Um den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen zu senken, braucht es vermutlich mehr, als die Alkoholabgabe an Minderjährige zu verbieten. Das Beispiel Schweden zeigt jedenfalls, dass eine restriktive Alkoholpolitik allein jugendliche Besäufnisse nicht wirksam verhindern kann. Experten für Suchtfragen plädieren vor allem für mehr Aufklärung über die schädlichen Folgen des Alkoholkonsums an Schulen.
Aus der Antwort des Senats, hier geht es um eine Große Anfrage und nicht nur um das Flatrate-Trinken, geht auf den ersten Blick hervor, dass es im Land Bremen zahlreiche Initiativen, Projekte und Institu
tionen gibt, die sich mit den Gefahren des Alkoholkonsums bei Jugendlichen beschäftigen. Zum Beispiel müssen Schulen seit einigen Jahren ein eigenes Konzept zur Suchtprävention entwickeln.
Allerdings erkennt man in der Antwort auf diese Anfrage auf den zweiten Blick, dass einige Projekte, die aufgezählt werden, nicht weitergeführt wurden, ausgelaufen sind oder dass in der Antwort die Laufzeit nicht korrekt oder konkret benannt ist, sodass für mich nicht klar geworden ist, ob das eine oder andere Projekt noch läuft oder schon läuft. Für uns ergibt sich die Frage, ob das, was in Bremen getan wird, ausreichend ist und warum wir nicht kritisch thematisieren, dass Projekte nicht weitergeführt werden.
Woran liegt das eigentlich? Oder haben wir etwa in Bremen kein Problem? Doch, wir haben ein Problem in Bremen! Meine Damen und Herren, das können wir zwar nicht täglich in der Zeitung lesen, aber ich brauche eigentlich nur meine Kinder und befreundete Eltern, mit denen man sich austauscht, zu fragen. Ich brauche nur in den Kliniken anzurufen und zu fragen: Wie ist eigentlich die Anzahl der Jugendlichen gestiegen, die nach dem Rausch- und Kampftrinken bei Ihnen in der Notaufnahme gelandet sind? Nach Kohlfahrten von Jugendlichen und Berichten von Kindern könnte ich Ihnen von ganz erschreckenden Zwischenfällen berichten!
Was wir, meine Damen und Herren, seit Langem wissen: Kampftrinken ist keine Seltenheit! Meine Damen und Herren, das erschreckt mich nicht nur als Gesundheitspolitikerin, sondern das erschreckt mich auch ganz besonders als Mutter!
Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, und das wird wahrscheinlich jede Mutter und jeder Vater bestätigen können: Kluge Ratschläge lösen das Problem nicht. Kluge Ratschläge wie „Trink nicht so viel!“ helfen nicht. Liebe Eltern, bitte sprechen Sie mit Ihren Kindern, bitte schauen Sie mehr hin! Der verantwortungsvolle Umgang mit Alkohol kann erlernt werden, dazu haben wir als Eltern eine Vorbildfunktion. Ich finde es dramatisch und erschreckend, dass es Eltern gibt, die nur eine sehr wenig kritische Haltung zum Alkoholkonsum ihrer Kinder haben.
Was für viele von uns selbstverständlich ist, muss aber dennoch, glaube ich, immer wieder betont werden: Generell ist es wichtig, sich Zeit für die Kinder zu nehmen, zuzuhören, Interesse zu zeigen, miteinander zu reden. Dialog hält Verbindung aufrecht, schafft Vertrauen und ermöglicht dem Kind, selbst Lösungen für Probleme zu finden. Wer körperlich, seelisch und sozial gut drauf ist, ist auch weniger anfällig für Drogen. Wichtig ist es, Jugendlichen ein Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und Eigenverantwortung zu vermitteln. Anerkennung und Vertrau
Eltern müssen in die Verantwortung genommen werden, aber wir Politiker müssen auch unseren Teil leisten und dazu beitragen. Was können wir als Politiker tun? Aufklärung und Prävention: Mir scheinen die aufgezählten Projekte in der Antwort des Senats nicht ausreichend. Die gestiegene Anzahl von Alkoholvergiftungen schon im Kindesalter zeigt, dass die Präventionsarbeit gerade bei Kindern und Jugendlichen verstärkt werden muss. Konsumsteuerung über den Preis: Dadurch hat sich bereits der Konsum von Alcopops deutlich verbessert.
