Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Eine Aussprache ist hierzu nicht beantragt worden.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Wer der Behandlung der Petitionen in der empfohlenen Art zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle Einstimmigkeit fest.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es sind vier Jahre vergangen, und wir sind zu unserer letzten Bürgerschaftssitzung in dieser Legislatur zusammengekommen. Ein weiterer Abschnitt der Parlamentsarbeit in Stadtbürgerschaft und Landtag ist so gut wie abgeschlossen. Mit der Entscheidung der Bremerinnen und Bremerhavener am 13. Mai wird sich die Zusammensetzung dieses Hohen Hauses ändern. Es ist also an der Zeit, zurückzublicken und Danke zu sagen.

Schon heute wissen wir, dass zahlreiche Kolleginnen und Kollegen in der nächsten Legislatur nicht mehr als Parlamentarier tätig sein werden. Sie, die

für insgesamt 192 Jahre wertvolle Parlamentsarbeit stehen, werde ich jetzt namentlich nennen: für die SPD Gerlinde Berk, Ulrike Hövelmann, Hermann Kleen, Karin Markus, Ingrid Reichert, Gisela Schwarz, Edith Wangenheim, Cornelia Wiedemeyer und Christine Wischer; für die CDU Sabine Akkermann, Jens Eckhoff, Rolf Herderhorst, Sigrid Koestermann, Karl Uwe Oppermann, Brigitte Sauer und Annedore Windler; für Bündnis 90/Die Grünen Jens Crueger und Peter Lehmann; für die FDP Willy Wedler.

Meine Damen und Herren, Sie werden in ihre früheren Berufe zurückkehren, in einen wohlverdienten Ruhestand gehen oder sich anders orientieren. Veränderungen und neue Herausforderungen stehen an. Der eine oder andere wird wieder mehr Zeit für sich und die Familie, für den Beruf oder seine Hobbys haben. Viel an persönlicher Freiheit und Freizeit haben Sie für das Bürgerschaftsmandat aufgewandt. Möglicherweise wird es manchen unter Ihnen trotzdem nicht leichtfallen, den Lebens- und Arbeitsabschnitt als Abgeordneter hinter sich zu lassen. Schließlich haben Sie viel Energie, viel Kraft und viel Nerven in einem hohen Maße für dieses Mandat investiert.

Ich möchte die Gelegenheit heute nutzen, mit Ihnen gemeinsam auf unsere Arbeit hier im Parlament zurückzublicken. Erinnern wir uns, welche Themen uns bewegt, welche Fragen wir diskutiert haben. Jedenfalls liegt eine spannende und aufregende Zeit hinter uns.

Konstituiert hat sich diese Bürgerschaft am 3. Juli 2003 erstmals mit 83 statt 100 Parlamentariern. Damals freute sich Alterspräsidentin Gerlinde Berk, es mit gerade einmal 62 Jahren zu diesem Amt gebracht zu haben. Wir sind in dieser Legislatur ein verjüngtes Parlament mit zum Teil fast jugendlichen Abgeordneten, eine Tatsache, die sich durchaus erfrischend auf unsere Sitzungen ausgewirkt hat und die meines Erachtens ein deutlicher Beleg dafür ist, dass sich junge Menschen sehr wohl für Politik interessieren, wenn sie eine realistische Chance auf Mitbestimmung und Gestaltung haben. Heute sind die jungen Abgeordneten bereits „alte Hasen“ und stehen ihren „alt gedienten“ Kolleginnen und Kollegen in nichts nach, na ja, vielleicht ein bisschen in Sachen Erfahrung.

Im Lauf der Legislatur haben wir zwei Doppelhaushalte und zwei Nachtragshaushalte verabschiedet. Mit ihrer oft komplizierten und engen Ausgestaltung konnten wir unser elementares Verfassungsrecht als Haushaltsgesetzgeber wahrnehmen. Das Parlament hat über Prioritäten entschieden. Das fiel uns nicht leicht und hat alle Abgeordnete viel Kraft gekostet.

