Wer das Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Konzeption zur Integration von Zuwanderern und Zuwanderinnen im Lande Bremen 2003 bis 2007; Abschlussbericht
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Integrationspolitik ist eine unerlässliche, vielleicht sogar die entscheidende gesellschaftspolitische Zukunftsaufgabe. Die Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Bremen und Bremerhaven wird in den nächsten Jahren stetig zunehmen. Es ist damit zu rechnen, so hat es uns der Senat in seiner Mitteilung zur Polizeistrukturreform gesagt, dass der Anteil der Nichtdeutschen bei den unter Zwanzigjährigen in den nächsten 10 bis 12 Jahren auf über 50 Prozent steigen wird.
Diese Zahlen sagen nicht einmal aus, dass Menschen mit Migrationshintergrund keine homogene Gruppe bilden, sondern sich in Geschichte und Herkunft, in Bildung, sozialem Status und Lebensverhältnissen stark unterscheiden. Unter der Voraussetzung genau dieser Vielfalt muss sich unsere Gesellschaft fortentwickeln, wohl kaum von oben herab und ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
seitig gelenkt. Integration muss, im Gegenteil, ein vielseitiger Prozess der Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte sein, selbstverständlich auch und gerade mit Migranten und ihren zum Teil noch zu bildenden Vertretungen.
Der Senat hat mit dem ressortübergreifenden Integrationskonzept eine umfangreiche Arbeit vorgelegt, die Aufschluss darüber gibt, ob und wie die von den Ressorts, dem Senat und der Bürgerschaft aufgestellten Ziele auf dem Feld der Integrationsarbeit erfolgreich waren und umgesetzt wurden. Zugleich können wir daraus schließen, welche Lücken und Defizite es noch gibt und erhalten Anregungen, wie diese zu schließen sein könnten. In 15 Handlungsfeldern wurden über 100 Ziele formuliert, die dazu beitragen sollten, dass sich die Zuwanderinnen und Zuwanderer in unserem Bundesland heimisch fühlen. Die Maßnahmen des ressortübergreifenden zielgerichteten Handlungsansatzes sollen im Land Bremen ein Klima der Aufgeschlossenheit, der Toleranz und der Zusammengehörigkeit schaffen und den Zuwanderinnen und Zuwanderern signalisieren, erwünscht und angenommen zu sein.
Aber, meine Damen und Herren, wir haben integrationspolitisch noch längst nicht alles erreicht. Noch immer besitzen nicht alle Kinder, die zur Grundschule angemeldet werden, ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. Die Anzahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss liegt bei den Migranten-Jugendlichen bei 20 Prozent und ist damit viel zu hoch. Dagegen ist der Anteil der Migranten-Jugendlichen unter den Gymnasiasten viel zu gering. Es ist ein gesellschaftlicher Skandal, wie viele Jugendliche, vor allem solche mit Migrationshintergrund, nicht vom Ausbildungs- und Arbeitsmarkt aufgenommen werden.
Meine Damen und Herren, mit diesen kritischen Anmerkungen möchte ich die erfolgreichen Ergebnisse des Abschlussberichts nicht schmälern. Sie alle können nachlesen, in wie vielen verschiedenen Punkten gute Arbeit geleistet worden ist. Ich möchte mich ganz entschieden dafür aussprechen, dass auch für die kommenden 4 Jahre wieder ein solches Integrationskonzept aufgestellt wird. Beliebigkeit oder Zufälligkeit können wir uns nicht mehr leisten, weil wir alles, was wir heute versäumen, später doppelt und dreifach bezahlen müssen. Mangelhafte Integrationspolitik könnte sich zum Sprengsatz für den sozialen Frieden entwickeln. Nicht zuletzt müssen wir Haltungen in der Bevölkerung und auch in unseren Behörden und Ämtern verändern, damit die Zuwanderer sich angenommen fühlen können. Dabei wird es absolut wichtig sein, einen viel höheren Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund auch im öffentlichen Dienst zu erreichen.
Nicht zuletzt brauchen wir Anerkennung gesellschaftlicher Realität durch bessere Möglichkeiten für Migranten ohne deutschen Pass, Einfluss auf die Politik zu nehmen, die die Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger Bremens und Bremerhavens, nicht nur der deutschen oder nichtdeutschen EUBürger, beeinflusst. Ich finde, ein Wahlrecht für alle auf Dauer in Bremen lebenden Bürgerinnen und Bürger sollte nicht für alle Zeit ausgeschlossen werden.
Für mich! Das war jetzt wirklich meine letzte Rede, ich gehe. Ich möchte mich herzlich für die Zusammenarbeit bedanken. Ich bin möglicherweise dem einen oder anderen in den letzten Jahren auf die Füße getreten. Ich gehe davon aus, das war dann auch nötig.