Ich komme sofort zum Ende! Verfügbarkeit alkoholischer Getränke: Vielleicht müssen wir da auch über lizenzierte Alkoholabgaben nachdenken, Kontrolle durch die Ordnungsbehörden, strikte Durchsetzungen der Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes und konsequente Ahndung bei Verstößen. Industrie und Handel müssen sich ihrer Verantwortung den jungen Menschen gegenüber stellen. Die Alkoholindustrie sucht immer neue Absatzmärkte und hat sowohl bei der Werbung als auch bei den Produkten klar die Zielgruppe Kinder und Jugendliche im Visier.
Wir wissen, dass das totale Verbot keine Garantie ist, aber ich muss ehrlich sagen, die Flatrate, von der wir in letzter Zeit immer gelesen haben, hat mich sehr beunruhigt! In diesem Zusammenhang muss ich sagen, es widerspricht jeder Vorstellung von Suchtprävention, dass es einen finanziellen Anreiz zum Vieltrinken geben soll! Insofern legen wir heute einen Dringlichkeitsantrag vor und möchten den Senat auffordern zu prüfen, ob es derartige Angebote in Bremen gibt, und wir möchten wissen, wie viele Möglichkeiten es gibt, hier ein Verbot auszusprechen, auch wenn Alkohol nicht an Jugendliche unter 18 abgegeben wird, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden. Wir müssen uns darum kümmern!
Ich möchte darüber hinaus wissen, ob es zu den vorhandenen Präventionsmaßnahmen auch sinnvolle, gezielte Initiativen gegen den Trend zum exzessiven Alkoholgenuss bei Jugendlichen geben kann. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorgängerin hat die Problematik bereits angesprochen. Es ist erschreckend, dass rund eine halbe Million Jugendliche in Deutschland schon alkoholabhängig ist! Alarmierend ist der steigende Anteil von jungen Mädchen! Wie ich kürzlich gelesen habe, soll sich ihr Anteil verdoppelt haben. Bereits 7 Prozent der Zwölfjährigen trinken Alkohol, 70 Prozent der Sechzehnjährigen, und 50 Prozent der Fünfzehnjährigen betrinken sich einmal in der Woche. Wir in der Bürgerschaft behandeln das Thema seit 2004 regelmäßig. Wir haben eine Preiserhöhung für Alcopops gefordert, die sich positiv ausgewirkt hat, wie auch meine Vorrednerin sagte.
Ferner haben wir als SPD verstärkte Kontrollen auf dem Freimarkt und der Osterwiese gefordert. Diese Kontrollen wurden durchgeführt. Es wurde, wie in dem Senatsbericht aufgeführt, insgesamt ein bunter, großer Strauß an Maßnahmen initiiert: Allein in Bremen sind es 9, in Bremerhaven 10 Maßnahmen, es gibt den Aktionsplan „Bremer Aktionsbündnis Alkohol –Verantwortung setzt die Grenze“. Ich meine, wir haben eine Menge Projekte, wir sollten prüfen, ob sie erfolgreich sind und wo es Probleme gibt. Dann muss man solche Projekte nicht mehr durchführen oder sie erneuern. Ich finde, hier sind wir gefordert. Besonders freut mich, dass es gelungen ist, das sogenannte Apfelsaftgebot in den Bremer Lokalen zu etablieren. Das heißt, dass alkoholfreie Getränke nicht teurer sind als alkoholische Getränke.
Der Gesamtkonsum an alkoholischen Getränken ist zurückgegangen. Allerdings trinken die Konsumenten viel exzessiver. Wir müssen fragen, warum die Jugendlichen Alkohol trinken. Wenn man Berichte von jugendlichen Konsumenten liest, dann heißt es dort: Alkohol macht lustig und entspannt. Für die Jugendlichen ist es etwas Reizvolles, denn Erwachsene trinken auch, und Jugendliche möchten dies dann austesten. In der Pubertät wollen sie an Grenzen gehen. Wir als Eltern wissen, welche Phase die Pubertät ist. Da gibt es genug Schwierigkeiten, und hier ist dieses Problem mit eingeschlossen.