Wir sind fünfmal zusammenkommen, um Mitglieder des Senats zu wählen, darunter war auch die Wahl eines neuen Bürgermeisters. 12 Senatoren haben wir so im Laufe der Zeit in die Regierung unseres Bundeslands entsandt.

Wir haben zweimal einen Präsidenten des Senats gewählt. Im parlamentarischen Leben passiert es nicht oft, dass ein langjähriger und erfolgreicher Ministerpräsident freiwillig sein Amt aufgibt und einen guten Übergang schafft. Seine nicht minder erfolgreiche Laufbahn als Autor und ehrenamtlich Engagierter ist im Übrigen für mich ein gelungenes Beispiel für ein erfülltes Leben nach der Politik.

Andere Senatoren sind aus persönlichen Gründen oder aus Verantwortung für Amt und Aufgabe zurückgetreten. Tragödien wie die verhinderbare um den kleinen Kevin haben uns erschüttert, Skandale wie um einen ehemaligen Klinikgeschäftsführer haben uns erregt. Die daraus resultierenden Untersuchungsausschüsse zeigten, was falsch gelaufen ist und was in Zukunft besser gehen muss.

Sie haben aber auch gezeigt: Senatoren und Politiker sind Menschen, die Fehler machen. Sie üben Ämter aus, in denen sie sich in tausend Fragen und Details auf andere verlassen müssen. Trotzdem tragen sie am Ende Verantwortung und müssen dieser auch gerecht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über 200 Große Anfragen haben wir in beiden Häusern debattiert und mehr als 400 Anträge. Ebenso viele Mitteilungen des Senats haben uns erreicht und sind behandelt worden. Die Fraktionen waren aktiv und haben die parlamentarische Arbeit in diesem Hause bestimmt. Eine nicht ganz ernst gemeinte statistische Auswertung der Drucksachen – also Initiativen und damit verbundene Mitteilungen des Senats – dieser Legislaturperiode ergab vor dieser letzten Sitzung Folgendes: Die CDU-Fraktion kommt auf 695 Drucksachen, die SPDFraktion auf 656. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zeigt mit 466 Drucksachen, was eine Opposition zu leisten vermag. Dazu kommen die Initiativen der Einzelabgeordneten. Auch wenn die Quantität, meine Damen und Herren, natürlich nicht das bestimmende Kriterium ist, kann ich feststellen, wir haben vier arbeitsreiche Jahre hinter uns.

Sie alle haben in den vergangenen Jahren in den Ausschüssen und Deputationen von Stadt und Land gearbeitet, haben Gespräche geführt, Anhörungen absolviert, diskutiert und gestritten. Offene Ohren hatten Sie für Anliegen von Unternehmen und Betrieben, für die Sorgen der Menschen und für Bedürfnisse von Vereinen und Verbänden. Viele waren selbst zu Gast in der Bürgerschaft und haben sich einen Eindruck von unserem Hause verschafft.

Wir haben Themen in einer Spanne von A wie Autobahn bis Z wie Zweitwohnungsteuer bewegt. Dazwischen lagen leidenschaftliche Debatten über Affenversuche, harte Auseinandersetzungen über Haushalte und Verschuldung, Selbstständigkeit unseres Landes und fachliche Diskussionen über Bildungspolitik und sogar die eine oder andere einvernehmliche Beschlusslage.

Gemeinsam haben wir die Höhen und Tiefen der Parlamentsarbeit erlebt. Erfolg und Niederlage liegen eben im politischen Alltag dicht beieinander. Denken wir an die Kulturhauptstadtbewerbung und unsere Enttäuschung über die Entscheidung in Brüssel und gleichzeitig an den Erfolg mit der Aufnahme in das Weltkulturerbe für Rathaus, Markt und Roland! Wir haben uns mit den Airbus-Beschäftigten auf den A 380 gefreut und teilen nun ihre Sorgen um Arbeitsplätze und Zukunft. Andere Schlaglichter fallen mir rückblickend ein wie die Änderung des Wahlrechts, die Föderalismusreform oder die eingereichte Verfassungsklage. Die Liste ließe sich noch lang und mit nicht minder bedeutenden Themen fortsetzen.

