Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

In Bezug auf Herrn Lindner, der Geschäftsführer des Klinikums Bremen-Ost geworden ist, sagen wir, das Einstellungsverfahren war von Anfang an frisiert. Herr Lindner war der Favorit von Herrn Tissen, Herr Lindner sollte Geschäftsführer werden! Die beiden Herren kannten sich aus früherer Zusammenarbeit bei den Wittgensteiner Kliniken. Auch hier ist es so, das muss man sagen, dass das Verfahren selbst nicht in Ordnung war, weil Herr Tissen daran beteiligt war, darauf komme ich gleich noch.

Aber auch das Ressort hat hier Fehler gemacht, weil kein Bundeszentralregisterauszug, kein polizeiliches Führungszeugnis eingefordert worden ist. Es gab das Problem, dass die Krankenhausreferenten gerade vor diesem Bewerbungsverfahren verabredet hatten, es sei nicht mehr notwendig, dass polizeiliche Führungszeugnisse eingeholt werden müssten. Daraufhin hat man im Fall von Herrn Lindner auch davon abgesehen.

Das ist ein schwerer, wie wir sagen, verhängnisvoller Fehler gewesen, denn hätte man ein polizeiliches Führungszeugnis gesehen, wäre der Mann nie eingestellt worden. Er wäre auch nicht eingestellt worden, wenn man seine Zeugnisse ordentlich kontrolliert hätte, wenn man, was immer mehr der Fall ist, von ihm verlangt hätte, dass er eine Schufa-Auskunft vorlegt, denn daraus hätte sich ergeben, dass er hoch verschuldet war.

Es war aber auch nicht in Ordnung, dass Herr Tissen an diesem Verfahren beteiligt war, denn der Geschäftsführer des Klinikums Bremen-Ost sollte, so war die Konstruktion dieser Holding, gleichzeitig Mitgeschäftsführer von Herrn Tissen in der GeNo, in der übergeordneten Gesellschaft, werden. In der GeNo, der Holding-Mutter, war es aber so organisiert, dass zwei Geschäftsführer nur gemeinsam zeichnungsberechtigt waren. Das heißt, Herr Tissen hat sich mit der Auswahl von Herrn Lindner auch gleichzeitig einen Mitgeschäftsführer in die Holding geholt und war damit auch in die Lage versetzt, alle möglichen Verträge zu unterschreiben, ohne dass er dazu noch andere befragen musste. Das war nicht in Ordnung, das hätte man eigentlich bemerken müssen. Auch das war falsch, so etwas darf nicht mehr passieren!

Wir haben uns aus gutem Grund sehr intensiv mit dem Vorleben von Herrn Lindner beschäftigt, weil wir aufgrund der Aktenlage Anhaltspunkte dafür hatten, dass sein Lebenslauf nicht nur nicht in Ordnung, sondern geradezu fürchterlich frisiert war. Das war übrigens nicht ganz unumstritten in unserem Ausschuss, weil es auch Bedenken gab, ob der Untersuchungsauftrag das zulässt. Wir standen auf dem Standpunkt, dass es hier um die Frage eines Anstellungsbetrugs geht und dass in diesem Zusammenhang selbstverständlich das berufliche Vorleben eine Rolle spielt.

Es war gut, dass wir uns hier durchgesetzt haben, deshalb sind wir nämlich dazu gekommen, unter anderem Frau Puschmann zu vernehmen, die, wie wir alle in der Presse gelesen haben, auch wegen Steuerhinterziehung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Mit Frau Puschmann hatte Herr Lindner früher zusammengearbeitet, sie war Gesellschafterin, er Geschäftsführer in einem Krankenhaus, die beiden haben offenbar gut kooperiert. Man kann fast sagen, dass Herr Lindner bei ihr in die Lehre gegangen ist, jedenfalls, was den Umgang mit der Steuerpflicht angeht, gibt es durchaus Ähnlichkeiten, denn auch Herr Lindner ist wegen Steuerhinterziehung bestraft worden.

Für uns war auch wichtig zu wissen, in welchem Umfang es Verbindungen zwischen Herrn Lindner und den Firmen aus dem Marseille-Konzern gibt. Der Name Marseille sagt uns allen etwas, insbesondere auch den Bremerhavenern, glaube ich, das will ich jetzt nicht näher erläutern, die wissen, worum es geht. Das ist nicht als Vorwurf an die Bremerhavener gemeint, nur, denke ich, sie haben da einen Wissensvorsprung vor den bremischen Abgeordneten.

