Protokoll der Sitzung vom 19.02.2008

Das ist kein Schwachsinn! Das konnten Sie letzte Woche in der Presse lesen! Frau von der Leyen besteht auf der Herdprämie, die SPD ist teilweise dagegen, wir wollen sie sowieso nicht, aber haben da in dem Moment nichts zu melden. Solange das nicht „unter Dach und Fach“ und im Bundesgesetzblatt nicht verabschiedet worden ist, Frau Ahrens, bekommen wir keinen einzigen Cent hier herein und können entsprechend diese Mittel, die wir als Gegenfinanzierung benötigen, nicht im Haushalt einstellen. Das ist sehr wichtig!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Das ist zu komplex für Frau Ahrens!)

Wenn Sie sich Artikel 5 der Verwaltungsanweisung durchlesen, nein, Artikel 3, Entschuldigung! Darin steht Folgendes: Die Einnahmen werden in die Haushaltspläne der Länder eingestellt und die Bewirtschaf––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tung richtet sich ausschließlich nach dem Haushaltsrecht der Länder. Wie sollen wir denn planen, wenn wir nicht wissen, was der Bund uns für Zuschüsse an Betriebskosten, an Investitionsmitteln, an ESF-Mitteln gibt? Haben wir da Planungssicherheit? Natürlich nicht! Zum 1. August, das wissen Sie genau wie ich, beginnt das neue Kindergartenjahr, entsprechend müssen wir doch jetzt schon sehen, dass wir die Anmeldungen annehmen, die Kinder unterbringen und das ausbauen.

Sie haben die Großtagespflege angesprochen und auch die Vorlage aus der Sozialdeputation, der Sie ja auch, Herr Bartels, mit zugestimmt haben. In dem Bereich ist uns ein Erfolg gelungen, den Sie als Koalition vorher nicht erreicht haben, nämlich der Ausbau, der eine enorme qualitative Verbesserung für die Tagesmütter und Tagesväter bedeutet, der aber auch den Eltern und insbesondere den Kindern zugute kommt. Wir haben nämlich diese völlig veraltete Regelung, dass eine Tagesmutter zeitgleich nur fünf Kinder betreuen darf, abgelöst und die Anzahl erhöht, sodass bis zu zehn Kinder zeitgleich betreut werden können. Ab dem achten Kind muss die zweite Fachkraft eine pädagogische Fachkraft sein, da haben wir Qualitätsstandards gesetzt, die hier zwölf Jahre lang, ich betone es, total verschlafen wurden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dem haben wir gemeinsam zugestimmt! Entsprechend sehen Sie doch auch die Haushaltszahlen, in welchem engen Haushaltsrahmen wir uns befinden. Was zwölf Jahre lang nicht errreicht wurde, wir haben keine prophetischen Fähigkeiten, können wir hier nicht von heute auf morgen so ausbauen, dass wir mit Platzzahlen alle befriedigen. Was wir nicht möchten, ist, dass irgendwelche Kinder, egal aus welchen Stadtteilen, ob aus sozial schwachen Stadtteilen und Ortsteilen oder aus Stadtteilen, die wir nicht als sozial schwach bezeichnen, irgendwo hinten herunterfallen. Wir möchten, dass die Kinder in die Kitas kommen, wir möchten Eltern dazu anregen, ihre Kinder auch in die Kitas zu stecken. Wir wollen eine qualitative Verbesserung.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Stecken ist die falsche Vokabel!)

Da hast du vollkommen recht, das machen wir natürlich nicht! Das ist ja auch egal!

(Unruhe)

Die Erfolge sind sichtbar, ich kann nur noch daran appellieren, dass gerade die Opposition dort konstruktiv mit der Regierung zusammenarbeitet und nicht immer die Keule herausholt und daraufhaut, denn letztlich haut ihr auch euch selbst! Zwölf Jah

re lang gab es Versäumnisse, und jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir massiv arbeiten werden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU! Stadtteile gegeneinander ausspielen zu wollen, ist niveaulos!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Ich bin die neue sozialpolitische Sprecherin für alle und nicht nur für meinen Stadtteil Borgfeld, in dem ich wohne. Solange wir Stadtteile haben, in denen es eine soziale Benachteiligung gibt und wo mir die Erzieherinnen in den Kindergärten erzählen, dass, wenn sie eine Stunde mit den Kindern gespielt haben und dann sagen, jetzt packt einmal zusammen, wir gehen nach draußen, von 20 Kindern nur drei aufstehen, weil das nämlich die drei sind, die die Erzieherinnen verstanden haben, so lange wird es so sein, dass wir natürlich die Schwerpunkte in die sozial benachteiligten Stadtteile geben.

(Starker Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 17/207, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Meine Damen und Herren, ich unterbreche jetzt die Sitzung für eine Mittagspause bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.28 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Mathes eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren! Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist wieder eröffnet. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Verlegung des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom Gesundheits- in das Sozialamt Bremerhaven

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. November 2007 (Drucksache 17/124)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 18. Dezember 2007

(Drucksache 17/191)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. SchulteSasse.

Wir treten in eine Aussprache ein.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mohr-Lüllmann.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht um die Verlegung des Sozialmedizinischen Dienstes aus dem Gesundheitsamt in das Sozialamt Bremerhaven. Ich führe einmal kurz in das Thema ein: Gesundheitsämter unterliegen einem Landesgesetz, dem sogenannten Gesundheitsdienstgesetz, kurz ÖGDG. Als oberste Landesgesundheitsbehörde gilt laut ÖGDG im Land Bremen die Senatorin für Gesundheit, Arbeit, Jugend und Soziales. Beide Gesundheitsämter, Bremerhaven und Bremen, legen regelmäßig der Deputation für Gesundheit und Arbeit ihre Berichte vor und werden seit Jahren für ihre Arbeit gelobt.

Drei wesentliche Bereiche sind in den letzten Jahren in diesem Gesetz neu geregelt worden: Das sind die Qualitätssicherung beziehungsweise das Qualitätsmanagement, Umwelt- und Verbraucherschutz und Aufgaben des ÖGDG für die älteren Menschen. Gerade die dramatisch verlaufende demografische Entwicklung zwang auch Bremen und Bremerhaven dazu, die Behandlung und die Betreuung von Senioren und chronisch Erkrankten unter neuen Aspekten zu betrachten. Chronisch Kranke werden zudem immer früher aus den Kliniken entlassen, was einen höheren Pflegebedarf und eine komplexere nachstationäre Versorgung nötig macht. Daraus folgt auch eine multiprofessionelle Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Im Rahmen der Pflegeversicherung und der sogenannten ergänzenden Hilfen haben sich die Gesundheitsämter des Landes Bremen gutachtlich und beratend einzubringen. Seit März 2007 wurde nun im Gegensatz zu Bremen eine tiefgreifende Strukturveränderung im Gesundheitsamt Bremerhaven vorgenommen, indem der Sozialmedizinische Dienst vom Gesundheitsamt zum Sozialamt verlegt wurde. Das heißt damit auch, dass drei Mitarbeiter abgezogen wurden. Der Sozialmedizinische Dienst behandelt Fragestellungen im Bereich Hilfe zur Pflege und umfasst häusliche Pflege, Hilfsmittel, teilstationäre

Pflege et cetera, wobei dem Gesundheitsamt Aufgaben im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen obliegen, um das selbstständige Leben zu Hause zu ermöglichen.

Wir sind der Meinung, dass das Herauslösen des Sozialmedizinischen Dienstes aus fachlicher Sicht nicht zu befürworten ist und für den Patienten nur Nachteile bringt. Das Gesundheitsamt kann nun keine komplexe Beratung mehr anbieten, da drei Mitarbeiter mitversetzt worden sind. Ich will die Gründe dafür ausführen: Es gibt meines Erachtens keine fachliche Begründung für das Herauslösen des Sozialmedizinischen Dienstes, jedenfalls gab es in der Vergangenheit nicht einen einzigen Hinweis darauf. Auch wird nicht ganz klar, was jetzt eigentlich besser ist als vorher. Ist mit der Verlagerung des Sozialmedizinischen Dienstes wirklich nachweislich die Strukturqualität verbessert worden? Es gibt unserer Erkenntnis nach eigentlich gar keine Daten-Nulllinie, also die Überprüfung nach einiger Zeit, ob sich die Strukturveränderung bewährt hat, ist schwierig, wenn man nicht weiß, worauf man sich beziehen muss.

Die Zuständigkeit der Landesbehörde für den Sozialmedizinischen Dienst wurde formaljuristisch geprüft mit dem Ergebnis, dass sie nun ab sofort nicht mehr zuständig ist. Hier ergibt sich die Frage, ob sie eigentlich zuvor vielleicht auch falsch zuständig war. Es kann sein, dass formaljuristisch alles in Ordnung sein mag, aber inhaltlich und fachlich ist diese Organisationsveränderung abzulehnen, weil sie für den Patienten Nachteile mit sich bringt und das Gesundheitsamt, das nun drei Mitarbeiter an das Sozialamt hat ziehen lassen müssen, keine Kapazität mehr für die Beratung hat, wobei doch ein Gesundheitsamt ein komplexes Beratungsangebot nach Paragraf 3 ÖGDG anbieten muss, übrigens speziell für Senioren. Mindestens hier hält man sich nicht an das Landesgesetz; das ist für Interessierte in den Paragrafen 3 und 16 im ÖGDG nachzulesen.

Mindestens aber müsste die Konsequenz sein, dass das Personal im Gesundheitsamt aufgestockt wird, um eine einwandfreie Beratung zu ermöglichen. Man strebt nur dann neue Strukturen an, wenn alte schlecht sind und vor allen Dingen die neuen zu deutlichen Verbesserungen führen, und das ist hier nicht zu erkennen. Man strebt nicht neue Strukturen an, nur weil sie formaljuristisch möglich sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Konsequenz hat das in der Praxis für den Patienten? Zunächst einmal doppelte Behördengänge für die Patienten und eine Unsicherheit der Patienten durch die Nähe zum Sozialamt! Die Gutachten für Hilfe zur Pflege wurden nun im Sozialamt eine lange Zeit durch eine Ärztin mit Halbtagsstelle vorgenommen. Die Anbindung des Sozialmedizinischen Dienstes an das Sozialamt stellt eine unvertretbare Nähe zum Kostenträger dar, die Ärztin arbeitete beim Kostenträger. Eine neutrale Gutachtenerstellung wäre hier kritisch zu hinterfragen.

Sie war immerhin strukturell beim Amtsleiter des Sozialamtes angebunden. Ich spreche in der Vergangenheit, Sie wissen das, da diese Ärztin inzwischen gekündigt hat und nunmehr nicht nur eine strukturelle Problematik zu beklagen ist, sondern dazu noch eine personelle.

Darüber hinaus ist es in den überwiegenden Fällen so, dass diese Patienten multimorbide sind, das bedeutet, nach dem Gutachten vom Sozialamt gibt es nicht selten den Fall, dass die Antragssteller auch danach noch zum Gesundheitsamt wechseln müssen. Ergebnis: Eine komplexe Beratung aus einer Hand. Die Ärztin im Sozialamt konnte nicht abteilungsübergreifend arbeiten, sie arbeitete isoliert, ohne die Möglichkeit, eine Zweitmeinung einzuholen. Das, meine Damen und Herren, ist eine Qualitätseinbuße!

(Glocke)

Frau Abgeordnete, wir haben 5 Minuten Redezeit vereinbart.

Einen kleinen Moment noch!

Archive werden wohl doppelt geführt werden müssen, der Datentransfer muss möglich gemacht werden, der Landesdatenschutzbeauftragte soll einbezogen werden, sagen Sie in Ihrer Antwort des Senats, aber meines Erachtens handelt es sich hier um ein Datenschutzkonzept aus der Vergangenheit, welches nicht angepasst worden ist. Im Übrigen ist eine organisatorische Anbindung ein Qualitätsmerkmal, das nennt man Strukturqualität: Beratung und Begutachtung durchgängig aus einer Hand.

Bitte nehmen Sie als Landesbehörde die fachliche Bewertung im Sinne der Älteren und chronisch Kranken wahr. Nicht die formaljuristische Prüfung ist allein maßgebend, sondern neben der Praktikabilität auch die Qualität und vor allen Dingen die bürgernahe Serviceleistung, und diese ist charakterisiert durch abteilungsübergreifende Tätigkeiten. Sollte nicht in erster Linie der Patient von den Veränderungen profitieren, unabhängig einmal davon, ob es formaljuristisch nun möglich ist oder nicht? Sie müssen doch die Auswirkungen für den Patienten im Auge behalten! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Schildt.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stadt Bremerhaven hat sich zur Durchführung eines Modellprojekts entschieden,