Ansonsten habe ich mich immer bemüht, ein kollegiales Verhältnis zu allen zu finden. Ich hoffe, es ist mir einigermaßen gelungen. Ich hoffe, ich war immer relativ gut vorbereitet an diesem Pult. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Wir haben Blumen geschenkt bekommen, auf denen stand „Auf Wiedersehen“. So wollen wir es dann machen! Wir sehen uns bestimmt wieder. Ich habe hier gearbeitet, ich war hier Abgeordneter. Die Zuschauertribünen sind wunderbar. Für mich ist hier immer ein Platz vorhanden. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Konzeption zur Integration im Land Bremen für diese Legislaturperiode haben wir – mit Ausnahme des einen Herrn, der gerade gegangen ist – gemeinsam beschlossen, und wir nehmen jetzt nach 4 Jahren auch gemeinsam den Bericht zur Kenntnis.
Ich glaube, dass der Bericht zeigt, dass das, was wir da vor 4 Jahren hier im Haus beschlossen haben, wirklich eine sehr gute Grundlage hatte und dass eine ganze Menge an sehr positiven Dingen in diesen 4 Jahren passiert ist, um die Integration von Zuwanderern und Zuwanderinnen in Bremen voranzubringen. Auch als Opposition kann man jederzeit sagen, wenn man gemeinsam an einem solchen Konzept ar––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
beitet, dass wir dies heute auch gemeinsam verantworten und gemeinsam wieder zur Kenntnis nehmen, dass das, was wir beschlossen haben, auch abgearbeitet worden ist. Vielen Dank dafür an das zuständige Ressort!
Ich glaube, wenn man sich diesen Abschlussbericht durchschaut, dass es vielleicht gerade für diejenigen, die nicht immer so in diesem Thema sind, sicherlich sehr erstaunlich sein wird, wie viele Maßnahmen, wie viele Projekte, wie viele Dinge in so kurzer Zeit tatsächlich eingeleitet und umgesetzt worden sind.
Es fällt allerdings auf, und das muss man an dieser Stelle vielleicht auch sagen, dass sich die übergroße Zahl der Projekte und der Maßnahmen ja doch sehr in einem Bereich konzentriert, nämlich im Verantwortungsbereich von Frau Senatorin Rosenkötter. Wenn man einmal schaut, was im Bereich des Sozialressorts, der Jugend, des Arbeitsmarktes, der Gesundheit passiert ist, und dann kommt noch ein sehr großer Anteil aus dem Bildungsressort hinzu, dann sind das weit über 90 Prozent aller Maßnahmen, die in diesem Bereich tatsächlich eingeleitet worden sind.
Im Umkehrschluss muss man leider sagen – was wir ursprünglich mit dieser Konzeption vorhatten, dass es eine Querschnittsaufgabe für alle Senatsressorts sein sollte, das kann man in diesem Bericht auch nachlesen –, dass etliche Ressorts sich dieser Verantwortung nicht gestellt haben, meine Damen und Herren!
Das ist umso bedauerlicher, als Integration keine karitative Veranstaltung ist, sondern eine lebenspraktische Aufgabe, die wir hier haben, weil Menschen oder deren Eltern und Großeltern, die aus verschiedenen Ländern hierher gekommen sind, in Bremen leben. Es hat also auch etwas mit Wirtschaftspolitik, mit Standortfragen zu tun, es hat selbstverständlich natürlich etwas mit dem Innenressort zu tun. Es hat auch mit den anderen Ressorts zu tun. Der Bericht zeigt es uns ja in ziemlich beeindruckender Weise. Hier in diesen Bereichen muss in den nächsten 4 Jahren noch ganz massiv nachgearbeitet werden, wenn wir davon sprechen wollen, dass Integration eine Normalität im gesamten Betrieb der Städte Bremen und Bremerhaven ist. Das ist noch nicht erreicht. Das müssen wir uns für die nächsten 4 Jahre vornehmen.
ins Detail zu gehen – sicherlich noch eine Reihe von Zukunftsaufgaben, die in diesem Bericht enthalten sind, die noch nicht angepackt worden sind. Zum Beispiel ist zwar der Rat für Integration gegründet worden und hat auch seine Arbeit aufgenommen, aber wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass er erst noch zu einem Instrument entwickelt werden muss, das tatsächlich ganz aktiv in den Bereich der Integration in Bremen und Bremerhaven eingreift. Hier gibt es noch eine Zukunftsaufgabe.