Für uns war erstaunlich, dass Herr Lindner ganz erhebliche persönliche Verbindlichkeiten gegenüber den Firmen aus dem Marseille-Konzern hat. Er hatte, das heißt nicht er, sondern Gesellschaften, deren Gesellschafter beziehungsweise Geschäftsführer er war, hatten mit diesen Gesellschaften aus dem Marseille-Konzern Geschäfte betrieben und hatten dort Verbindlichkeiten angehäuft. Dann hat Herr Lindner eines Tages für diese Verbindlichkeiten die persönliche Haftung übernommen, was sich überhaupt nicht weiter erschließt, es gibt an sich keinen nachvollziehbaren Grund dafür. Es ging dort nicht um Peanuts, um 100 oder 1000 Euro, sondern es ging um Beträge weit über eine Million Euro, die er dort als Verbindlichkeit anerkannt hat. Er hat sich in einem Schuldanerkenntnis auch der Zwangsvollstreckung unterworfen. Es gibt dazu einen Zahlungsplan, in dem er verabredet hat, dass monatlich unglaublich hohe Beträge zurückgezahlt werden sollten auf diese Darlehen. Das ist dann zum Teil auch sogar passiert und zum Teil nicht.

Dann hat er am Ende sogar in seiner Zeit, in der er hier in Bremen in Untersuchungshaft sitzt, seine Geschäftsanteile an der Siekertal-Klinik BetriebsGmbH an Marseille zur Sicherheit für diese Verbindlichkeiten verpfändet. Da gibt es also Verbindungen, die wir nicht alle völlig aufklären konnten, aber die sicherlich ganz wichtig sind. Wenn man die Motivation von Herrn Lindner untersucht, stellt sich die Frage: Warum musste er so schnell zu so viel Geld kommen? Eine Detailerklärung ist sicherlich, dass er an Marseille in diesem Bereich schnell Zahlungen leisten musste.

Zum Bereich Schädigungen wollte ich nur noch darauf hinweisen, Frau Linnert hat es auch erwähnt: Wir gehen davon aus, dass unsere Arbeit im Ausschuss

ganz erheblich mit dazu beigetragen hat, dass es gelungen ist, das Schadensrisiko, das Herr Professor Ziemann mit über 14 Millionen Euro beziffert hat, auf etwa 7 Millionen Euro zu drücken. Die Differenz besteht darin, dass die Firma Quadroplan, bei der ja diese sogenannten Nachtschränke – Nachtschränke ist ein bisschen harmlos ausgedrückt – bestellt worden sind, ihre Ansprüche nicht mehr geltend macht, ihre Klage zurückgenommen hat und auf die Ansprüche verzichtet hat. Der reine Kaufpreis betrug etwas über 4 Millionen Euro, es kamen noch Zinsen und Kosten aus dem Leasinggeschäft, das parallel dazu verabredet worden ist, hinzu, sodass sich das Risiko ganz erheblich vermindert hat.

Ich finde, da kann man auch ganz selbstbewusst als Ausschuss und auch als Parlament sagen: Wir haben keinen Fehler gemacht, einen Ausschuss einzusetzen. Er hat zwar Geld gekostet, es ist ja nicht unerheblich, wir haben über 400 000 Euro verbraucht für Personalkosten, Protokolle, Mitarbeiter und so weiter, nicht für uns, wir haben ja nichts davon außer den Sitzungsgeldern bekommen, aber wir können sagen, diese Entscheidung hat sich gelohnt, und auch die Arbeit hat sich gelohnt.

