Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

D a z u

Mitteilung des Senats vom 6. März 2007

(Drucksache 16/1329)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Staatsrätin Kramer.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Staatsrätin, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU nicht mündlich wiederholen möchten.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen. Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können sich vorstellen, dass ich jetzt erfreut bin, noch einmal eine große Debatte über die Bevölkerungs- und Raumordnungsprognose für das Land Bremen zu führen, was ja überaus interessant ist, denn – –.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Natürlich! – Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Die habt ihr doch eingereicht! – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Dann hätten wir auf die Debatte verzichten können!)

Ja, wir hätten verzichten können, aber wir wollen nicht!

(Heiterkeit)

Das ist ganz einfach, ich bin heute einfach ganz gut in Form!

(Heiterkeit und Beifall)

Deswegen kann ich auch noch 3 Minuten hier reden. Es ist ja sowieso nur eine Fünf-Minuten-Debatte.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Prognose sind doch, dass Bremen eine Stadt ist, die nicht schrumpft, sondern wächst. Wenn die Stadt Bremerhaven so weitermacht, wie sie es in den letzten Monaten gemacht hat, dann schrumpft sie auch nicht

mehr, und dann wachsen wir als Land auch noch. Das ist doch eine ganz positive und super Aussage aus der Antwort auf diese Große Anfrage.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Hier wird ja auch auf den demografischen Wandel eingegangen und auf die Entwicklung, wie sich das auf die Haushalte in Bremen überträgt. Da kommen wir auf ein ganz großes Lieblingsthema meiner Kollegin Karin Krusche, die ja das Eigenheim so verteufelt. Hier stellen wir Gott sei Dank fest, dass das Eigenheim überhaupt nicht out ist, sondern eine große Nachfrage nach Eigenheimen besteht,

(Beifall bei der CDU)

dass es einen Angebotsüberhang an Mietwohnungen und an Mehrfamilienhäusern gibt, es aber einen Nachfrageüberhang bei Einfamilienhäusern und Reihenhäusern gibt. Das zeigt uns, meine Damen und Herren – wir wollten das damit auch noch einmal deutlich machen –, dass wir nicht aufhören dürfen in unseren Bemühungen, neue Einwohner in unser Bundesland zu bekommen.

(Beifall bei der CDU)

Das bedeutet im Klartext, dass wir nicht aufhören dürfen, auch darüber nachzudenken, Wohnungsbaugebiete auszuweisen und an dem, was wir uns vorgenommen und auch gemacht haben, festzuhalten. Dazu gehört zum Beispiel auch für die Zukunft das Vorhalten der Osterholzer Feldmark für eine anständige, ordentliche Bebauung, die der Zukunft auch entspricht.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe meine 5 Minuten nicht ausgenutzt und habe Ihnen in drei, vier Sätzen dargestellt, was das für eine super Antwort auf diese Große Anfrage ist! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kummer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Genau deswegen wollten wir die Anfrage nicht mitmachen, weil wir genau vorausgesehen haben, dass das so eine zwischengeschobene Debatte ist, in der noch einmal die Arbeitsleistung des CDU-Bauressorts gelobt wird. Sei es drum, es war auch nicht allzu schlecht!

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Aber diese Fünf-Minuten-Debatten zum Ende der Legislaturperiode sind angesichts dessen, was wir hier sonst noch zu debattieren haben, nicht angemessen. Ich will trotzdem ein paar Worte dazu sagen. So kurz wie Dieter Focke bekomme ich es wahrscheinlich nicht hin, aber Sie kommen pünktlich zum Mittagessen, Herr Pflugradt!

Wir haben das in den letzten Jahren so häufig nachgefragt, im November 2005, im Februar 2006, da war ich dann auch selbst gespannt darauf, was das Ressort Neues mitzuteilen hat. Eine positive Sache hat Dieter Focke eben dargestellt: Es gibt in der Tat Einwohnerzuwächse in der Stadt Bremen, das freut uns auch. In Bremerhaven ist es leider noch nicht so. Leider bleibt es beim starken Bevölkerungsrückgang in Bremerhaven und seinen ganzen dramatischen Folgen und damit auch bei einer Abnahme der Bevölkerungszahlen im Land Bremen insgesamt.

Auch nicht neu ist – Herr Focke hat es eben gesagt –, dass eine Abnahme der Bevölkerung auch nicht mit einer solchen in der Wohnflächennachfrage einhergeht, im Gegenteil, diese steigt weiter. Die Haushaltsgrößen sinken, und die Wohnfläche der einzelnen Personen steigt. Was auch nicht neu ist, sind alle Folgen des demografischen Wandels.