Lassen Sie mich sagen, eine sehr bedrückende Realität unserer beiden Städte ist zurzeit, dass Teile, Gott sei Dank nicht große Teile, aber immerhin Teile von Jugendlichen, vor allem männlichen Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten, immer weiter von der Mittellinie der Gesellschaft wegdriften. Auch das ist in dieser Konzeption meines Erachtens nicht gelöst und ist eine große Aufgabe für die nächsten 4 Jahre, dass wir bei diesen Jugendlichen, die teilweise ohne Schulbesuch, ohne Schulabschluss oder mit sehr schlechten Abschlüssen dastehen, die nicht für eine Ausbildung ausreichen, die teilweise eine hohe Kriminalitätsbelastung haben, die von ihrem Elternhaus her nicht die Unterstützung haben, sich in die Gesellschaft einzufinden, in den nächsten 4 Jahren einen Schwerpunkt darauf legen, sie nicht verloren zu geben, sie nicht allein der Arbeit des Innenressorts und der Polizei anheimzugeben, sondern dass wir da einen ganz massiven Schwerpunkt setzen, diese Jugendlichen wieder dahin zurückzuholen, wo sie hingehören: in die Mitte der Gesellschaft Bremens und Bremerhavens.
Das haben wir nicht gelöst. Das zeigen sämtliche Ereignisse, die in Bremen und Bremerhaven stattfinden. Dies ist eine sehr schwierige Aufgabe, die nicht einfach zu lösen ist, aber dieser Aufgabe müssen wir uns unbedingt stellen, wenn wir in den nächsten 4 Jahren darangehen, ein neues Integrationskonzept zu verabschieden.
An inhaltlichen Zielen, finde ich, muss mehr dazukommen als die reine Projektarbeit, wie sie im Moment in diesem Konzept beschrieben wird. Wir brauchen auch rechtliche Verbesserungen. Bremen muss daran mitarbeiten, dass es einigen Bundesländern und dem Bund nicht gelingt, zum Beispiel die Einbürgerung zu erschweren. Einbürgerung ist ein ganz wichtiges Instrument bei der Frage der Integration. Wenn es Pläne gibt, wie es jetzt wieder geschieht, die Einbürgerung schwerer oder gar unmöglich zu machen, dann ist das eine Sache, die wir von Bremen aus bekämpfen müssen, weil wir in Bremen ein Interesse daran haben, dass sich die Menschen einbürgern lassen und dass sie mit uns als Deutsche gemeinsam an dieser Frage arbeiten.
les Wahlrecht für alle Menschen, die in Bremen leben. Auch das würde die Integration wesentlich voranbringen, wenn sich alle verantwortlich fühlten, aber im Umkehrschluss auch alle von der Politik, von den Parteien ernst genommen werden, weil sie eben ein Wahlrecht haben. Das heißt, über die Projektebene dieses Berichts hinaus planen wir in der nächsten Legislaturperiode, denke ich einmal, auch gesetzgeberische Vorhaben. Ich glaube, die nächsten 4 Jahre sind gut dazu geeignet, diese Dinge voranzubringen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem meine Vorredner vieles schon gesagt haben, was ich so unterstützen und unterstreichen kann, möchte ich aus diesem Konzept doch noch einmal auf Ansätze hinweisen, die ich für sehr gut und wichtig halte, und das auch einmal positiv darstellen, weil da auch unendlich viel Positives passiert ist. Allerdings möchte ich auch in meinem Redebeitrag einige kritische Anmerkungen machen.
Der Senat hat am 9. März 2004 die Konzeption zur Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern im Land Bremen für den Zeitraum von 2003 bis 2007 beschlossen. Es ist bereits die zweite Konzeption, die wir hatten. Aber diese würde ich eher in Fortsetzung der ersten sehen und nicht von zweien nebeneinander, weil die zweite aus der ersten und aus der Beratung heraus entstanden ist. In dem verabschiedeten Konzept hatten sich die Fachressorts Teilziele zu den einzelnen Schwerpunktbereichen und Handlungsfeldern aufgestellt, die in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt werden sollten.
In dem vorliegenden Abschlussbericht legen nun die Ressorts beziehungsweise Fachbereiche die erfolgte Umsetzung dar. Wenn man sich den Bericht genauer anschaut, stellt man fest, dass sehr viele der geplanten Maßnahmen umgesetzt wurden und damit die Konzeption sehr zielführend umgesetzt wurde. Es wurde aber auch schnell umgesteuert, wenn bei einzelnen Maßnahmen erkannt wurde, dass sie entweder nicht angenommen wurden oder nicht zu einem vernünftigen Ergebnis führen werden. Dies ist besonders zu begrüßen.