Wichtig ist noch der Hinweis darauf, dass wir keinen Zweifel daran haben, dass Herr Tissen und Herr Lindner sich sehr intensiv kannten. Herr Tissen und Herr Lindner haben sich bereits getroffen, bevor Herr Lindner hier in Bremen eingestellt worden ist. Im Sommer 2005 hat Herr Lindner dafür gesorgt, dass Herr Tissen ein privates Darlehen bei der SiekertalKlinik Betriebs-GmbH in der Größenordnung von 50 000 Euro erhalten hat. Die Frau von Herrn Tissen hat einen Beratervertrag erhalten, der mit monatlich 7000 Euro dotiert war, für den sie keine Gegenleistung erbringen musste, und das Ganze im zeitlichen Zusammenhang in einem Gespräch in Berlin, in dem einem Zeugen klar wurde, so hat er es uns erzählt, dass Herr Lindner in Gegenwart von Herrn Tissen als Geschäftsführer der Siekertal-Klinik BetriebsGmbH aufgetreten ist.

Das ist ein Gesichtspunkt, auf den ich insbesondere das Ressort noch einmal ganz deutlich aufmerksam machen möchte, denn dieser Punkt ist wichtig für die Frage, ob man Herrn Tissen auch für das, was sich an Schaden aus der Anmietung Rastede ergibt, in die zivilrechtliche Haftung nehmen kann. Wir meinen, es müssen alle, aber wirklich alle Schritte unternommen werden, um hier auch diesen Geschäftsführer der GeNo in die Haftung zu nehmen.

(Beifall)

Die Geschäftsführung des Klinikums Bremen-Ost, so sagen wir, hat als Kollektiv versagt. Die Rechte und Pflichten waren zwar bekannt, aber waren nicht geläufig, wurden nicht gelebt. Trotz Kenntnis von Missständen sind keine gegenläufigen Entscheidungen

in den Geschäftsführungen zustande gekommen. Das hat mit Verschulden, sagen wir Verantwortung, auf der einen Seite zu tun, auf der anderen Seite aber auch damit, dass Herr Lindner ein ganz raffiniertes System der Günstlingswirtschaft dort aufgebaut hat, indem er Leute dadurch an sich gebunden hat, dass er ihnen Vorteile verschafft hat, Chefarztverträge, hier ist schon ein Name genannt worden. Auch die Frau H., wie ich sagen würde, ist in dieses Geschäft eingebunden gewesen.

Herr Lindner hat sogar versucht, den Betriebsrat zu kaufen, hat ihm also angeboten: Ihr könnt meine Tantieme haben. Da ist er nicht zum Zuge gekommen, er hat das nicht gemacht. Aber es gab auf allen Ebenen Versuche, Leute an sich zu binden. Das ist also ein richtiger Betrüger, so muss man es sagen, so darf man es hier im Parlament auch diskutieren. Wir hoffen, dass die Anklage gegen Herrn Lindner möglichst bald beim Gericht eingehen wird. Er sitzt ja seit Anfang des Jahres in Untersuchungshaft, und die Staatsanwaltschaft hat noch bis Anfang Juni Zeit. Es gibt eine Frist von 6 Monaten, um die Anklage zu erheben. Wir gehen fest davon aus, dass das gelingen wird. Die Beweislage ist mehr als erdrückend, und vielleicht kommt es ja noch dazu, dass Herr Lindner angesichts dieser Beweislage auch dazu bereit sein wird, endlich ein Geständnis abzulegen und zuzugeben, was er hier alles angerichtet hat.

Wir haben aber auch eine mangelhafte Organisation im Gesundheitsressort zu kritisieren, was die Aufsicht und Kontrolle über die Kliniken anging. Da muss es zu Verbesserungen kommen. Es lagen ja Informationen vor, denen nicht zeitnah genug nachgegangen worden ist, das muss besser werden. Es ist unklar geblieben, wann das Ressort wirklich zum ersten Mal Informationen über Unstimmigkeiten, Unregelmäßigkeiten in den Krankenhäusern erhalten hat. Es gab Behauptungen, die hätten schon Ende 2005 vorgelegen, das hat sich so nicht bestätigen lassen. Es bleibt sozusagen der Verdacht, der ist auch nicht ganz ausgeräumt, aber er hat sich nicht bestätigen lassen. Jedenfalls lagen Informationen Anfang 2006 vor, und denen hätte man damals zeitnäher als geschehen nachgehen müssen.

