Kleidung erlauben können. Wenn das der einzige Grund ist, dass in jeder Klasse ein, zwei Kinder wieder etwas erleichterter in die Schule gehen können, weil sie eben das gleiche T-Shirt oder die gleiche Jacke im Winter anhaben, dann ist es auf jeden Fall schon ein Gewinn, wenn wir es gemeinsam hinbekommen, auf der Grundlage dieser Beschlusslage im Herbst dem Parlament einen Bericht vorzulegen, in dem wir sagen, wie wir uns Anstöße vorstellen können, wie Flanken, die dann

verwandelt werden müssen, aber bitte von den handelnden Personen in den Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/1068 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich recht herzlich Gäste vom Domgymnasium aus Verden auf der Besuchertribüne begrüßen. – Herzlich willkommen!

(Beifall)

Girls’ Day? Nicht nur Schlosserinnen – auch Altenpfleger brauchen wir!

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU vom 11. Juli 2006 (Drucksache 16/1080)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Lemke.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mädchen und Jungen steht fast jeder Beruf offen, sie kennen und wählen aber meistens nur einige wenige Berufe. Viele junge Frauen nehmen ihre Karrierechancen in vielen Zukunftsberufen nicht ausreichend wahr. Mehr als die Hälfte der weiblichen Auszubildenden wählen lediglich unter zehn Ausbildungsberufen. Um hier eine Veränderung zu erreichen, wurde der Girls’ Day ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2002 nehmen Bremen und Bremerhaven am bundesweiten Girls’ Day, oder auch Mädchenzukunftstag, teil. Dieser Tag soll dazu beitragen, das Berufswahlspektrum von Mäd––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

chen zu erweitern und den Anteil junger Frauen an technischen und naturwissenschaftlichen Ausbildungen und Studiengängen deutlich zu erhöhen.

In den letzten Jahren haben sich immer mehr Betriebe am Girls’ Day beteiligt. Auch die hohe Zahl der Teilnehmerinnen ist ein deutliches Indiz dafür, dass dieser Tag wirklich ein voller Erfolg ist. Dass die Betriebe durch diesen Tag zunehmend über eine geschlechtergerechte Personalpolitik nachdenken, ist, denke ich, sehr positiv zu bewerten. Das zeigt auch, dass Unternehmensvertreter und -vertreterinnen äußern, dass sie vermehrt Mädchen einstellen würden, wenn diese sich mehr um die bislang von Jungen dominierten Ausbildungsplätze bewerben würden.

Die Zahl der Bewerbungen von Mädchen um Praktika und Ausbildungsmöglichkeiten in den sogenannten frauenuntypischen Berufsfeldern ist in den letzten Jahren ebenfalls deutlich angestiegen. Diese erfreuliche Entwicklung soll auch weiterhin fortgesetzt werden. Deshalb soll die Konzeption des Girls’ Days, wie sie jetzt in den letzten Jahren durchgeführt worden ist, auch verstetigt werden. Das möchte ich hier auch noch einmal ganz deutlich festhalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was muss verändert werden? Jetzt komme ich zu unserem interfraktionellen Antrag „Nicht nur Schlosserinnen – auch Altenpfleger brauchen wir!“ Diese Überschrift zeigt schon einen Teil der Problematik auf, denn auch die Berufswahl von Jungen beschränkt sich immer noch auf ein sehr eingeschränktes Spektrum von männertypischen Ausbildungsgängen und Berufen. Dabei werden Tätigkeitsfelder im sozialen Bereich in der Regel selten ernsthaft erwogen. Das ist aber notwendig, um einseitigen Rollenzuweisungen zu begegnen und die Gleichberechtigung im Berufsleben und auch in der Familie zu erreichen.

Wir haben diese Problematik in einer der letzten Bürgerschaftssitzungen auch schon erörtert, als mein Kollege Crueger unseren Antrag „Mehr männliche Mitarbeiter in die Kitas“ hier vorgestellt hat. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die männlichen Jugendlichen in den Schulen des Landes Bremen nicht ausreichend darin unterstützt wurden, auch für sich selbst neue, vor allem auch soziale Berufsfelder zu erforschen oder auch kennenzulernen. In der Vergangenheit haben männliche Jugendliche den Zugang zu diesen sozialen Berufen oft nur über den Zivildienst erfahren, und wir denken, hier muss früher angesetzt werden, und zwar schon in der Schule.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn auch in den letzten Jahren verschiedene Unterrichtsmaterialien zu den Themenkomplexen Sozialkompetenz und Rollenbilder erarbeitet wurden –

das wurde auch von einigen engagierten Lehrern aufgegriffen –, sieht es in der Praxis doch leider etwas anders aus. Zum Beispiel war es so, dass für eine große Gruppe von männlichen Jugendlichen am Girls’ Day die Beschäftigung so aussah, dass Aktivitäten wie Breakdance, Schwimmen oder auch Kickertuniere angeboten wurden. Das ist nicht die Art, wie ein geschlechtergerechtes Rollenverhalten bearbeitet werden muss, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb fordern wir in unserem Antrag, dass durch das Bildungsressort ein Konzept mit dem Ziel erstellt wird, den einseitigen Rollenzuweisungen entgegenzuwirken und dass männliche Jugendliche sich vermehrt mit sozialen Berufen auseinandersetzen. Dafür brauchen wir eine geschlechtsspezifische Herangehensweise, die den besonderen Belangen von Jungen auch gerecht wird. Das ist uns sehr wichtig.

Wir möchten, dass wir hier auch für die männlichen Jugendlichen in den nächsten Jahren in diesen Berufsfeldern einen Anstieg verzeichnen können, und wir möchten auch, dass die Auseinandersetzung mit tradierten Rollenbildern zur Selbstverständlichkeit wird. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Böschen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Girls’ Day ist in Bremen eine echte Erfolgsnummer.

(Beifall bei der SPD)