Sie haben hier wirklich die Tatsachen verdreht und, wie Herr Kastendiek schon gesagt hat, versuchen, hier Dinge darzustellen, die wir schon längst überwunden haben. Wenn Sie sagen, die Politik ist falsch, und – machen Sie nicht so eine wegwerfende Handbewegung! – wenn Sie sagen, die Politik ist falsch, weil sie die Akademikerquote nicht erhöht, stimmt das nicht! Lesen Sie den Bericht! Es ist doch genau andersherum, und wenn es nur 2 Prozent sind: Jeder Prozentpunkt zählt.
(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber die anderen machen es besser!)
Wenn Sie immer diese Trennung machen, diese wahnsinnig dumme Trennung zwischen Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften, dann schauen Sie doch einmal an, was in der Exzellenzinitiative gelaufen ist! Da können Sie genau beobachten, dass gerade in diesen naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Bereichen die Sozial- und Geisteswissenschaften enorme Wichtigkeit erreicht haben, weil die Unternehmen wissen, sie brauchen auch Sozial- und Geisteswissenschaftler, um ihre Ingenieurwissenschaften beherrschen zu können, um die Produktionen machen zu können, um wissensbasierte Dienstleistungen machen zu können. Das ist alles wichtig! Diese Trennung ist falsch und dumm!
Sie stellen wirklich die Frauen in ein ganz falsches Licht. Ich sage Ihnen, wir haben schon so oft darüber diskutiert und debattiert mit dem Gleichstellungsausschuss, wir haben am 1. Dezember eine Anhörung zur Frauenförderung in der Wissenschaft, alles wichtig, alles richtig, Kritikpunkte nehme ich gern an,
(Abg. Frau Schön [Bündnis 90/Die Grünen]: Und wessen Initiativen waren das? Das wa- ren doch unsere!)
aber Sie haben hier ein falsches Bild dargestellt. Wir haben da einen hervorragenden Ansatz. Schauen Sie doch einmal die Broschüre an, die die Uni-Transferstelle gerade herausgebracht hat! Da sehen Sie, dass die Ansätze richtig angedacht und umgesetzt werden, und ich finde, Frauen haben es nicht verdient, dass sie so behandelt werden, wie Sie das hier dargestellt haben. – Schönen Dank!
(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch Quatsch!)
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich herzlich auf der Besuchertribüne eine Besuchergruppe der Osterholzer SPD. Seien Sie herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Koalition hat im Oktober 2005 gegen die Stimmen der Grünen und gegen die Überzeugung der Hochschulen, aber auch der Senatoren für Justiz und Verfassung sowie Inneres das Studienkontengesetz beschlossen. Schon damals wurde von uns wie von den Hochschulen und auch von den Senatsressorts darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz nicht verfassungskonform ist und gegen Artikel 3, Gleichheitsgrundsatz, des Grundgesetzes verstößt.
Auch das Hamburger Oberverwaltungsgericht hatte bereits zu diesem Zeitpunkt zum Hamburger Landeskindermodell den Beschluss gefasst, dass es offensichtlich nicht verfassungskonform ist, aber die Große Koalition ließ sich nicht beirren, und gegen alle Warnungen und sehenden Auges haben Sie ein Gesetz beschlossen, das offensichtlich nicht verfassungskonform ist. Zu diesem Ergebnis kam dann im August auch das Bremer Verwaltungsgericht. Einige Studierende haben geklagt. Wir haben damals gesagt, der Erste, der klagt, bekommt Recht. So ist es jetzt auch, und es ist megapeinlich, was Sie hier an dieser Stelle veranstaltet haben.
Sie haben den Hochschulen viel Arbeit bereitet. Die Hochschulen mussten die Grundlage für den Gebühreneinzug schaffen, also ermitteln, ob die Heimatanschrift oder die Semesteranschrift der erste ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Wohnsitz ist. Bei 34 000 Studierenden ist das sehr viel Arbeit. Allein an der Uni wurden daraufhin 5000 Gebührenbescheide aufgrund des Wohnsitzes verschickt. 1000 sind dann im Widerspruchsverfahren übrig geblieben.
Nach der Verwaltungsgerichtsentscheidung werden keine Gebühren mehr erhoben. Das ist auch gut so, aber der Uni hat das einen hohen Verwaltungsaufwand und Kosten von zirka 100 000 Euro beschert, einmal ganz abgesehen von dem immateriellen Schaden und der Verschlechterung der Servicequalität gerade zu Beginn, wenn sich Erstsemester einschreiben. Dieses Geld hätte aus unserer Sicht sehr viel sinnvoller in der Studienberatung, zum Beispiel bei Erstsemestern, eingesetzt werden können. Den Hochschulen wurden viel zusätzliche Arbeit und Kosten für nichts und wieder nichts aufgebürdet.