Das Stichwort Aufsichtsräte möchte ich noch erwähnen! Da haben wir festgestellt, dass die Aufsichtsräte ihre Aufgabe als eigenständiges Organ der Gesellschaft nicht wahrgenommen haben, sondern dass die Entscheidungen des Senats nur nachvollzogen worden sind. Es ist ja öffentlich und ordentlich kritisch diskutiert worden, ob wir diese Konstruktion im Krankenhausbereich brauchen. Der Bericht beschäftigt sich ausführlich damit, das ist aber nur eine Teilfrage.

Die andere Frage ist, und die ist viel wichtiger: Wie soll es mit der Struktur der bremischen Krankenhäuser weitergehen? Da sagen wir: Es muss vor allen Dingen darauf geachtet werden, dass die Existenz der vier Häuser, der vier kommunalen Kliniken in Bre

men, an den Standorten gesichert wird. Das ist das Anliegen, das wir verfolgen.

(Beifall bei der SPD)

Dem hat sich alles andere unterzuordnen. Da müssen steuerrechtliche, mitbestimmungsrechtliche Fragen geprüft werden, um dieses Ziel zu erreichen. Aber eines ist klar, ich will jetzt gar nicht auf Einzelheiten eingehen, diese Konstruktion, so, wie wir sie jetzt gehabt haben, hat sich nicht bewährt, sie muss auf jeden Fall verändert werden. Ob am Ende aber eine Einheitsgesellschaft steht oder eine andere Form von mehreren Gesellschaften für die verschiedenen Standorte, das muss jetzt in Ruhe rechtlich und steuerrechtlich geprüft werden, das wird einige Zeit dauern.

Das haben wir als Ausschuss natürlich nicht leisten können, das war auch nicht unsere Aufgabe. Aber wir gehen davon aus, dass das Ressort diese Aufgabe erfüllen wird. Der Bericht liegt jetzt vor, er muss jetzt abgearbeitet werden. Wir geben auch noch Empfehlungen, was Einstellungsverfahren betrifft, polizeiliche Führungszeugnisse, Schufa-Unterlagen sollen geprüft werden und so weiter, das findet sich alles in dem Bericht wieder.

Ich bin ganz froh darüber, das wollte ich zum Schluss sagen, dass der Senat doch eine Reihe von Konsequenzen gezogen hat, die sich auf diesen Bereich beziehen. In dem Public Corporate Governance Codex für das Land Bremen und die Stadtgemeinde Bremen hat der Senat unter anderem verabredet, und das ist uns mitgeteilt worden, dass die Geschäftsführergehälter künftig individuell und aufgeschlüsselt nach fixen und variablen Bestandteilen offengelegt werden sollen.

Das soll auch Aufsichtsratsentschädigungen betreffen. Das ist gut so. Der Aufsichtsrat soll regelmäßig seine Arbeit evaluieren und darüber berichten, auch das ist notwendig. Es wird auch darauf hingewiesen, dass eine verantwortungsvolle Wahrnehmung eines Aufsichtsratsmandates Zeit erfordert und dass die Zahl der Aufsichtsratsmandate, die ein Aufsichtsratsmitglied wahrnimmt, deshalb beschränkt werden sollte, damit er dieser Aufgabe auch wirklich nachkommen kann. Das ist auch ein wichtiger Beitrag.

Dann wird empfohlen, das finde ich auch richtig, man könnte auch sagen, das ist eine Aufgabe, die man an sich nicht hier durch Senatsbeschluss beschreiben muss, aber trotzdem ist es gut, dass es hier steht, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats angesichts der hohen persönlichen Verantwortung für ihre Arbeit ihre Kompetenz durch Fortbildung weiterentwickeln. In der kommenden Legislaturperiode, heißt es hier, gibt es dafür besondere Angebote.

Das ist gut, das ist übrigens kein Thema, das sich nur auf den Bereich der öffentlichen Gesellschaften beschränkt, sondern wenn man die Wirtschaftspresse

verfolgt, ist das ein Thema, das generell bundes-, europa- und weltweit diskutiert wird. In der Privatwirtschaft gibt es auch Probleme mit der Wahrnehmung der Rechte und Pflichten von Aufsichtsräten, also auch dort kann man Anleihen nehmen.

Zum Schluss ist noch Gegenstand dieses Beschlusses, dass das Vier-Augen-Prinzip eingeführt werden soll, auch das ist dringend notwendig. Das ist eines der Ergebnisse der Arbeit unseres Ausschusses. Ich denke, hier ist eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht worden, andere werden noch folgen. Insgesamt können wir sagen, wir haben als Parlament gut daran getan, diesen Ausschuss einzusetzen, und ich sage noch einmal an unsere eigene Adresse, wir haben als SPD auch gut daran getan, uns diesem Anliegen, das ja damals von den Grünen ausging, nicht zu verschließen, sondern uns dieses Anliegen zu eigen zu machen und aktiv daran mitzuwirken, hier Aufklärung zu leisten. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich ganz zu Anfang herzlich bedanken bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen, insbesondere bei Wolfgang Grotheer und Karoline Linnert, die beide schon gesagt haben, wie gut die Zusammenarbeit gewesen ist erstens bei der Arbeit in diesem Ausschuss und zweitens bei den Leistungen, die wir da erbracht haben. Diese können sich bei dem komplizierten Sachverhalt doch sehen lassen.

Frau Linnert hat es ja eben beschrieben in über 40 Minuten und ist noch nicht einmal richtig zu Ende gekommen, was den Bericht betrifft. Es war nicht ganz einfach, es ging nicht nur um einen Punkt, es ging um diverse Punkte, die sich dann aus diesem Untersuchungsauftrag, den wir bekommen haben, ergeben haben. Wir hatten ja selbst, glaube ich, nie gedacht, dass wir in so tiefe Abgründe hineinschauen würden. Da haben sich natürlich für uns ganz eigenartige und komische Dinge aufgetan, aber auch ein paar skurrile und ganz witzige Dinge, die natürlich in Wirklichkeit sehr traurig sind, weil das Ergebnis so traurig war.

Dass man auf so etwas hereinfallen konnte, meine Damen und Herren, ist schon sehr abenteuerlich. Hereingefallen ist man deswegen, weil man von Anfang an die Kontrolle nicht richtig wahrgenommen hat und das Einstellungsverfahren nicht richtig begleitet hat. Wenn das richtig gelaufen wäre und dieses Versagen der persönlichen Führung des Ressorts

nicht gewesen wäre, hätte dieser Skandal gar nicht stattfinden können.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das muss man ehrlicherweise sagen, das ist der Hauptpunkt, der sich praktisch wie ein roter Faden durch die ganzen Ermittlungen zieht. Es ist beschrieben worden im Bericht, dass es angefangen hat mit dem Einstellungsverfahren von Herrn Tissen. Dieses Verfahren ist nicht transparent, es weist sehr viele Eigenarten auf, denn von Anfang an gesehen mit der Einschaltung des Personalberaters, der Auswahl von Kandidaten, ist alles perfekt gelaufen bis zu der Vorstellung Ende September/Anfang Oktober mit einem Auswahlverfahren, an dem auch noch Mitarbeiter der künftigen Gesundheit Nord, die gab es ja damals noch nicht, Herr Göttsche und Frau Ebeling teilnahmen und außerdem Herr Kappes, der Personalberater, Herr Knigge, Herr Gruhl und Herr Thielbar, der ehemalige Geschäftsführer des Krankenhauses-Ost. Das war das erste Auswahlgremium, das hatte sich auf sieben oder acht Kandidaten geeinigt.

Da war zum Beispiel eine Besonderheit, dass bei diesen Kandidaten, die eigentlich vorgestellt werden sollten, auch der Geschäftsführer des Klinikums Links der Weser, Herr Dr. Stremmel, gewesen ist. Das ist jetzt hier noch nicht besonders angesprochen worden, aber Herr Dr. Stremmel ist in das Verfahren hineingekommen. Wir können es nicht ganz hundertprozentig klären, weil es da zwei total unterschiedliche Aussagen gibt.

Herr Dr. Stremmel, hat gesagt, er hätte sich auf Bitten von Herrn Dr. Gruhl beworben. Herr Dr. Gruhl behauptet, er hätte Gerüchte gehört, dass Herr Dr. Stremmel sich bewerben wolle, und hätte deswegen mit Herrn Dr. Knigge darüber gesprochen, ob er sich bewerben könne und solle oder wolle. Da hat es dann ein Gespräch im Krankenhaus Links der Weser gegeben, über das auch unterschiedlich berichtet worden ist. Herr Dr. Gruhl sagt, er darf sich bewerben, hätte er ihm gesagt, aber Herr Dr. Stremmel sagt, dieser sagte, er solle sich bewerben.