Wir sollten den Alkohol nicht verteufeln und auf totale Abstinenz setzen, denn die meisten Menschen haben einen normalen Umgang mit Alkohol.
Dies müssen die Jugendlichen lernen, und es muss auch bei ihnen gelingen. Wir müssen die Ursachen angehen, die zur Alkoholsucht führen. Das heißt, wir müssen uns um die Jugendlichen kümmern und ihnen Perspektiven bieten. Ich glaube, hier sind wir als Politiker und als Eltern gefordert!
Was die Forderung nach Verboten betrifft, da sollten wir nicht in einen Verbotsmarathon hineinlaufen,
sondern erst einmal prüfen, ob die gegenwärtigen Bestimmungen zur Bekämpfung des Fehlverhaltens ausreichen, denn eine Verbotspolitik kann schnell Symbolpolitik werden. Die Ideen müssen Chancen auf eine Verwirklichung haben. Wenn man zurzeit die Debatten hört, soll es überall Verbote geben: Fahrverbote, Spamverbote, Rauchverbote und so weiter. Ich finde, das reicht nicht aus. Wir müssen schauen, dass wir das Ganze, kombiniert mit entsprechend wirksamen Maßnahmen, immer wieder überprüfen.
Was die Flatrate betrifft, befürwortet der Senat ein Verbot. Dies sehen wir als Fraktion auch so, und deswegen machen wir den Antrag mit. Wir wollen erst einmal prüfen, kann man das machen, reichen die gegenwärtigen Gesetze aus, und dann muss entschieden gehandelt werden. Das wird in der Antwort des Senats auch deutlich gemacht. Wir müssen hier mit allen rechtlichen Möglichkeiten gegenüber den Wirten vorgehen. Hier muss auch der Jugendschutz durchgesetzt werden, und falls nicht, muss man eben diese Bedingungen schaffen.
Deshalb haben wir als Fraktion den vorliegenden Antrag mit unterschrieben und bringen ihn ein und erwarten, dass der Senat uns entsprechende Antworten in der nächsten Sitzung liefert. Dann kann man sehen, ob man entsprechende gesetzliche Maßnahmen durchführen muss. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen möchte ich hier nicht näher eingehen, ich denke, wir wissen alle, welche verheerenden Auswirkungen das hat.
Ich möchte darauf eingehen, was zunehmend in den letzten Monaten hier in Bremen, aber auch in anderen Bundesländern passiert ist, nämlich der Trend, den Alkoholmissbrauch in Form von sogenanntem Flatrate-Trinken und auch Druckbetankung, oder wie man es mit anderen Worten nennt, gesellschaftsfähig zu machen.
Für die Grünen sage ich hier ganz deutlich, diese Form der Alkoholexzesse, und so nenne ich sie, führt für uns zu einer gesellschaftlichen Verwahrlosung. Dagegen muss man alles tun, was möglich ist. Deshalb werden wir auch da Ihrem Antrag zustimmen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Ich habe bewusst gesellschaftliche Verwahrlosung gesagt, denn zu der Form, wie wir Gesellschaft verstehen, gehört auch eine gesellschaftliche Verpflichtung der Grenzsetzung, sich Normen zu setzen, aber auch eine Fürsorgepflicht, die andere Menschen betrifft, besonders eben Kinder und Jugendliche, aber auch andere Menschen, die der Hilfe bedürfen. Spätestens bei einem gewissen Grad der Trunkenheit sehe ich diese Hilfebedürftigkeit nämlich gegeben. Es gibt jetzt schon in dem Gaststättengesetz einen Hinweis, oder beziehungsweise so steht es geschrieben, „es ist verboten, an erkennbar Betrunkene alkoholische Getränke auszuschenken“, und hier ist auch eine gesetzliche Möglichkeit, an der man ansetzen kann. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)
Auch diejenigen, die ein Anreizsystem schaffen, dass Menschen sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken, dürfen nicht aus der Verantwortung gelassen werden.
Sie bringen Menschen nicht nur ins Krankenhaus, sie fügen ihnen gesundheitlichen Schaden zu, und so kann man sie einfach nicht aus der Verantwortung entlassen!
Hier wird wirklich eine Grenze überschritten, was man nicht tolerieren darf. Ich möchte noch einmal kurz daran erinnern: Im Jahr 2000 haben wir hier einen interfraktionellen Antrag verabschiedet mit dem Titel „Verantwortlicher Umgang mit Alkohol“. Das Ziel dieses Antrags war ein Konzept und eine Strategie des Aktionsplans, den damals die Gesundheitsministerkonferenz beschlossen hat. Darin waren die Ziele Prävention, Einhaltung des Jugendschutzes, Überprüfung des sogenannten Apfelsaftgesetzes und vermehrte Kontrollen. Daraus entstanden ist damals das „Bremer Aktionsbündnis Alkohol – Verantwortung setzt die Grenze“.
Diese Grenze ist überschritten worden, und Verabredungen und gemeinsame Absprachen sind anscheinend nicht mehr gültig. Ich meine damit auch die Absprache, die Ende 2005, das ist ja noch nicht so lange her, mit dem Hotel- und Gaststättenverband und dem Bundesverband Tankstellen und gewerbliche Autowäsche getroffen wurde, eine Kampagne und eine Absprache „Jugendschutz: Wir halten uns daran!“ Ich denke, wenn dieser Verband so etwas unterschrieben hat, dann muss er auch auf die Mitglieder einwirken, dass diese auch diese Vereinbarung einhalten. Deshalb möchte ich die Senatorin und auch den Senator bitten, die Mitglieder dieses Aktionsbünd
nisses – sie müssen ja noch vorhanden sein – wieder an den Tisch zu holen und sie noch einmal daran zu erinnern, was sie dort auch unterschrieben haben und ob es noch eine Gültigkeit für sie hat!
Weiterhin erwarte ich auch, dass sich die Gesundheitsministerkonferenz mit dem Thema befasst, denn ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, dass andere Bundesländer das „Flatrate-Trinken“ oder auch andere Formen dieses exzessiven Alkoholgenusses tolerieren. Wie gesagt, wir werden Ihrem Antrag zustimmen, und ich hoffe auch, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen dann auch greifen. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage mit der Drucksachen-Nummer 16/1338 „Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen“ ist eine längst überfällige Anfrage, denn Experten beobachten schon seit Jahren einen erschreckend ansteigenden Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen. Experten registrieren ein steigendes sogenanntes Komasaufen mit anschließendem Klinikaufenthalt. Laut „Bild“-Zeitung gibt es sage und schreibe bundesweit circa 500 000 alkoholkranke Jugendliche. Es haben sich sogar schon unzählige Kliniken auf die Behandlung von alkoholkranken Jugendlichen spezialisiert. Hier muss endlich vonseiten der politischen Verantwortlichen zum Schutz unserer Jugendlichen etwas Effektives passieren.
Zwar fordert die Politik völlig zu Recht ein striktes Abgabeverbot von alkoholischen Getränken an Jugendliche, das ist zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, ist aber nicht die Lösung des Problems, denn nur wer den Jugendschutz auch wirklich ernst nimmt, muss erstens die Abgabe von Alkohol an unter Achtzehnjährige effektiver unterbinden und zweitens die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes konsequenter kontrollieren. Aber nur Verbote bringen am Ende gar nichts, denn dann kaufen eben ältere Jugendliche den Alkohol für die jüngeren Jugendlichen, und das „Komasaufen“ geht dann unkontrollierbar auf Kosten der Gesundheit der Jugendlichen ungehindert weiter.
Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch! Selbstverständlich bin ich grundsätzlich und uneingeschränkt für jede nur erdenkliche Maßnahme, um unsere Jugendlichen vor einer grausamen Alkoholabhängigkeit zu schützen, das ist ganz klar. Meines Erachtens ist aber das bestehende Jugendschutzgesetz, wenn