Allerdings – und das müssen wir durchaus selbstkritisch festhalten – nehmen die Menschen von unserer Arbeit, von dieser Arbeit hier im Parlament, manchmal nur wenig wahr. Uns Politikern schlägt unverändert viel, oft pauschal oder diffus Skepsis entgegen. Viel zu selten dringt die Themenvielfalt unseres Parlaments nach außen, wird der Einsatz von Abgeordneten für ihre Aufgaben wahrgenommen.

Das hat verschiedene Gründe. Manche halten die Themen für zu komplex und wenig vermittelbar. Umständlich gedrechselte Wortschöpfungen wie „Genehmigungsverfahrenbeschleunigungsgesetz“ oder „Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz“ sind allerdings auch keine Einladung an die Menschen, sich für parlamentarische und politische Themen übermäßig zu interessieren.

Als Bürgerschaft haben wir die Aufgabe, unermüdlich und verständlich zu erklären – auch denen dort oben –, welche Entscheidungen wir zu treffen haben und warum, und sei es auch noch so schwierig. Diese Mühe sind wir unseren Wählerinnen und Wählern schuldig, und hier können wir in der nächsten Legislaturperiode vielleicht noch mehr leisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen: Das Ausüben eines Abgeordnetenmandats ist ein Beruf auf Zeit, sozusagen eine befristete Einstellung durch den Wähler, deren Endpunkt schon beim Antritt des Amtes vorgezeichnet ist. In diesem Sinne geht für Sie an dieser Stelle kein Berufsleben zu Ende, sondern ein anderer Lebensabschnitt beginnt. Eine Phase endet hier, die Sie bereichert hat um neue Kenntnisse, zahlreiche, viele Kontakte, komplexe Themen und Kompetenzen, die Sie mitnehmen, wenn Sie dieses Haus verlassen, und in neuen Zusammenhängen nutzen können.

Was meine ich? Der Ausgleich und die Suche nach der besten Lösung hat Ihre Arbeitsweise bestimmt. Das Entwickeln von Kompromissen ist fast schon Tagesgeschäft. Sie bringen verschiedene Ansichten auf einen Nenner. Dazu kommt eine ordentliche Portion Leidenschaft, gepaart mit einem reellen Maß an Pragmatismus. „Engagiert über die reguläre Arbeitszeit hinaus“ wäre die Standardfloskel in Unternehmen. Ich meine, niemand von uns denkt ständig

an den Status Halbtagsparlament und legt wie selbstverständlich nach vier Stunden Stift, Telefon oder Akte beiseite, im Gegenteil! Meine Damen und Herren, so bleibt mir, Ihnen allen von Herzen zu danken: für Ihre Arbeit, Ihren Einsatz, Ihr Herzblut, Ihre Geduld und für Ihre Ungeduld. Danke für die Ideen und danke für die Vorschläge! Danke für bewegende Debatten und kluge Ansichten! Danke, dass Sie bereit waren, Verantwortung zu übernehmen! Ich wünsche Ihnen, dass die nachfolgende Parlamentariergeneration und die eigene Partei das akkumulierte Wissen und die geschaffenen Netzwerke der Altgedienten auch künftig zu nutzen verstehen. Jeder von Ihnen kann und sollte mit großer Befriedigung auf seine Arbeit in diesem Hohen Haus zu

rückblicken. Ich würde mich freuen, wenn Sie heute mit diesem Gefühl die Bremische Bürgerschaft verlassen und so an unsere gemeinsame Arbeit zum Wohle Bremens und Bremerhavens zurückdenken.

Ihnen allen wünsche ich von Herzen alles Gute!

(Starker Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich nun die Sitzung schließe, lade ich Sie alle herzlich zu einem Umtrunk im Skulpturengarten ein.

Meine Damen und Herren, ich schließe die Sitzung.

(Schluss der Sitzung 18.53 Uhr)