Bei dieser Sache, die nicht ganz aufgeklärt werden konnte, spielt eine besondere Rolle, dass die Geschäftsführer der vier Klinika sich wohl untereinander vorher darüber unterhalten haben, ob es überhaupt sinnvoll ist, dass sich einer der Geschäftsführer auf die Position des Holding-Geschäftsführers Gesundheit Nord bewerben solle. Dabei sei man wohl zu der Auffassung gekommen – das haben auch alle bestätigt –, dass man das nicht tun solle, weil das ja vielleicht zu Interessenkonflikten führen könne. Trotzdem sagte Herr Dr. Stremmel, er sei von Herrn Dr. Gruhl aufgefordert worden, sich zu bewerben. Herr Dr. Gruhl behauptet allerdings, er hätte von dieser Absprache nichts gewusst.

Nachdem Herr Dr. Stremmel in das Verfahren gekommen war und von dem Personalberater Herrn Kappes als besonders geeignet herausgestellt worden ist – auf jeden Fall in die engere Wahl kommen sollte –, gab es plötzlich Proteste aus dem Kreis der Geschäftsführer, aber auch aus dem Kreis der Betriebsräte. Es existiert ein ganz interessanter Brief – den möchte ich auch noch einmal zitieren –, den der Betriebsratsvorsitzende des Klinikums Mitte, Herr Hollnagel, an Frau Senatorin Röpke geschrieben hatte.

„Uns ist zur Kenntnis gelangt, dass der Verwaltungsdirektor des Zentralkrankenhauses Links der Weser sich für die Position des Geschäftsführers der Holding beworben hatte. Unabhängig von der Qualifikation und Eignung erwarten wir, dass absprachegemäß keiner der derzeitigen Verwaltungsdirektoren der vier Krankenhäuser für die Besetzung ausgewählt wird. Diese Absprache sollte verhindern, dass es auf diesem Wege zu Vorteilsnahmen einzelner Häuser kommt, und macht außerdem Sinn für die erforderliche Neutralität, um die Wahrung der Interessen des gesamten Verbundes vertreten zu können.“

Meine Damen und Herren, das ist für mich eine ganz eigenartige Einflussnahme auf ein Bewerbungsverfahren, das völlig unabhängig sein müsste. Es ist aber, wie es scheint, nicht unabhängig und ohne Einflussnahme gegangen. Jedenfalls ist dann Herr Dr. Stremmel sofort von Herrn Dr. Knigge im Auftrag von Frau Röpke mit dem Verlangen nach Rückzug seiner Bewerbung angerufen worden, was er – weil er ein anständiger Mann ist – auch sofort gemacht hat, aber natürlich nicht ohne einen bitteren Nachgeschmack.

Ich meine, einmal abgesehen davon, dass es vielleicht tatsächlich Gründe gegeben hätte, dass ein Geschäftsführer einer Klinik sich nicht auf diesen Posten bewirbt, so hätte man das jedenfalls eigentlich nicht unterbinden dürfen. Solche Absprachen, finde ich, sind auch nicht ganz im Sinne eines normalen, ordentlichen Bewerbungsverfahrens.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das muss man schon bemängeln!

Dann haben die vier Geschäftsführer der anderen Kliniken auf das weitere Auswahlverfahren natürlich weiter Einfluss genommen, denn es wurden dann drei ausgewählt, die dann auch vorgestellt wurden. Allerdings hat Herr Thielbar im Auftrag der anderen drei Geschäftsführer einen Brief verfasst und geschrieben: Die passen uns alle nicht, die wollen wir alle nicht haben! Deswegen muss nach etwas anderem sozusagen Ausschau gehalten werden, oder es muss etwas anderes passieren.

In dem Moment kam plötzlich der Name Tissen ins Spiel, von wem, das haben wir nach langer Recherche erfahren. Ob das wirklich so ist, wir können es

nur vermuten, dass es ein Vertreter der VAMED war, also ein Vertreter des Fresenius-Konzerns. Die Wittgensteiner Kliniken, bei denen Herr Tissen beschäftigt war, gehörten ja auch zum Fresenius-Konzern.