Jetzt muss aus unserer Sicht hier Planungssicherheit geschaffen werden, denn es ist offensichtlich, dass dieses Gesetz überhaupt nicht mehr haltbar ist. Deshalb muss dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden. Es hat sich als untauglich erwiesen.
Zwingen Sie nicht die Hochschulen, in ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz viel Arbeit zu investieren, sondern unterstützen Sie die Hochschulen darin, ihre Aufgaben wahrzunehmen!
Das Gesetz sollte ja so etwas sein wie die Eier legende Wollmilchsau. Die CDU wollte den Einstieg in das Gebührenstudium, und die SPD wollte das Studium weitgehend gebührenfrei halten, wenn sich die Studierenden nach Bremen ummelden. Herr Böhrnsen, damals noch Fraktionsvorsitzender, wollte über den Länderfinanzausgleich die Einnahmesituation erhöhen. Es ist ja nichts Schlechtes, wenn die Einnahmen höher sind, aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sagt nun, das Geld aus dem Länderfinanzausgleich geht nicht an die Hochschulen, und Studierende verursachen bei den Hochschulen keine unterschiedlichen, vom Wohnsitz abhängige Kosten. Daher ist das Modell nicht gerechtfertigt und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Also: Es war von Anfang an klar, dieses Projekt konnte gar nicht gelingen, und wir als Gesetzgeber dürfen ein offensichtlich nicht verfassungskonformes Gesetz nicht bestehen lassen, wir müssen es außer Kraft setzen.
Wenn ich nun in der Zeitung lese, dass die Große Koalition einen Weg finden will, wie ein Teil des Länderfinanzausgleichs an die Hochschulen fließen soll, dann weiß ich nicht, wie glaubhaft das funktionieren soll. Das Geld aus dem Länderfinanzausgleich ist
keine zweckgebundene Einnahme. Als Haushaltsgesetzgeber entscheiden wir auch im Rahmen der Haushaltsaufstellung von Jahr zu Jahr, wofür wir Geld ausgeben. Eine Landesregierung kann dem Gericht gegenüber überhaupt keine längerfristigen Garantien darüber geben, dass das Geld dann an die Hochschulen geht. Ich weiß gar nicht, wie das gehen soll.
Es ist auch nicht besonders glaubwürdig, wenn man erst bei den Hochschulen 100 Millionen Euro kürzt und dann sagt, über den Länderfinanzausgleich ginge da wieder Geld hinein, und am Ende verbessert das die Studiensituation. Nein, das wird überhaupt nicht der Fall sein, denn diese Summe, selbst wenn da Geld hineinfließen würde, würde ja niemals die Kürzung ausgleichen. Im Übrigen halte ich das sowieso nur für Säbelrasseln, wo man sich jetzt in der aktuellen Situation großkoalitionär einigen muss, weil die einen das wollen und die anderen etwas anderes und man das Gepäck jetzt gerade nicht aufschnüren kann. Da erzählt man dann irgendwelche Geschichten, von denen man glaubt, dass man sie in der Öffentlichkeit erzählen könnte. Ich bin aber überzeugt, dass sich davon gar kein Gericht beeindrucken lassen wird.
Wir wollen, dass das Erststudium gebührenfrei bleibt, und zwar unabhängig vom Wohnsitz. Wir wollen nicht, dass der Zugang zum Studium vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist. Wir brauchen auch mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten an unseren Hochschulen. Da bin ich mir allerdings sicher, dass die SPD und die Grünen sich zumindest in diesem Punkt einig sind. Es ist bekannt, dass wir im OECDDurchschnitt unterdurchschnittlich sind und mehr Studierende insgesamt brauchen. Das, was da für ein Gesetz gemacht worden ist, ist überhaupt nicht zielführend. Wir wissen aber auch, dass Hochschulausbildung teuer ist, und von daher verstehen wir schon auch das Anliegen von Herrn Böhrnsen zu schauen, wie man an Geld kommt. Wir glauben aber, dass es so überhaupt gar nicht gehen kann, schon gar nicht so, dass man die einen ins Töpfchen packt und die anderen ins Kröpfchen, sprich, wer in Bremen wohnt, ist besser, und wer auswärts wohnt, dann eben nicht.
Wir sind der Auffassung, Föderalismusreform hin oder her, Sie haben da ja zugestimmt, wir haben da immer unsere Bedenken gehabt, Hochschulbildung und Hochschulfinanzierung bleiben eine gesamtstaatliche Aufgabe. Damit dürfen nicht einzelne Bundesländer alleingelassen werden. Es kann nicht sein, dass die einen Bundesländer ausbilden und die anderen Bundesländer sich ihrer Verantwortung entziehen. Es kann auch nicht sein, dass Bundesländer, die nicht ausbilden, hinterher aber den direkten Nutzen haben, mit gut ausgebildeten zugereisten Absolventen die Wirtschaftskraft steigern – wir hatten es gerade schon – und dort zum Steueraufkommen beitragen, wie es in Baden-Württemberg der Fall ist. BadenWürttemberg exportiert quasi seine Abiturienten. Die anderen Bundesländer übernehmen die Ausbildungskosten, und hinterher fließt das Steueraufkommen an
Es kann nicht sein, dass die einen die Kosten haben, und die anderen haben den Nutzen. Da muss es ein gerechtes System in Deutschland geben, und es muss ein solidarisches System geben, dass es sich da ändert. Da wollen wir, weil es eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, dass wir auch das durchbrechen, was gegenwärtig durch die Föderalismusreform stattfindet, dass alle Bundesländer eher danach schauen, wie werden Studienplätze abgebaut, um sich den finanziellen Lasten zu entziehen. Deswegen müssen wir sehen, dass wir zu einem neuen Lastenausgleich kommen. Insbesondere die finanzschwachen Bundesländer wie Bremen müssen daran ein Interesse haben. Deswegen wollen wir in unserem Antrag auch, dass sich Bund und Länder auf ein Ausgleichsmodell verständigen. Wir geben in unserem Antrag sehr bewusst auch kein Modell vor, weil die unterschiedlichen Modelle gegenwärtig Vor- und Nachteile haben. Da muss man genau prüfen.
Wir sind auch sehr dafür, dass es eine einheitliche Lösung für Deutschland und keine Kleinstaaterei gibt. Wir sind auch der Meinung, dass beim Hochschulpakt, der ja in der Verhandlung ist, sehr genau hingeschaut werden muss. Im Moment ist es ja so, dass da eher die Stadtstaaten verlieren werden. Es wird eher so sein, dass eine Nulllinie eingezogen wird, es wird nur der zusätzliche Aufbau finanziert. Als ein Bundesland, das überproportional ausbildet, ist es nach gegenwärtigem Stand so, dass wir kein zusätzliches Geld bekommen, sondern eher Geld abgeben. Das kann nicht in unserem Interesse sein. Von daher ist unser Interesse – und ich hoffe wir sind uns da an der Stelle zumindest mit dem Senat einig –, dass wir da eine Lösung haben, die auch bundesweit anerkennt, dass wir für die gesamte Republik hier Ausbildungsleistungen erbringen.
Deshalb fordern wir den Senat in unserem Antrag auf, dass er sich mit der Bundesregierung, dem Bundesrat und in der Kultusministerkonferenz für ein Ausgleichsmodell für die Studienfinanzierung einsetzt. Es muss, wie gesagt, ein Modell sein, das die Ausbildungsleistungen der Länder angemessen berücksichtigt. Er soll sich aktiv an dem Modell beteiligen. Es kann der Hochschulpakt 2020 sein. Ich persönlich glaube im Moment bei allen Debatten, die ich dazu kenne, dass wir als Stadtstaat davon nicht besonders viel haben.
Wir wissen, dass Sie unserem Antrag bedauerlicherweise gleich nicht zustimmen werden. Wir wissen aber auch, dass das Gesetz nur wegen der schlichten Architektur der Großen Koalition aufrechterhalten wird,
denn Sie wissen auch, dass das Gesetz in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr haltbar ist. Es wäre sinnvoller, wenn Sie sich auf einen zukunftstauglichen Weg begeben würden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen vom Bündnis 90/ Die Grünen, wenn Sie überall so schnell aufgeben wie hier mit diesem Gesetz, dann würde ich Ihnen raten, gar nicht erst zur Wahl anzutreten, weil Sie ja wissen, Sie werden auch nicht stärkste Fraktion.
(Beifall bei der SPD – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber durch solche Sprüche wird es auch nicht besser, oder?)
Lassen Sie mich erst einmal zum Thema kommen! Ganz ruhig, nicht aufregen! Ich will noch einmal eben erläutern, wie es eigentlich zu diesem Gesetz gekommen ist. Es gab zwei Voraussetzungen. Die eine war im Januar 2005, da hat nämlich das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass es ein Gebührenverbot, wie es im Hochschulrahmengesetz geregelt war, nicht geben darf, das heißt, die Länder konnten frei entscheiden. Darüber hinaus hatten wir die Situation, die wir heute noch haben. Wir haben eine Große Koalition, und der CDU-Koalitionspartner möchte gern Studiengebühren einführen, die SPD ist weiterhin für ein gebührenfreies Erststudium.