In der Antwort des Senats wird auf das Handlungskonzept „Wohnen in Bremen – eine generationengerechte Adresse –“ hingewiesen. Das hat die Baudeputation im März letzten Jahres auch beraten. Was ebenfalls nicht neu ist, ist die Tatsache, dass sich zwar die Wohnwünsche ausdifferenzieren, der Wunsch nach dem Einfamilienhaus aber weiterhin ungebrochen ist. Ob es dann gleich die Osterholzer Feldmark sein muss, die da immer wieder als Beispiel angeführt wird, weiß ich nicht. Wir haben auch sehr viel in Baulückenbebauung und auf kleineren Flächen in der Stadt gemacht, und das hat sich ebenfalls als positiv erwiesen.

Was mir in der Antwort allerdings richtig fehlt, ist zumindest der Versuch der Beantwortung der Frage, wie wir mit der drohenden Segregation in und zwischen den Stadtteilen unserer beiden Städte umgehen. Das geht nicht nur die Großsiedlungen mit den Abrissen an, auf die in Frage 10 eingegangen wurde, sondern auch die alten Arbeiterwohnquartiere wie zum Beispiel Gröpelingen. Ich hatte im Untersuchungsausschuss Kindeswohl die Gelegenheit, ganz tief in diese prekären Wohn- und Arbeitsverhältnisse dieser Menschen einsteigen zu müssen, und ich glaube, diese Wohnverhältnisse in diesen Stadtteilen zu verbessern ist mindestens genauso eine große Zukunftsaufgabe wie der demografische Wandel, den wir auch zu bewältigen haben.

Jetzt habe ich es, glaube ich, nicht ganz so schnell geschafft wie Herr Focke. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Krusche.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dieter Focke, ich hatte heute Morgen während der Debatte zum Untersuchungsausschuss eigentlich das Gefühl gehabt, dass du ja manchmal doch sehr differenziert argumentierst. Das, was du eben geleistet hast, war wieder ein üblicher Dieter Focke, platter kann man es kaum noch ausdrücken!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Eigenheim, noch einmal Eigenheim, und das ist deine Antwort auf den komplexen Prozess des demografischen Wandels!

(Abg. F o c k e [CDU]: Ich wollte es nicht so lang machen!)

Da muss ich nur sagen: Wenn man als CDU schon eine so Große Anfrage einreicht und das so reduziert auf „wir müssen die Osterholzer Feldmark bebauen, sonst bekommen die Familien hier kein anderes Angebot“, dann – mit Verlaub gesagt – hat die CDU nicht kapiert,

(Abg. F o c k e [CDU]: Ich wollte dich nur provozieren, und das hat geklappt!)

was es heißt, den demografischen Wandel hier in dieser Stadt und in Bremerhaven zu bewältigen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe leider auch das Gefühl, Herr Kollege Focke, dass Sie seit dem Stadtentwicklungskonzept von 1999, als die Große Koalition auf Wachstum, Wachstum, Wachstum gesetzt und uns versprochen hat, wie viele zigtausend Bremerinnen und Bremer mehr wir werden, wie viele zigtausend Arbeitsplätze wir mehr haben werden und wie viele zigtausend Kilometer Straße wir für den Güterverkehr brauchen und so weiter, nichts in den zehn, elf oder bald zwölf Jahren, die Sie jetzt hier regieren, kapiert haben.

Die Herausforderungen des demografischen Wandels heißen erstens, von Stadtteil zu Stadtteil sehr differenzierte und sehr kleinteilige Entwicklungskonzepte vorzulegen – Frau Kummer hat darauf hingewiesen –, sehr differenziert nach Schrumpfen und Wachsen. Wenn wir eine Stadt haben, wo ganz deutlich ist, welche Riesenherausforderung der demografische Wandel verursacht, dann ist es die Stadt Bremerhaven, wo wir neulich in der Zeitung lesen konnten, dass dort in den nächsten Jahren 8000 Wohnungen abgerissen werden müssen, weil es ein Woh

nungsüberhangangebot gibt, weil es Leerstand gibt, und den Leerstand gibt es genau in den Bausünden der Vergangenheit, wenn ich es einmal ganz platt sage.

Da muss ich ein großes Lob an die Bremerhavener Wohnungsbaugesellschaften aussprechen. Diese haben sich nämlich zusammengeschlossen und ein hervorragendes, sehr differenziertes Konzept vorgelegt, wie sie diesen Rückbau verantwortlich organisieren wollen. Dieses Konzept sieht eindeutig vor: weg von den Stadträndern, hin zur Stadtmitte. Die Stadtmitten zu stärken ist das Gebot der Stunde, und wenn Sie hier heute immer noch mit den zigtausenden Wohneinheiten in der Osterholzer Feldmark kommen, dann haben Sie vom Klimawandel und von ressourcenschonendem Bauen nichts verstanden, dann haben Sie überhaupt nichts verstanden, lieber Herr Kollege Focke! Insofern haben Sie hier völlig falsch und diesem Thema überhaupt nicht angemessen argumentiert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU)