Protokoll der Sitzung vom 07.05.2008

Wir haben dem Senat einen Auftrag mitgegeben, und was die Berücksichtigung und die Schonung von mittleren Familienbetrieben und auch Kleinstfami

lienbetrieben angeht, glaube ich, sind wir gar nicht grundsätzlich auseinander. Ich glaube, Sie übertreiben ein bisschen, was das besonders Bremische daran ist, dass hier nun alle Betriebe Familienunternehmen sind. Der Name allein zeigt nicht, dass es immer die gleiche Familie ist. Sie übertreiben dort also ein bisschen, aber wir haben auch diesen Punkt in unseren Überlegungen mit bedacht.

Es gibt auch noch andere Varianten, man kann auch Steuerzahlungen stunden, es gibt viele Möglichkeiten, die man sich offenhalten muss, aber es macht keinen Sinn, in diesem Landtag ganz kleinteilige Veränderungen beschließen zu wollen, Auflagen, Hinweise, Aufträge an den Senat. Das ist der eine Punkt, den ich nennen wollte. Wir müssen deswegen Ihren Antrag nicht beschließen, wir können es auch gar nicht, weil das Unsinn wäre. Wir haben die richtige Richtung bereits beschlossen.

Ich finde es nur eigenartig – und darauf will ich doch noch einmal eingehen –, dass in Ihrem Antrag auch auftaucht, dass die Beteiligungen an Wohnungsvermögen, an Immobilienvermögen auch geschont werden sollen. Das finde ich allerdings ein bisschen eigenartig. Das erste Mal taucht bei Ihnen dort der Begriff der sozialen Bindung von Eigentum auf. In vielen Debatten habe ich dieses Wort und diesen Begriff und seine Auswirkungen nicht gehört. Ich habe es nicht gehört, Herr Röwekamp, als es um die Frage von Mindestlöhnen ging. Ich höre nicht, dass Eigentum sozial verpflichtend und bindend ist, wenn es um eine Begrenzung der zum Teil ja wirklich unanständigen Managergehälter geht. In all diesen Fragen ist bei Ihnen von sozialer Bindung nicht die Rede! Dieses Wort kommt erst dann vor, wenn soziale Bindung einmal praktisch wird, nämlich für die Leute, die viel haben und dafür auch Steuern zahlen. Dann kommt es bei Ihnen vor, aber nur in der Weise, dass Sie das verschonen möchten, weil das Eigentum doch so sozial wichtig, verbindlich und bindend ist.

Ich finde, das ist ein bisschen mager, das ist kein richtiges Verhältnis. Die Erbschaftsteuer, finde ich ganz im Gegensatz zur FDP, ist eine legitime Steuer, eine vernünftige Steuer. Wenn sich das Eigentum in unserer Gesellschaft auf immer höherer Stufenleiter auseinanderentwickelt, die Proportionen von den wirklich sehr Vermögenden, von den Vermögenden und denen, die nichts haben, sich auseinander entwickeln und auch das Vererben dazu beiträgt, dass sich das auf immer höherer Stufenleiter so verbreitert und fortsetzt und die Spreizung sogar vergrößert, dann muss es doch legitim sein, auch eine Erbschaftsteuer von Vermögenden einzufordern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dabei müssen wir bleiben. Kein Mensch draußen könnte verstehen, wenn wir ausgerechnet in der heutigen Situation mit den großen sozialen Problemen

darauf verzichten würden, indem wir die Erbschaftsteuer abschaffen oder aber eine Taktik verfolgen – und da hat Frau Kummer ja nicht ganz Unrecht, dass diese von einigen CDU-Ländern betrieben wird –, durch Änderungen, durch immer wieder Neuaufrollen die ganzen Sache so weit zu verschleppen, dass wir am 31.12.2008 keine Regelung haben, und dann liefe die Erbschaftsteuer möglicherweise Anfang des Jahres 2009 aus, dazu darf es nicht kommen!

Wenn wir über bremische Interessen reden, sehr verehrte Kollegen, kann man dort immer über Einzelfragen der Berücksichtigung auch von kleinen und mittleren Unternehmen diskutieren, aber bitte, wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass am Ende des Jahres ein Ergebnis vorhanden ist, das die Erbschaftsteuer in ihrer Substanz erhält!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben unsere Positionen zu dieser Frage auch schon in der letzten Debatte hier vorgetragen und haben zumindest grundsätzlich das Ansinnen unterstützt, dass über die Erbschaftsteuer auch Mehreinnahmen für Kommunen, Länder und für den Bund generiert werden sollen. Dem ist relativ wenig hinzuzufügen.

Mich wundert immer wieder, dass einfach nicht aufgehört wird, mit ganz bestimmten Mythen zu arbeiten, wenn es um Steuern geht. Jetzt ist der Mythos wieder aufgelebt, dass Menschen ihr Häuschen loswerden. Der Mythos wird produziert, dass die Erbschaftssteuer per se kleine und mittlere Unternehmen, traditionelle Familienunternehmen in einem Maße gefährdet, dass uns angst und bange werden soll. Ich habe damals schon gesagt, unsere Bundestagsfraktion hat zu dem Zeitpunkt, als darüber diskutiert wurde, einmal nachgefragt,

(Abg. E l l a [FDP]: Ist das nicht so, oder was?)

ob es Beispiele bei der damaligen Erbschaftsteuer gab, dass ein Unternehmen aufgrund der Erbschaftsteuer schließen musste. Die Bundesregierung hat geantwortet, ein solches Beispiel ist ihr nicht bekannt und konnte nicht eruiert werden.

(Abg. E l l a [FDP]: Das ist doch völliger Unsinn!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Entschuldigung, dann bitte ich Sie, diesen Unsinn nachzurecherchieren! Wir können es gern einmal tun. (Beifall bei der Linken)

Ich bin ja auch selbst ein bisschen von diesem Mythos angesteckt gewesen, ich habe mir gesagt, es kann ja sein, dass dort Unternehmen in Schwierigkeiten kommen. Aber auf Anfrage unserer Bundestagsfraktion gab es einen solchen Fall nicht. Zumindest gibt es das nicht in der Weise, dass man dort solch einen riesigen Mythos daraus macht.

Die Freigrenzen sind relativ hoch, das heißt, vor allen Dingen kleine Familienunternehmen, Handwerker und so weiter kommen überwiegend überhaupt nicht in diese Situation, weil einfach die Summen, um die es geht, deutlich unter den Freigrenzen liegen. Da kann man schon einmal ein paar abziehen.

Dann sage ich auch ganz deutlich, eines muss die FDP richtig lernen: Sie müssen einmal sagen, welche Form von Staat Sie eigentlich wollen! Sie wollen keine Steuern, aber viele andere Dinge wie Investition, ein anständiges Bildungssystem und so weiter. Diese Dinge wollen Sie alle haben. Wie soll das denn funktionieren? Wie geht das ohne Steuern? Ein Staat ohne Steuern kann nicht funktionieren, das ist ein Wettbewerbsstaat. Ein nur auf dem Markt basierender Staat funktioniert nicht.

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Jedes Mal, wenn es um Steuern geht, sagen Sie: Die wollen wir auch nicht! Sie müssen schon einmal sagen, welche Form von Steuern! Vielleicht die Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent, das ist eine gute Nummer!

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Wir wollen ein einfaches und gerechtes Steuersystem!)

Genau! Ein einfaches und gerechtes Steuersystem, das die Situation verkennt, dass in dieser Welt und auch in diesem Land mittlerweile ein ökonomisches Problem besteht: eine immer schneller anwachsende Form von privatem Reichtum. Das ist kein moralisches und kein soziales Problem, sondern in allererster Linie ist es mittlerweile ein ökonomisches Problem. Dann müssen Sie das lösen. Dann müssen Sie dazu beitragen, dass diese Form von ökonomischen Problemen langfristig gelöst wird! Ich sage: Wenn Sie eine andere Idee haben außer Steuern, bin ich gern bereit, darüber zu diskutieren. Bisher sind diese Ideen überhaupt noch nicht sichtbar.

(Beifall bei der Linken)

Man muss auch bei der Debatte um Besteuerung von Familienunternehmen oder Unternehmen insge

samt deutlich machen, dass sie schon ein Privileg genießen. Sie genießen das Privileg im Gegensatz zu allen anderen Vermögenden, die mit der Erbschaftsteuer besteuert werden, 85 Prozent des möglicherweise zu versteuernden Einkommens überhaupt erst einmal aufschieben zu können. Ich finde, das ist ein Privileg, und solch ein Privileg gibt es nicht zum Nulltarif. Dann muss man sich eben auch unternehmerisch anstrengen, einen Laden so lange weiterzuführen, dass man ihn nicht gleich anschließend verkauft. Ich finde, die bisherigen Zeiträume sind eine Herausforderung. Man muss sie einhalten, aber ich finde, das ist der Preis für diese Form von Privileg, dass ohnehin erst einmal nur 15 Prozent zur Veranlagung herangezogen werden. Dieses Privileg muss man eben bezahlen.

Letztendlich, das wurde auch schon gesagt, sagt niemand: Wir lassen die Unternehmen, die wirklich mit so einer Geschichte in Schwierigkeiten geraten, allein. Es gibt da Verhandlungen, Steuerstundungen und Ähnliches. Da kann man, wie gesagt, immer noch von gesellschaftlicher oder staatlicher Seite eingreifen. Das ist nicht das Problem, aber im Kern bleibt es: Ich glaube, wer Vermögen auch über Erbschaftsteuer in der Zukunft nicht besteuert, gefährdet diese Form von Gesellschaft, in der wir leben, und gefährdet die Zukunft dieser Gesellschaft in einer Weise, die nicht zu vertreten ist. – Danke!

(Beifall bei der Linken)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wollten wir an sich genau das vermeiden, was nun eingetreten ist, nämlich dass insbesondere die zwei ganz außen sitzenden Fraktionen dieses Parlaments sich darüber streiten, ob Erbschaftsteuer gerecht oder ungerecht ist und wie sie ausgestaltet sein muss. Uns geht es nicht um diese Grundsatzdebatte.

(Zuruf von der Linken: Schade, Herr Röwekamp!)

Die haben wir in der Tat, Frau Kollegin Kummer, im März geführt, im Übrigen nicht aus Anlass eines Antrags der Koalition, sondern aus Anlass eines Antrags der FDP-Fraktion, zu dem Sie einen anderen Antrag gestellt haben.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Keineswegs! Umgekehrt!)

Der Antrag der FDP-Fraktion hieß „Erbschaftsteuer abschaffen“. Dann gab es einen Koalitionsantrag zur Debatte dazu, wo darüber diskutiert werden sollte,

wie man das miteinander in der nächsten Zeit bearbeiten kann.

Ich will nur sagen: Es gibt eine besondere Aktualität deswegen – vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt, Frau Kummer –, weil es Bewegung in der Sache gibt. Es ist so, dass sich seit März die Debattenlage in Deutschland erkennbar verändert hat, und zwar nicht in Südländern und Nordländern, sondern zwischen den beiden Koalitionsfraktionen SPD und CDU.

Der Koalitionsausschuss hat in der letzten Woche getagt und beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich noch einmal mit Details bei den Fragen der Erbschaftsteuer befassen soll; im Übrigen nicht nur mit den Details, die wir jetzt in unserem Antrag haben, sondern auch noch mit vielen anderen Details, die an dem Reformentwurf verbesserungsfähig sind, zum Beispiel die Frage, ob man wirklich unter Geschwistern diese hohen Steuersätze anwenden muss, die jetzt im Entwurf enthalten sind, oder ob es da unter Geschwistern vielleicht noch eine Annäherung an das gibt, was wir bisher an Erbschaftsteuerrecht auch gehabt haben. Ich finde, ein durchaus lohnenswerter Ansatz!

Oder bei der Frage der Übergangsregelung! Macht es wirklich Sinn, dass man eine Übergangsregelung nur für die Erbschaftsteuer schafft, aber nicht für die Schenkungsteuer? Erbschaft ist nämlich in der Regel nicht gestaltbar, also zumindest nicht legal. Schenkung hingegen und Übertragung von Vermögen sind gestaltbar. Wenn man sich entscheiden kann, ob man noch altes oder neues Recht haben will, dann, finde ich, gehört es dazu, dass man einen Übergangszeitraum für diejenigen schafft, die seit dem 1. Januar dieses Jahres auf das Signal des Gesetzgebers warten, in welche Richtung es denn jetzt gehen soll.

Über diese Details, meine sehr verehrten Damen und Herren, reden wir aber gar nicht, sondern wir reden darüber, ob es wirklich gerecht und praktikabel ist, dass im Entwurf der Regierung die Verpflichtung an den Übernehmer oder an den Erben eines Unternehmens steht, dass er 15 Jahre lang gegenüber dem Staat garantieren soll, dass es bei der gleichen Eigentümerstruktur bleibt und dass er eine bestimmte Lohnsumme nicht unterschreitet.

Da sage ich ganz ehrlich: Ich halte das für völlig lebensfremd, eine solche Verpflichtung aufzunehmen, zumal sie, Frau Kummer, entgegen dem, was Sie sagen, zu keinem steuerlichen Mehrbetrag führen würde, denn es würde ja nur dann zu mehr Erbschaftsteuer führen, wenn man unterstellen würde, dass alle Unternehmen vorsätzlich gegen diese Auflagen verstoßen würden. Das ist aber nicht der Fall. Gehen Sie einmal davon aus, dass es in Deutschland keinen einzigen Fall geben wird, in dem eine steuerliche Beratung nicht dazu führen wird, dass man am Ende diese 15-Jahres-Frist mit Anstand überstehen kann, meine Damen und Herren!

Ich frage an dieser Stelle: Aber um welchen Preis? Nämlich um den Preis immenser behördlicher und bürokratischer Auflagen und eines enormen Aufsichtswesens durch die Senatorin für Finanzen! Wir halten es in der Sache für unvertretbar, Unternehmen zu gängeln, ohne hinterher einen steuerlichen Ertrag darauf zu haben. Das stört uns an dem Gesetzentwurf. Deswegen sagen wir, auch gegen das, was im Koalitionsausschuss bisher zwischen CDU und SPD vereinbart worden ist: Das ist der falsche Weg auch für Bremen. Deswegen fordern wir den Senat auf, sich an der Stelle zum Wohle unseres Landes einzubringen!

(Beifall bei der CDU)

Am Ende wollte ich nichts Weiteres machen, als der Finanzsenatorin entgegenzukommen und sie in ihrem Anliegen zu unterstützen, weil ich ja gehört habe, dass sie bei Veranstaltungen mit der Handelskammer oder beim Einzelhandelsabend unmissverständlich ihre Auffassung zum Ausdruck bringt, dass sie von dieser Erbschaftsteuerreform nicht allzu viel hält, weil nämlich diese Erbschaftsteuerreform zum Beispiel dazu führt, dass sie in Zukunft ein Aufsichtsund Kontrollwesen unterhalten soll, was sie personell überhaupt nicht leisten kann, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Was machen denn Auflagen für einen Sinn, die am Ende zu keinem steuerlichen Mehrbetrag führen werden und auch dazu führen, dass wir sie überhaupt nicht überwachen können? Deswegen ist es ein Interesse des Senats, dass wir diese bürokratischen und strengen, nicht planbaren Regelungen aus dem Gesetzentwurf der Regierung streichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich will auch ausdrücklich sagen, sehr geehrte Frau Kummer: Wir stehen mit diesem Antrag nicht in Widerspruch zu dem, was Sie in Ihrem Antrag haben. Nur, was meinen Sie eigentlich damit, eine Lösung zu finden, die den Interessen der kleinen und mittelständischen Unternehmen entgegenkommt und sie nicht überproportional irgendwelchen Beschwerden aussetzt? Ich hoffe, Sie meinen das, was in unserem Antrag steht. Dann können Sie dem Antrag auch zustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Frau Kummer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer es gesagt hat: Es wird nicht besser, aber alles wird gut. Ich wollte ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

nur noch einmal eines klarstellen, weil Sie behauptet haben, wir haben den Antrag irgendwie nachgestellt, weil die FDP uns dazu aufgefordert hat. So ist es nicht! Der Antrag der Koalitionäre SPD und Bündnis 90/Die Grünen datiert vom 9. Januar 2008 und der der FDP vom 22. Januar 2008.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Gut, dass Sie das noch einmal gesagt haben!)